Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1980

Spalte:

468-470

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Titel/Untertitel:

Die Anrufung des Heiligen Geistes im Abendmahl 1980

Rezensent:

Döpmann, Hans-Dieter

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

467

Theologische Literaturzeitung 105. Jahrgang 1980 Nr. 6

468

eingehen zu können. Den Rahmen des Buches bilden das
erste Kapitel „Kosmische Zeit und menschliches Leben"
(11—13) und das zehnte als Exkurs zum Thema „Die Problematik
eines immerwährenden Kalenders" (235—244).
Beide Kapitel binden, sei's im Erleben von, sei's im Rechnen
mit Zeit, das Kirchenjahr ans Allgemein-Menschliche an.

Bei der Gliederung im kleinen läßt sich mit einer gewissen
Regelmäßigkeit der Dreischritt Ursprung und Geschichte —
Sinn und Bedeutung — gegenwärtige Struktur erkennen.
Adam informiert konzentriert, aufs Wesentliche bedacht,
und kommentiert behutsam. Selbstverständlich konnten
nicht alle, sondern nur die herausragenden Meßproprien
im einzelnen besprochen werden. Hält sich der Autor mit
Urteilen und Wertungen wohltuend zurück, so heißt das
nicht, daß er keinen Standpunkt hätte. Zwar beziehen sich
kritische Anmerkungen zum guten Teil auf vorkonziliare
Fehlentwicklungen (vgl. 80f., 118f., 124, 146ff., 158f., 170ff.,
1721, 182, 186f., 206), doch ist ebenso deutlich, daß es der
Autor im Zweifelsfalle, z. B. im Blick auf Neujahr und
Erntedank, gegen einen liturgischen Purismus mit dem
biblischen und sympathischen Satz Pauls VI. hält: „Die
Liturgie ist doch für die Menschen da und nicht die Menschen
für die Liturgie" (118, vgl. 159). So kommen auch die
Notwendigkeiten einer religiös pluralistischen Weltgesellschaft
in den Blick (243). Andererseits zeigt die aus der
Kenntnis der Liturgiegeschichte verständliche Abneigung
gegen den nicht nur modischen Trend zu neuen ,Ideenfesten',
die Adam mit römischer Tradition und Kirchenleitung teilt
(29f., 121, 138-154, 171, 190), und zur „Verzweckung" der
Sonntagsfeier durch alle möglichen (vielleicht berechtigten!)
Anliegen und „Initiativen" (47f.), daß die „österliche
H e i 1 s t a t " (24) nach Meinung des Autors das Kirchenjahr
in allen seinen Teilen auf den christologischen Skopos
der „Begegnung mit dem erhöhten Herrn" (32) ausrichtet
und so als Kriterium für „die ordnende Hand des Gärtners"
(ebd.) dienen kann. Wer froh ist, die Überfremdung der
Sonntagsfeier durch unzählige Heiligengedächtnisse hinter
sich zu haben, muß sich, wie Adam weiß (48)), hier besonders
hüten, vom Regen in die Traufe zu kommen. Ob jeder
,reformatorische' Theologe, der's eigentlich noch besser wissen
müßte, dies auch nur halb so gut weiß, ist leider nicht so
sicher. Uberhaupt: Die das Buch durchziehende Begeisterung
für den neu gewonnenen Reichtum der Schrift (die
Hebräische Bibel nicht ausgenommen!) im Gottesdienst ist
für unsereinen bewegend und beschämend (vgl. nur 132 bis
137, 229).

Ein kontroverstheologisches Gespräch mit dem Autor kann
im Rahmen dieser Besprechung nicht geführt werden. Ich
nenne darum nur wenige Fragen, die auch innerevangelisch
weiterer Klärung bedürften. Könnte die im Ursprung des
Kirchenjahres, ja zum Teil als dieser, erkennbare Antithese
zum Judentum (37, 50, 53, 56, 242), verschärft durch
den Anspruch, „Erfüllung und Vollendung" (14, vgl. 24, 28)
zu sein, der „Herzmitte" des Kirchenjahres nicht auch das
Gift einer unguten ideologisierenden Tendenz beigegeben
haben, so daß schon das Osterfest viel mehr ,Ideenfest' wäre,
als Adam es wahrhaben will? Das gilt natürlich auch für die
Sonntagsfeier! Weiter: Die Adams Buch wie viele liturgische
Abhandlungen auch evangelischer Autoren durchziehende
wachstümliche und ästhetisierende Metaphorik
(32, 34 u. ö.), die eine differenzierende Nachfrage erschwert,
verschiebt den Skopos des Kirchenjahres unversehens ins
Ekklesiologische, hin zu „einer umfassenden Selbstdarstellung
der Kirche" (8), so daß von da der Schritt zur römischen
Mariologie und Heiligenverehrung, bei aller Kritik
an Übertreibungen und Überhitzungen (162—172), nur konsequent
erscheint. Daß solche Verschiebung so bruchlos eintreten
kann, sollte bedenklich stimmen und darüber hinaus
fragen lassen, ob denn ein christologischer Skopos für das
Kirchenjahr zureicht. Die „österliche Heilstat" ist ja nicht,
wie Adam (24 f.) meint, einfach mit der „Heilstat Jesu"
gleichzusetzen! Sollte also nicht ein theologischer Skopos
gefordert sein, der gerade im „wunderbaren Tausch" (106 ff.)

Gottes Reichtum und unsere Armut anders und besser unterscheiden
lehrt, weil Gott es ist, der die Toten auferweckt
? Um Jesu willen wäre dann prophetische Kritik an
allem ekklesiologischen und anthropologischen Triumphalismus
die dem heilsamen Willen Gottes gemäße Grenze
des Kirchenjahres, innerhalb deren freilich auch von Protestanten
ganz neu nach dem rechten Gedenken der Toten, der
Märtyrer und Heiligen aus Israel und den Völkern gefragt
werden muß. Gibt es den Lobpreis Gottes ohne das sang-
und klanglos aus der Liturgie hinausreformierte ,Dies irae'
(zu 197)? Müßte das .Immer höher' (30) des Kirchenjahres
sich biblisch nicht umkehren lassen in ein — .Immer tiefer
hinab'? Dem Lob des Schöpfers (28) in der die Welt-Zeit
sprengenden, nicht endenden Fülle seiner Taten zu dienen —
wäre das nicht eine weniger sytematisierend auf Einheit bedachte
, aber zureichende Bestimmung für das Kirchenjahr,
eine Wohltat für das Geschöpf in den Grenzen seiner endlichen
Zeit? Möge Adams Buch diese und noch andere Fragen
befördern!

Der Umgang mit dem Buch wird durch ein (leider nicht
ganz vollständiges: Ich vermisse z. B. AES, vgl. S. 227 u. ö.)
Abkürzungsverzeichnis (245 f.) sowie durch ein Verzeichnis
der Kurztitel (247f.) und ein Personen- und Sachregister
(266-272) erleichtert. Der Anmerkungsteil (249-265), Tabellen
(134, 136) und die Beigabe des Regionalkalenders für
das deutsche Sprachgebiet (208—219) erhöhen seinen Wert.

Hermannsburg Krlstlieb Adloft

Andren, Carl-Gustaf: Renewal — A central concept in Gustaf
Aulen's work with the liturgy in theorie and practice.
Lund: Gleerup 1979. 17 S. gr. 8° = Scripta Minora Regiae
Societatis Humaniorum Litterarum Lundensis, 1978—1979:
4.

Blankenburg, Walter: Die Entwicklung der Hymnologie seit
etwa 1950 (2. u. 3. Forts.) (ThR N. F. 44, 1979 S. 36-69.239
bis 279).

Delamont, Vic: The Ministry of Music in the Church. Chicago
, III.: Moody Press [1980]. 160 S. 8°.

Drömann, Hans-Christian: Unterwegs zu einem neuen Gesangbuch
(MuK 50, 1980 S. 54-59).

Henning, Dr.: Auf ein neues — Gesangbuch! (PB1 119, 1979
S. 467-474).

Hildebrandt, Herbert: Chorbuch zum Evangelischen Kirchengesangbuch
. Lieder Nr. 1—200. Berlin: Evang. Verlagsanstalt
[1979]. 224 S. 8°. Lw. M 8,80.

Markus, Jenny: Vom Psalmlied zum Glaubenslied — Vom
Glaubenslied zum Psalmlied. Konrad Ameln zum 80. Geburtstag
(MuK 49, 1979 S. 267-278).

Parvio, Martti: The Basic Sources of the Finnish Medieval
Mass Tradition (StTh 33, 1979 S. 133-147).

Renou, Ch.: Un document Nouveau sur la liturgie de Jerusalem
. (La Maison-Dieu, 139, 1979 S. 139-164).

Schütz, Adalbert: J. S. Bach und der Humor (WuD 15, 1979
S. 175-191).

Skaar, Kr. Edvard: Eucharistibonnen (TTK 50, 1979 S. 173
bis 193).

Okumenik: Allgemeines

Die Anrufung des Heiligen Geistes im Abendmahl. Viertes
Theologisches Gespräch zwischen dem ökumenischen Patriarchat
und der Evangelischen Kirche in Deutschland
vom 6.-9. Oktober 1975 in der Evangelischen Sozialakademie
Friedewald. Hrsg. vom Kirchlichen Außenamt der
Evangelischen Kirche in Deutschland (Studienheft 9).
Frankfurt/M.: Lembeck [1977]. 179 S., 3 Taf. 8° - Beiheft
zur ökumenischen Rundschau, 31.

Theologische Gespräche werden nicht nur seitens der
Russischen Orthodoxen Kirche mit verschiedenen lutheri-