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Ausgabe:

1980

Spalte:

614

Kategorie:

Kirchengeschichte: Neuzeit

Autor/Hrsg.:

Klauser, Theodor

Titel/Untertitel:

Henri Leclercq, 1869 - 1945 1980

Rezensent:

Nowak, Kurt

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 105. Jahrgang 1980 Nr. 8

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auch zu 11.» Personiiclikeit und beruflicher Tätigkeit und dun por-
söiüichon und literarischen Beziehungen zu Zeitgenossen dargeboten
wird. Die Erforschung von 11.s Werk und geistiger Welt
wird unter IV (Beziehungen zur gesellschaftlichen Wirklichkeit)
eingehend belegt: Die Publikationen über H.s Weltanschauung,
sein Verhältnis zu Philosophie, Keligion, Theologie und Kirche,
11.s Huinanitätsidee, H.s Verhältnis zur Goschiohto und zum Zeitgeschehen
sind ebenso erläßt wie das Schrifttum über H.s Verhältnis
zur Antike, zur Literatur, Literaturwissenschaft, Sprache
und Kunst, zu anderen Wissenschaften und geistigen Bewegungen,
zum zeitgenössischen Buckhandel und Verlagswesen. Ebenso umfassend
ist dio Dokumentation zum schriftstellerischen Werk H.s
insgesamt (V), wobei nicht nur der Dichter (auch in Hinsicht auf
Gostaltungs- und Formproblome, Sprache und Stil), Nachdichter
und Übersetzer, Herausgeber, Kritiker und Kczensent, sondoru
auch der pädagogische und theologische Schriftsteller H. im
Lichte der Forschung herausgestellt wird. Das Verzeichnis der
Untersuchungen zu einzelnen Werken (VT), zur Wirkuugs- und
l'orschungsgeschichto und zu H.s Gogonwartsbodoutung (VII) -
Woh die Verlags- und Druckgeschichto von H.s Werk, H.-Dichtungen
und -Vertonuugon werden registriert - schließt sich an.

Bin ausführliches Nainon- und Sachregister, zahlreiche Vor
weise innerhalb der Bibliographie und dor Übersichtlichkeit
forderliche Marginalien dienen der schnellen und zuverlässigen
Orientierung des Benutzers.

Die theologische H.-Forschung ist nicht nur in den thematisch
dem Theologen und Amtsträger gewidmeten Abschnitten erfaßt,
sondern auch in den einschlägigen Kapiteln zum biographischen
Werdegang H.s, zu den einzelnen Werken H.s und zur Philosophio,
Sprache/ Sprachphilosophio berücksichtigt.

Nicht einsichtig ist die im Vorwort angoführto Entscheidung der
Herausgeber, dorzufolge „allgemeine Darstellungen und Abrisse
zur Literatur-, Philosophie-, Theologie- und Pädagogikgeschichte
sowie Veröffentlichungen in Zeitungen" nicht berücksichtigt wurden
" (S. VT). Da in der Bibliographie selbst diesos Prinzip niehr-
iach durchbrochen ist, wäre eine Neuauflage der Bibliographie in
dieser Hinsicht durchaus erweiterungsfähig, selbst wenn als Vorentscheidung
maßgebend bleiben soll, daß „Voraussetzung für dio
Aufnahme in die Bibliographie . . . eine zusammenhängende, verhältnismäßig
umfangreiche, aussagekräftige Darstellung, die
auch Teil einer größeren Publikation sein könnto", ist (S. VI).

Von den Darstellungen der Theologiogcschichte werden z. B.
dio drei Aullagen von O. Plleiderer, Boligionsphilosophio auf
geschichtlicher Grundlage, 1. Aufl. Berlin 1878 (Nr. 2507)
berücksichtigt, auch K. Barth, Dio protestantische Theologie im
19. Jahrhundort, Zollikon-Zürich 1947 (einschl. der weiteren, bis
1901 erschienenen Aullagen) angeführt (Nr. 2030), während H.
Stephan, Geschichte der evangelischen Theologie in Deutschland
seit dorn Idealismus, Berlin 1938, auch in der zweiten von H.
Schmidt neuboarbeiteten Auflage, Berlin 1960 (3. Auü. 1973),
fohlt. Am augenfälligsten ist das Fehlen der 11.-Darstellung von
E. Hirsch, Geschichte der nouorn evangelischen Theologie, Bd. 111,
'Gütersloh 1901 (31904, :T97ö). In Anbetracht dor aufgenommenen
Kk'inliteratur erscheinen solche Disproportionen störend. Alan
wird daher dio Literaturangaben in den in der Bibliographie vor-
zoiohnoton Loxikonartikeln sorgfältig beachten müssen, um nicht
dio angeführten 11.-Darstellungen zu übersehen. Zu noimen wären
auch: Kohrmoser, G., H. (LThK V, Freiburg 1900, Sp. 2431), dio
auf H. bozüglichon Ausführungen boi K. Feioreis, Die Umprägung
der natürlichen Theologie in Itoligionsphilosophio. Ein Beitrag zur
dt. Goistesgoschichto des 18. Jh., Leipzig 1905 (Erfurter theol.
Studien 18); ein Hinweis auf L. Richter, Immanonz undTranszon-
donz im nachreformatorischen Gottesbild, Berlin 1954, wäre ebenso
wünschenswert wio eine Erwähnung von VV. v. Loowcnich, Luther
und dor Nouprotostantismus, Witten 1903. Nicht einleuchtend ist,
daß dio H. gowidmoton Ausführungen bei H.-J. Kraus, Geschichte
der historisch-kritischen Erforschung des Alten Testaments, 2.
Überarb. und erweiterte Aufl. Noukirchon-Vluyn 1969, unerwähnt
bleiben, obwohl der ßückoburger Vortrag des gleichen Vf. (Nr 37()0)
vorzeiehnot ist. - Dio Beiträge zu H.s Schriften in Kindlers Litora-
1 nr lyoxikon, Zürich 1965-72, vormißt man ebenfalls.

Die Tragweite von H.s Denken läßt sich besonders eindruckvoll

v on der Wirkuugsgeschichle hör bestimmen. Dio Herausgeber haben
es sich angelegen sein lassen, die reiche Ubersotzungs- und
Wirkungsgeschichto H.s in den slawischen ^Ländern zujloku-
mentioron.a Natürlich siiid bei der Bestimmung^ der Wirkungs-
geschichto einer Bibliographie Grenzen gesetzt. Wichtige Aspekte
dor Wirkungsgeschichte müssen entweder der H.-Biographio oder
in noch weitgehenderem Maße dor Darstellung und Deutung von
Leben und Werk dor zeitgenössischen und späteren Donker, dio H.
verpflichtet sind, vorbehalten bleiben.3 Zu H.s Geschichtsdenken
- im Zusammenhang mit dem Werk späterer Denker - wäre auch
zu notieren: E. Fülling, Geschichte als Offenbarung. Studien zur
Frage Historismus und Glaube von Herder bis Troeltsch, Berlin
1956. Auch P. Meinhold, Goschichto der kirchliehen Historiographie
, Bd. 11, Freiburg-München 1967, 113-124 wäre zu orwähnon.

Daß auch Zeitungsaufsätze, soweit sie auf archivalisches Material
Bezug nehmen, Neuos bringen können, zeigt ein zur Biblio-
graphioruug geeigneter Beilrag des verstorbenen Altmeistors der
Lokalgeschichte Herbert Koch, H.s geplante Berufung nach Jona
1973, in: Glaubo und Hoimat, Jg. 10, Jena 1955, Nr. 43, S. 3. -
Der Titel 3708 (bzw. 3780a) Hintzonstern, H., ist nicht im alphabetischen
Namenregister erfaßt.

Die Bearbeiter, dio - in Weitorführung der vorliegenden Bibliographie
- die nach Redaktionsschluß (31. 12. 1976) orschionoue
H.-Literatur in der laufenden Internationalen Bibliographie zur
deutschen Klassik zu vorzeichnen beabsichtigen, bis einschl. evtl.
Nachträge ein Ergänzungsband zur H.-Bibliographie vorgelegt
werdon kann, haben an alle, dio Arbeiten über H. voröffentlichen,
die Bitte gerichtet, ihre Publikationen zur exakten Bibliographie-
rung einzusenden. Im Interesse einer möglichst lückenlosen und
zuverlässigen Dokumentation und der Förderung der wissenschaftlichen
Zusammenarbeit dor II.-Forschung möchte dies
unterstützt werdon.

Jen» Eberhard XI. l'iiltz

1 Vgl. auch die Internationale Bibliographie mr (J eschichto der deutschen
Literatur von den Anfängen bis zur Gegenwart. X. 1. 11 l/U u. Itcgisterbd..
Berlin 1060-77 ( = München it. Berlin [West] 1971-77) und die Internationale
Bibliographie zur deutschen Klassik 17&0-185U, Folgen 1-10 in: Weimarer Beiträge
Jg. (1-10, 1000-1081 und gesondert als photomechuischer .Nachdruck des
Zcutralanliquariats Leipzig 1073, ab Folgen 11/12, 1961/00, Berlin-Weimar
(1968) selbständig erschienen.

* Vgl. jetzt auch die Beiträge in: J. GL Herder. Zur H.-llozeptiou in Ost- und
Südosteuropa, hrsg. v. tl. Ziegengeist, 11. (jrallhoff, U. Lehmann, Berlin 1076
(Slawische Studien und Texte).

* Vgl. u. a. den Beitrag von V. Pfauch, Herder u. J. Q, Salzmann, in dum vorgenannten
Sammelnd., S. _'i ' n.

Maurer, Theodor: Henri Leclercq 1869-1943. Vom Autodidakten
zum Kompilator großen Stils. Münstor/VV.: Aschondorff [1977J.
100 S., 0 Taf. 4° — Jahrbuch für Antike und Christentum, Erg.
Bd. 5. Kurt. DM 52,-; Lw. DM 00,-.

In fesselnder Darstellung zeichnet Klauser ein Bild des Chi ist -
nchon Archäologen und Historikers Loderen,. Die gigantische, an
Balzac erinnernde Produktivität diesos Gelehrten gab dor wissenschaftlichen
Welt jahrelang zu der Vermutung Anlaß, hinter
„Leclorcq" verborge sich ein ganzes Forscherteam. Freilieh sind
seine wissenschaftlichen Leistungen umstritten. War Leclercq nur
ein geschickter Blender oder war er ein großer Gelehrtor ? „... weiui
man in Loclercq vor ullom einen neuo Erkenntnisse einschließenden
Gelohrton, einen Forscher sehen will, kann man ihm dieses Prädikat
nicht zusprechen. Boi roinor Forschung tätig fanden wir ihn
nur selten und in schmalen Bezirken . . . Anders steht es, wenn
an dio Beschäftigung mit boreits von anderen bekannten Tatsachen
und deren kritischo Zusammenlässonde Darstellung gedacht
ist, also an die .Kompilation'. Es ist kein Zweifel, daß Leclercq als
Kompilator einer dor beston Vertreter dieses Teilbereichs der
wissenschaftlichen Arbeit in unserer Zeit gewesen ist.. ." (1451).
Dieses Urteil ist durch Stichproben gewonnen. Indos gostatton dio
von Klausel' ausgebreiteten Materialien die Vermutung, daß auch
eine Gesamtanalyso des Leclorcqschen Werkes zu keinem anderen
Ergobnis führen würde. Übordauern dürfte der Namo Leclercq vor
allom im Zusammoidiang mit dorn von Marrou u. a. zu Endo geführten
„Dictionnairo d'archeologie chretienne et do lit urgie" und
durch den 1973 neu aufgelegten Hofele- Leclercq.

Leipzig Kurt Xowuk