Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1980

Spalte:

506

Kategorie:

Judaistik

Autor/Hrsg.:

Tocci, Franco Michelini

Titel/Untertitel:

I manoscritti del Mar Morto 1980

Rezensent:

Bernhardt, Karl-Heinz

Ansicht Scan:

Seite 1

Download Scan:

PDF

505

Theologische Literaturzeitung 105. Jahrgang 1980 Nr. 7

500

Unnik, Willem Cornelis van: Flavius Josephus als historischer
Schriftsteller. Heidelberg: Schneider 1978. 68 S. gr. 8° =
Franz Delitzsch Vorlesungen, N. F. Kart. DM 24,-.

In I, »Josephus, der Vernachlässigte" (13—25), stellt van
Unnik sein Thema zuerst in den weiten Raum der gegenwartigen
neutestamentlichen Forschung überhaupt und deutet dann
an, was sie aus der Beschäftigung mit dem hellenistischen bzw.
genauer (im Unterschied zu Philon) hellenisierten (65) Juden
sowohl vom Studium seiner Botschaft an das Judentum seiner
Zeit wie von dem seiner Ausdrucksformen her zu gewinnen
vermag. Das letztere wird in II, »Die Formel .nichts wegnehmen
, nichts hinzufügen' bei Josephus" (26—40), exemplarisch
erhärtet für die ähnlich auch Apc 22,18 f begegnende Wendung,
die v. U. bereits für andere antike Schriftsteller in VigChr 3,
1949, 1—36 behandelte; er erörtert nun ihren mehrfachen Gebrauch
bei Josephus, im Rahmen seiner Zielsetzung als jüdischer
Geschichtsschreiber einerseits und im Vergleich mit Belegen
aus paganer Literatur andererseits. In III, „Die Prophc-
tie bei Josephus" (41—54), geht es zuerst um das verschiedentlich
hervortretende Selbstverständnis des Josephus als Propheten
(41—47), dann um die Weise, in der er über die alttestament-
lichen Propheten berichtet, deren Unheilsprophetie er vor allem
herausstellt und denen Jercmia als sein, des Josephus, Prototyp
erscheint. Abschließend stellt v. U., sich zum Anfang zurückwendend
, in IV, „Josephus in seiner Bedeutung für den
Ausleger des Neuen Testaments" (55—67), eine Fülle von Gesichtspunkten
dazu auf: Auffassung und von daher Verwendung
des Alten Testaments, Verarbeitung von Quellen überhaupt
', Hellenisicrung usw. je bei Josephus und im Neuen
Testament. Dabei denkt v. U. nicht einfach an das Aufzeigen
von Parallelen, sondern setzt eine Einordnung der Aussagen
des Josephus — der „Jude in Religion und Lebensführung" geblieben
ist (66) — nach Form und Inhalt in ihren engeren
historischen Zusammenhang voraus, von dem her der Vergleich
mit dem Neuen Testament erst sinnvoll wird. Tatsächlich
umreißt v. U. in diesen im Rahmen des münsterschen
Institutum Dclitzschianum gehaltenen Vorlesungen, zu dessen
Arbeitsbereichen Josephus seit langem gehört Programm und
Grundsätze zur Josephus-Forschung mit dem besonderen Blick
auf das Neue Testament:1 und führt zugleich ihre Möglichkeiten
an Beispielen vor. Sie sind zu einem Vermächtnis des Utrechter
Gelehrten (1910—1978) geworden, der über die ihm
besonders anvertrauten Fachbereiche des Neuen Testaments
und der Alten Kirche hinaus in aller vielfältigen und minutiösen
Einzclforschung seinen Blick auf das Ganze einer verantwortlichen
Theologie und in die Weite der Wissenschaft
überhaupt gerichtet hielt.

Halle (Saale) Gerhard Delling

1 In dem Zusammenhang fallen einige kritische Bemerkungen über die Behandlung
des synoptischen Problems besonders im deutschen Bereich (61).

- Vgl. etwa ÜLZ gl, 1970, Sp. 116-120; 98, 1977, Sp. 125-127.

3 Nahcliegcnderweise kommt er dabei auch auf das Corpus Hcllcnisticum
Novi Tcstamcnti zu sprechen.

Kutscher, E. Y. i The Language and Linguistic Background of
the Isaiah Scroll (1 QIsa). Indiccs and Corrections by E.
Qimron. Leiden: Brill 1979. XII, 62 S. 8° = Studies on the
Texts of the desert of Judah, VI A. Kart. hfl. 20.-.

Die englische Übersetzung von Eduard Yechezkcl Kutschers
1959 zuerst in hebräischer Sprache erschienenem großen Werk
»The Language and Linguistic Background of the Isaiah Scroll"
(Leiden 1974) konnte von ihrem im Jahre 1971 verstorbenen
Vf. nicht mehr durch den Druck begleitet werden. Die Benutzung
dieses nicht nur für die Arbeit an 1 Q Isa, sondern überhaupt
für die Hebraistik und Aramaistik wichtigen Buches war
deshalb bislang durch das Fehlen der Register beeinträchtigt.
Elisha Qimron, ein Schüler des verstorbenen Gelehrten, hat
vcrdienstvollcrweisc die Indices für die englische Ausgabe
erarbeitet und in dem vorliegenden Ergänzungsheft publiziert.
Besonders aufmerksam gemacht sei auf zwei lange Listen von
Lese- und Druckfehlern (41—62). Vorangestellt ist eine warme
Würdigung des Werkes von E. Y. Kutscher aus der Feder von
Shclomo Morag (VII-X).

K.-H. B.

Soggin, J. Alberto: I manoscritti del Mar Morto. Presentazione
di S. Moscati. Roma: Newton Compton editori [1978]. 207 S.
m. 5 Abb., 22 Abb. auf 16 Taf. 8° = Paperbacks civiltä scom-
parse, 22. Lire 3.000.

Die Forschung hat der allgemeinverständlichen zusammenfassenden
Information über die Textfunde vom Toten Meer
seit den ersten Entdeckungen große Aufmerksamkeit gewidmet.
Zu den handlichen Überblicken in der Form eines Taschenbuches
gesellt sich nunmehr J. A. Soggins Darstellung. Ihre
Vorzüge liegen in der zugleich lebendigen und sorgfältigen
Schilderung der Forschungsergebnisse, die trotz des beschränkten
Raumes an interessanten Beispielen verdeutlicht werden.
Der Umfang des Gebotenen entspricht den üblichen Gesichtspunkten
— von der Entdeckungsgeschichte bis zur Frage des
Verhältnisses zwischen Qumrangemeinschaft und Urkirche. Im
Zentrum steht die Erörterung der Beziehungen der Qumran-
litcratur zum Alten Testament und überhaupt ihrer Position
in der hebräischen Literaturgeschichte. Der Veranschaulichung
dienen einige Kartenskizzen und Pläne sowie 22 Photographien
.

K.-H. B.

Sänger, Dieter: Metanoia und Mysterium. Untersuchungen zum
religions- und traditionsgeschichtlichen Ort von »Joseph und
Aseneth" (Thcol. Promotion, Heidelberg 1978/79).

Neues Testament

Berger, Klaus: Exegese des Neuen Testaments. Neue Wege vom
Text zur Auslegung. Heidelberg: Quelle & Meyer [1977].
288 S. 8° = Uni-Taschenbücher, 658. Kart. DM 16,80.

In der neutestamentlichen Exegese ist der Streit über die
Methoden wieder zu einem Hauptthema geworden. Im Mittelpunkt
der Debatte steht die Frage, ob und inwieweit Erkenntnisse
der (verschiedenen Ansätze der) neueren Textlinguistik
in die Auslegung des NT eingeführt werden können. Während
sich manchenorts hieraus schon fast ein »Glaubenskrieg" entwickelt
hat, bemüht sich B. darum, Zuspitzungen zu vermeiden
(„Methodenreflexion bedeutet nicht Ersetzung älterer Wege,
sondern deren Ergänzung und vor allem die Frage, weshalb
das, was als qualifiziert erscheint, auch qualifiziert ist", 10).
In seiner ausdrücklich als „Beitrag zu theologischer Exegese"
(9; Hervorhebung von B.) bezeichneten Studie will er die Anwendbarkeit
der in der neueren außertheologischen Methodendiskussion
entwickelten Modelle und Konzeptionen prüfen
(10). 1

Das Buch enthält abgesehen von Einführung (§ 1) und
Schlußwort (§39) neun Kapitel; die ersten fünf befassen sich
überwiegend mit dem Zusammenhang von Linguistik und ntl.
Exegese (1. Textlinguistik, 11—32; 2. Die Bestimmung der
literarischen Form, 33—85; 3. Text und Mitteilungsgeschehen,
86—127; 4. Gattungsbestimmung, 128—136; 5. Die Erforschung
von semantischen Feldern, 137—159), die letzten vier Kapitel
beziehen sich mehr auf die herkömmlichen exegetischen Methoden
(6. Überlieferungskritik, 160—201; 7. Redaktionskritik,
202-217; 8. Soziologische Fragen, 218-241; 9. Wirkungsge-
schichtlichc Hermeneutik, 242—268). Nach den Anmerkungen
(270—282) folgen ein ausführliches Register der ntl. Stellen
(283—285) und ein ebenso ausführliches Sachregister (286-288).

B. bietet eine Fülle von Informationen sowohl zur Textlinguistik
wie zur ntl. Exegese — er setzt freilich beim Leser
auch erhebliche Vorkenntnisse auf beiden Gebieten voraus,
bietet also nicht etwa eine „Einführung" in den ganzen The-
mcnkomplcx. Da es sein Ziel ist, „Impulse aus Nachbardisziplinen
der Theologie kritisch für konkrete Exegese des Neuen
Testaments zu verarbeiten" (5), mag es zulässig sein, die Besprechung
auf einige der von B. vorgeführten Beispielexegesen
zu konzentrieren.

In § 4 zeigt B., wie sich von den sehr verschiedenartigen
Gliederungsmcrkmalcn her die sprachliche Struktur eines