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Ausgabe:

1980

Spalte:

29-31

Kategorie:

Bibelwissenschaft

Autor/Hrsg.:

Volz, Hans

Titel/Untertitel:

Martin Luthers deutsche Bibel 1980

Rezensent:

Delius, Hans-Ulrich

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Theologische Literaturzeitung 105. Jahrgang 1980 Nr. 1

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(erklärt sind z. B. profan, Theodizee, Theophanie), zumindest
den Bereich der Theologie übergreifende wie Metaphysik
(179.183.393), Kontingenz (178). (Eine nicht leicht
verständliche Redeweise kann sich auch bei dem fachspezi-
flschen Gebrauch deutscher Wörter ergeben: Gott „wohnt...
jedem Sein eröffnenden Sprachgeschehen inne", 179; Gott
„west... an", 180a. b; vgl. „typisierte Sprachmuster", 155.)

Wird im Vorwort „die Einheitlichkeit der Konzeption und
ihrer Durchführung" betont, die dadurch erreicht wurde,
„daß die Herausgeber ... die Mehrzahl der Artikel selbst
verfaßten" und die übrigen Mitarbeiter sich „bereitwillig
dem Gesamtkonzept" anpaßten (7), so ist doch ebenso zu
bemerken, daß die Autoren ihre eigene Fragestellung, Arbeitsweise
, Sprache, Denkform, ihr eigenes Sachverständnis
einbringen, u. zw. gerade auch bei manchen gemeinsamen
Artikeln der Hrsg. Weithin ergeben sich in ihnen Verbindungslinien
vom Alten zum Neuen Testament7; andererseits
werden mitunter Unterschiede zwischen beiden sichtbar
(ausgesprochen etwa s. v. Glaube 173; Tat-Ergehen-Zusammenhang
488; Gericht Gottes 165).

Literatur wird nicht zu allen Artikeln genannt, auch nicht
immer zu den gewichtigeren8. Nach Möglichkeit beschränkt
man sich auf einen markanten Titel9 (vier s. n. Petrus10). Zu
den biblischen Schriften werden möglichst Kommentare
genannt, die keine Kenntnis der antiken Sprachen voraussetzen
. Die Literatur ist sehr sorgfältig ausgewählt.

Aus dem Bericht geht hervor, daß RBL erheblich über
den Rahmen hinausgeht, der oben mit dem Zitat aus dem
Vorwort (6) angedeutet wurde; so wird sich RBL z. B. zugleich
als einführendes Nachschlagewerk für Studenten
bewähren. Die Gediegenheit, in der es gearbeitet ist, und
sein dadurch bedingter Informationswert wird auch durch
einzelne kritische Bemerkungen nicht herabgesetzt11. Übrigens
ist auch die Ausstattung des sorgfältig angelegten und
gehaltvollen Bandes durch den Verlag erfreulich, einschließlich
der Qualität der Wiedergabe der Abbildungen.

Halle (Saale) Gerhard Delling

' Vgl. W. Grundmann, ThLZ 89, 1964 Sp. 825 f.; 93. 1968 Sp. 171-173;
G. Friedrich. 98. 1973 SP. 819 f. 822; G. Delling. 103. 1978 Sr>. 27 f.

1 Entsprechend sub „Knecht Gottes". Vgl. ferner s. v. „beiden Jesu".
Die hier vorgetragene These von drei zeitlich unterschiedenen Stufen
der Deutung des Leidens Jesu durch die Urchristenheit leuchtet
mir freilich so nicht ein: die nach R. älteste, die das Kontrastschcma
(Apg 4,10 usw.) verwendet, belegt er nur aus Ana. — Die Namen
der Hrsg. werden nur mit dem Anfang des Familiennamens abgekürzt
. Für die im weiten Sinn des Wortes archäologischen Artikel
zeichnet häufig O.

• Die Paralipomena .Teremiae (Verweis 380) sucht man freilich unter
Baruchschriften (65) vergeblich.

• Auf das andersartige Weltbild der Umwelt des Neuen Testaments
sollten wenigstens einige Sätze hinweisen. Andeutungen über eine
„theologische HMmmelsl Vorstellung" im NT gibt R. 213.

» Gelegentlich zieht das Bemühen um räumliche Kürze einma' »In«1
Irreführende sachliche Verkürzung nach sich, wie bei „Gvmnasium".

• Abgesehen von ausgesprochenen Kurzartikeln.

7 Ein neutest. Passus fehlt zu „Anthropologie" (AT: Uber 3 Sn.; zu
„Sündenfall" (Röm 5.12-21).

I Keine Literatur z. B. zu Hoherpriester, Offenbarung. Parusie.
Redegattungen.

• So zum Art. „Gott" auf W. G. Kümmel, Hellsgeschehen und Geschichte
. 1965. 107-125.

• Petrus „dürfte . . . maßgeblicher Träger und Vermittler der .T»-
sus-Uberlieferung gewesen sein" (3881. Auch sonst hebt R. die Bedeutung
des Petrus für die Urchristenheit hervor (387 f.V

II S. o. 1 Million ist nicht die (angebliche! Zahl der Judenschaft
Alexandrias (27. 105), sondern (nach Philo Flacc 43) die der Juden
in Ägypten.

Volz. Hans: Martin Luthers deutsche Bibel. Entstehung und
Geschichte der Lutherbibel. Eingeleitet v. F.W. Kantzen-
bach. hrsg. v. H. Wendland. Hamburg: Wittig [19781. 260 S.
m. 416 Abb.. dav. 10 färb. 4». Lw. DM 98,-.

Als im September 1522 das sog. „Septembertestament",
das Neue Testament in der Übersetzung Luthers in Wittenberg
in der für die damalige Zeit ungewöhnlich großen Auflage
von 3000 Stück erschien, war damit der erste Teil des
Buches erschienen, das Luther mit zum meistgelesensten
Autor seines Jahrhunderts machte. 1534 erschien dann die
Vollbibel, von der der Wittenberger Drucker Hans Lufft
allein mehr als 100 000 Exemplare verkaufen konnte.

Es mußte also durchaus reizvoll erscheinen, die Entstehung
und die Geschichte der Lutherbibel in einem für einen
breiteren Leserkreis bestimmten Bildwerk darzustellen.
Hans Volz, u. a. für die wissenschaftliche Publikation der
Bibel in der kritischen Weimarer Gesamtausgabe wie auch
für die Briefedition zuständig, hat sich dieser Aufgabe in
seiner bekannten Sorgsamkeit unterzogen. Leider erlebte
er die Fertigstellung dieses schönen Buches nicht mehr, er
starb im Frühjahr 1978. Nachdem er 1972 die letzte von
Luther besorgte Bibel von 1545 diplomatisch mustergültig
ediert hatte - s. dazu meine Besprechung ThLZ 99, 1974
Sp. 275-277 -, die in der BRD eine erstaunliche Verbreitung
gefunden hatte, wird nun postum dieser Bildband vorgelegt,
der nicht nur die Fachwelt ansprechen will. In zehn farbigen
und 406 schwarzweißen Abbildungen wird die kulturelle
und geistige Welt dargestellt, in der Luther lebte
und arbeitete. Aber auch seine Mitarbeiter an der Bibel
werden ins rechte Licht gerückt wie auch seine Drucker
vorgestellt. Dabei werden zahlreiche Bilder wiedergegeben,
die nicht ohne weiteres bekannt sein dürften. Volz konnte
hier aus seinem großen Wissen gerade über die Lutherbibel
schöpfen.

Dem Band vorangestellt ist eine flüssig geschriebene Darstellung
von F. W. Kantzenbach über Luthers Sprache in
der Bibel, in der er sich u. a. auch mit der modernen, jahrzehntelangen
Revision an der Lutherbibel auseinandersetzt.
Luthers Erfolg als Bibelübersetzer ist nur durch die Erfindung
des Buchdruckes möglich geworden. Andererseits hat
Luthers Ringen um eine Erneuerung der Kirche dem Buchdruck
einen unerhörten Aufschwung verschafft, Buchdruck
und Reformation haben einander in die Hände gearbeitet
(8). Auf eine halbe Million Exemplare schätzt man alle
Bibeldrucke, die noch zu Lebzeiten Luthers entstanden sind,
ein für die damalige Zeit nicht zu unterschätzender Wirtschaftsfaktor
. Diesen Faktor nun optisch zu verdeutlichen,
ist ein im Sinne Luthers durchaus legitimes Unternehmen,
konnte doch der Reformator die Bedeutung der Bilder nicht
genug herausstellen.

Nach dieser, dem Zweck des Buches entsprechend mehr
feuilletonistischen Einleitung folgen zehn Kapitel, in denen
in den jeweils nachfolgenden Bilderteil eingeführt wird.
Hier wurden zumeist Texte verwendet, wie sie in Volz' Veröffentlichung
von 1954 „Hundert Jahre Wittenberger Bibeldruck
" und in der erwähnten Bibelausgabe der Vollbibel
von 1545 aus dem Jahre 1972 vorlagen.

Den vorlutherischen deutschen Bibeln im Spätmittelalter
ist das erste Kapitel gewidmet, dem u. a. Bilder aus der bekannten
Gutenbergbibel von 1455, aus der Zainerbibel und
aus der Mentelinbibel folgen.

Auf dem Weg zu einer neuen Bibelübersetzung werden
dann u. a. die Hilfsmittel Luthers, die er bei der Übersetzung
benutzt hat, vorgestellt. Erasmus von Rotterdam nimmt
hier einen hervorragenden Platz ein, aber es fehlen natürlich
auch nicht Abbildungen aus der Bibel mit der Postille
des Nikolaus von Lyra, der damaligen Vulgata, der Sep-
tuaginta, der Rabbinerbibel, der von Luther benutzten Konkordanzen
bis hin zu den linguistischen Hilfsmitteln wie
Reuchlin oder David Kimchi und Sebastian Münster. Bilder
der Lutherstube auf der Wartburg und in Wittenberg lokkern
das Kapitel auf wie auch der lange Bericht von Johannes
Keßler über seine Reise nach Wittenberg im Jahre 1522,
auf der er im Jenaer „Schwarzen Bären" mit Luther zusammengetroffen
war. Es folgen Brieffotos von Luther,
Melanchthon, Spalatin u. a., in denen jeweils über den Fortgang
der Übersetzung oder über Anfragen Luthers zu einzelnen
Übersetzungsproblemen berichtet wird.

In einem weiteren Kapitel werden die Mitarbeiter Luthers
vorgestellt. Nicht nur im Bild, sondern auch in kurzen
Viten erfährt der Benutzer das Wichtigste über Melanchthon
, Bugenhagen, Cruciger, Jonas, Spalatin, Aurogallus
und Rörer.

Es schließt sich die Vorstellung der Verleger und Drucker
an mit Johann Rhau-Grunenberg, Goltz, Döring, Schramm,