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Ausgabe:

1980

Kategorie:

Religionspädagogik, Katechetik

Titel/Untertitel:

Neuerscheinungen

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Theologische Literaturzeitung 105. Jahrgang 1980 Nr. 7 540

:,4.-,

bringt keine ehrliche Aussage aufgrund einer mutigen Text-
analysc — etwa unter Hinzuziehung von Joh 6, 16—21 —, sondern
liefert ein Musterbeispiel für eine traditionell-allegorische
Auslegung, die naturwissenschaftliche Anfragen und Bedenken
übergeht oder symbolisierend verdeckt. Auf einer Tafelzeichnung
(90) steht Jesus denn auch auf dem Kamm einer sich
brechenden Woge. Lassen sich so naturwissenschaftliche Zweifel
erledigen, wo doch der Vf. die Grundhaltung der Konfirmanden
mit ihren berechtigten kritischen Anfragen an manche
bisherige Aussagen kirchlichen Unterrichts klar erkannt hat:
„Ich glaube der Biologie mehr als der Bibel" (25)?

Es ist nicht klar, warum hier der Vf. hinter den Positionen
zurückbleibt, die er selbst in seiner Veröffentlichung: Spiel
der Schöpfung, ku-praxis 4; Gütersloh 1976 (vgl. ThLZ 102,
1977 Sp. 694—697), so überzeugend und theologisch vielversprechend
aufgezeigt hatte.

Dennoch wird der Leser in dem gebotenen Material vielfältige
Anregungen in praktischer und didaktischer Hinsicht finden
, die Konfirmandenzeit sinnvoll zu gestalten. Besonders
hingewiesen sei auf die ansprechenden Meditationsübungen,
ein Novum gegenüber der bisherigen Konfirmandenpraxis
(180—95). Ansatz und Modelle überzeugen. Die Breite des kulturell
-religiösen Bezugshorizonts, der geschickte Einsatz verschiedener
Medien unter lernpsychologischen Aspekten sowie
sehr ernsthaftes Bemühen um die Motivation konfirmierenden
Handelns stellen eine wahre Fundgrube für den Praktiker dar,
die ihn immer wieder gern zu dieser Materialsammlung greifen
lassen werden.

Grcifswald Günther Kchnschcrpcr

Czell, Gernot: Sozialisationsforschung und evangelisch-kirchliche
Jugendarbeit. Theoriebildung und -anwendung bei der
Untersuchung einer landcskirchlichcn Konzeption (Thcol.
Promotion, Heidelberg 1978/79).

Flor, Elmer: Ensino: Rcforma ou Deformacäo? (IgLu 38, 1978
S. 183-195).

Harz, Frieder: Die religiöse Dimension der Musik und ihre
Bedeutung für die Vermittlung religiöser Symbolcrfahrung
bei der Sozialisation des Kindes (Theol. Promotion, München
1978/79).

Trensky, Michael: Studien zum Problem der Lcrnziclbestim-
mung im alttcstamcntlichcn Bibclunterricht über Texte aus
dem Buch des Propheten Jercmia (Theol. Promotion, Heidelberg
1978/79).

Praktische Theologie:
Liturgiewissenschaft

Söhngen, Oskar: Musica sacra zwischen gestern und morgen.

Entwicklungsstadien und Perspektiven in der 2. Hälfte des
20. Jahrhunderts. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht [1979]
190 S. gr. 8°. Kart. DM 29,-.

Oskar Söhngen, seit einem Halbjahrhundert Anreger, Förderer
und Organisator, theologischer Musaget und Interpret
der Kirchenmusik, vorab der evangelischen, hat der Fülle
seiner Veröffentlichungen einen neuen Band hinzugefügt. Er
bündelt zumeist andernorts bereits publizierte Beiträge, die
hier überarbeitet bzw. neugestaltet vorgelegt werden (das
Nachwort S. 184 unterrichtet darüber) und die alle das gleiche
im Titel angeschlagene Thema variieren.

Ihm nähert sich der Autor zunächst grundsätzlich. „Das Verhältnis
der evangelischen Kirche zur Kunst" (11—30) wird
historisch und systematisch (im Blick auf Musik, Architektur
und Dichtung) als produktiv-dialektische Spannung zwischen
Gottesdienst und Kunst skizziert. Söhngen weist Meinungen
zurück, die jene Spannung zum unvereinbaren Widerspruch erheben
. Wie solches bei Zwingli geschah, hat Söhngen in früheren
Arbeiten nachzuweisen versucht; in dem Beitrag „Zwingiis

Stellung zur Musik im Gottesdienst" (31—46) verteidigt der Vf.
seine Interpretation gegenüber M. Jenny, der in der ablehnenden
Haltung Zwingiis nicht prinzipielle, sondern situationsbedingte
Äußerungen sieht. Die Frage „Was heißt evangelische
Kirchenmusik" (47—58) diskutiert Söhngen besonders mit methodologischen
Überlegungen zur Kirchenmusik-Geschichtsschreibung
. Wenn auch die Übergänge zwischen Kirchenmusik
und Geistlicher Musik fließend sind, so sei doch an einer begrifflichen
und methodischen Unterscheidung festzuhalten; ein
Hauptkennzeichen der Kirchenmusik sei deren gottesdienstliche
Gebrauchsfunktion. Weiterführend gegenüber Söhngens Streitschrift
„Erneuerte Kirchenmusik", 1975 (vgl. ThLZ 103, 1977
Sp. 386 ff) ist der Vorschlag, Kirchenmusik und außerlitur-
gischc geistliche Musik unter dem Begriff „Musica sacra" zu
vereinen; religiöse Ergriffenheit als Voraussetzung beider berechtige
dazu.

Weitere vier Beiträge (58—105) orten Wesen, Aufgaben und
Erscheinungsformen sowie Unterschiede und Zusammenhänge
von Kirchenmusik und Geistlicher Musik genauer. Söhngen
analysiert besonders die kirchen- und geistesgeschichtlichen,
die soziologischen und ästhetischen Hintergründe und Implikationen
der Geistlichen Musik, deren Entwicklung mit der
neuzeitlichen Autonomisicrung der Kunst zusammenhängt. Man
darf diese Aufsätze als vorbereitende, flankierende und fortgesetzte
Erörterungen zu den in der erwähnten Streitschrift
vorgetragenen Thesen ansehen. Einerseits ist die evangelische
Kirchenmusik der dreißiger bis fünfziger Jahre unseres Jahrhunderts
als ein eigenständiger Beitrag zur Musikentwicklung
anzusehen, der nach Söhngen besonders aus dem Kairos einer
Konvergenz von musikstilistischen und liturgischen Voraussetzungen
erwuchs und nun nicht von einer Musikästhetik
eingeebnet werden dürfe, die unter Strukturzwang des Autonomiebegriffs
stehe,- 1 andererseits ist zu konstatieren, daß
nach Wirksam werden der von Söhngen sog. „zweiten Moderne"
in der deutschen Musik, von der Mitte des Jahrhunderts an,
die liturgisch orientierte Kirchenmusik gegenüber einer sich
kräftig entfaltenden Geistlichen Musik in den Hintergrund trat
und seitdem vor der Frage steht, ob und wie artifiziellc Differenzierung
sowie primär subjektiv vermittelte Formung der
Musik mit liturgischer Doxologie und gemeindebezogener musikalischer
Verkündigung verbunden werden können. Dessenungeachtet
ist es ein Hauptanliegen Söhngens, die neue Entwicklung
der Geistlichen Musik als historisch konsequent,
künstlerisch erfolgreich, theologisch legitim und missionarisch
erfreulich darzustellen. In der Beschreibung der folgenreichen
Wandlungen, in deren theologischer Analyse und Bewertung
darf man ein Hauptverdienst dieser Publikation sehen.

Wichtige Materialien und Perspektiven zur „Musica sacra"
im 20. Jh. bieten Söhngens aus intimem Kontakt mit Vertretern
der Musikentwicklung schöpfende Aufsätze bzw. glänzende
Essays zu Max Reger (118—130, mit Betonung der stilbildenden
Kraft des mystischen Erlebnisses bei Reger) und Johann Ncpo-
muk David (130—143, dem 1977 gest. David ist der ganze Band
gewidmet!), über den „zu Unrecht vergessenen" Werner Pcnn-
dorf (143—152, mit Werkverzeichnis Penndorfs, gefallen 1943),
über „Siegfried Redas kompositorische Entwicklung" (152—159)
und Hans Joachim Moser (159—162). Söhngen weist Clytus
Gottwalds Vorwürfe von politisch-reaktionären Zügen in der
Kirchenmusik „geharnischt" zurück (106—114) und handelt
vom „Berufsbild des neuen Kirchenmusikerstandes" (114—118).
Eine Predigt anl. des 100. Geburtstages von Karl Straube (1973)
steht unter dem Thema „Die Rolle des Neuen in Musik und
Menschenleben" (163—167). Mit Walter Blankenburg hat Söhngen
brieflich über die Unterscheidung von musikalischer „erster
" und „zweiter Moderne" diskutiert (168—176). Daß Söhngen
die Kirchenmusik des 20. Jh. nicht nur theologisch begleitet
und gedeutet, sondern daß er selbst die Entwicklung entscheidend
mitgeprägt hat, — dies wird nach den zuletzt gc
nannten Beiträgen auch besonders in einem Gespräch deutlich,
das Friedrich Hofmann mit Söhngen führte (177—183). Die
dem Band beigegebene weitergeführte Bibliographie Söhngens
verzeichnet für die Jahre 1965—1978 über einhundert Veröf
fentlichungen, neben der Musik besonders aus den Bereichen