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Ausgabe:

1980

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

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Neuerscheinungen

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313

Theologische Literaturzeitung 105. Jahrgang 1960 Nr. 4

söhnung bedeutet in der Bibel nicht, daß der Widerspruch
ignoriert oder wegerklärt, sondern daß er effektiv beseitigt
wird." (107)

Über die Auseinandersetzung mit der „nordatlantischen Theologie
" hinaus gesteht das 7. Kap. ein, daß die Reflexion über
das Gottesreich nur eine vorläufige sein könne und zum weiteren
Dialog anregen möchte. Dementsprechend muß die Ekkle
siologie (8. Kap.) unklar und unsicher sein. Das gilt nicht nur
für die Theologie der Befreiung, sondern für die gesamte
moderne Theologie. Ekklesiologie könne nur als ein „Konflikt
für die wahre Kirche" angesehen werden. Es gelte, wegzukommen
von einer statischen Ekklesiologie (149). „Wenn Martin
Luther King auf die Straße zog und sang 'Wc shall overcome'
oder die Christen in Puerto Rico die via crucis am Karfreitag
darstellen, dann ist die Spiritualität oder die Christologie der
Befreiung in Erscheinung getreten." Kirche könne „nur dort
gefunden werden, wo Christen in gemeinsamer Feier und gemeinsamem
Bekennen ihre ganz irdische, unmittelbare und
konkrete Verantwortung für die Befreiung des Menschen wahrnehmen
" (150).

Eine Nähe zum Kirchenkampf im 3. Reich, zumal der Position
Bonhocffcrs ist unverkennbar. Beachtung, Reflexion und Unterstützung
der Christen in Lateinamerika, die Migucz Bonino
vorstellt, sind lohnende Aufgaben.

Berlin Gerhard Bassarak

Costas, Orlando E.: Theology of the Crossroads in Contem-
porary Latin America. Missiology in Mainlinc Protcstantism:
1969-1974. Amsterdam: Rodopi 1976. XIV, 413 S. 8°. hfl. 48,-.

Das Buch enthält nach einer Anmerkung des Herausgebers
von J. Miguez Bonino, „Theologie im Kontext der Befreiung"
(vgl die Rez. Sp. 309-313 in diesem Heft) in der deutschen
Übersetzung aus dem Amerikanischen, H. W. Gensichcn, „die
bislang wohl vollständigste Bibliographie . . . über die .Theologie
der Befreiung'" (S. 155). Es enthält gewiß auch die umfassendste
Darstellung der innerkirchlichen, parakirchlichen
oder auch außerkirchlichen christlichen avantgardistischen Gruppen
, die in Lateinamerika nicht nur in Auseinandersetzung mit
der Gesellschaft, sondern auch vielfach mit ihren konservativen
Kirchen und deren Hierarchien stehen.

Vf. will keine akademische Studie vorlegen, sondern über
seine persönliche missionarische Erfahrung und deren Hintergrund
berichten. Sic stammen aus der Arbeit als Evangelist im
Dienst einer evangelikalen parakirchlichen Organisation (IN-
DEPTH) baptistischer und kongrcgationalistischer Prägung
(S. IX). Das Buch ist „unterwegs" (a produet "of the road")
geschrieben: Sein Plan entstand 1973 auf Costa Rica, vielfach
revidiert auf einer Studienreise rund um die Welt im Auftrag
des In-depth-Instituts (Jan./Febr. '74), fortgeführt wiederum in
Costa Rica (März-Juni '74) und Reisen in dieser Zeit zu theologischen
Konsultationen und Stabsbesprechungen nach Argentinien
, Brasilien, Guatemala und Mexiko. Hinzukommen
Einsichten, die im spanischsprachigen Teil der USA (Juni '74)
bei einer Predigt-Tournee, bei der Teilnahme am Internationalen
Kongreß für Welt-Evangelisation in Lausanne (Juli '75)
und im Anschluß daran bei der Zweijahres-Tagung des Internationalen
Verbandes für Missionsstudien in Frankfurt/M. gewonnen
wurden. Geschrieben wurde dann der Hauptteil während
eines einjährigen Aufenthalts in Amsterdam (Aug. '74 bis
Juli '75) und einigen „Front-Reisen" (nach Costa Rica, Portugal,
England, BRD und Italien) in dieser Zeit, wo wichtige Informationen
gesammelt werden konnten. Wcitcrarbcit in Spa
nien während Familien-Ferien (dort kamen ein Drittel der Vorfahren
des Vf. her, die beiden anderen Drittel stammen aus
Afrika und aus Indo-Amerika). Beendet wurde es schließlich
während eines Studienaufenthaltes in England. Anerkennend
wird man feststellen dürfen, daß ein so unstetes Leben keine
negativen Spuren im Buch hinterlassen hat.

Überraschend ist ferner - bei Berücksichtigung des evange
likalcn background des Vf. - eine sehr klare und realistische
Einschätzung der Lage Lateinamerikas. Das zeigt sich allerdings
weniger in einer Stellungnahme zur kubanischen Revolution
, wo Vf. sich darauf beschränkt, kommentarlos (progressive
) Äußerungen kirchlicher Gremien in Kuba zu zitieren,
wohl aber in Bemerkungen zur Lage in Chile in Zusammen
hang mit dem Staatsstreich Pinochets und der Würdigung kirchlicher
Erklärungen dazu. („Im Namen von law and order, von
anti-atheistischem Antimarxismus und von Religionsfreiheit
schlössen protestantische Führer, alle Spielarten protestantischer
Kirchen verkörpernd . . . ihre Augen vor nur zu wohlbekannten
Tatsachen: dem Sturz einer verfassungsmäßig gewählten
Regierung, für die viele Protestanten voller Vertrauen gestimmt
hatten - besonders jene aus der Arbeiterklasse; der politischen
Repression, die folgte, nicht nur durch das Verbot aller politischen
Parteien, sondern auch durch Inhaftierung, Folter und
. . . Exekution von Hunderten, ja Tausenden ohne Gerichtsverfahren
, ohne Rücksicht auf die elementarsten Menschenrechte
, ohne Respekt vor der öffentlichen Weltmeinung, die
solche Aktionen offen und heftig verurteilte." Im gleichen Zusammenhang
auch die positive Beurteilung der mutigen Haltung
von Bischof Frenz gegen die profaschistischc Mehrheit in
seiner Kirche [147f]).

Das Buch hat vier Teile: (I) der konzeptionelle und kontex-
tuclle Rahmen; (II) Ein neues Bewußtsein; (III) Eine dreifache
Frage (nach Konkretheit der Mission, nach authentischem Oku-
menismus, nach missionarischer Kraft); (IV) Missiologie, Mission
und Zukunft des Protestantismus in Latein-Amerika. Die
Thesen des Buches werden in 13 Kapiteln entfaltet, wovon das
13. perspektivisch über „die Herausforderungen" handelt: die
der Befreiung, die der Evangelisation und die der Zukunft.
Sachgemäß beginnt das 12. Kap. (zu Anfang des IV. Teiles) mit
einer „Rekapitulation". Hier wird auch die Bedeutung von
"crossroad" entschlüsselt: Es ist in doppeltem Sinn gebraucht,
zum einen als Treffpunkt zwischen den sendenden (Kirche;
und den empfangenden (Welt) Gemeinschaften, und zum anderen
, wo die geschichtsmächtigen Kräfte einander begegnen
(„Ideologien, politische und wirtschaftliche Systeme, soziale
und religiöse Bewegungen", 325).

Der instruktive und Informationswert des Buches ist bedeutend
, so daß eine deutsche Ausgabe zu begrüßen wäre.

Berlin Gerhard Bassarak

30 Jahre Ökumenischer Rat der Kirchen (Themenheft ÖR 27,
1978, Heft 3):

Visser't Hooft, Willem A.: Die Eiserne Ration im Leben des
Ökumenischen Rates der Kirchen (S. 290-292)

Paync, Ernest A.: Der Ökumenische Rat der Kirchen 1948-
1978 (S. 292-302)

Dietzfelbingcr, Hermann: Kritische Rede für den Ökumenischen
Rat der Kirchen (S. 303-314)

Mecking, Basil: Die Beziehungen zwischen der römisch-katholischen
Kirche und dem ökumenischen Rat der Kirchen.
Die Erfahrungen von 20 Jahren (S. 314-324)

Istavridis, Vasil T.: Die orthodoxe Mitarbeit in der ökumenischen
Bewegung (1948-1978) (S. 325-332)

Lochmann, Ullrich: Ökumene im Alltag (S. 332-338)

Drcwcs, Manfred: Aspekte der ökumenischen Entwicklungsdiskussion
(S. 339-352)

Schlink, Edmund i Rechenschaft über die ökumenische Hoffnung
(S. 352-358)

Nelson, Robert J.: Konziliarität - Konziliarc Gemeinschaft
(S. 358-377)

Meyer, Harding: „Einheit in versöhnter Verschiedenheit" -
„konziliare Gemeinschaft" - „organische Union" (S. 377-
400).

Socha, Hubert: Das göttliche Recht der bischöflichen Apostcl-
nachfolgc im ökumenischen Gespräch (TThZ 87, 1978 S. 203-
226).