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Ausgabe:

1980

Spalte:

235-236

Kategorie:

Systematische Theologie: Allgemeines

Titel/Untertitel:

Theologie des Volkes 1980

Rezensent:

Kretzschmar, Gottfried

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Niilus, Lcopoldo J.: Die Bemühungen des Ökumenischen Rates
der Kirche und von SODEPAX um die Menschenrechte
(S. 245-248)

Goretti, Maria und Domingo Sale: Die Kirche und der
Kampf um die Menschenrechte auf den Philippinen (S. 248
bis 252)

Galilea, Segundo: Die lateinamerikanische Kirche im Kampf

für die Menschenrechte (S. 253—256)
Greinacher, Norbert: Die Verantwortung der Kirchen in der

„Ersten Welt" für die Verwirklichung der Menschenrechte

(S. 257-261)

Hurley, Denis E.: Was kann die Kirche tun, um die Apartheid
zu überwinden? (S. 262—265).
Martelet, G.: Dix ans apres ,Humanae Vitae' (NRTh 101, 1979
S. 246-259).

Riedel, Manfred: Sein und Sollen — Bemerkungen zur Ethik

(Univ. 33, 1978 S. 37-42).
Robleda, Olis: II consenso matrimoniale presso i romani (Gr.

60, 1979 S. 249-285).
Scharffenorth, Gerta: Die Aufgabe eine Person zu sein. Zu

Hildegunde Wöllers Kritik an der Emanzipationsliteratur

(LM 17, 1978 S. 361-362).
Simonis, Walter: „Gelingen des Lebens" als materiale Norm

der Ethik (MThZ 29, 1978 S. 238-263).
Türk, Hans Joachim: Von alten zu neuen sittlichen Normen?

Möglichkeiten und Schwierigkeiten der Normenfindung

WuA 20, 1979 S. 40-47).
Walther, Christian: Hat die Lehre von den zwei Reichen noch

einen Sinn? (Luther 49, 1978 S. 15-24).
Weber, Hartmut: Theologische und ethische Aspekte des Behindertenproblems
(JK 39, 1978 S. 328-333).
Wolff, Ursel: Das Risiko muß kalkulierbar sein. Ansätze zu

einer medizinischen Forschungsethik (LM 17, 1978 S. 130 bis

131).

Praktische Theologie: Allgemeines

Exeler, Adolf, u. Norbert Mette [Hrsg.] i Theologie des Volkes.

Mainz: Matthias-Grünewald-Verlag [1978]. 208 S. 8° =
Grünewald-Reihe. Kart. DM 26,—.

Dieses Buch, an dem elf Autoren, die im Bereich der katholischen
Theologie zu Hause sind, mitgearbeitet haben, will zu
einer „Theologie des Volkes" provozieren. Der Ausdruck meint
„nicht eine Theologie, die von Theologen für ein allgemeineres
Fassungsvermögen zu entwickeln wäre, eine Theologie für
das Volk. Er bezeichnet vielmehr eine Theologie, deren Subjekt
das Volk ist." (143) Das Kirchenvolk soll sagen, welche
Erfahrungen es in Alltag und Gemeinde mit Gott und der
Wirksamkeit seiner Verheißungen macht. Nur zu häufig wird
heute von einem „Schisma zwischen Amtskirche und Volk"
(147) gesprochen, nur zu deutlich ist die gegenseitige Entfremdung
und die tiefgreifende Kommunikationsstörung.

Gleich zu Beginn zeigt Adolf Exeler, o. Professor für
Pastoraltheologie und Religionspädagogik in Münster, wie
schwer es für viele Laien ist, ihren Glauben in eigene Worte
zu fassen. Andererseits hat der Sprachreichtum der „Profis"
die einfachen Gläubigen verstummen lassen: eine doppelte
Sprachohnmacht hat sich breitgemacht. Angestrebt werden
mu5 indes die Zusammenarbeit von Volk, Fachtheologie und
Kirchenleitung, will man diese Kommunikationsstörungen beheben
.

Franz-Josef Ortkemper legt konkrete Untersuchungsergebnisse
vor, die er aus der Arbeit mit 15jährigen Schülerinnen
eines Gymnasiums gewonnen hat: eigenformulierte
Glaubensbekenntnisse. Aber auch Erwachsene artikulieren
ihren Glauben; dies geschah durch zur Auswahl gestellte verschiedene
Jesusbilder, die jeweils interpretiert wurden. —
Methodische „Wege zur bewußten Mitsprache junger Erwachsener
" beschreibt Jan Heiner Schneider, der mit der Pla-

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nung und Durchführung terminierter Projekte in der Schüler-
und Lehrerarbeit beauftragt ist.

Der Religionspädagoge Gottfried Bitter untersucht den
vor reichlich zehn Jahren herausgegebenen „Holländischen
Katechismus" und sieht in ihm das Programm einer „Theologie
des Volkes". Magdalene B u ß m a n n, die einzige Frau unter
den Autoren, macht am Bauernkrieg von 1525 deutlich, wie
das „Volk als Quantitc negligeable in der Kirchengeschichte"
behandelt wurde, ja wie eine bestimmte Brisanz in dem Postulat
einer Theologie des Volkes steckt.

Daß dieses Buch nicht vorschnell praktische Lösungen anbieten
will, wird durch den Beitrag des Neutcstamentlers
Hubert Frankemölle deutlich, der mit dem diesem
Wissenschaftsbereich eigenen methodischen Instrumentarium
den Begriff „Volk" sorgsam untersucht. Das Programm Jesu
ist jedenfalls der bleibende kritische Maßstab, an dem sich
eine „Theologie des Volkes" im NT messen lassen muß. Eugen
B i s e r geht dann in seinem Beitrag „Das Wort von oben"
auf das Problem der einseitigen Kanalisierung der innerkirchlichen
Kommunikation ein, während Hermann J. Pottmeyer
als Fundamentalthcologe noch einmal den Begriff der „Theologie
des Volkes" aufnimmt und die Bedingungen einer solchen
Theologie beschreibt. „Volk" bedeutet nun „nicht mehr das
Schicksal, auf eine passive Objektrolle ohne eigenes Selbstverständnis
festgelegt zu sein, sondern bezeichnet jene Christen
, die ihrer Berufung und Sendung bewußt aufgrund eigener
gläubiger Erfahrung zu aktiven Mit-Trägern lebendiger
Gemeinden und ihres Glaubens geworden sind." (159)

Georg Langenmeyer zeigt, wie „Die Vernunft des Alltagsglaubens
" sich von der theologischen Denkhaltung unterscheidet
, da der einzelne Gläubige die kirchlichen und theologischen
Aussagen nicht systematisch miteinander, sondern
punktuell mit Lebenssituationen zu verknüpfen weiß.

Ein letztes Kapitel ist dem Thema „Religion der Theologen

— Religion des Volkes" gewidmet. Michael G ö p f e r t gibt
hier einige interessante und bemerkenswerte Beobachtungen
wieder und zieht daraus Schlußfolgerungen, auf die leider
nicht näher eingegangen werden kann.

Zum Schluß faßt Mitherausgeber Herbert Mette in einer
Zwischenbilanz die Diskussion zum Thema „Theologie des
Volkes" zusammen und sagt: „Mehr noch als kognitive Widerstände
sind es emotionale Barrieren, die einer „Theologie des
Volkes" im Wege stehen. Nur wenn die in der Kirche antreffbaren
Berührungsängste mutig abgebaut werden, hat dieses
Programm überhaupt eine Chance." (208)

Man wird als cv. Rez. das Bemühen um eine „Theologie
des Volkes" im katholischen Raum mit Interesse und Respekt
zu verfolgen haben. Gerade für eine Kirche mit einem ausgeprägten
Lehramt, in der oft nach dem Prinzip „Roma locuta

— causa finita" verfahren wurde, bedeutet dieser theologische
Neuansatz viel. Der „Köhlerglaube" von einst ist kaum noch
aufrecht zu erhalten, jedenfalls läßt sich das für viele Teile
der katholischen Welt sagen. Es bleibt abzuwarten, ob diese
Kirche die „vox populi" hört und erkennt, was „die Leute"'
bewegt, wenn sie über Glaubensfragen reden. In dem Buche
ist jedenfalls in einer soliden Weise eine Theologie mit dem
Volk angestrebt, nicht aber eine bevormundende Theologie
für das Volk.

Leipzig Gottfried Kretzschmar

Thema: Volkskirche. Ein Arbeitsbuch für die Gemeinde, im
Auftrag des Präsidiums der Synode der Evangelischen Kirche
in Deutschland hrsg. von der Kirchenkanzlei. Bearbeitung:
R. Schloz. Gelnhausen—Berlin: Burckhardthaus-Verlag [1978].
276 S. 8°. Kart. DM 12,80.

Das Thema „Volkskirche" will in der BRD nicht zur Ruhe
kommen. Die Reihe diesbezüglicher Veröffentlichungen in den
letzten Jahren macht deutlich, wie problemgeladen dieses
Phänomen ist. Nunmehr sollen auch die ev. Christen (und

Theologische Literaturzeitung 105. Jahrgang 1980 Nr. 3