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Ausgabe:

1980

Spalte:

594-598

Kategorie:

Neues Testament

Titel/Untertitel:

The new international dictionary of New Testament theology 1980

Rezensent:

Friedrich, Gerhard

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ö93

Theologische Literaturzeituug 105. Jahrgang 1980 Nr. 8

594

Synagoge. Als ob es noch oiuo besondere Bestimmung und Zukunft
neben und außerhalb der Küche hätte". Damit setzt eich B. dem
Vorwurf aus, dal^auch bei ihm „der traditionelle Antisemitismus
der europäischen Christenheit und der Antisemitismus der christlichen
Theologie" (so M. Wyschogrod) sich geltend mache und
„that ou this topic tho thinking of a Christian anti-nazi and that
ol a Christian nazi aro not very far apart" (so Talmago, 38). Als
Beispiel eines „Christian nazi" wird auf G.Kittel (1888-1948) verwiesen
, der seino „Jüdischo Trage" 1933 M. Buber zusandte und
daraufhin von Buber einen „Offenen Brief" erhielt (abgedruckt
ol-54). Die von G. Kittel vollzogene „christliche Sinndeutung"
des nazistischen Kampfes gegen das Judentum mit der Ausziehung
von Konsequoirzen aus dorn das „echte Judentum " angeblich
kennzeichnenden „Symbol dos ruhe- und heimatlos über die Erde
wandorndon Tromdlings" läßt die Gefährlichkeit bestimmter
christlicher Theologoumona besonders erschreckend erkennen.

feil 11 spiegelt den jüdisch-christlichen Gegensatz hinsichtlich
der Trage, ob der Messais erst in Zukunlt komme oder schon gekommen
sei, ob er bloßer Mensch oder ein göttliches Wesen sei und
ob er oino politische oder eine spirituelle Erlösung bringt, wider.
Die angeführten Quellon zeigen, daß dioser Cegcnsatz von Anfang
au von beiden Partnern als unüberbrückbar gewertot wurde.

im Teil 111 geht es um die strittige Exegese der Hebräischen
Bibel und um das rechte Verständnis von Torah. Dabei zeigt sich,
duti das bei den Juden üblicho wörtliche Verständnis der Schrift
schon von Johannes Damasconus zu der bösartigen Verunglimpfung
ausgenutzt wurde, die Juden hätten einen steten Hang zum
-Materiellen. Demgegenüber wird von S. S. Schwarzschild - in
Auseinandersetzung mit H. Cox - den Christen der Vorwurf gemacht
: „Tho social, more-than-individual dimension of human
oxistonco has always lain outside the universo of normative Christian
discourse" (150). In diesem Zusammenhang linden sich sohr
scharfe Worte gegen die in der christlichen Theologie übliche Abwertung
der Torah und ihres Tuns als Werkgerechtigkeit. „The
uiau of believing aotion is not laboring undor tho idolatrous illusion
that ho is bringing about tho Kingdom; he is only trying to do
God's will" (151).

Teil IV befaßt sich mit der Landverheißung und dem Staat 1s-
raol. Wählend die biblischen Landverheißungen von den jüdischen
Autoren wörtlich verstanden werden, zielen die christlichen Theologen
, hier vertreten durch Hieronymus, auf eine spiritualistische
Deutung. Dio abgedruckten unterschiedlichen christlichen Stellungnahmen
zum Staat Israel zeigen, wie schwer dieses Problem
theologisch zu bewältigen ist. Für den Methodisten A. lt. Eckhardt
'st jode Ablehnung dos Staates Israel — Antisemitismus — Werk
dos Teufels; denn „tho ,dovil' and ,auti-Semitism' aro correlative
•ealities" (231). Sohr viel differenzierter ist dagegen dio Stellung R.
Niobuhrs aus dem Jahre 1942, der das Kocht der Juden auf einen
eigenen „Lobonsraum" bejaht, abor zugleich dio Frage nach der
Gerechtigkeit gegenüber don davon negativ betroffenen Arabern
auf wirft und eino für boido Seiten annehmbare Lösung fordert.
Auf das Problem der arabischen Flüchtlinge verweist auch der
Presby teriauor W. G. Oxtoby, der sich scharf gegen die proiBraoli-
sche Politik der USA, die Israel als „a bulwark against Russian
'ntluenco in tho Middlo East" (224) ansieht, wendet und die Gleich-
setzuug: Anti-Israel-Stellungnahme ^- Antisemitismus ablehnt.
»Li interiäith mattere it is ono thing to uuderstand, quito another
to agree. Anli-Semifism has to do with tho spirit in which criticism
is givon; it uiust not bo equated with tho fact of disagreemont"
(227).

fm Teil V steht an erster Stolle der Brief M. Moudelsohns an
Lavator vom 12. 12. 1709, in dem sich M. prinzipiell gegen religiöse
Dispute wendet. Es folgt M. Bubers Vortrag von 1930: „Dio
Breimpunkto der jüdischen Seele", der dazu auffordert, joder
möge den eigenen Wahrheitsglauben unverbrüchlich festhalten,
der aber zugleich daran erinnert, daß „wir, Judon und Christen,
iu dor Ahnung verbunden (sind), daß das Haus unseres Vaters
anders beschaffen ist, als unsere menschlichen Grundrisse meinen"
(283). Gegen die im Zusammenhang mit dem Vaticanum II in
Gang gekommenen „brüderlichen Gespräche" zwischen Christen
und Juden in Amerika wondet sich E. Borkovits, indem er provokatorisch
feststellt: „Judaism is Judaism because it rojects Chri-
stianity, and Christianity is Christianity because it rejects Judaism
" (291). Jeder Dialog wird zudem als unmoralisch verurteilt,
„because it is au attempt to whitewash a criminal past" (293);
denn der Nazismus ist dio Frucht von neunzehn Jahrhunderten
Christentum. Darum hat B. nur den einen Wunsch: „All wo want
of Christians is that they keep their hand oft' us and our children!"
(293).

Die weithin reservierte oder ablehnende Haltung christlicher
Kirchon gegenübor Israel im Zusammeidiaug mit dorn Sechstagekrieg
19C7 verbitterto viele Judon. E. L. Fackenheim wertet als
ein Haupthindernis für Diskussionen dio christliche Sicht, „that
the survival of the Jewish state is a .inerely politicaP matter to
whieh 1 must bo .religiously' indifferent if I am to be a worthy
partner in Jewish-Christiau dialogue" (307). Spätestens seit Auschwitz
müßte abor deutlich geworden sein, daß eine Zwoitcilung in
,religiöse' und .säkulare' Juden nicht mehr möglich ist.

In jüngster Zeit ist der Dialog in ein neues Stadium getreten,
indem jotzt christliche Theologen eutdecklon, daß „dio antijüdi-
schou Tendenzen im Christentum nicht ohd'ach poripher und zufällig
, sondern ins Zentrum der Botschaft verwoben sind und dio
Kirche zu der Konsequenz zwingen, „das Zentrum ihrer Verkündigung
zu überprüfen", d. h. sich einer „Idoologiekritik" zu unterziehen
(G. Baum). Eine solche Überprüfung zielt, wie It. II. Ruo-
ther ausführt, auf „eine gowisso Relativierung des christlichen
Absolutheitsanspruchs", die auch „dem jüdischen Bruder Kaum
zum Leben gibt" (329.327). Zurückhaltender äußort sich K. Stendals
, der statt eines Dialogs oin sorgfältiges Hören auf jüdischo
Stimmen fordert. „We need to ask . . . whothor they are Willing to
let us becomo again part of their family" (337). Daß das theolo-
gischo Modell Gesetz und Evangelium dem im Wege steht, darf
nicht üborsehen werden.

Den Schluß und Höhepunkt dor Sammlung bildet dor Aufsatz
von A. J. Heschel: „No Koligion is an Island" von 1900 (343-359),
der dio Unterschiodo und Gemeinsamkeiten zwischen Juden- und
Christentum klar herausarbeitet und das outscheidende Probloin
darin sieht: „how to eombine loyalty to one's own tradition with
reverouce for different traditions" (350). Seine Lösung tendiert in
die Kichtung, den menschlichen Glauben als „an ondless pil-
grimage, a being on tho way" (354) zu verstehen und ihn nicht zu
vergötzen; denn über allem steht der Schöpfer und Horr der Geschichte
, der alles transzendiert. „To equate religiou and God in
idolatry" (352). Dios zu begreifen und ganz demütig vor Gott zu
worden, muß dio Grundvoraussetzung aller zwischeureligiöson
Dialogo soin. Dom Herausgeber ist für diese instruktive Auswahl
und für seine Kiidührimgon, die für das Verstehen der nur aus-
zug weise mitgeteilton Quollen hilfreich sind, sehr zu danken. Wenn
man auch bei dor Loktüro dieses Sammelbands weithin den Eindruck
gewinnt, daß jegliches Gespräch zwischen Christen und
J udeu sinnlos sei, so bieten doch dio letzten Beit räge Ansatzpunkte
für ein violleicht doch sinnvolles Reden miteinander. Diese Ansatzpunkte
sollten sorgfältig bodacht, kritisch geprüft und weitergeführt
worden. Auf gar keinen Fall darf es aufgrund dor unheilvoll
vorlaufbnen Geschichte zu Gleichgültigkeit und Resignation
kommen; denn damit würde sowohl der eigenen Sache als auch der
der anderen und insofern letztlich der Gottes der denkbar schlechteste
Dienst erwiesen.

llcrlin Uüutuer bauuiuach

Neues Testament

liriiwn, (iolin [Bd.]: The New International Diclioiiary of New Testament
Theology. Transl., with additions and revisions, from the
German Theologisches Bogriffslexikon zum Neuen Testament,
ed. by L. Coenon, E. Boyreuther and H. Biotenhard. I: A-F.
[1975J822 S. £ 10.50. II: G-Pre[1976] 1023 S. £ 18.-. IH: Pri-Z.
L1978]. 1481 S. £ 20.-. Exeter: Paternoster Press gr.8°.

Der Titel ist sohr anspruchsvoll und erweckt große Erwartungen.
Wenn man liest, daß es sich um oin „neuos" Lexikon handelt,
vermutet man mit der Angabe „neu" nicht ein weiteres Lexikon
in der Art der bisherigen Wörterbücher, sondern ein bisher noch