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Ausgabe:

1980

Spalte:

380-381

Kategorie:

Systematische Theologie: Ethik

Autor/Hrsg.:

Ruf, A.K.

Titel/Untertitel:

O.P., Grundkurs Moraltheologie, I: Gesetz und Norm 1980

Rezensent:

Wiebering, Joachim

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Theologische Literaturzeitung 105. Jahrgang 1980 Nr. 5

380

sches Mühen gibt es keine verantwortliche Gemeindearbeit.
Die pädagogisch reichhaltigere katholische Tradition kann
uns helfen, angemessene Methoden zu finden.

4. Die Verfasser geben verschiedentlich zu erkennen, daß
sie um die Gefahren und Grenzen von Methoden zur rel. E.
wissen. Diese der Freiheit Gottes entsprechende menschliche
Selbstbescheidung wird es dem evangelischen Theologen erleichtern
, nach diesem Buch zu greifen.

Druckfehler: S. 56, Anm. 27: K. Galling; S. 145: Wer so Hebt...
Plauen Wolfgang Ratzmann

Mieth, Dietmar, u. Francesco Compagnoni [Hrsgg.]: Ethik im
Kontext des Glaubens. Probleme — Grundsätze — Methoden
. Freiburg (Schweiz): Universitätsverlag; Freiburg —
Wien: Herder [1978]. 186 S. 8» = Studien zur theologischen
Ethik, 3. Kart. DM 34,-.

Vorträge auf einem internationalen Kongreß der Moraltheologen
und Sozialethiker in Freiburg (Schweiz) aus dem
Jahr 1977 bilden das Material dieses Bandes der „Studien
zur theologischen Ethik". Behandelt werden darin Themen
der Fundamentalmoral, weil der „Zusammenbruch" der
traditionellen Basisposition innerhalb der katholischen Moraltheologie
als schwerwiegendstes Problem der gesamten
Disziplin empfunden wird. Als Ergebnis des Kongresses
wird von den Herausgebern eine „überraschende Einstimmigkeit
in zwei sehr relevanten Punkten" bezeichnet. „Die
christliche Moral entsteht aus einer allgemein menschlichen
grundlegenden Erfahrung, und erst in der nachfolgenden
theologischen Deutung erweist sich der Glaube als relevant
in bezug auf das konkret sittlich Richtige" (8). So kreisen die
Vorträge um das Problem, ob es ein christliches Proprium
der Ethik gibt, und um die künftige Methodologie einer
Ethik, die im Kontext des Glaubens reflektiert wird.

Am eindrucksvollsten vermag Edward Schillebeeckx
seine Position zur Grundlegung der Ethik darzustellen. In
einem großartigen Durchblick zeichnet er den Weg der
Emanzipation der Ethik von der Religion nach und plädiert
für die Dringlichkeit der Bemühungen um eine Bewahrung
des Humanuni in unserer Zeit, damit ein sinnvolles Überleben
der Menschheit gewährleistet ist. Es steht uns keine
Definition des Menschseins zur Verfügung, denn „Heil und
Menschlichkeit, Heilsein, Integrität in wahrhaft menschlichfreier
Weise ist gerade das Thema der ganzen Geschichte
des Menschen" (25). Schillebeeckx spricht von den „anthropologischen
Konstanten", die auf Wertbereiche hinweisen,
deren konkrete Normen jedoch von uns in den geschichtlichen
Prozeß kreativ eingetragen werden müssen. Letztbegründung
der Ethik ist die „Erfahrung eines Grundvertrauens
... oder eines Urglaubens, daß das Leben letztlich
nicht sinnlos sein kann, wie es in religiöser Sprache auch
thematisch ausgesagt wird" (30). Auch im ethischen Leben
geht es um das Heil, um die Manifestation des Reiches Gottes
, das „auch durch das wirksame Ethos, in unserer Geschichte
in nicht-definitiven, immer überholbaren Gestalten
gegenwärtig" wird (38). Das schlägt sich nieder in den „formalen
Normen", die an der Förderung des Humanen orientiert
sind. Sie gelten immer und überall, während ihre inhaltliche
Konkretisierung historisch-kulturell bedingt ist.
Auch die inhaltlichen ethischen Normen in der Bibel haben
deswegen nur eine „historische Bedeutung für uns", denn
sie werden durch die damals geltende spätjüdische und
stoische Ethik vermittelt (37).

Für Josef Fuchs sind christlicher Glaubensvollzug und
human-autonome Sittlichkeit zu unterscheiden, aber nicht
zu trennen, weil sie beide auf der sittlichen Erfahrung aufbauen
, die vor aller thematischen Reflexion liegt. So hat die
christliche Ethik an der sittlichen Rationalität und Autonomie
teil; das Christusereignis ist „im strengen Sinne immer
ein Mehr nicht primär sittlicher, sondern religiöser Art, damit
allerdings das Tiefste im sittlichen Handeln, auch wenn
es in ihm ,nur' impliziert ist" (67). Noch stärker plädiert der

Pole Tadeusz S t y c z e n für eine völlig autonome Ethik,
meint dabei aber in erster Linie die methodologische Selbständigkeit
der Disziplin, während die Urteilsbildung über
das sittlich Richtige von der jeweiligen Anthropologie abhängig
ist. Das christliche Proprium wird vor allem in der
Soteriologie wirksam, wenn es um Wege zur Uberwindung
des Bösen geht.

Die weiteren Beiträge des Bandes informieren über „Hermeneutische
Probleme der Fundamentalmoral" (Klaus
D e m m e r), über „Analytische Ansätze in der Ethik" (Rudolf
Ginters), über „Begründungsversuche moralischer
Normen in der gegenwärtigen praktischen Philosophie" (Oswald
Schwemmer) und über „Die ethische und theologische
Relevanz der Humanwissenschaften" (Wilhelm
K o r f f). Sie belegen das unverändert starke Interesse der
Moraltheologen an der Entwicklung der philosophischen
Ethik und die neue Hinwendung zu den Humanwissenschaften
und den von ihnen gelieferten empirischen Daten. Die
Theologie versteht ihre Funktion darin, die „Zielgestalt des
Humanum vor Gott" offenzuhalten und so eine „transzendentale
Fundierung des Humanum" anzubieten, wie es Wilhelm
Korff in ähnlicher Weise wie im „Handbuch der christlichen
Ethik" hier formuliert (184).

Leipzig Joachim Wiebering

Ruf, A. K, O. P.: Grundkurs Moraltheologie. I: Gesetz und
Norm. Freiburg - Basel - Wien: Herder [1975]. 176 S.,
20,5 X 19,5 cm. Kart. DM 16,80.

In dem vorliegenden Band wird Moraltheologie in didaktisch
neuartiger Form für breite Leserschichten vermittelt,
die sich über die neue Grundlagendiskussion in der Moraltheologie
orientieren möchten, ohne spezielle Vorkenntnisse
zu besitzen. Der Autor — Moraltheologe an der Phil.-Theol.
Hochschule Walberberg — benutzt dazu ein gleichbleibendes
Schema zur Darstellung von acht Modellen. In ihnen geht es
um die verschiedenen Wege der Normflndung und Normvermittlung
, die in der christlichen Ethik beschritten worden
sind. In jedem einzelnen Fall werden auf zwei Seiten
(also sehr gestrafft) Problemgeschichte, Denkmodell, Ansatz
der Ethik, kritische Einwände, positive Würdigung, Zusammenfassung
und Weiterführung durch Zitate und Literaturangaben
geboten. Graphische Verdeutlichungen sind in großer
Menge beigegeben.

Die acht Modelle des Hauptteils sind zu vier Paaren geordnet
. Als Quelle konkreter Handlungsnormen wird im
„Illuminationsmodell" (Normflndung durch unmittelbare
Erleuchtung) und im „biblizistischen Modell" (Normvermittlung
durch die Bibel) Gott gedacht. Im „traditionalistischen
" und im „Lehramtsmodell" hat die Kirche letzte
Kompetenz bei der Formulierung verbindlicher Sollensfor-
derungen. Zwei Modelle gehen von der Natur aus: die Natur
als kosmische Größe enthält das ewige Gesetz Gottes
(„Naturordnungsmodell"), die Natur als Wesen der Dinge
begründet ein allgemein verpflichtendes Recht („Naturrechtsmodell
"). Schließlich wird die Vernunft zur primären
Handlungsnorm, insofern sie für alle denkbaren Fälle Regeln
vorherentwirft („kasuistisches Modell") oder insofern
sie als Glaubensvernunft sich an den Sachstrukturen und
am Glaubenssinn der Kirche orientiert („ekklesial-kreatives
Modell").

Durch das gleichbleibende Schema, bei dem jedes Mal vier
kritische Punkte und drei positive Bemerkungen aufgezählt
werden, wird nicht sofort deutlich, daß die Modelle nicht als
gleichwertig angesehen werden. Nur das letzte ist nach Meinung
des Autors eine heute geeignete Grundlage für christliche
Ethik, weil es der Neubesinnung der Moraltheologie
am ehesten gerecht wird. Hinter ihm steht die Tradition der
Hochscholastik, in der der Verstand als „das durch den Glauben
und von der Caritas Gottes durchformte Gesamtwahrnehmungsvermögen
des Menschen" begriffen wurde, bevor
in der Spätscholastik rein rationalistisch argumentiert und
die kasuistische Methode entwickelt wurde. Die natürliche