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Ausgabe:

1980

Spalte:

270-271

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Gunneweg, Antonius H. J.

Titel/Untertitel:

Geschichte Israels bis Bar Kochba 1980

Rezensent:

Bruce, Frederick F.

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Theologische Literaturzeitung 105. Jahrgang 1980 Nr. 4

270

(185-195) um eine Überprüfung der Beziehung dieser von ihm
genauer als "Ancient Yahwistic Poctry" und "Ancient legal and
ritual texts" bezeichneten Einheiten innerhalb von J und E zu
diesen Quellenschichtcn selbst. Sein Ergebnis ist: J bzw. E
waren wahrscheinlich nur die Kanäle, durch die diese außerhalb
von J bzw. E entstandenen Texte in den Pcntalcuch kamen
; während die poetischen Texte die engsten Verbindungen
gerade zu ähnlichen Texten außerhalb des Pentatcuchs aufweisen
, widersprechen die rechtlichen Texte entschieden einer
Zurückfuhrung auf J bzw. E.

Wird hier noch von der traditionellen Auffassung, daß J eine
Quellcnschicht des Pentatcuchs sei, ausgegangen, so stellt
R. Rendtorff gerade diese Annahme in dem Referat „Der
'Jahwist' als Theologe? Zum Dilemma der Pentatcuchkritik"
(158-166) in Frage. Über die Feststellung, daß es keine eigene
theologische Konzeption für die allgemein dem Jahwistcn zugeschriebenen
Abschnitte gibt - und damit auch nicht eine solche
„Quelle" im Sinne der klassischen Urkundenhypothese -
kommt er zu dem programmatischen Hinweis, daß eine neue
Phase der Pentatcuchforschung mit der Frage nach den theologischen
Intentionen, die hinter der Sammlung und Bearbeitung
der verschiedenartigen pcntateuchischcn Überlieferungen
stehen, eingeleitet werden könnte.

Einer solchen Einzelüberliefcrung wendet sich G. W. C o a t s
in seinen Ausführungen über "Moses versus Amalek: actiology
and legend in Exodus XVII 8-16" (29-41) zu. Diese vom Kontext
auffällig isolierte Überlieferung kann nur als eine Helden-
lcgcnde, die die Treue und Beständigkeit des Mose gegenüber
seinem Auftrag umschreibt, verstanden werden,- ihre Einfügung
gerade an dieser Stelle wird in Verbindung mit der These von
"two complcmenting, at points competing, structural patterns",
die den Pcntateuch bzw. Hexateuch durchziehen, und einem
entsprechenden theologischen Schema zu erklären versucht.

Mit den Problemen einer Prophetenschrift beschäftigt sich
R. E. Clements in dem Beitrag "The purpose of the Book
of Jonah" (16-28). Am Ende seiner sehr gründlichen Überlegungen
formuliert er den Satz: "The theme of Jonah is the
possibility of man'! rcpcntancc, and its purpose is to show that
whcre this occurs ainong men then it elicits a related change
of purpose on the part of God". Als Abfassungszeit der Schrift,
die im Erzählungsstil und in der Didaktik Verwandtschaft mit
der Weisheit aufweist, wird dabei das Ende des 6. Jh. v. Chr.
angenommen.

Einer sowohl die Prophetenbücher als auch weitere alttesta-
mentliche Schriften und Texte betreffenden Problematik gilt
der anregende Vortrag von H. M. I. Gevaryahu: "Biblical
colophons: a source for the 'biography' of authors, texts and
books" (42-59). Abgesehen von zahlreichen guten Einzclbcob-
achtungen erbringt er eine Bestätigung der eingangs aufgestellten
These: "... most of the items in biblical superscriptions
were originally written at the end of the text and in a later
period transferred to the beginning".

Das gesamte Alte Testament wird schließlich von E. Jacob
unter dem Thema „Principe canonique et formation de l'Ancicn
Testament" (101-122) in den Blick genommen, wobei er in beeindruckender
Weise die Triebkräfte bei der Entstehung des
Kanons aufzeigt.

Eine zweite größere Gruppe von Referaten ist historischen
Fragen gewidmet. Unter dem in Anlehnung an Num 22,5.11
formulierten Titel "A pcople come out of Egypt", erweitert
durch den Zusatz "An Egyptologist looks at the Old Testament
", weist R. J. Williams an zahlreichen Beispielen
nach, "that Israel drank deeply at the wells of Egypt", d. h.,
daß die ägyptische Kultur fortlaufend einen starken Einfluß
auf Israel ausgeübt hat (231-252).

Demgegenüber geht es N. K. G o 11 w a 1 d in dem Beitrag
"Domain assumptions and socictal models in the study of Prc-
monarchie Israel" (89-100) um die Herausarbeitung eines
"socictal model" für das Israel der Vorkönigszeit, das zugleich
den modernen Auffassungen von der Frühgeschichte Israels
gerecht wird. Dabei kommt er zu der These von einer "rc-
tribalization" Bewegung, die gegenüber dem kanaaäischen System
der Machtzentralisation bewußt ein nicht zentralisiertes,
gleichberechtigtes Zusammenleben von Bauern und Hirten vertrat
.

Zwei Forscher beschäftigen sich speziell mit der Geschichte
von Juda. H.-J. Zobels „Beiträge zur Geschichte Groß-Judas
in früh- und vordavidischer Zeit" (253-277) entwickeln unter
geschickte]- Auswertung und Kombination aller einschlägigen
Quellen die These, daß sich Juda, Kaleb, Othniel, Simeon, Je-
rachmcel und Kain im 12. Jh. v. Chr. unter der Bedrohung
durch die Amalekiter auf der Grundlage einer Berit zu dem
demokratisch verfaßten Staatswecsn Groß-Juda zusammenschlössen
. Von ca. 1100 v. Chr. bis auf David unter der Oberhoheit
der Philister stehend, endete seine Geschichte faktisch
mit der Zuordnung an Jerusalem nach dessen Einnahme durch
David und damit an die Davidische Dynastie. Zobel schließt
sich damit der nicht unbestrittenen und auch nicht eindeutig
beweisbaren Auffassung an, daß Juda bis zur Zeit Davids nicht
mit Nordisracl verbunden war. - A. M a 1 a m a t wendet sich
hingegen mit dem Thema "The twilight of Judah in the Egyp-
tian-Babylonian maelstrom" (123-145) einer eingehenden Analyse
der Zusammenhänge und Hintergründe der politischen
Ereignisse in den letzten beiden Jahrzehnten der Geschichte
des Südreichs Juda zu, an die er eine instruktive chronologische
Tabelle anfügt.

Ein besonders schwieriges, von vielen Hypothesen belastetes
Problem greift schließlich R. Smcnd in seinem Vortrag „Der
biblische und der historische Elia" (167-184) auf. In ständiger
behutsamer Auseinandersetzung mit den bisher vertretenen
Auffassungen gelingt es ihm, einige Aspekte des historischen
Elia herauszuarbeiten und von da aus die biblische Sicht des
Elia besser verständlich zu machen.

Die restlichen sechs Beiträge gelten unterschiedlichen Gebieten
. Hier ist zunächst das instruktive Referat von B. O t z e n
über "Old Testament wisdom literature and dualistic thinking
in late Judaism"(146-157) zu nennen, in dem das Verhältnis
zwischen fremden Elementen und ursprünglich jüdischen
bzw. alttestamcntlichcn Vorstellungen im Dualismus erörtert
wird. Nicht geringere Aufmerksamkeit verdienen aber auch die
programmatischen Ausführungen von A. Alonso-Schökel
über "Hermeneutical problcms of a literary study of the Biblc"
(1-15) und von M. T s c v a t zur Frage "Common sense and
hypothesis in Old Testament study" (217-230). - In den Bereich
der Ugaritica führt der Vortrag von J. C. L. Cibson :
"Myth, legend and folklore in the Ugaritic Kcret and Aqhat
texts" (60-68), während zwei umfangreichere Beiträge dann
auch noch dem Gebiet der Wissenschaftsgeschichte gelten. So
unternimmt M. H. Goshen-Gottstein in dem Referat
"Christianity, Judaism and modern Bible study" (69-88) in beeindruckender
Weise den Versuch, die Entwicklung der modernen
Bibelforschung auf dem Hintergrund ihrer Verbindung
mit dem Christentum wie auch dem Judentum verständlich
zu machen. S. S z y s z m a n hingegen würdigt in dem Vortrag
„Centenaire de la mort de Firkowicz" (196-216) das Wirken
des Karäers Abraham Firkowitsch (1787-1874), dessen heute
in Leningrad befindliche Sammlungen wertvolle Aufschlüsse
für die hebräische Textforschung und Textgeschichte lieferten.

Insgesamt ist dieser Band somit ein schönes Zeugnis der
internationalen und zugleich überkonfessionellen Zusammenarbeit
zum noch besseren Verstehen des Alten Testaments.

Rostock Klaus-Dietrich Schunck

Gunneweg, Antonius H. J.: Geschichte Israels bis Bar Kochba.
3., neu bearb. Aufl. Stuttgart-Berlin-Köln-Mainz: Kohlhammer
(1979). 210 S., 1 Kte gr. 8° = Theologische Wissenschaft.
Sammelwerk für Studium und Beruf, 2. Kart. DM 20,-.

The first and second editions of this work were reviewed in
ThLZ 99,1974 col. 662f and 103,1978 col. 261. It is gratifying that
such a useful handbook to the history of Israel should have its
uscfulness maintained by being repeatedly brought up to date.