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Ausgabe:

1980

Spalte:

470-471

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Autor/Hrsg.:

Dantine, Wilhelm

Titel/Untertitel:

Schwarze Theologie 1980

Rezensent:

Krügel, Siegfried

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Theologische Literaturzeitung 105. Jahrgang 1980 Nr. 6

470

sehen und reformierten Kirchen oder seit 1978 zwischen der
Bulgarischen Orthodoxen Kirche und dem Bund der Evangelischen
Kirchen in der DDR geführt. Zu den Bemühungen,
sich im Dialog näher zu kommen, gehören auch die Gespräche
zwischen dem ökumenischen Patriarchat und der Evangelischen
Kirche in Deutschland. Nach der einleitenden Gesprächsrunde
in Istanbul 1969, dem Gespräch in Arnoldshain
1971 über „Christus — das Heil der Welt" und der Begegnung
in Chambesy 1973 über „Das Bild vom Menschen in
Orthodoxie und Protestantismus" fand ein viertes Theologisches
Gespräch 1975 in Friedewald über „Die Anrufung
des Heiligen Geistes im Abendmahl" statt.

Im Unterschied zu bisherigen Berichtsbänden hat K. Chr.
F e 1 m y seinen nach der Tonbandaufzeichnung besorgten
Protokollbericht über die vier Diskussionsrunden (19—47)
dem Abdruck der Referate vorangestellt. So fehlt dem Leser
zunächst die Kenntnis des in den Vorträgen Gesagten.
Andererseits wird er durch die in der Diskussion hervorgehobenen
Momente zu den diesbezüglichen Aussagen der
Referate hingeführt. Dabei sind die Vorträge nicht dem
Diskussionsverlauf entsprechend, sondern in historischsachlicher
Folge geordnet. Die ersten drei befassen sich mit
den neutestamentlichen und altkirchlichen Grundlagen:
W. Schräge, Das Herrenmahl bei Paulus; W. Schnee-
melcher, Die Epiklese bei den griechischen Vätern; Metropolit
Emilianos, Die frühen Anfänge der Epiklese
. Die drei übrigen widmen sich den konfessionellen
Besonderheiten: H. G e i ß e r , Das Abendmahl nach den
lutherischen Bekenntnisschriften; C. Andronikof, Die
eucharistische Lehre von Nikolaos Kabasilas (14. Jh.); I. Z i -
z i o u 1 a s . Die Eucharistie in der neuzeitlichen orthodoxen
Theologie.

Im Mittelpunkt stand die Bedeutung der Epiklese in der
Eucharistie, die Herabrufung des Heiligen Geistes auf Brot
und Wein und damit das Verständnis „der lebendigen Gegenwart
des Dreieinigen Gottes und seines erneuernden
Schöpfungswerkes in seiner Kirche und durch sie" (8). In
den Gesprächen sei deutlich geworden, wie H. J. Held im
Vorwort unterstreicht, in welch hohem Maße biblische Auslegung
, dogmatische Durchdringung und geistliche Erfahrung
, die im zeitgenössischen Protestantismus stärker unter
ihren Einzelaspekten gesehen werden, sich im orthodoxen
Denken „zu einem einzigen Akt theologischer Existenz"
(ebd.) zusammenschließen.

Es ist hier nicht möglich, auf die Reichhaltigkeit der Aussagen
in ihrer biblischen, patristischen, historischen und
systematischen Entfaltung einzugehen. Dies muß der Lektüre
vorbehalten bleiben. Es wurde jedenfalls, um nur dieses
anzudeuten, hinsichtlich der orthodoxen Betonung der
Zusammengehörigkeit von Christologie und Pneumatologie
evangelischerseits deutlich gemacht, daß, auch wenn das
lutherische Abendmahl ohne eigentliche Epiklese gefeiert
wird, die ganze eucharistische Realität vorhanden ist.

Ohne die Aussage der übrigen Referate gering zu schätzen,
sei besonders auf das von Ioannis Zizioulas hingewiesen, weil
es in einer Weise, die in den bisherigen theologischen Gesprächen
kaum zu finden war, in der Darlegung eines ganzen
Spektrums unterschiedlicher neuerer orthodoxer Auffassungen
zur Eucharistie die eigene Position in ihrer historisch
gewordenen Vielfalt und Bedingtheit kritisch beleuchtet
. Es zeigt, wie unter dem Einfluß westlicher Schultheologie
und Scholastik eine östliche Scholastik entstand, die
heute, wiederum teilweise an neuere westliche Entwicklungen
anknüpfend, durch das Hervorheben der ekklesiolo-
gischen Dimension und des liturgischen Aspektes allmählich
überwunden wird. Da dies erst im Ansatz erfolgte, „kann
man heute nicht von einer voll ausgeformten eucharistischen
Theologie in der Orthodoxie sprechen" (179). Nicht zuletzt
der Gedanke, daß die Eucharistie nicht ohne das geweihte
Amt gefeiert werden könne, aber die Gültigkeit der Eucharistie
bei der Gemeinschaft und nicht bei einem besonderen
Amt liege, da der Träger des Amtes immer Teil der eucharistischen
Gemeinschaft ist, läßt Zizioulas schlußfolgern,

daß die orthodoxen theologischen Neuansätze „wahrscheinlich
auch für eine Neubetrachtung unserer ökumenischen
Probleme von Gewicht" sein werden (ebd.).

Berlin Hans-Dieter Döpmann

Dantine, Wilhelm: Schwarze Theologie. Eine Herausforderung
der Theologie der Weißen? Wien-Freiburg—Basel:
Herder [1976]. 111 S. 8°. ö. S. 82,-.

Die Schrift, der eine Vorlesung für Hörer aller Fakultäten
zugrunde liegt (5), umfaßt vier Kapitel: „Allgemeine Motive
und Argumente der Schwarzen Theologie", „Die theologische
Argumentation", „Die Rolle der Soteriologie", „Zur
Frage einer selbständigen' Theologie neben der abendländisch
-weißen".

Vf. informiert im 1. Kap. zunächst über James H. Cone
und unterstreicht mit Recht, daß dessen Gedanken „nur von
der bewußten und absichtlich reflektierten gesellschaftlichen
Stellung der Schwarzen in den USA her zu verstehen" sind
(16). Zur Rechtfertigung dieses Ansatzes zeigt Vf. an Beispielen
, „wie gesellschaftsbezogen auch die Positionen der
bisherigen abendländischen Theologie bzw. der Kirchen
sind" (22). Die anschließenden Ausführungen „Zum Rassismusproblem
" (22 ff.) haben sowohl Nordamerika wie Südafrika
im Auge. Hier wird, K. P. Blaser folgend, doch wohl
zu stark eine Theoriebildung des Rassismus versucht, wodurch
die realen politisch-gesellschaftlichen Probleme sich
so verschieben, daß trotz aller harten Kritik am weißen
Rassismus die Erörterung schließlich auf die Frage hinausläuft
, ob nicht etwa „im Laufe der Zeit eine schwarze rassistische
Ideologie entstehen könnte" (31). Ebenso wird das
Kernproblem gelinde gesagt recht unglücklich formuliert:
Es „geht wesenhaft darum, die menschliche Minderwertigkeit
des Negers zu überbrücken!" (ebd.).

Im 2. Kap. bezieht Vf. auch die lateinamerikanische
„Theologie der Befreiung" mit ein und damit, wie er ausdrücklich
hervorhebt, zugleich sowohl den Marxismus als
auch den modernen katholischen und protestantischen Ökumenismus
. Diese Ausweitung ist vom Thema her berechtigt;
zugleich steht sie im Dienst der unverkennbaren Tendenz
der Schrift, die Interdependenz der Gegenwartstheologie wie
des modernen Denkens überhaupt nachzuweisen. So sehr
aber Verstehen darauf beruht, daß man Neues zunächst einmal
mit Hilfe von schon Bekanntem zu erfassen versucht, so
vorsichtig sollte man in der Handhabung dieser Methode
gerade bei einem Phänomen wie der Schwarzen Theologie
sein. Daß diese ihr echtes Proprium, daß sie Neues zu sagen
hat, steht allerdings auch für Vf. durchaus fest, wie etwa
sein Hinweis auf die bedeutsame Tatsache zeigt, „daß hier
eine eigentümliche Zusammenordnung von Elendserfahrung
mit den kreativen Möglichkeiten geschieht, die dem Menschen
gegeben sind" (42). Andererseits aber sagt er z. B. vom
„SASO-Manifest" aus dem Jahr 1971: „Die gesamte Sprache,
die Begriffe und die Vorstellungsmodelle, die hier verwendet
werden, stammen aus der abendländischen Kultur, insbesondere
der modernen, vom Existentialismus mitbestimmten
europäischen Philosophie und Theologie" (51).
Darauf Bezug nehmend, formuliert er die These: „Es gibt im
Grund genommen keine Kultur, die nicht entscheidend
durch von außen kommende Einflüsse geprägt wurde, und
der Vorgang ist der Geschichte keineswegs unbekannt, daß
erst fremder Einfluß eine autonome und authentische Kultur
zu ihrer Eigentlichkeit gebracht hat" (53). Schwarze
Theologie hat jedoch, vor allem im südlichen Afrika, ihren
Sitz im Leben nicht dort, wo sich gemäß vorstehender These
Kulturwerdung vollzieht, sondern in jenem konkreten
Kampf, den Buthelezi meint, wenn er sagt: „Wir treiben
Theologie auf der Straße."

Die vom Vf. im 3. Kap. zitierten Kritiker der Schwarzen
Theologie (Moyo, Edwards, Lehmann) und die Einschätzung,
bei dem christologischen Ansatz der Schwarzen Theologie
handele es sich um „ein Übergehen der Christus-Geschichte