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Ausgabe:

1980

Spalte:

316-318

Kategorie:

Referate und Mitteilungen über theologische Dissertationen und Habilitationen in Maschinenschrift

Autor/Hrsg.:

Janowski, Johanna Christine

Titel/Untertitel:

Der Mensch als Mass und das Mass des Menschen 1980

Rezensent:

Janowski, Johanna Christine

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315

Theologische Litcraturzcitung 105. Jahrgang 1980 Nr. 4

316

ökumenik: Catholica

Sviluppi teologici postconciliari e mariologia. Simposio Mario-
logico Roma, Ottobre 1976. Rom: Edizioni „Marianum" 1977.
187 S. gr. 8° = Scripta Pontificiae Facultatis Theologicae
„Marianum", 30. Nova Series, 2.

Dieser Band vereinigt sechs Referate eines im Oktober 197(3
in Rom abgehaltenen Symposium italienischer Theologen. Das
Symposium war der Wechselbeziehung zwischen der katholischen
Theologie, wie sie sich nach dem Vaticanum II entwickelt
hat, und der Mariologie gewidmet. Es ist die gemeinsame
Überzeugung der Referenten, daß die Mariologie keine
verbindungslose Insel im Meer der Theologie ist. Über Maria
kann nur im Rahmen der weiteren Theologie geredet werden.

Einleitend führt Luigi S a r t o r i, sehr nüchtern, Orientierungshilfen
für die heutige Theologie an: er erwähnt die
Bedeutung der historisch-positiven Methode, die Versuche
neuer Synthesen um manchmal sehr verschiedene Kerne und
die neuen Anfragen, die jetzt von der Psychologie, Soziologie
usw. an eine Fundamentaltheologie gestellt werden. Manche
vorsichtig-kritische Frage dieses Beitrages wird aber von den
anderen Referenten nicht völlig aufgenommen. - Marccllc
B o r d o n i behandelt ein Thema, das in der Auseinandersetzung
mit der evangelischen Theologie eine zentrale Stelle einnimmt
: die Frage nach der Rolle Mariens - und folglich des
Menschen - im Erlösungswerk. Mit Recht wird ihr Glauben
stark betont. Trotzdem beeinträchtigt theologischer Überschwang
in diesem Aufsatz die biblische Bescheidenheit hinsichtlich
Mariens. - Die Verquickung von Mariologie und
Ekklesiologie, die von Giovanni Vodopivec erörtert wird,
ist vom 2. Vatikanischen Konzil besonders betont worden.
Statt der Muttergottes eine eigene dogmatische Konstitution
zu widmen, hat das Konzil lieber beschlossen, sie in der Konstitution
über die Kirche zu behandeln. Vodopivec beschäftigt
sich ausdrücklich auch mit Grundsatzfragen des ökumenischen
Gesprächs. - Ermanno M. T o n i o 1 o stellt in einem Beitrag
über die persönliche Heiligkeit Mariens im Lichte einer
christlichen Anthropologie die Lehre der „unbefleckten Empfängnis
" Märiens nach der Bulle „Incffabilis Deus" (1854),
der Konstitution „Lumen Gentium" (1964) und den neuen
liturgischen Texten dar. - Salvatorc M. M e o prüft rezente
Theorien über Tod und Auferstehung des einzelnen am Dogma
von der „Aufnahme Märiens in den Himmel". Er erläutert so
die Beziehungen zwischen Eschatologie und Mariologie. - Das
Thema Moralthcologie und Mariologie geht Domenico C a -
p o n c von der Lehre über die Grundentscheidung aus an.
Davon ausgehend wird die Bedeutung der Grundentscheidung
Mariens im Heilsplan und ihre Präsenz in unserer Entscheidung
behandelt.

Am interessantesten an dieser Sammlung ist wohl, daß sie
dokumentiert, wie eine immer noch sehr traditionelle und abstrakt
scholastische Theologie das theologische „Aggiorna-
mento" mitzumachen versucht. Wiederholt wird in diesen Bei
tränen vor einem mariologischen Maximalismus und Isolationismus
oewarnt und werden die Verbindungen, besonders
mit der Lehre von Christus, vom Hl. Geist und von der Kirche,
betont. Trotzdem wird mancher - auch katholische - Theologe
bei der Lesuno dieser Referate eine größere Bescheidenheit
und Sachlichkeit in der doch wohl notwendigen Betrachtung
der Rolle Mariens im Handeln Gottes am Menschen vorziehen.
Zwischendurch fraot man sich, ob diese hochgestochenen
Theoloaumena. Analogien und Figuren wohl von dieser niedrigen
Magd des Herrn, der es nach dem Worte Gottes geschehen
ist, sprechen.

Hevcrlce/Belgtcn Jo-. Vcrcruyssc S. J.

Referate über theologische
Dissertationen in Maschinenschrift

Drcwcs, Hans-Anton: Das Unmittelbare bei Hermann Kutter.
Eine Untersuchung im Hinblick auf die Theologie des jungen
Karl Barth. Diss. Tübingen 1978. 11/204/90/26 S.

Gibt es ein Einheitsmoment in Barths theologischer Entwicklung
zwischen 1914 und 1922? Wie ist die Zusammenordnung
von Kirche und Sozialismus beim frühen Barth zu deuten
? Die Abhandlung überprüft die Vermutung, dafj sich die
beiden Fragen sachgemäßer bearbeiten lassen, wenn man für
die Genese der Theologie Barths das Denken Kutters ausdrücklicher
berücksichtigt - also nicht nur seine politischen
Folgesätze, sondern auch seine ursprüngliche Problemstellung.
In deren erster Zusammenfassung „Subjektiv und Objektiv"
(1894) folgt Kutter weitgehend Hegels Deutung der Reformation
und des Freiheitsbegriffs: Die Wahrheit des Subjektiven
ist das Objektive - und umgekehrt. Dieser unmittelbare Zu
sammenschluß von Subjekt und Objekt, einmal in der Gegenwart
Jesu gegeben, bleibt das Ziel. „Das Unmittelbare" (1902)
erläutert es (nun weithin gegen Hegel), indem es den Formalbegriff
der Unmittelbarkeit matcrial füllt: als das Unmittelbare
ist das Leben, das nur eben gelebt wird, des Menschen
bleibende Bestimmung. Von daher ist auch die theologische
Würde der Sozialen Bewegung zu begreifen: Heute ist sie -
nicht die Kirche - das Lebensmoment auf dem Weg in das
Ursprünglich-Unmittelbare; so wiederholt sich, was einst im
Übergang der unmittelbaren Gegenwart Gottes von den Juden
auf die Heiden geschah. Hier schließt sich hermeneutisch wie
sachlich Barths theologische Würdigung der Sozialen Bewegung
an (Kommentar von 1919 zu Rom 11). Sie hängt eng mit
dem Unmittelbarkcitsbegriff zusammen, der für Barth seit der
Entdeckung Schleiermachers (1906) Grund-und Zielbegriff bleibt.
Nach 1914 wandelt er sich aus einer Formal- in eine Materialbestimmung
. Von hier aus stellt der „Römerbrief" von 1922 nicht
einen Umbruch dar, sondern eine konsequente (dialektisch alle
menschliche Erfahrung überfragende) Schärfung des theologischen
Umittelbarkeitspostulats, laut dessen Gott selber die
Wirklichkeit des Erfahrenen nicht nur, sondern auch der Erfahrung
und des Erfahrens sein muß.

Janowski, J. Christine: Der Mensch als Maß und das Maß des
Menschen. Untersuchungen zum Grundgedanken und zur
Struktur von L. Feuerbachs Werk. Diss. Tübingen 1979.
467 S.

Leitfrage dieser Untersuchungen ist die Frage nach dem
Grund und der Struktur von Feuerbachs mit einem seltsamen
Ja verbundenen Nein zum Christentum als Frage zugleich
nach dem Grund und der Struktur seiner vielkritisierten Entstellungen
des Verneinten. Sofern diese Frage auf Feuerbachs
Anfänge zurückverweist, ist sie die Frage nach dem anfänglichen
und einen Grundgedanken von Feuerbachs Werk, der
ihn über sein Nein zum Christentum hinaus auch den
spekulativen Idealismus (insbesondere Hegels) zu verneinen
nötigt und so zu einem naturalistischen Anthropologismus
führt, der bestimmt ist durch die These vom Menschen als
dem absoluten, ja absolut absoluten Maß aller Dinge. - Aus
theologischen und philosophischen Gründen wird dabei vorausgesetzt
, daß mit der notwendigen Bestreitung der These
vom Menschen als dem absoluten Maß aller Dinge nicht zugleich
die These vom Menschen als Maß aller Dinge zu verwerfen
, sondern daß diese angemessen auszulegen ist (TcilA).

Eingesetzt wird mit einer Untersuchung von Feuerbachs
programmatischer Forderung nach Verwirklichung der Idee
in seinem Brief an Hegel (1828), die - erst andeutungsweise
bewußte - Entscheidungen gegen Hegel enthält und als solche
Feuerbachs gesamtes Werk bestimmt (Teil B I). Diese von
Anfang an radikal subjektivitäts- und zugleich christentumskritische
Forderung wird in den Rahmen der neuzeitlichen
Philosophie und ihrer Forderung nach Verwirklichung der
Idee als der Forderung nach Verwirklichung menschlicher
Freiheit gestellt. Und es wird am Beispiel von Feuerbachs
unmittelbaren Vorgängern gezeigt, wie diese Forderung sich
hier im Festhalten am neukonzipierten Gottesgedanken mit
der bei Hegel ausdrücklichen These von der absoluten Maßstäblichkeit
des Menschen in einer Weise verbindet, daß sich
die Mönlichkeit der Einsicht in die absolut absolute Maßstäblichkeit
des Menschen ankündigt (Teil B II).