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Ausgabe:

1980

Spalte:

20-23

Kategorie:

Allgemeines

Titel/Untertitel:

Latinitas Christiana 1980

Rezensent:

Leder, Hans-Günter

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Theologische Literaturzeitung 105. Jahrgang 1980 Nr. 1

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offenbar dem 3. Kalif Othman. Das schloß natürlich nicht
aus, daß die Gelehrtenschulen, bes. die der Juristen, ihre
regionalen Traditionen beibehielten und mit ihrem Schatz
rationaler Begründungen die offizielle Überlieferung im
Laufe der Zeit einbezogen (wie es Wansbrough m. E. schlüssig
geschildert hat). —

Die Qoranforschung hat allen Grund, J. Wansbrough und
J. Burton für ihre Anregungen dankbar zu sein; sie geben
ihr sicherlich neuen Auftrieb.

1 Vgl. K. Rudolph, Die Anfänge Mohammeds im Lichte der Religionsgeschichte
, in: Festschritt für Walter Baetke, hrsg. von R. Heller
, K. Rudolph, E. Walter, Weimar 1966, 298-376, bes. 309 ff.; ders.,
Jesus nach dem Koran, in: Was haltet ihr von Jesus? Beiträge zum
Gespräch über Jesus von Nazareth, hrsg. von W. Trilling und
I. Berndt, Leipzig 1976, 260-287.

a A Note on Arabic rhetoric, in: Lebende Antike. Symposion für
Rudolf Sühnel, Berlin 1967, 55-63; Arabic rhetoric and Qur'anlc
exegesis, in: BSOAS XXXI, 1968, 469-485; Majaz al-qur'an: periphra-
stie exegesis, in: BSOAS XXXIII, 1970, 247-266.

3 Entgegengesetzter Auffassung ist z. B. G. Lüling, Die einzigartige
Perle des Suwaid b. Abi Kähil al-Yaskuri, Erlangen 1973 (Abh. zur
christl. altarab. Literatur 1), der dieses Gedicht für eindeutig vor-
isiamisch und christlich hält; ersteres ist m. E. nicht nachweisbar.

1 Those are the high-flylng cranes, in: JSS XV, 1970, 246-265; The
collection of the Qur'an, in: Glasgow University Oriental Society,
Transactions XXIII, 1969/70, 1972, 42-60.

s Die wichtigsten Stimmen dazu sind jetzt leicht bei Paret, Der
Koran (s.o. Sp. 1), 389-414, zugänglich, wozu die skeptischen Bemerkungen
des Herausgebers S. XXII f. zu vergleichen sind.

Allgemeines, Festschriften

Grass, Hans: Einführung in die Theologie. Marburg: Elwert
1978. IX, 102 S. gr. 8» = Marburger theologische Studien,
17. Kart. DM 25,-.

Mit diesem Buch legt der nun emeritierte Marburger
Systematiker H. Graß eine leicht faßliche Einführung in
die evangelische Theologie vor (diese Einschränkung
muß gegenüber dem Titel festgehalten werden). Der größere
Teil widmet sich den theologischen Disziplinen (19—71).
Nach kürzeren Einführungen in die theologischen Hauptdisziplinen
und die Nebenfächer wendet sich der Autor besonders
der Systematischen Theologie zu. Sogar die Praktische
Theologie hat er vor sie gestellt. Das Recht, mit der
Systematischen Theologie abzuschließen, liegt in deren Aufgabe
: „Nicht gemeint ist freilich mit systematische Theologie
ein geschlossenes System, in dem die Theologie aus
einem bestimmten Prinzip heraus entfaltet wird. Die Systematik
liegt in der Art des Umgangs mit der christlichen
Wahrheit: Wie kann die christliche Botschaft in unserer
Zeitsituation begründet werden, und zwar von mir selbst,
dem über den Glauben nachdenkenden Theologen, für die
Kirche, der die christliche Botschaft aufgetragen ist, und vor
der Welt, die fragend, kritisch, erwartend oder gleichgültig
und ablehnend der christlichen Botschaft gegenübersteht."
(37) Von Interesse ist ferner ein Teil, der sich der Frage
„Theologie als Ganzes?" stellt. Der Einführung folgt ein
Anhang, der Entwicklungen und Tendenzen in der systematischen
Theologie seit 1945 in Kürze vorführt.

Der Rez. hat versucht, die Einführungsvorlesung mit den
Erwartungen eines Studienanfängers zu lesen. Offensichtlich
ist eine Einführung als Vorlesung vor allem für junge
Semester gedacht. Die Einführung empfiehlt sich, weil sie
ihre Aussagen in durchsichtigen Sätzen vorstellt, weil die
Formulierungen schlicht und im allgemeinen überzeugend
sind. Auch bietet die gedrängte Darstellung den Vorteil, daß
verschiedene Positionen nebeneinander vorgeführt werden
können. Ob jedoch jüngere Semester etwas mit den vielen
Namen anfangen können? Erfahrungen in der Studienberatung
zeigen, daß Enzyklopädien gar nicht so häufig benutzt
werden. Deswegen wäre es gut gewesen, bei der ersten
Einführung eines wichtigen Namens auch einige Angaben
zu Biographie und theologischer Ausrichtung zu machen.
Gewisse pauschale Aussagen sind bei einer kurzgefaßten

und allgemeinverständlichen Einführung wohl nicht ganz
zu vermeiden, z. B. S. 72 ff. „Die Theologie als Ganzes"
oder S. 75: „die hermeneutische", „die soziologische
Methode". Auch wäre unter didaktischen Gesichtspunkten
zu erwägen, ob der Stoff nicht noch mehr reduziert und
stattdessen eine exemplarische, an Problemfeldern orientierte
Einführung gut gewesen wäre.

In der ThLZ 103 (1978) hat E.-H. Amberg auf Sp. 322
einige Fragen an dogmatische Arbeitsbücher gestellt. Zwar
haben wir es hier mit einer Einführung in die Gesamttheologie
zu tun, aber die vierte Frage Ambergs nach der Stellung
der Dogmatik innerhalb der gesamten Theologie wie
auch die fünfte Frage nach den nichttheologischen Bezügen
der Dogmatik lassen sich an diese Einführung weitergeben.
Nachdem Grass der Ethik eine gewisse Selbständigkeit
konzediert (40 ff.) und sein Interesse an einer Philosophie,
die noch die Frage der Transzendenz stellt, bekundet hat
(52), werden Aufgabe und Aufbau der Dogmatik erörtert
(56 ff.). Der Autor bemüht sich, seinen Einsatz sorgfältig abzuwägen
: Barth, sonst nicht gerade Vorbild, erhält ein
gewisses Recht, weil er das Dogma für einen eschatologi-
schen Begriff hält, der nicht im Besitz der Kirche ist, Schleiermacher
findet Zustimmung darin, daß Orthodoxie in den
Hauptlehrstücken auch Heterodoxie in einzelnen Teilen
hervorbringen darf (58 f.). Dabei hält der Autor aber entschieden
am eigenen Ansatz fest: die Situation des Menschen
, seine Fragen und seine Situation seien so zu berücksichtigen
, daß nicht von Gott in sich, sondern von Gott in
Christus her Dogmatik zu entfalten sei.

Die Frage nach nichttheologischen Bezügen wird immer
wieder gestreift, leider sind manche Aussagen ein wenig
global und abwehrend. Hier mögen lokale oder individuelle
Erfahrungen mitspielen. Positiv ist zu vermerken, daß
Grass nicht um jeden Preis auf dem Wissenschaftscharakter
der Theologie besteht (12; ja, S. 16 heißt es, das „Auch-Du-
Argument" treffe für die Theologie zu, wie auch andere
Wissenschaften nicht ohne Beteiligung des Wissenschaftlers
zustandekämen — gibt es nicht doch Differenzen?). Als Beispiele
für eine vielleicht zu starke Abwehrhaltung sollen
die Bemerkung zum „zurückgedrängten Schuldkomplex"
(34) und die Bemerkung über die Theologen, die sich heute
„ausgiebig auf den Gebieten der Soziologie oder Psychologie
betätigen" (78), genannt werden. Studentische Hörer
und auch Leser erführen gern, warum das so ist.

Wer Grass' Einführung empfiehlt, wird sich Rechenschaft
geben müssen, was Ziel eines theologischen Studiums ist.
Wer davon ausgeht, daß Enzyklopädien auch nach dem Studium
zur Verfügung stehen und Urteilsbildung und Problembewußtsein
im Studium selbst vorrangig sind, wird
diese Einführung nur an nachgeordneter Stelle empfehlen
(nämlich wenn es um den Erwerb des für Urteilsbildung
notwendigen Grundwissens geht). Wer hingegen ein Studium
eher unter den Gesichtspunkten rezeptiven Lernens
sieht, wird diese Einführung vorrangig empfehlen. Das
spricht nicht gegen die am Anfang ausgesprochenen Vorzüge
des Buchs.

Erlangen Christopher Frey

Rabenau, Konrad von [Hrsg.]: Latinitas christiana. Ein lateinisches
Lesebuch mit Texten aus der Geschichte der
christlichen Kirchen, unter Mitarb. v. P. Heidrich, R. Mau,
J. Siebert, E. Wiele u. O. Wittstock bearb. v. A. Laminski.
I u. II. Berlin: Evang. Verlagsanstalt [1978]. 367 S. 8°. Kart.
DDR: M 21,50; Ausland: 25,-.

Das vorzustellende „Lesebuch" ist im Blick auf den Lateinunterricht
im Rahmen der theologischen Ausbildung in
der DDR geschaffen worden, und zwar als „Gemeinschaftswerk
von Lektoren und Dozenten", die sich an kirchlichen
und staatlichen Einrichtungen „um die Ausbildung von
Theologen seit langem bemühen" (3). — In Anbetracht der
im allgemeinen zurückgegangenen, ja bei Studienaufnahme