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Ausgabe: | 1980 |
Spalte: | 303-304 |
Kategorie: | Systematische Theologie: Dogmatik |
Autor/Hrsg.: | Thiele, Friedrich |
Titel/Untertitel: | Biblische (Er)Kenntnis 1980 |
Rezensent: | Jacob, Friedrich |
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IM Theologische Literaturzeitung 105. Jahrgang 1980 Nr. 4 304
ethisches Subjekt dachte (vgl. 123). Darum ist für ihn Dogmatik
zugleich Ethik. Darum wird in der Tauflehrc die freie, menschliche
Subjektivität die eigentliche Basis und Metapher für Gottes
Wirklichkeit, was sie im Grunde schon immer war. Das hat
nach Rendtorff zur Folge, daß die göttliche und die menschliche
Subjektivität in einem Konkurrenzverhältnis bleiben und
die KD sich als nichts weiter darstellt ,denn als reine „Sollens-
lehre" (128). Die angebliche Freiheit des Menschen, von der
Barth spricht, ist bloß ein Imperativ. Dieser Imperativ zeigt,
daß diese Dogmatik dort endet, wo sie begonnen hat: bei der
„Selbsttätigkeit des Menschen an sich selbst . . ., als seine
eigene Tat, in der er sich zum Faktum wird. Das ist die radikale
Konsequenz aus der Struktur der Barthschen Dogmatik selbst"
(131).
Mit dieser „radikalen Konsequenz" aber hätte Barth letztlich
das im Auge gehabt, was die Vff. fordern: eine Theologie des
autonomen, sich selbst setzenden und sich selbst erklärenden
Menschen, deren praktische Konsequenz eine „religiöse Ethik'
ist. Und so erklärt sich auch ihr Anspruch, „dasselbe, worum
es Barth zu tun war, . . . anders gefaßt und gesagt" zu haben
(so Rendtorff in der „Einleitung", 9). Aber das ist bei aller Ver-
wunderlichkeit wohl noch der harmloseste Irrtum dieses Bandes
.
Herlin Wolf Krötkc
Systematische Theologie: Dogmatik
Thiele, Friedrich: Biblische (Er)Kenntnis. Leitfaden der Dogmatik
für Nichtthcologen. Konstanz: Christliche Vcrlagsanstalt
[1978]. 334 S. kl. 8° = Bibcl-Kirche-Gemeindc, 11. Kart.
DM 10,80.
Friedrich Thiele, Landespfarrer für Diakonie in Kurhessen-
Waldcck, legt mit diesem Buch eine Laiendogmatik vor, die
sich zur „unbedingten Zusammengehörigkeit von Bibel und
christlicher Glaubenslehre" (16) bekennt. Eben dies will der Vf.
auch durch den etwas merkwürdigen Titel „Biblische (Er)Kennt-
nis" ausdrücken. Sein Anliegen ist es, etwas gegen die zunehmende
Unwissenheit der heranwachsenden Generation in den
Dingen des christlichen Glaubens zu tun. Er will „Christen zum
Gespräch über die Großtaten Gottes und unsere biblische Erkenntnis
" (16) anregen und steht damit in einer ganzen Front
von meist betont biblisch-kirchlich orientierten Theologen, die
sich um die Vermittlung theologischen Grundlagenwissens an
die Gemeinde bemühen.
In zwölf Kapiteln wird der ganze Kreis der traditionellen
Dogmatik abgeschritten. Die Darstellung ist reich gegliedert
und gut lesbar. Natürlich ist eine Besprechung der vielen Einzelprobleme
in diesem Rahmen nicht möglich. Nicht alles, was
der Vf. an dogmatischen Problemen aufgreift, hat den Rez.
beim Lesen voll befriedigt. Manches erscheint doch zu kurz
behandelt zu sein, anderes wirkt unnötig kompliziert. Aber dies
ist wohl ein Schicksal, dem keine Laiendogmatik entgehen wird.
Als besonders störend empfand der Rez. die vielen nur mit dem
Verfassernamen gekennzeichneten Zitate. Natürlich hat es guten
Grund, wenn in einer Laiendogmatik auf bibliographischen Apparat
verzichtet wird, aber dann sollte man auch die wörtlichen
Zitate und die dazugehörigen Namen auf ein Minimum beschränken
.
Im folgenden nun einige Beobachtungen zu den einzelnen
Kapiteln: Unbefriedigt läßt das 1. Kap. über das „Bekenntnis
der Christen". Abgesehen davon, daß die Erörterungen über das
Bekcnntnisproblem allzu kurz ausfallen, wirkt es auf den Leser
verwirrend, daß im gleichen Zusammenhang auch über die
Verschiedenheit der Religionen gehandelt wird. Das 2. Kap.
über die Bibel bringt neben den eigentlich theologischen Fragen
viel Bibelkundlichcs, wie sich überhaupt das Buch Thieles dadurch
auszeichnet, daß er an vielen Stellen historische Informationen
bringt, die über das sonst innerhalb der Dogmatik Übliche
hinausgehen. Ausführlich ist das Kapitel über den Glauben
. Es enthält zugleich Abschnitte über das Wunder und die
Offenbarung. Das 4. Kap. über Gott behandelt nicht nur die
Gotteslchrc im engeren Sinne, sondern auch die Lehre von der
Person Christi und vom Heiligen Geist. Im Kapitel „Schöpfung
und Erhaltung" finden sich auch Erörterungen über Engel und
Dämonen, das Paradies und die Prädestination. Sehr ausführlich
ist das 6. Kap. „Vom Menschen". Dabei ist besonders positiv
zu vermerken, wie umfassend auf die Themen „Mann und
Frau" und „der Mensch als Gemeinschaftswesen" eingegangen
wird. Beim 7. Kap. über die Sünde fällt die schon in der Überschrift
festgelegte inhaltliche Bestimmung der Sünde als Gottlosigkeit
auf, die den Gedankengang wohltuend strafft. Für das
nächste Kapitel (VIII „Der Weg des Versöhners") ist charakteristisch
die Beschränkung auf die Soteriologie. (Die Lehre
von der Person Christi ist ja schon im Kapitel über Gott behandelt
.) Der Vf. geht dabei an den einzelnen Aussagen des
Apostolicum bzw. des Nicacnoconstantinopolitanum entlang.
Übrigens rindet sich hier auch ein Abschnitt über die Mutter
Maria. Das Kapitel über die Kirche (IX) handelt ausführlich
von Fragen der Ordnung und der Ämter, wenig von der Kirche
als neuem Volk Gottes und Stätte der Verkündigung der frohen
Botschaft. Innerhalb dieses Kapitels findet sich ein ganzer Abschnitt
über die ökumenische Bewegung. Es folgt unter Nummer
X. ein Kapitel über die Heilsmittel mit Abschnitten über
Gottesdienst, Sakramente, Beichte und Gebet. Im XI. Kap. über
das „Befreiende Heilswerk" werden merkwürdigerweise nach
einem Abschnitt über „Gnade und Gerechtigkeit" und recht allgemein
gehaltenen Ausführungen zum Freiheitsbegriff vor allem
ethische Themen behandelt, einschließlich einer kurzen
Auslegung der zehn Gebote. Den Abschluß des Buches bildet
ein Kapitel über die „zukünftige Vollendung", in dem nicht nur
von der Totenauferstehung sondern auch vom Tausendjährigen
Reich, vom Problem der Heilsgeschichte und vom Reich Gottes
gehandelt wird.
Statt der Auseinandersetzung mit den vielen Einzclfragcn,
soll wenigstens ein Problem zum Schluß noch angeschnitten
werden. Die „Biblische (Er)Kcnntnis" zeigt sich an vielen Sic!
len als eine reformierter Tradition verpflichtete Dogmatik. Da
erscheint das Gesetz so gut wie ausschließlich im Sinne des
tertius usus, da dominieren die Fragen um Amt und Ordnung
im Kirchenkapitel, da gilt ein langes Zitat von Heinrich Heppc
(wohl aus seiner 1861 erschienenen „Dogmatik der evangelischreformierten
Kirche") als eine auch heute gültige Zusammenfassung
des Sakramentsverständnisses (252). Es kann hier nicht
um Erörterung der Sachfragen gehen, aber wäre es nicht wirklich
besser gewesen, der Vf. hätte diese seine Bindung an reformierte
Tradition auch deutlich ausgesprochen? Auch dann, wenn
man den lutherisch-reformierten Lehrunterschieden keine kirchentrennende
Bedeutung mehr zumißt, sind wir es m. E. gerade
auch den Laien schuldig, deutlich zu sagen, aus welcher
Tradition wir kommen.
Karl-Marx-Stadt Friedrich Jacob
Jansen, Peter, unter Mitw. von Gerd W. Braun u. Egon Reuschenbach
: Den Glauben finden. Kleine christliche Glaubenslehre
. Würzburg: Echter [1979]. 199 S. 8°.
„Ratlosigkeit in Glaubensfragen" (7) ist für die Vff. Grund
genug, dem einzelnen und der gemeinsamen Arbeit in Kursen
eine Grundlage an die Hand zu geben. Ausgehend von der
„Frage nach dem Menschen" (13-32) wird anschließend die
„Frage nach Gott" (33-82) und in einem dritten umfangreiche
ren Teil „Jesus Christus als die Möglichkeit von Gott zu erfahren
" (83-198) dargestellt. Das Besondere dieses Bandes ist
darin zu sehen, daß durch eine Glaubenslehre für die Erwachsenenbildung
die verschiedenen Herausforderungen unserer
Zeit als Problem jeweils aufgenommen, verstehbar gemacht
und zu integrieren versucht wird: Sinnfrage des Menschen,
Weltrcligionen, Naturwissenschaft, Technik, Geschichte, Personalität
usw. Geplant ist eine Fortsetzung mit dem Titel „Den
Glauben leben" (199).
M. P.