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Ausgabe:

1980

Spalte:

395-396

Kategorie:

Referate und Mitteilungen über theologische Dissertationen und Habilitationen in Maschinenschrift

Autor/Hrsg.:

Gensichen, Hans-Peter

Titel/Untertitel:

Naturwissenschaft und Theologie im Werk von Otto Kleinschmidt 1980

Rezensent:

Gensichen, Hans-Peter

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395

Theologische Literaturzeitung 105. Jahrgang 1980 Nr. 5

396

Thils, G.: Quelques retombees oecumeniques de la „Loi fon-
damentale de l'Eglise" (RTL 9, 1978 S. 190-201).

Wickert, Ulrich: Maria und die Kirche (ThGl 68, 1978 S. 384
bis 407).

Wojtyla, Carol Kardinal: Christsein im Lichte des Vaticanum
II (TThZ 87, 1978 S. 87, 1978 S. 87-97).

Zwiefelhofer, Hans: Lateinamerikanische Kirche und Theologie
. Puebla: Die Evangelisierung in der Gegenwart und
Zukunft Lateinamerikas (StZ 104, 1979 S. 291-307).

Referate über theologische Dissertationen in Maschinenschrift

Gensichen, Hans-Peter: Naturwissenschaft und Theologie
im Werk von Otto Kleinschmidt, 1. u. 2. Diss. Halle (Saale)
1977. 264 S. u. 138 S.

Diese Studie stellt das Werk eines Mannes dar, der als
Naturwissenschaftler sehr großen Einfluß auf die zoologische
Systematik des 20. Jh. gehabt hat und dessen Bedeutung
als Theologe für die Beziehungen zwischen Naturwissenschaften
und christlichem Glauben größer ist als die
Kenntnis der meisten Theologen von ihm.

In der Darstellung ist Material aufgearbeitet, das zum
großen Teil in Spezialmonograflen Kleinschmidts und in
Privatzeitschriflen von sehr geringer Auflagenhöhe verstreut
ist; auch Handschriftliches aus dem Archiv Kleinschmidt
im Kirchlichen Forschungsheim Wittenberg wurde
verwendet. Eine in sich geschlossene Darstellung des naturwissenschaftlichen
Werks Kleinschmidts (im Teil 2) ist
wichtiger Bestandteil der Arbeit. Diesen Teil zu schreiben
war auch darum notwendig und sinnvoll, weil — trotz der
Aufnahme Kleinschmidtscher Gedanken in der Zoologie der
Gegenwart — eine solche Gesamtdarstellung bisher fehlte.

Die anzuzeigende Arbeit stellt dar, berichtet. Dabei versteht
sie jedoch das Werk Kleinschmidts im Begegnungsbereich
Naturwissenschaft—Theologie als Modell zur Klärung
von aktuellen Grundsatzfragen in diesem Bereich.

Otto Kleinschmidt (1870-1954) war von 1899 bis 1927 Gemeindepfarrer
, danach erster Leiter des „Forschungsheims
für Weltanschauungskunde" (später: „Kirchliches Forschungsheim
") in Wittenberg. Naturwissenschaftlich arbeitete
er als ornithologischer Systematiker, machte aber auch
evolutionsbiologische Aussagen und beteiligte sich an der
anthropologischen (Urmenschen-) Forschung.

Seine zoologische Haupterkenntnis ist, daß innerhalb
einer und derselben biologischen Art erhebliche morphologische
Verschiedenheiten möglich sind (geographische Variation
), ohne daß damit die Artgrenzen gesprengt werden.
Er zog darum die Artgrenzen weiter und faßte die geographisch
variierenden Gruppen zu Formenkreisen zusammen.
Deren Grenzen allerdings sind stabil.

Aus diesem Sachverhalt ergaben sich für Kleinschmidt
evolutionsbiologische Rückschlüsse: Er erkannte Transformation
voll an, verstand sie aber als ein weitgehend intra-
speziflsches Geschehen. Er rechnete sehr viel weniger mit
transspeziflscher Deszendenz und nahm stattdessen paralleles
(polyphyletisches) Werden an bzw. legte es sich ihm
nahe, die Speziationsfrage als weitgehend offen anzuerkennen
.

Das gilt auch für den Formenkreis des Menschen und seine
Herkunft aus einer vermeintlich nicht-menschlichen Entwicklungslinie
.

Theologisch setzte Kleinschmidt seine naturwissenschaftlichen
Fähigkeiten und Erkenntnisse folgendermaßen ein:
Er stellte im Gespräch zwischen Theologie und Biologie die
naturwissenschaftliche Wahrheitsfrage und suchte sie auf
seinem Spezialgebiet zu beantworten. Damit realisierte er,
was freilich nur wenigen Theologen auf diese Weise möglich
, nach Kleinschmidt aber doch Aufgabe der Theologie
ist. Verbunden damit polemisierte er gegen „Apologeten",
die — um der Vermeidung eines Dissenses mit der Naturwissenschaft
willen — teilweise für veraltete Aussagen des
Darwinismus eintraten.

Hauptsinn des Insistierens auf naturwissenschaftlicher
Richtigkeit ist der: Durch kritischen Rückgang auf die naturwissenschaftliche
Basis und das Aufzeigen von naturwissenschaftlichen
Alternativen wollte er weltanschaulichen
Argumentationen mit antitheologischer Ausrichtung
ihre Grundlage und Stoßkraft (die ja gerade in ihrer angeblichen
fachwissenschaftlichen Gesichertheit bestand) nehmen
.

Aber nicht nur um der richtigen Einordnung naturwissenschaftlicher
Sachverhalte in theologisch-weltanschauliche
Zusammenhänge willen ist die naturwissenschaftliche
Wahrheitsfrage theologisch relevant. Sie zu stellen ist zugleich
auch eine Nötigung, die Kleinschmidt im Wesen des
christlichen Glaubens angelegt sah. Dieser stimuliert unbedingte
, unbestechliche, unbefangene und nüchterne Wahrheitsliebe
.

Insofern fließt christlicher Glaube in naturwissenschaftliches
Forschen ein — als ethische Größe. Obwohl Kleinschmidt
damit das Anliegen der Forderung eines „methodischen
Atheismus" in den Naturwissenschaften teilt (Verhinderung
einer Beeinträchtigung naturwissenschaftlicher
Wahrheit), erfüllt er es doch auf ganz andere Weise: Nicht
durch Ausschaltung aus, sondern durch Hineinnahme des
Glaubens in den naturwissenschaftlichen Prozeß.

Ausführlich stellt die Arbeit auch die Aufnahme des Themas
„Natur" in Kleinschmidts (etwa 1000 erhaltenen) Predigten
dar. Ebenso sind seine Ausführungen zur „creatio
continua", zum Verständnis von Gen 1, zum Verhältnis von
Weltanschauung und Weltbild und von Weltanschauung und
Glaube und zur Gotteserkenntnis aus der Natur behandelt.

Schwarz, Gerold W.: Karl Hartensteins Theologie für Mission
und Gemeinde. Ein Betrag zur Diskussion um Wesen
und Auftrag von Mission und Ökumene. Diss. Tübingen
1977. 353 S.

Die Arbeit unternimmt den Versuch, eine Einführung in
Karl Hartensteins Theologie für Mission und Gemeinde zu
geben und damit einen Beitrag zur Diskussion um Wesen
und Auftrag von Mission und Ökumene zu leisten. Karl
Hartenstein (1894-1952) hat eine ganze Epoche der deutschen
Missionswissenschaft seit dem Ende der zwanziger
Jahre während fast dreier Jahrzehnte stark geprägt. Als
Direktor der Basler Mission (von 1926 bis 1939) und später
als Prälat in Stuttgart gehörte er zu den wichtigsten Wortführern
der heilsgeschichtlich-eschatologischen Begründung
der Mission „im Blick auf das Ende", die einen bedeutsamen
neuen missiologischen Ansatz gegenüber der weitgehend
uneschatologischen Missionslehre Gustav Warnecks markierte
.

Karl Hartenstein, dessen theologisches Denken ausgeprägt
missionarisch-ökumenisch bestimmt war, hat zusammen
mit Walter Freytag der deutschen Missionswissenschaft
ökumenisches Profil gegeben. Dies geht vor allem aus seiner
Mitarbeit und aus seinen theologischen Beiträgen auf den
Weltmissionskonferenzen in Tambaram (1938), Whitby
(1947) und Willingen (1952) hervor.

Daß Karl Hartenstein in der Gegenwart wenig Erwähnung
findet, liegt nicht zuletzt auch daran, daß sein theologischer
Nachlaß zum großen Teil ungedruckt in Archivord-