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1980

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Religionswissenschaft

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413

Theologische Literaturzeitung 105. Jahrgang 1980 Nr. 6

414

Religionswissenschaft

Morenz, Siegfried: Religion und Geschichte des Alten Ägypten
. Gesammelte Aufsätze, hrsg. v. E. Blumenthal u. S.
Herrmann, unter Mitarb. v. A. Onasch. Weimar: Böhlau
1975. 652 S., 29 Abb. a. 20 Taf„ 1 Porträt gr. 8°. M 115,-.
Siegfried Morenz mag, fragt man nach seiner engeren
Fachrichtung, als Ägyptologe bezeichnet werden. Aber diese
Eingrenzung wird seiner großen Gelehrtenpersönlichkeit
und der Weite, die seine Veröffentlichungen umspannen,
nicht gerecht. Um es mit den Worten S. Herrmanns in der
Einführung zu dem Sammelband zu sagen: Morenz „begann
als Theologe, ohne beim Christentum stehen zu bleiben, er
wurde Ägyptologe, ohne bei der Geschichte und Kultur der
Pharaonen zu verharren, er spürte das Wechselspiel der
geistigen und religiösen Kräfte in der Spätzeit des Altertums
und beobachtete, wie die Antike weiterlebte im und mit dem
werdenden Christentum".

Mit der Weite der Interessen mag es zusammenhängen,
daß Morenz seine kleineren Arbeiten, d. h. seine Aufsätze,
vielfach an weitauseinanderliegenden Orten erscheinen ließ,
die z. T. außerhalb des Gesichtskreises entweder des Ägyp-
tologen, des Theologen, des Religionswissenschaftlers oder
des Altertumswissenschaftlers liegen und doch für jedes der
damit bezeichneten Wissensgebiete wichtig sind. So ist der
Entschluß zu begrüßen, die wichtigsten Aufsätze in einem
Sammelband zusammenzufassen.

Die Verwirklichung des Entschlusses ist als vorbildlich zu
bezeichnen. Die Auswahl zeigt die enge Vertrautheit der
Herausgeber mit dem Oeuvre von Siegfried Morenz. 43 Aufsätze
sind unter den gliedernden Sammelüberschriften ,1.
Das pharaonische Ägypten', ,11. Ägypten und seine Umwelt',
JH. Das koptische Ägypten' vereinigt.

Morenz ist immer anregend und unbedingt beachtenswert,
auch da, wo man seinen Thesen mit Skepsis begegnen mag
(wie etwa in der Deutung der „Neuen Urkunden zur Ahnenreihe
des Klosters"), und ist vielfach noch jetzt richtungweisend
für künftige Forschung (so, um nur zwei Beispiele
zu nennen, in den Beiträgen „Das Koptische" und „Die
koptische Literatur", ursprünglich im Handbuch der Orientalistik
).

Besonders zu danken ist den Herausgebern, daß sie die
Sammlung der Aufsätze um die Akademie-Abhandlung
„Die Heraufkunft des transzendenten Gottes in Ägypten"
erweitert haben, die eine ganz wesentliche Ergänzung zu
Morenz' grundlegendem Werk über die „Ägyptische Religion
" (Stuttgart 196021977, vgl. dieses Heft Sp. 413 u.) darstellt.

Die äußere Gestaltung des Buches ist vorzüglich. Alles
in allem: Herausgeber und Verlag sind zu dieser editorischen
Leistung zu beglückwünschen.

Würzburg Erich Lüddeckens

Morenz, Siegfried: Ägyptische Religion. 2. Aufl. Stuttgart:
Kohlhammer fl977]. XVI, 309 S. gr. 8° = Die Religionen
der Menschheit, hrsg. v. Ch. M. Schröder, 8. Lw. DM 68,—.

Es ist gewiß kein Zufall, daß Siegfried Morenz' „Ägyptische
Religion", mit der vor 17 Jahren die erfolgreiche
Reihe „Religionen der Menschheit" eröffnet wurde, als erster
Band der Serie eine Neuauflage erfährt. Nach wie vor
wirkt der Zauber, den Ägypten auf den modernen Betrachter
ausübt. Aber noch mehr dürfte der große Leserkreis von
der Eigenart dieses Werkes angezogen worden sein, das
hinter den fremdartigen Erscheinungsformen der ägyptischen
Religion ihre menschlichen Grundanliegen sichtbar
macht.

Eine große Zahl von Rezensionen der 1. Aufl. bezeugt das
wissenschaftliche Verdienst des Vf. In seinem Vorwort zur
2. Aufl. nennt der Hrsg. die wichtigsten von ihnen und zitiert
aus der Besprechung, die Hans Bonnet in dieser Zeitschrift
veröffentlicht1 und die Morenz selbst als eine der
treffendsten Beurteilungen angesehen hat. Obwohl Morenz
die phänomenologische Darstellung der „Religion" in zwei

späteren Büchern durch eine historische2 und eine gleichzeitig
historische und phänomenologische Betrachtungsweise3
ergänzt hat, ist die „Religion" im Urteil der Fachwelt
sein Hauptwerk geblieben. Das geht aus den Nachrufen
hervor, in denen nach Morenz' Tod im Jahr 1970 sein Oeuvre
gewürdigt worden ist.

Es ist Hrsg. und Verlag zu danken, daß sie das Buch erneut
vorgelegt haben. Ihre Entscheidung, die 1. Aufl. unverändert
nachzudrucken, wird volle Zustimmung finden, da
eine Neubearbeitung nach der relativ kurzen Zeit aus sachlichen
Gründen noch nicht erforderlich ist und der bedeutenden
Arbeit schwerlich gerecht werden würde, die mehr
als andere das besondere wissenschaftliche Gepräge ihres
Autors spiegelt.

Leipzig Elke Blumenthal

' ThLZ 86, 1961 Sp. 493-497.

2 Die Heraufkunft des transzendenten Gottes In Ägypten, Berlin
1964 = Sitz. ber. d. Sächs. Ak. d. Wiss. Phil.-hlst. Kl. 109/2; besprochen
von J. Zandee, ThLZ 91, 1966 Sp. 261-265, nachgedruckt in:
S. Morenz, Religion und Geschichte des Alten Ägypten. Gesammelte
AufsStze, Weimar 1975, 77-119.

3 Gott und Mensch im Alten Ägypten, Leipzig 1964 ; besprochen von
E. Otto, ThLZ 91, 1966, 735f.

van Hatten, Willem C: Perfect Liberty (IgLu 38, 1978 S. 203
bis 211).

Hummel, Reinhard: Indische religiöse Bewegungen im
Westen (Theol. Habilitation, Heidelberg 1979).

Bibelwissenschaft

Corpus Sacrae Scripturae Neerlandicae Medii Aevi. Series
Maior. Tom. I: Vetus Testamentum. Pars I: Bruin, C. C.
de: Novum Testamentum. Genesis — IV Regum. Leiden:
Brill 1977. XVII, 512 S. 4°. Lw. hfl. 120,-.

Die bereits ThLZ 98, 1973 Sp. 574-577, und 101, 1976
Sp. 736f., angezeigte Publikationsreihe mittelalterlicher niederländischer
Bibelübersetzungen hat mit einer wichtigen
Neuerscheinung ihre Fortsetzung gefunden. Der Hrsg. und
Initiator dieses großen Quellenwerkes, C. C. de Bruin, legt
nunmehr den ersten Band einer geplanten Gesamtbibel in
mittelniederländischer Sprache vor. Damit wird in absehbarer
Zeit auch für die Niederlande ein abgeschlossenes
Bibelwerk des späten Mittelalters in einer Neuausgabe vorliegen
. Anlage und Einrichtung der Ausgabe werden einen
mühelosen Vergleich mit den bereits erschienenen Neuausgaben
in mittelhochdeutscher und mittelniederdeutscher
Sprache erlauben und daher auch diesen Bibeltext der weiteren
Erforschung unter verschiedenen Gesichtspunkten zugänglich
machen.

In der Einleitung wird dargelegt, daß es im Unterschied
zu dem benachbarten deutschen Sprachgebiet in den Niederlanden
jedoch vor der Reformation nicht zur Herstellung
einer Hs. oder eines Drucks von der gesamten Bibel
gekommen ist. Die geplante vollständige Bibel wird also
erst vom Hrsg. aus verschiedenen Teilübersetzungen zusammengestellt
werden. Dieses Verfahren hat jedoch eine gewisse
Berechtigung angesichts der Tatsache, daß auch die
anderen volkssprachlichen Bibeln des späten Mittelalters
fast ausnahmslos aus verschiedenen Teilen kompiliert sind
bzw. als Bearbeitung von Übersetzungen unterschiedlicher
Herkunft anzusehen sind. Ansätze zu einer vollständigen
Bibel waren auch in den Niederlanden vorhanden. Sie fanden
ihren deutlichsten Ausdruck in dem zweibändigen Werk
der Delfter Bibel von 1477, der das Alte Testament mit Ausnahme
des Psalters enthält.

Aus Anlaß des 500. Jubiläums dieser Delfter Bibel wurde
in den Niederlanden ein photomechanischer Nachdruck
hergestellt, zu dem der Hrsg. C. C. de Bruin ein ausführliches
Vorwort schrieb. Der größte Teil des Textes der Delfter
Bibel fußt danach auf einer südniederländischen Ubersetzung
, die ein Kartäusermönch von 1360 an vermutlich in