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Ausgabe:

1980

Spalte:

521

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Titel/Untertitel:

Das Augsburger Bekenntnis, deutsch 1980

Rezensent:

Haendler, Gert

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Seite 1

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•r>2l Theologische Litcraturzeitung 105. Jahrgang 1980 Nr. 7 ~>22

Gasmann, Günther [Hrsg.] in Zusammenarb. m. N. Hasselmann
, J. Jeziorowski, G. Klapper, A. Mauder, L. Mohaupt:
Das Augsburger Bekenntnis Deutsch 1530-1980. Revidierter
Text. 2. Aufl. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht; Mainz:
Matthias-Grünewald-Verlag [1979]. 70 S. 8". Kart. DM 4.80.

Der neue Text will ein Kompromiß sein zwischen „größtmöglicher
Treue zur ursprünglichen Sprachgestalt und einer
für das heutige Verstehen notwendigen Annäherung an das
Gegenwartsdeutsch" (8). Eine Arbeitsgruppe des Lutherischen
Kirchcnamtes hat sich der Aufgabe unterzogen in dem Wissen,
„daß eine sprachliche Revision notwendigerweise auch Elemente
einer Interpretation mit einschliefjt" (8). Einige wichtige
Revisionen seien genannt: In Art. 1 wird aus dem „leiblich
Wort" ein „gesprochenes Wort"; Art. 3 ändert „Hölle" in
„Reich des Todes". Das Wort „Genugtun" wird in Art. 4 mit
„Gott versöhnenden Leistungen", in Art. 12 mit „Handeln, das
Gott versöhnen will" und in Art. 25 mit „Wiedergutmachung"
umschrieben. Art. 7 nannte als Kennzeichen der Kirche, dafj
die Sakramente dem Wort Gottes gemäß „gereicht" werden;
daraus wird jetzt, daß die Sakramente dem Wort Gottes gemäfj
„gefeiert" werden! Statt vom „Kirchenregiment" wird in Art. 14
„vom kirchlichen Amt" gehandelt. Anstelle von „Polizei und
weltlichem Regiment" ist in Art. 16 „von staatlicher Gewalt
und gesellschaftlichen Ordnungen" die Rede. Aus „Ständen"
wurden „Lebensbereichc"; in Art. 21 wird „Lebensbereich" für
das ursprüngliche „Beruf" gesetzt; „seliglich und göttlich"
wird „mit gutem Gewissen" wiedergegeben. Es stellen sich
Empfindungen ein wie bei der Lektüre einer revidierten
Lutherbibel: Man hat den altvertrauten Klang im Ohr und ist
nicht gleich glücklich über die neuen Fassungen. Aber die alten
Formeln sind in Klammern gesetzt. Für die Arbeit mit Studenten
wird die neue Fassung ihre Vorteile haben und anregend
wirken. Auch ist die Entlastung von dem umfangreichen Apparat
der bisherigen Ausgabe dankenswert. Freilich fehlt hier
Manches: Die Manichäer, Valentinianer, Arianer (Art. 1), Cyprian
, Hieronymus und Gelasius (Art. 22), Chrysostomos (Art.
24) und Jovinian (Art. 26) bleiben ohne Erklärung. Über die
Pelagianer (Art. 2) und Novatianer (Art. 12) wird äußerst
knapp, über die Donatisten (Art. 8) leider irreführend informiert
. Mit wenigen Worten könnte man hier erheblich mehr
bieten. Insgesamt aber ist die Revision zu begrüßen, auch
wenn man über Details streiten kann — was sicher auch im
Sinne der Herausgeber sein dürfte.

Rostock Gert Haendler

Becke, Ulrich i Eine hinterlassene psychiatrische Studie Paul
Johann Reiters über Luther (ZKG 90, 1979 S. 85-95).

Coertz, Hans-Jürgen: Ketzer, Aufrührer und Märtyrer: der
zweite Speyerer Reichstag und die Täufer (MGB 36, 1979
S. 7-26).

Grötzinger, Eberhard: Luther und Zwingli. Studien zur Vorgeschichte
des Abendmahlsstreites (Theol. Promotion, Tübingen
1979).

Ippoliti, Alessandra: Calvinus Ecclesiae Doctor (Protest. 34,
1979 S. 27-31).

Krentz, Edgar: Truly evangelical - truly Lutheran (CThMi 6,
1979 S. 271-284).

Lane, A. N. S.: Calvin's Doctrinc of Assurance (VoxEv 11, 1979
S. 32-54}.

Lötz, David W.: The „essential" Luther (CThMi 6, 1979 S. 260-
270).

May, Gerhard: Abendmahlsstreit und Bündnispolitik (Luther
50. 1979 S. 116-128).

Mühlen, Karl Heinz zur, und Klaus Lämmel: Die Register
der Weimarer Luther-Ausgabe (Abteilungen Schriften und
Briefe) (Luther 50, 1979 S. 138-147).

Sommer, Wolfgang: Konfession und Toleranz. Im Gedenken
an den Reichstag zu Speyer 1529 (Luther 50, 1979 S. 128-
135).

Kirchengeschichte: Neuzeit

Schwaiger, Georg [Hrsg.]; Aufbruch ins 20. Jahrhundert. Zum

Streit um Reformkatholizismus und Modernismus. Göttingen
: Vandenhoeck & Ruprecht 1976. 222 S. gr. 8° = Studien
zur Theologie und Geistesgeschichte des 19. Jahrhunderts.
23. Kart. DM 48,-.

Dieser Sammelband vereinigt sechs Beiträge, die bei mehreren
Tagungen eines Arbeitskreises für Katholische Theologie
als Referate vorgetragen worden sind. Peter Neuner zeichnet
mit klaren Strichen das Bild Friedrich von Hügels, den
man als „Laienbischof der Modernisten" bezeichnen könnte.
Gerhard L a r c h e r untersucht Maurice Blondeis Traditionsverständnis
als einen Antwortversuch auf geschichtstheorctische
Probleme im Modernismusstreit.

Um Blondels Ansatz richtig einzuschätzen, darf man nicht
vergessen, daß er sich als Philosoph im französischen Universitätsklima
des ausgehenden 19. Jh. mit einer intensiven Rezeption
Kants und positivistischer Wissenschaftstheorien bewegt
. Gleichwohl geht er einen durchaus eigenständigen Weg
Mit seinem phänomenologischen Ansatz bei der faktisch vor-
findlichen Bewußtseins- und Wollensdiffcrenz eines dennoch
konkret ganzheitlich handelnden Subjekts unterläuft er eine
abstrakte Trennung von theoretischer und praktischer Vernunft
und verwandelt die Differenz von statischer, transzendentaler
Synthesis und Erscheinungsmannigfaltigkeit in eine
wirkliche Erfahrungs- und Bildungsgeschichte des Bewußtseins.
Diese Erfahrungsgeschichte ist aber wesentlich von einer pro-
spektiv-praktischen Dynamik in Bewegung gehalten und läßt
sich nicht in ein absolutes theoretisches Wissen aufheben. Nur
die im prospektiven Handeln miteingeschlossene Option umgreift
und durchschneidet alle seine Vermittlungszusammenhänge
und antizipiert jeweils eine absolute Qualifikation des
dennoch unabgeschlossenen Prozesses. Damit vermeidet Blon-
del eine immanentistische Selbstvermittlung der Vernunft und
hält den Differenzbereich für die Erfahrung von je Neuem
und dennoch Endgültigem in ihrer Geschichte offen. Ein Fortgang
und Richtungssinn in diesem Prozeß folgt deshalb nicht
aus einer notwendigen, dialektischen Gesetzlichkeit oder geradlinigen
Teleologie, sondern erwächst aus einer inneren Se
quenz freier Entscheidungen, die sich je nach ihrem Scheitern
oder Gelingen in einem Wechselspiel von „prospection" und
„rcflexion" selbst ausweist und erhellt.

Peter Steinig geht dem systematischen Anliegen des Exe-
geten (Alttestamentiers) Franz von Hummelauer SJ (1842 bis
1914) nach. Oberblickt man das Werk von Franz von Hummelauers
, zeigt sich neben qualitativ unterschiedlichen Lösungen
Kontinuität in der Programmatik: Zunächst orientiert am
Primat des — traditionell gefaßten — Offenbarungspostulats,
ist etwa bis zur Jahrhundertwende eine vorherrschend apolo-
getisch-harmonisierende Tendenz unverkennbar, die in der
„Visionstheorie" ihren systematischen Niederschlag findet. Die
Darlegungen „Zum Deuteronomium" markieren eine entscheidende
Wende. Die Abkehr von der genetisch-historischen Fragestellung
bedeutet nicht ein Zurück zur „Getto-Theologie",
sondern führt bedingt zur Konfrontation mit dem Problem der
Geschichtlichkeit, das Franz v. Hummelauer als Philologe und
Theologe zu lösen sucht.

Damit nimmt er eine Position ein, die — nach einem langen
Weg über päpstliche Verlautbarungen — schließlich auf dem
Vaticanum II formuliert und sanktioniert wurde. Zugleich zeigt
seine früh erhobene Forderung nach einer „exegetischen" und
„einheitlichen" Lösung der anstehenden Probleme, daß „moderne
" theologische Konzeptionen — oft vorschnell und pauschal
als „modernistisch" verketzert — keineswegs nur im
nichtdeutschsprachigen Raum entworfen und vertreten wurden,
wenn auch die durch das Jesuitengesetz erzwungene Emigration
als fördernder Faktor berücksichtigt werden muß.

Gispert Knopp erörtert gründlich die Borromäusenzyklikn
Pius X. (1910) als Ursache einer kirchenpolitischen Auseinandersetzung
in Preußen. Rudolf Reinhard stellt unter dem
Titel „Ein Kulturkampf an der Universität Freiburg" beachtens-