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Ausgabe:

1980

Spalte:

421-423

Kategorie:

Judaistik

Titel/Untertitel:

Juifs et judaisme de Languedoc 1980

Rezensent:

Stemberger, Brigitte

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421

Theologische Literaturzeitung 105. Jahrgang 1980 Nr. 6

422

Mazar, Benjamin: Herodian Jerusalem in the Light of the

Excavations South and South-West of the Temple Mount

(IEJ 28, 1978 S. 230-237).
Osten-Sacken, Peter von der: Die Bücher der Tora als Hütte

der Gemeinde. Arnos 5,26 f. in der Damaskusschrift (ZAW

91, 1979 S. 423-435).
Pardee, Dennis: mer6rät-petanim >Venom< in Job 20,14

(ZAW 91, 1979 S. 401-416).
Rao, S. Prabhakara, and M. Prakasa Reddy: Job and his

Satan - Parallels in Indian Scripture (ZAW 91, 1979

S. 416-422).

Raymann, Acir: O casamento entre os filhos de deus e as
fllhos dos homens (IgLu 39, 1979/2 S. 23-30).

Schmitt, Veronika Elisabeth: .,Wer ist dieser Gott?" -
Israel besingt seinen Schöpfer [Ps 114] (GuL 53, 1980
S. 18-24).

Shea, William H.: The Conquests of Sharuhen and Megiddo
Reconsidered (IEJ 29, 1979 S. 1-5).

Slomovic, Elieser: Toward an Understanding of the Formation
of Historical Titles in the Book of Psalms (ZAW 91.
1979 S. 350-380).

Utzschneider, Helmut: Der Prophet vor dem Ende des Reiches
Israel. Geschichtliche und institutionale Aspekte der
Prophetie Hoseas (Theol. Promotion, München 1978/79).

Wefing, Sabina: Untersuchungen zum Entsühnungsritual
am großen Versöhnungstag (Leviticus 16) (Theol. Promotion
, Bonn 1978/79).

Willis. John T.: Psalm 1 - An Entity (ZAW 91, 1979 S. 381
bis 401).

Wyatt. N.: The Development of the Tradition in Exodus 3

(ZAW 91, 1979 S. 436-442).
Zadok. Ran: Hirbet Bet 'Enün (IEJ 29, 1979 S. 62).

Judaica

Vicaire, Marie-Humbert, et Bernhard niumcnkranz [Eds.]:
Juifs et judaisme de Languedoc XHIe siecle — debut XlVe
siede. Toulouse: Privat [1977]. 422 S. m. 2 Plänen, 8 Taf.
gr. 8° = Collection ..Franco-Judai'ca"., 6. ffr. 81,-.

Diese, von Bernhard Blumenkranz herausgegebene Reihe,
die die allgemeine und die geistige Geschichte der Juden in
Frankreich in allen Perioden aufzuarbeiten sucht, bringt
nun zum zweiten Mal die Darstellung jüdischen Lebens in
einer Provinz (Bd. 5 war den Juden des Elsaß gewidmet).
Die Languedoc mit ihrem Hauptort Narbonne war im Mittelalter
ein wichtiges Zentrum jüdischer Geistigkeit, wie ja
überhaupt die nachrömische jüdische Besiedlung Mittel-
und Nordeuropas zu einem großen Teil von Südfrankreich
ausging. Die Languedoc, nördlich an die Pyrenäen angrenzend
, war im frühen Mittelalter ein Refugium für Juden,
die aus dem Spanien der judenfeindlichen Westgotenherrscher
in den judenfreundlicheren Norden flüchteten. Narbonne
wurde ein im ganzen Abendland bekanntes jüdisches
Zentrum, das in gewisser Weise eine Art Babylonien des
Westens sein wollte. Durch die geographische Lage bedingt,
war dieses Gebiet ein Schmelztiegel, wo sich die philosophischen
und mystischen Strömungen des spanischen Judentums
mit den geistigen Errungenschaften des nordfranzösischen
und rheinischen Judentums mischten, und von wo
aus die Impulse weitergegeben wurden.

Angesichts dieser Bedeutsamkeit der Languedoc und der
sie umgrenzenden Gebiete für das jüdische Geistesleben im
Mittelalter ist es zu begrüßen, daß mit diesem Buch der
Versuch unternommen wurde, die schon sehr alten Werke
von J. Regne und G. Saige zu ergänzen bzw. zu ersetzen.
Das Buch ist in drei Teile gegliedert: Es behandelt die Stellung
der Juden in der christlichen Gesellschaft Südfrankreichs
, sodann das innerjüdische Leben und schließlich das
geistige Echo, das das Judentum fand.

H. Gilles zeigt anhand von kirchlichen Kommentaren
zum offiziellen Judenstatus, der sich ja nie mit der Wirklichkeit
deckte, daß darin der Süden keine Unterschiede zum
übrigen Europa aufwies. (Commentaires meridionaux des
prescriptions canoniques sur les Juifs, 23—50). G . N a h o n s
Beitrag ,Condition fiscale et economique des Juifs' zeigt, daß
die Situation der Juden als Steuerzahler und damit als
Objekte der Wirtschaftspolitik in ganz Europa ziemlich ähnlich
war. Wenn auch nur die deutschen Juden offiziell
.Knechte der (kaiserlichen) Kammer' genannt wurden, so
behandelten doch alle Fürsten die Juden samt ihrem Vermögen
als ihr Eigentum. Diese Einstellung hält Nahon auch
für die Ursache der Vertreibung der Juden aus der Languedoc
1306. R . W . E m e r y weist in seinem Beitrag ,Le pret
d'argent juif en Languedoc et Rousillon' darauf hin. daß die
Juden des 13. Jh. zu einem ganz überwiegenden Teil in
Geldgeschäften tätig waren und widerspricht damit der
üblichen Annahme, daß die Juden im Süden Frankreichs
sich durch eine stärkere Betätigung auf anderen Gebieten
von den anderen europäischen Juden abgehoben hätten.
Dieses Drängen zum Geldverleih, das auch in großem Maße
die unteren Bevölkerungsschichten zu Kundschaften der
Juden machte, erleben wir für die gleiche Zeit auch in
Deutschland, wo es als Folge davon zu heftigen Ausschreitungen
gegen die Juden Ende des 13. und in der 1. Hälfte
des 14. Jh. kam. Es wäre vielleicht genauer zu fragen gewesen
, ob es hier nicht auch zu antijüdischen Ressentiments
gekommen ist, die mit Schuld an der Vertreibung von 1306
hatten. Als Abschluß dieses ersten Teiles spricht A . P a -
les-Gobilliard über die Stellung der Inquisition zu
den Juden, die, ursprünglich zur Ketzerbekämpfung installiert
, später vor allem getaufte Juden von der Rückkehr zum
Judentum abhalten sollte und die jüdischen Schriften nach
antichristlichen Äußerungen hin untersuchte. (L'Inquisition
et les Juifs, 97-114).

Im zweiten Teil dieses Bandes befaßt sich Y . D o s s a t
mit der jüdischen Bewohnerschaft von Toulouse, die zahlenmäßig
sehr bedeutend war. Im Jahr 1291 wurde aus Sicherheitsgründen
ein Ghetto für die Juden geschaffen, davor
scheint zwischen Juden und Christen ein gutnachbarliches
Verhältnis geherrscht zu haben (Les Juifs ä Toulouse: un
demi-siecle d'histoire communautaire, 117—138). A. Gra-
bois zeigt in seinem Beitrag .Les ecoles de Narbonne au
XIIIe siecle' (141—157) u.a., wie durch die Wandlung der
wirtschaftlichen Verhältnisse die früher politisch führende
Familie des ,Nasi', des jüdischen Fürsten, durch die jüdische
Gemeinde auf weltlichem Gebiet entmachtet wurde. B . Z .
Benedikt gibt in seinem Artikel ,Caractcres originaux
de la science rabbinique en Languedoc' (159—172) zuerst
einen Uberblick über die Entwicklung jüdischen geistigen
Lebens in diesem Gebiet, und weist dann auf einzelne Persönlichkeiten
hin, wie vor allem auf R. Menachem b. Salo-
mon ha-Meiri, den Verfasser von ,Bet ha-bahira', der als
origineller Denker zu wenig gewürdigt wird. Ch. T o u a t i
beschreibt die Probleme innerhalb des jüdischen Geisteslebens
, die sich aus der Rezeption der spanisch-jüdischen
Philosophie, speziell des Maimonides, ergaben (,Les deux
conflits autour de Maimonide et des etudes philosophiques',
173—184). Sehr liebevoll schildert I. Twersky den von
Maimonides beeinflußten Philosophen und Exegeten Joseph
ibn Kaspi, der u. a. durch eine sozio-historische Betrachtungsweise
die Exegese bereicherte. (Joseph Ibn Kaspi:
Portrait d'un intellectuel juif meridional, 185—204). Den Abschluß
dieses Teils bildet der sehr interessante Beitrag von
G. Dahan, der auch die Übersetzung der nicht-französischen
Beiträge dieses Buches besorgte, ,La survie des auteurs
juifs du Languedoc ä travers les impressions de leurs oeuvres
jusqu'au XVII<= siecle' (205-232). D. zeigt darin, welche Bedeutung
die christlichen Hebraisten des 16. und 17. Jh. den
Kommentaren der südfranzösischen Gelehrten zumaßen,
die sie als .klassisch' für ihre eigene Bibelexegese benutzten.
Daher gehörte R. David Kimchis Malachias-Kommentar zu
den ersten Werken, die gedruckt wurden.