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1980

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Neues Testament

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Theologische Literaturzeitung 105. Jahrgang 1980 Nr. 1

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ein gewisser Theudas; F. versteht das Verhältnis als Vetternschaft
, nicht als Halbbruderschaft (120 ff. 90) -, so sind
doch in jedem Fall Jesus und Jakobus als natürliche Verwandte
vorgestellt. Das ist von ausschlaggebender Bedeutung
gerade auch für die Botschaft dieser Schrift. Denn die
Offenbarungsrede des Soter an Jakobus besteht nicht in der
Mitteilung eines wie auch immer gearteten Mythos. Vielmehr
führt sie dazu, daß Jakobus den Soter im wahren
(transzendenten) und nicht nur im weltlich-vorflndlichen
Sinn als „Bruder", als Wesen gleichen Seins und Ursprungs
begreift; daß Jakobus den wahren, transmundanen „Vater"
anstelle seines bisherigen „Vaters" zu erkennen befähigt
wird; daß er das wahre und unvergängliche „Erbe" des
himmlischen Vaters von dem vergänglichen und beschränkten
„Erbe" des Demiurgen zu unterscheiden lernt; etc.
Nicht in der Objektivationsform des Mythos, sondern durch
Belehrung in personalen Kategorien, in den Ausdrucksformen
der Verwandtschaftsthematik wird hier Jakobus stellvertretend
für jeden Gnostiker zur Erkenntnis geführt.

Diesen Sachverhalt hat F. vorzüglich herausgearbeitet
(v. a. 199 ff. 122 ff.). „Mit dieser Konzeption, in der das natürliche
Verwandtschaftsverhältnis weder bestätigt noch
negiert, sondern dialektisch überhöht wird durch den Sachverhalt
der mythischen Verwandtschaft der von oben Stammenden
, den es — unter gewissem Vorbehalt — symbolisch
abbildet, hat der Verfasser eine ideale Basis doppelbödiger
Vorstellungen geschaffen", auf der „seine Erörterungen
über den wahren Vatergott" sowie die — Kreuz und Tod
keineswegs negierende, wohl aber im Hinblick auf das
eigentliche, himmlische Sein des Erlösers für belanglos erklärende
— „doketische Christologie" aufbauen (206). Indem
F. konsequent dieser für 2ApcJac prägenden Konzeption
nachgegangen ist, hat er zugleich den Fehler vermieden,
zwar hier das Fehlen eines bestimmten Systems bzw. einer
bestimmten Mythologie zu konstatieren, eine solche aber
als „vorausgesetzt" und „angespielt" zu erklären und somit
zum bestimmenden Maßstab gnostischen Denkens zu
machen. Vielmehr macht gerade eine Schrift wie 2ApcJac
auf einen zum Verständnis gerade der christlichen Gnosis
wesentlichen Sachverhalt aufmerksam: daß hier — anders
als im Bereich der außerchristlichen oder der peripher christianisierten
Gnosis — in der Regel nicht der kosmologische
Mythos die vorherrschende Objektivationsform darstellt.
Vielmehr ist es hier zumeist der Bereich der gemeinchristlichen
Tradition, in deren Neu- und Umdeutung sich das
gnostische Welt- und Daseinsverständnis expliziert.

Die äußeren Umstände der Entstehung von 2ApcJac beurteilt
F. zurückhaltend. Die Schrift sei „mit einer gewissen
Wahrscheinlichkeit" in die erste Hälfte des 2. Jh. zu setzen
und „am ehesten" im syrischen Raum anzusiedeln, obwohl
auch Ägypten in Betracht komme (209). Was den Trägerkreis
angeht, so nimmt F. an, daß der Verfasser seine eigene
Entwicklung in die des Jakobus projiziert habe (208 f.). Die
„Stufenleiter der Erkenntnis" des Jakobus aber bestimmt
F. so: Glaube an den Demiurgen — Erlebnis des vorösterlichen
Jesus — Offenbarung des Auferstandenen — volle
Gnosis — eigene Offenbarungsrede des Jakobus mit endgültiger
Absage an den alten (d. h. jüdischen) Glauben (170 f.
207 f.). Entsprechend wertet F. die Schrift als den vom Verfasser
unternommenen „Versuch einer literarisch-theologischen
Bewältigung der eigenen sektiererischen Vergangenheit
und Gegenwart", nämlich der „eigene(n) Entwicklung
vom Judenchristen zum christlichen Gnostiker" (208). Ich
halte diese Beweisführung nicht für zwingend. Zunächst
reduziert sich m. E. die „Stufenleiter der Erkenntnis" des
Jakobus auf den Gegensatz von Glauben an den Demiurgen
und Erkenntnis des wahren Vaters bzw. — da der Glaube
an den Demiurgen zugleich die Unfähigkeit impliziert, Höheres
als die (vom Demiurgen ja geschaffene und beherrschte
) körperliche Wirklichkeit zu erkennen — deckungsgleich
damit auf den Gegensatz von vorösterlichem Glaubensstand
, daß der Soter leidet, und nachösterlichem
Erkennen, daß er in seinem eigentlichen, unkörperlichen

Sein dem Leiden entnommen war. Bis zu seiner Belehrung
durch den Auferstandenen hält ja Jakobus den Demiurgen
für seinen Vater und vermag zugleich den Soter nur in seinen
innerweltlichen Zusammenhängen zu erkennen. Folglich
ist es m. E. nicht möglich, im Erkenntnisweg des Jakobus
einen jüdischen und einen vorgnostisch-christlichen
Glaubensstand zu unterscheiden. Damit ist dann aber auch
die Basis für eine gleichartige Unterscheidung im Entwicklungsgang
des Trägerkreises entzogen. Daß im übrigen gerade
Jakobus der Heros dieser Schrift ist, läßt sich auch
einfach aus den besonderen (von 2ApcJac ja reichlich wahrgenommenen
) spekulativen Möglichkeiten erklären, die die
Figur des Herren-„Bruders" bot. Ähnlicher Wertschätzung
aus gleichem Grund erfreut sich in gnostischen Kreisen ja
auch Thomas Didymus (s. z. B. das Thomas-Buch in Nag-
Hammadi-Codex II).

F.s Arbeit zeichnet sich durch Klarkeit, Präzision und Beschränkung
auf Beweisbares aus. Sie leistet einen ganz
erheblichen Beitrag zur textlichen wie zur interpretatori-
schen Erschließung der Zweiten Jakobusapokalypse.
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