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Ausgabe:

1980

Spalte:

523-525

Kategorie:

Dogmen- und Theologiegeschichte

Autor/Hrsg.:

Schäfer, Theo

Titel/Untertitel:

Das Priester-Bild im Leben und Werk des Origenes 1980

Rezensent:

Davids, Adelbert

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Theologische Literaturzeitung 105. Jahrgang 1980 Nr. 7

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werte Beobachtungen zur Auseinandersetzung um den Modernismus
in Baden an. In der Auseinandersetzung um den Modernismus
gingen nur zwei Mitglieder nicht immer mit dem
F'rciburger Fakultätskollegium konform, und zwar die beiden
Historiker Georg Pfeilschifter (1870-1936) und Josef Sauer
(1872-1949). Auffallend ist, daß unter den Freiburger Theologen
nur diese Gelehrten, wie übrigens auch Franz Xaver Kraus
(1840—1901), persönliche Kontakte zur Kultusverwaltung in
Karlsruhe unterhielten. Pfeilschifter gab manche vertrauliche
Information an den Vertreter des Kultusministeriums und
stimmte sein Verhalten in Fakultät und Senat nicht selten mit
diesem ab. Bei Sauer blieben die Beziehungen nicht ohne Wirkung
auf den akademischen Werdegang; während die eigene
Fakultät und der Erzbischof wenig Interesse an einem Aufstieg
zeigten und andere Kollegen favorisierten, suchte das
Ministerium bei Gelegenheit gerade diesen Gelehrten weiterzubringen
.

Bei diesem „Kulturkampf" ging es sachlich natürlich um den
sog. Antimodernisteneid. Sehr aufschlußreich, und deshalb dem
Band besondere Wertbeständigkeit verleihend, sind die Aufzeichnungen
des bedeutenden Münchner . Dogmenhistorikers
und Religionswissenschaftlers Joseph Schnitzer aus den Jahren
1901 bzw. 1913, die Norbert Trippen unter Mitarbeit von
Alois Schnitzer zugänglich macht. Schnitzer, der von 1859
bis 1939 lebte, befaßte sich wissenschaftlich eingehend mit Savo-
narola. Durch die Ausarbeitung dogmengeschichtlichcr Vorlesungen
seit 1903 kam es zu einem tiefgehenden Konflikt mit
der katholischen Lehre und seiner Suspendierung im Jahre
1908. Über seine Schwierigkeiten und Fakultätskämpfe informieren
die Tagebuchblätter höchst anschaulich. Begeistert sind
Schnitzers Urteile über die Berliner Theologen Harnack, Gun-
kel, R. Seeberg: „Das sind Theologen, nicht blofj Taglöhner
und Nachtwächter" (158). Als 1921 Bischof Henle von Regensburg
Schnitzer den Ausgleich mit Rom nahelegen wollte,
konnte Schnitzer sich nicht über das wissenschaftliche Problem
der neutestamentlichen Eschatologic hinwegsetzen.

Sachliche Lücken von Bedeutung konnten im sehr soliden
Anmerkungsteil nur für Anmerkung 287 (Friedrich Heiler)
festgestellt werden.

Neuendettelsau Friedrich Wilhelm Kantzenbach

Frick, Robert: Die prophetische Sendung des jüngeren Blumhardt
(WPKG 69, 1980 S. 52-64).

Gönnet, Giovanni: I manoscritti valdesi di Ginevra (Protest.
34, 1979 S. 94-98).

Grenz, Stanley: Isaac Backus - Puritan and Baptist. His place
in history, his thought and their implications for modern
Baptist thought (Theol. Promotion, München 1978/79).

Nowak, Kurt: Zur protestantischen Säkularismus-Debatte um
1930. Ein begriffsgeschichtlicher Rückblick in die Prägephase
einer Verdammungskategorie (WPKG 69, 1980 S. 37-53).

Rowdon, H. H.: The Early Brethren and Baptism (VoxEv 11,
1979 S. 55-64).

Wehowsky, Stephan: Religiöse Interpretation politischer Erfahrung
. Eberhard Arnold und die Neuwerkbewegung als Exponenten
des religiösen Sozialismus zur Zeit der Weimarer
Republik (Theol. Promotion, Marburg 1979).

Dogmen- und Theologiegeschichte

Schäfer, Theo: Das Priester-Bild im Leben und Werk des
Origenes. Frankfurt/M. - Bern - Las Vegas: Lang [1977). II,
255 S. 8° = Regensburger Studien zur Theologie, 9. Kart,
sfr. 47.-.

In seiner im Sommersemester 1975 vom Fachbereich Katholische
Theologie der Universität Regensburg als Dissertation angenommenen
Studie untersucht Theo Schäfer im ersten Teil
(„Darstellung") die Rolle der Apostel, Laien und Hierarchie.

hervorragende Gruppen in der Kirche sowie Lebensformen des
Klerus. Im zweiten Teil („Grundlegende Orientierung") werden
behandelt: Ursprung und Methode im Denken des Origenes
über das Priestertum, Sakrament und priesterlicher Dienst, untrennbare
Einheit von Christus — Kirche — Priestertum, die
Apostolizität der Kirche. Origenes: ein Leben nach seinem
Pricsterbild. Im inventarisierenden ersten Teil wird meistens
nur auf die betreffenden Texte von Origenes verwiesen, während
im zweiten, theologischen Teil öfters kurze Texte in
Übersetzung in den Text aufgenommen sind. Wiederholungen
sind bei der Einteilung des Stoffes wohl kaum zu vermeiden,
wie z. B. über die von Origenes streng beurteilte wiederholte
Heirat auf S. 132 f und auf S. 192, in welchem Fall der Index
zu „Wiederheirat" auf S. 255 keine Hilfe bietet. (Auf S. 133
heißt es „Bischöfen, Priestern, Diakonen und den Witwen ist
es verboten, häufiger als einmal zu heiraten." Lateinisch steht
in der betreffenden Lukas-Homilie XVII, 10: neque enim
episcopus nec presbyter nec diaconus nec vidua possunt esse
digami: Eine Witwe soll also nicht wieder heiraten : die Digamie
ist verboten.)

Es ist Schäfer gelungen, nicht zuletzt mit dem Blick auf die
gegenwärtige Amtsproblcmatik, deutlich die Position des Origenes
zu skizzieren. Der spirituellen Ekklcsiologic entsprechend
, liegt der Unterschied zwischen Laien und Amtsträgern
im Grad der Vollkommenheit. Christus ist Urbild des Priesters;
jedem Christ eignet irgendwie „priesterlichc Qualität". „In
einem solchen Priester-Bild hat die an weltliches Demokratieverständnis
sich anlehnende Antinomie Laie — Priester keinen
Platz" (233).

Einiges aber, besonders hinsichtlich der Verwertung der
Literatur, ist methodisch nicht einwandfrei. Harnacks Studie
„Der kirchengeschichtliche Ertrag der exegetischen Arbeiten
des Origenes" (2 Teile, TU 42, 3-4, 1918-1919) hätte unbedingt
erwähnt und ausgewertet werden müssen. Und um einen
anderen Klassiker zu nennen: H. von Campcnhausen, „Kirchliches
Amt und geistliche Vollmacht in den ersten drei Jahrhunderten
" (Bcitr. z. hist. Theol., 14), Tübingen -1963, ist
zwar in die Literaturliste aufgenommen, aber ausdrücklich nur
bei Cyprian herangezogen (S. 214), während doch von Campenhausen
dem Origenes ein eigenes Kapitel widmet, in dem
zum Schluß von der „Aushöhlung des Amtsgedankens" die Rede
ist. Wenn Schäfer überdies auf S. 232 sein Ergebnis plötzlich
anfängt mit: „Origenes zeichnet vor dem geltenden Hintergrund
der .Didaskalie' das Bild einer echt priesterlichen Kirche", so
denkt man unwillkürlich wieder an von Campenhausens Buch,
in dem das Origenes-Kapitel gerade mit der Darstellung der
Didaskalie anfängt. Sonst aber ist die Didaskalie bei Schäfer
nicht erwähnt. Auf neuere Literatur wird öfters hingewiesen,
nur selten folgt eine Auseinandersetzung: mit A. Vilela, „La
condition collegiale des pretes au III* siecle" (Theol. hist., 14),
Paris 1971, auf S. 152 (diese Stelle findet sich nicht im Index),
und mit H. J. Vogt, „Das Kirchenverständnis des Origenes"
(Bonner Beitr. z. Kirchengesch., 4), Köln-Wien 1974, auf S. 99
und auf S. 212. Das letzte Kapitel über das Leben des Origenes
ist nun durch P. Nautin, „Origene. Sa vie et son oeuvre" (Chri-
stianismc antique, 1), Paris 1977, überholt.

Auf S. 148 f gibt Schäfer eine Übersetzung von Origenes' De
prineipiis, praef. 3: „Das muß man wissen, daß die heiligen
Apostel, als sie den Glauben verkündeten, einiges ganz klar
überliefert haben, was für alle Gläubigen, auch für die, welche
anscheinend lässiger gegenüber der Erforschung der göttlichen
Wissenschaft schienen, notwendig war". Rufinus' lateinische
Übersetzung (das griechische Original ist bekanntlich verloren)
lautet: Illud autem scire oportet, quoniam saneti apostoli fidem
Christi praedicantes de quibusdam quidem, quaecumque neces-
saria crediderunt, omnibus credentibus, etiam his, qui pigriores
erga inquisitionem divinae scientiae videbantur, manifestis-
sime tradiderunt. Origenes sagt also, daß die Apostel bei ihrer
Verkündigung allen Gläubigen, auch denen, die in Hinblick
auf die Erforschung des göttlichen Wissens als nicht sehr eifrig

galten, (statt ..... anscheinend lässiger . . . schienen") alle jene

Punkte, von denen sie meinten, daß sie absolut notwendig
waren, sehr deutlich überliefert haben. Schäfers Übersetzung