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Ausgabe:

1980

Spalte:

345-346

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Veijola, Timo

Titel/Untertitel:

Das Königtum in der Beurteilung der deuteronomistischen Historiographie 1980

Rezensent:

Soggin, Jan Alberto

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345

Theologische Literaturzeitung 105. Jahrgang 1980 Nr. 5

346

noch hinweisen auf die Heranziehung von jüdischen Gelehrten
während der karolingischen Renaissance zur sachlichen
Erklärung des Alten Testaments sowie der Erstellung
einer, wissenschaftlichen Zwecken dienenden, Übersetzung
mittels einer Korrektur der Vulgata nach der
hebräischen Vorlage.

Das Buch ist fast frei von Druckfehlern. Es sind dem Rez.
nur zwei aufgefallen. An Versehen blieben stehen: J. (lies
A.) Jirku (S. 21); erster jüd. Aufstand gegen Rom 66-70 (lies
73, S. 231 u. 253); in der Literaturliste S. 239 lies P. von (nicht
van) der Osten-Sacken, ... Verhältnis zu (nicht zur) Pro-
phetie ...

Literaturangaben stehen jeweils am Ende der einzelnen
Abschnitte, wichtigere allgemeine Arbeiten zur Geschichte
Israels am Schluß des Buches (Die letzte Auflage des zweiten
Bandes von Kittels Werk ist die sechste, nicht die siebente
). Am Ende findet man neun einfach und übersichtlich
gezeichnete Karten, von denen die zweite (zur „Einwanderung
") und dritte („Weg der Moseschar") die Auffassung
des Vf. in diesem Belang repräsentieren.

Rez. hat das Buch dankbar aus der Hand gelegt. Es ist aus
einem umfassenden Schatz an Wissen und sachgerechtem
Verstehen, darüber hinaus mit Herz für das Judentum geschrieben
. Das wird wohl jeder dem Vf. zugute halten. Es
sollte nur angesichts der Kette von Anfeindungen und Verfolgungen
, denen die Juden seit eh ausgesetzt waren, nicht
übersehen werden, daß die gesamte Weltgeschichte voller
Greueltaten ist, an denen viele Völker und Volksstämme
ihr gerüttelt Maß gelitten haben. Es wird ferner der Weg
zu Verstehen und Aussöhnung verbaut, wenn man jeder
neuen Generation die Schuld der Väter anlastet. Wir sollten
letztlich bedenken, daß die Geschichte in den Händen
Gottes ruht, daß Gott sie miterlebt und miterleidet. Von
daher bringt das Leiden der Juden hier auf Erden und dort
in der Ewigkeit mehr an Gewinn ein als Haß und Mord. Es
wäre in der Zeichnung der Geschichte ebenso gewichtig —
hier bleibt ein Desiderat — hervorzukehren, was Juden allenthalben
und zu allen Zeiten geleistet und zur Kultur der
Menschheit beigetragen haben, was ihnen andererseits an
Wohlwollen, bereitwilliger Aufnahme und Hilfe entgegengebracht
wurde. Oft wiegt in der Geschichte die Tat einzelner
schwerer als die von vielen.

Leipzig Wolfram Herrmann

Veijola, Timo: Das Königtum in der Beurteilung der deu-
teronomischen Historiographie. Eine redaktionsgeschichtliche
Untersuchung. Helsinki: Suomalainen Tiedeakate-
mia 1977. 147 S. gr. 8° = Suomalainen Tiedeakatemian
Toimituksia. Annales Academiae Scientiarum Fennicae,
Sarja-Ser. B, Nide-Tom 198. fmk 50,-.

Der vorliegende Band folgt nach wenigen Jahren auf die
beachtenswerte Arbeit des Vf.: Die ewige Dynastie, 1975
(vgl. ThLZ 103, 1978 Sp. 341-344) und ist besonders wichtig,
auch weil sie die Göttinger Studien des Vf. fortsetzt. Sie ist
übrigens glänzend geschrieben, eine für heutige Zeiten erfreuliche
Erscheinung. Es ist leicht, aus der Zusammenfassung
am Ende (115 ff.) Einsicht in die Hauptthesen der Schrift
zu erhalten: „Dtr. G. (oder besser, Dtr. H., nach T. N. D. Mettinger
, King and Messiah, Lund 1976, vgl. ThLZ 105, 1980
Sp. 263—267) verrät eine durchaus positive Einstellung zur
Monarchie bereits in der Darstellung des Zeitalters, ,als es
in Israel noch keinen König gab' (Ri 17, 6; 18,1; 19,1; 21, 25);
er kennzeichnet es als eine wirre Zeit, wo ,ein jeder tat, was
ihn recht dünkte' (Ri 17, 6; 21, 25)." Freilich muß der Vf. dabei
die Kap. 17—21 des Richterbuches als „ein(en) organische
^) Bestandteil des Dtr. G." neu bewerten, was er auf
S. 15 ff. ausführlich begründet. Dtr. H. lehnt sich weiter an
das Königsgesetz, Dtn 17,14—20, an und enthält als älteste
Uberlieferung über die Einführung des Königtums lSam
9,1-10,16 (S. 93 ff.), welche lSam 13,2-14,46 fortgesetzt
wird. , ..i; bd») • . . > > >.J s«.

Dtr. N. ergibt sich als Gegner des Königtums und revidiert
in diesem Sinn, wo immer möglich, das frühere Schema.
lSam 8 (S. 53 ff.); 13,13-14 und ein Fazit in Kap. 12 (S. 83 ff.)
gehören dazu. Daß der König u. a. abgelehnt wird, weil er
als „Rival des Retters" erscheint, geht aus den Darstellungen
Ri 8, 22-23 und 9, 7. 21 (S. 100 ff.) hervor.

Die Einzeluntersuchungen, aus denen die Arbeit besteht,
sind im großen Ganzen einleuchtend; sie machen manches
als selbstverständlich angenommene Urteil revisionsbedürftig
; sie führen auch die Untersuchungen von R. Smend
(1971), W.Dietrich (1972), und, wie gesehen, vom Vf. selbst
(1975) fort. Auf ihre Wichtigkeit möchte ich ausdrücklich
hinweisen.

Rom J. Alberto Soggin

Schmidt, Ludwig: „De Deo". Studien zur Literarkritik und
Theologie des Buches Jona, des Gesprächs zwischen Abraham
und Jahwe in Gen 18, 22 ff. und von Hi 1. Berlin —
New York: de Gruyter 1976. VII, 198 S. gr. 8« = Beiheft
zur Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft, 143.
Lw. DM 88,-.

Der Titel dieser im Jahr 1973 von der Kirchlichen Hochschule
in Berlin (West) angenommenen Habilitationsschrift
läßt stark systematisch-theologische Interessen erkennen.
Diese beruhen darauf, daß hinter jeder Aussage des Alten
Testaments, auch hinter der anscheinend theologisch absichtslosen
, eine religiöse Grundhaltung vorauszusetzen ist.
Dieses theologische Verständnis wird in den drei genannten
alttestamentlichen Texten allerdings in differenzierter Ausführlichkeit
herausgearbeitet. Da die Perikopen sich sachlich
als nicht geschlossen erweisen, werden sie literarkritisch
für die theologische Erhebung zubereitet.

So schält, nach einer „Einleitung" (1—3) und einem recht
eingehenden Forschungsbericht (Kap. I, 4—17), der Autor in
Kap. II (18—47) innerhalb des Jona-Büchleins mit Hilfe der
Unterscheidung von Texten mit dem Gottesappellativ Elo-
him und solchen mit dem Gottesnamen Jahwe folgende als
ursprünglich betrachtete Erzählung heraus: 1,2; 3,3a*; 3,
3b-10; 4, 1. 5a. 6a<x*; 4, 6b—11. Diese Darstellung ist nach
Kap. III (S. 48—123) von einem Bearbeiter durch Einfügung
von 1,1. 3-16; 2,1.11; 3,1 f.; 3, 3a«; 4, 2-4a. 5b. 6aß* erweitert
worden. Die Grundschicht stellt den Versuch einer „erzählenden
Dogmatik" dar und ist „weder an der Person Jonas
, noch daran interessiert, wie sich Israel zu den Heiden
verhalten soll, sondern allein an der Frage, warum sich Gott
eines angekündigten Gerichts gereuen lassen kann" (47).
Von diesem Ansatz her reflektiert der Autor dieser Grundschicht
die Frage der Gotteslehre (ebd.). Der Ergänzer hat
offensichtlich außerisraelitisches Material verschiedenen
Charakters verwendet, um die Größe und Macht Jahwes
darzustellen.

Damit ist vom Handeln und Ergehen Jonas und Israels
gänzlich abgehoben und ein erzählerisches Bekenntnis zur
Allmacht Gottes entfaltet worden, welcher tun und lassen
kann, was ihm beliebt. Dieses Bekenntnis ist von Weisheitskreisen
beeinflußt (86. 96 u. ö.) und zeigt „jene Eigenschaften
der Güte, Huld und des Erbarmens, die einst auf Israel
beschränkt worden sind, so daß alle Menschen ... von den
hilfreichen Taten Jahwes leben" (99) auf. In Kap. IV (124
bis 130) wird der Ertrag noch einmal zusammengefaßt und
vertieft. Der Vf. bezieht mit der Interpretation des Jona-
Buches als Lehrerzählung einen Standpunkt, der in der modernen
Jona-Interpretation nicht einzigartig dasteht. Ob jedoch
in dieser Weise von dem darstellerischen Interesse an
dem Propheten Jona abgesehen werden kann, der eine persönliche
Berufung erfährt, vor der Beauftragung mit einer
Unheilsweissagung panisch zurückschreckt, flieht und
schließlich auch noch mit seiner von den Vorgängen nicht
bestätigten Botschaft fertig werden soll und darüber mit
dem ihn sendenden Herren hadert, das muß füglich gefragt
werden.