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Ausgabe:

1980

Spalte:

285-286

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Titel/Untertitel:

Berner Synodus 1980

Rezensent:

Koch, Ernst

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 105. Jahrgang 1960 Nr. 4

286

M. bemerkt an Groppel- ein zunächst offenes, dem eigenen
Ansatz nach sicheres, ab 1546 und vollends ab 1553 aber zunehmend
kompromißloseres Eingehen auf die Bestreitung herkömmlicher
Priesterideale und Amtstheologien durch Luther
und Melanchthon. Gropper ist demnach typischer Rcformthco-
loge wegen seiner Abkehr von der Scholastik (er vermeidet
beispielsweise die Problematik von opus operatum und opus
operantis), wegen seiner Hinwendung zu den Vätern und der
Schrift und wegen seines Versuchs, zu den Quellen des kanonischen
Rechts zurückzukehren. Dies ist der verbindende Charakter
seiner dogmatischen Aussagen über das Pricstertum
und seiner Reformideen für eine Erneuerung des Dienstes des
Priesters. Im Endergebnis findet M. bei Gropper eine Antizipation
des tridentinischen Pricsterbildes (46), obwohl Gropper
gerade an dem Entwurf von Trient für das Lehrdekret
über die Priesterweihe teilweise bissige Kritik geübt hat, weil
ihm dort die Ausklammcrung des Predigtdienstes aus dem
Prieslerdienst nicht erträglich schien (186f).

An einzelnen Stellen zeigt M.s Darstellung deutlich, wie unvollkommen
ein Vergleich mit Luther die Probleme erfaßt, solange
er nur die Phänomene vergleicht. So wird man M. darin
zustimmen können, daß Gropper mit der nachdrücklichen Erinnerung
an die Predigt als einer integrierenden Aufgabe
priesterlicher Arbeit einen Anstoß Luthers aufgenommen hat.
Folgt man dann jedoch M.s Darstellung dessen, was Gropper
als Inhalt der Predigt wünscht, so tut sich der weite Unterschied
zwischen Reformation und Rcformthcologic auf.

Das Buch schreitet die ganze Weite des dogmatischen und
pastoraltheologischen Problems des Priestertums in der Sicht
Groppcrs ab: die Frage nach der Besonderheit des Priestertums
(in Auseinandersetzung mit frühen amtstheologischen
Ansätzen Luthers), das Weihesakrament mit seinen Stufen und
Wirkungen, das ministerium verbi, die Sakramcntsspcndung
(M. beobachtet das besondere Gewicht, das bei Gropper auf
der Erneuerung der Beichte liegt), die Gemeindcleitung und
die priesterliche Lebensführung. Es ist erneut beeindruckend,
sich zeigen zu lassen, mit welcher Ernsthaftigkeit ein Reform -
theologe im Vorfeld des Tridentinums die anstehenden Aufgaben
ins Auge faßte. Eins der Hauptverdienste der Arbeit M.s
liegt darin, ein Stück weit die Lücke zu schließen, die noch immer
in unserer Kenntnis der theologisch-kirchlichen Lage am
Vorabend des Tridentinums klafft.

Biographisch bringt die Arbeit keinen eigentlichen Zuwachs
der Kenntnis der Lebensgcschichtc Groppcrs bis hin zu seiner
Denunziation bei der Inquisition wenige Monate vor seinem
Tod; wohl aber setzt die genaue Untersuchung seines Schrifttums
einige neue Akzente. Auch können nun einige Forschungsaufgaben
deutlicher markiert werden: Groppcrs Verhältnis zu
Erasmus, seine Gebctsthcologic, die Eucharistie- und Sakra-
mentslehrc und die Ekklesiologie.

Nachdenklich macht, daß Luthers Position in der Amtslehre
ab 1526 offenbar nicht in Groppcrs Blickfeld getreten ist. Was
mögen die Gründe dafür sein? Auch entsteht der Eindruck, dafj
Groppcrs Stellungnahmen zur Frage nach dem Pricstertum
lediglich durch den Blick auf Luther und Melanchthon bedingt
sind. Sind zeitgenössische, durch die Reformation bestimmte
pastoraltheologischc Entwürfe neben Luther und Melanchthon
durch Gropper unberücksichtigt geblieben?

M.s Untersuchung liegt in einer einwandfreien äufjcrcn Form
vor. Die notwendigen Register helfen es erschließen. Gerade
in Hinsicht auf seine weiträumige Anlage wird es einen wichtigen
Platz in der Gropper-Forschung behalten.

Leipzig Ernst Koch

Berner Synodus mit den Schlußreden der Berner Disputation
und dem Reformationsmandat. Bern: Haupt [1978]. 125 S.
8° = Dokumente der Berner Reformation, sfr. 10,-.

Zum 450. Jahrestag der Berner Disputation wird diese Neuausgabe
von Texten vorgelegt, die unmittelbar mit der Berner
Reformation zu tun haben. Es handelt sich durchweg nicht um

Originaltexte, sondern um Übertragungen in zeitgenössisches
Deutsch, die von Pfarrer Markus Bicler, Spiegel bei Bern, vorgenommen
worden sind. Lediglich S. 36 bietet ein Faksimile
des Anfangs des Textes des Erstdrucks des Berner Synodus
von 1532, während der Einband die untere Hälfte des Titelblattes
mit dem Berner Wappen und dem Motto aus 2Kor 5,16
wiedergibt.

Im einzelnen handelt es sich bei den Texten um die von
Berchtold Haller und Franz Kolb unter dem Datum 17. 11. 1527
vorgelegten 10 Thesen (Schlußreden) zu der für den 6. 1. 1528
angesetzten großen Disputation, zu der die Geistlichen, die zuständigen
Bischöfe, die Stände der Eidgenossenschaft und eine
Reihe von oberdeutschen Städten eingeladen wurden. (Das Vorwort
zu dem ganzen Band, das der Präsident des Synodalrais
der Evang.-reformierten Kirche des Kantons Bern, J. de Roulel,
geschrieben hat, erinnert daran, daß die erste der Thesen in
der Düsseldorfer Erklärung vom Mai 1933, die in die Vorgeschichte
der Bekennenden Kirche gehört, aufgenommen worden
ist). Ferner sind das Reformationsmandat des Schultheißen
und des Kleinen und Großen Rates von Bern vom 7. 2. 1528
und der sog. Berner Synodus vom 9. 1. 1532 wiedergegeben,
dessen Verfasser Wolfgang Capito aus Straßburg ist. Dem
letztgenannten Text ist die Übersetzung der Einführung vorangestellt
, die Henri Mcylan 1936 zu seiner französischen
Übertragung des Berner Synodus verfaßt hatte. Schon diese
Tatsache zeigt, daß die vorliegende Übertragung wissenschaftliche
Ansprüche nach dem gegenwärtigen Stand reformations-
gcschichtlicher Forschung nicht erhebt, obwohl sie mit großer
Umsicht und unter Beratung von germanistischer Seite aus abgefaßt
worden ist. Es fehlen etwa auch Nachweise zitierter
Schriftstellen. Es bleibt zu hoffen, daß eine kritische Ausgabe
des Berncr Synodus in absehbarer Zeit vorgelegt werden kann.
Bis dahin wird die vorliegende Publikation zumindest insofern
ihren Dienst tun, als sie dazu verhilft, die in ihr enthaltenen
Texte der Berner Reformation breiteren Kreisen bekannt zu
machen.

Leipzig F.rnst Koch

Luther, Martin i Werke. Kritische Gesamtausgabe. Briefwechsel.

15. Bd. Personen- und Ortsregister. Weimar: Böhlau 1978.
XVI. 363 S. 4°.

Als Ernst Wolf WABr 12 und 13 (ThLZ 95, 1970 Sp. 114) und
zwei Jahre später 14 (ThLZ 97, 1972 Sp. 41-43) anzeigte, verwies
er jedesmal auf den Abschluß dieses Teiles der kritischen
Luther-Gesamtausgabe durch den Registerband. Dieser liegt
nun vor, jedoch ist der Band WABr 15 immer noch nicht der
Abschluß, sondern nur ein Teil des vorgesehenen Register-
komplexes. Es werden weitere Bände - oder zumindest ein
weiterer Band folgen.

Der lang erwartete und oft angekündigte Registerband enthält
das Personen- und Ortsregister, also das Hauptregistcr der
Briefabteilung, sowie ein Zusatzrcgistcr. Später folgen sollen
dann ein Sonderregister zur Person Martin Luthers im weite
sten Sinne, ein Theologisches und ein Sachregister und ein
Bibclstellcnregister.

Während das Hauptregister alle Personen und Orte erfaßt,
die in den edierten Brieftexten vorkommen - soweit sie also
am Rande eine Zeilenzählung haben -, sind die Personen- und
Ortsnamen, die in den Vor- und Nachbemerkungen und in den
Anmerkungen auftauchen, in einem Zusatzregister erfaßt. Hier
werden Geburtsorte und Dienstorte, nicht jedoch Studien-,
Sterbe- und Druckorte aufgenommen. Geburtsnamen von Frauen
wurden nur notiert, wenn sie sich sonst im Register nicht oder
nur schwer erschließen lassen - eine recht subjektive, in das
Ermessen des Bearbeiters gestellte Entscheidung. Bedauerlich
ist auch hier die zeitliche Begrenzung bis 1600, deren Grund
nicht einsichtsvoll ist. Diese Beschränkung auf das Luther-
Jahrhundert verhindert den Zugang zu wesentlichen Materialien
etwa aus den Beilagen, in denen Clemen und dann Volz