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Ausgabe:

1980

Spalte:

189-190

Kategorie:

Judaistik

Autor/Hrsg.:

Zahavy, Tzvee

Titel/Untertitel:

The traditions of Eleazar Ben Azariah 1980

Rezensent:

Schäfer, Peter

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Seite 1

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ihrer Geschichte angelegten Untersuchungen eine ausreichende
Basis sind. Es werden auch die beiden letztgenannten Aufsätze
vom Anliegen und Titel des Buches nicht ganz gedeckt
.

Zu den einzelnen Veröffentlichungen der vorliegenden
Sammlung ergeben sich eine Reihe von Anfragen, die durch
den Fortgang der Forschung am Psalter in den vergangenen
20 Jahren bedingt sind. Trotzdem wird man sich den Erkenntnissen
und Anregungen, die der Vf. durch diese Sammlung
nochmals konzentriert vor Augen führt, erneut stellen wollen.

Leipzig Hans Seidel

Judaica

Zahavy, Tzvee: The Traditions of Eleazar Ben Azariah. Mis-
soula, Montana: Scholars Press for Brown University (1977).
XV, 365 S. gr. 8° = Brown University, Brown Judaic Stu-
dies, 2. Kart. S 7.50.

Diese Dissertation aus der Schule Jacob Neusners hat sich
zum Ziel gesetzt, das rabbinische Material über den Tannai-
ten Elazar b. Azarja (1. Hälfte des 2. Jh. n. Chr.) auf seinen
historischen und insbesondere biographischen Wert hin zu
untersuchen. Der Vf. war sich — nicht nur angesichts des relativ
dürftigen Quellenmaterials, sondern auch aus grundsätzlichen
methodischen Erwägungen — von vorneherein dessen
bewußt, daß das Ergebnis seiner Studie nicht eine komplette
„narrative biography" sein könnte, sondern bestenfalls „an
analytical historical investigation of the extant evidence about
the master" (IX). Er versucht damit, die methodischen Ansätze
seines Lehrers nicht nur in dessen „Eliezer Ben Hyrcanus"
(Leiden 1973), sondern vor allem auch in Neusners vielbändiger
„History of the Mishnaic Law of Purities" (Leiden 1974 bis
1977) aufzugreifen und der Tatsache Rechnung zu tragen, daß
nicht die simple Kombination aller Daten über das untersuchte
Objekt die historische Persönlichkeit ergibt, sondern dafj ständig
zwischen den verschiedenen literarischen und redaktionellen
Schichten des zur Verfügung stehenden Materials unterschieden
werden muß.

Die Analyse geht in mehreren, methodisch sauber getrennten
Schritten vor sich. Zunächst werden alle halakhischen („legal
") und nicht-halakhischen („non-legal") Traditionen Elazars
übersetzt und unter verschiedenen Gesichtspunkten untersucht,
wobei der literarischen Form und Struktur der jeweiligen Pe-
rikope besondere Beachtung geschenkt wird (Kap. 2 und 3).
Im 4. Kapitel wird das gesamte Material im Blick auf sein
Vorkommen in den verschiedenen Werken und auf seinen
Zusammenhang im System der Tradenten („attestations") aufgeschlüsselt
. Es ergibt sich u. a„ da5 der größte Teil des
Elazar-Corpus erst zu einem relativ späten Zeitpunkt (Ende
der Periode von Usha) seine gegenwärtige Gestalt erhielt. Dieses
Ergebnis wird durch eine gesonderte Untersuchung der
literarischen Formen, in denen die Elazar-Traditionen überliefert
werden (Kap. 5: „The Forms"), der redaktionellen Kreise,
in denen sie Gestalt gewannen (Kap. 6: „The Circles: A Tra-
dental-Redactional Study") sowie der Substanz ihrer gesetzlichen
Bestimmungen (Kap. 7: „The Law") unterstützt: Die
Elazar-Traditionen sind „in sustance, as well as in form,...
peripheral to the major Yavnean traditions", sie spielen keine
Rolle in der Entwicklung der Halakhah in der Mishnah und
sie basieren nicht „on a coherent set of principles. That is, I
cannot discern a distinet legal philosophy underlying the
substance of the rulings" (6f). Derselbe negative Befund gilt
schließlich auch für die nicht-gesetzlichen Traditionen, die weder
einen inneren Zusammenhang noch eine Entwicklung erkennen
lassen (Kap. 8). Das letzte Kapitel faßt die Ergebnisse

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der Arbeit zusammen, gefolgt von einem Literaturverzeichnis
sowie verschiedenen Indices.

Der Wert der Studie Zahavys liegt nicht in ihrem biographisch
-historischen Ergebnis („We cannot reconstruet a biogra-
phical picture of Eleazar in any significant fashion. . .. What
we know of Eleazar ... is limited to the data that a few editors
chose to preserve for the direct needs of their compilations. We
have only brief glimpses of the whole tradition and the man",
335. 337), sondern in der methodisch reflektierten Arbeitsweise
des Autors. In diesem Sinne ist sie ein anschauliches Lehrstück
für die Brauchbarkeit des von Neusner und seinen Schülern
entwickelten methodischen Instrumentariums — mit allen
Vorzügen und Schwächen. Die Schwäche scheint mir nach wie
vor insbesondere in der starren chronologischen Einteilung der
„strata of the tradition" („the attested materials in Mishnah-
Tosefta; Mishnah-Tosefta-traditions; materials in the Tan-
naitic Midrashim; Tannaitic materials in the gemarot; other
traditions in the gemarot; items appearing first in the later
rabbinic compilations", 4) zu liegen, die von dem Verdacht
nicht freikommt, das vorauszusetzen, was eigentlich bewiesen
werden sollte. So begrüßenswert (und weit gediehen in dieser
Arbeit) die Absicht ist, die historische Entwicklung
der Überlieferung zu beschreiben, so problematisch ist weiterhin
die Unterscheidung zwischen „earliest compilations" und
„later documents" als Fixpunkte für eine solche historische
Entwicklung. Feststellungen wie „I show for instance that in
the earliest Stratum of tradition, the materials in Mishnah-
Tosefta, legal rulings predominate, while the latest level of
the corpus has no interest in the law at all" (4) oder .The
forms of the traditions in the midrashim likewise vary mar-
kedly from the pattern established in M.-T. (= Mishnah-To-
sefta)" (338) sind für sich genommen eher selbstverständlich,
werden aber problematisch, sobald daraus Konsequenzen in
bezug auf die historische Relevanz des in den verschiedenen
(„früheren" und „späteren") Corpora verarbeiteten Materials
über Eliezer gezogen werden. Die Evaluierung und historische
Einordnung der Einzeltraditionen über einen rabbinischen Autor
wird wirklich zufriedenstellend erst möglich sein, wenn die
wichtigsten Texte der rabbinischen Literatur (nicht nur Mish
nah-Tosefta) einer umfassenden form- und vor allem redaktionskritischen
Analyse unterzogen sein werden. Der vom
Autor abschließend selbstkritisch zitierte Satz J. Lightstones
(Traditions of Yosc the Galilean in Mishnah-Tosefta, Missoula
1977) charakterisiert treffend den methodischen Standort jeder
biographisch-rabbinischen Arbeit: „Our highly selective batch
of data has been pushed to its limit; it has yielded interesting
and unequivocal results. But our findings also invitc inquicries
beyond the potential of our analysis ...".

Köln Peter Schäfer

Falk, Ze'ev W. i Introduction to Jewish Law of the Second Commonwealth
, 2. Leiden: Brill 1978. V, 146—169 S. gr. 8° =
Arbeiten zur Geschichte des antiken Judentums und des Urchristentums
, XI. Lw. hfl. 96.-.

Der erste Teil des vorliegenden Werkes, der bereits" 1972 erschien
, ist in ThLZ 99, 1974 Sp. 903—905, besprochen worden
(in Sp. 905, Z. 14 ist „rabbinische" zu lesen). Den zweiten Teil,
der in der Seitenzählung und der Zählung der Kapitel an den
ersten anschließt, hat der Vf. nach den gleichen Grundsätzen
wie diesen erarbeitet, d. h., er möchte zeigen, daß das gesetzliche
Material in der Zeit des zweiten Tempels den Erfordernissen
des öffentlichen Lebens kontinuierlich angepaßt wurde
und dabei eine entsprechende Interpretation und Neuformung
erfuhr. Im 6. Kap. (Crimes, 145—164) geht er auf den Bereich
des Strafrechts ein, wobei er außer den einschlägigen Verbrechen
und Strafen besonders das Problem von actus und mens
behandelt. Gegenstand des 7. Kap. (Torts, 165—183) sind Schadensfälle
und Schadensverursachung einschließlich Diebstahl.

Theologische Literaturzeitung 105. Jahrgang 1980 Nr. 3