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Ausgabe:

1980

Kategorie:

Religionswissenschaft

Titel/Untertitel:

Neuerscheinungen

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Beigegeben ist dem Buche ein Literaturverzeichnis (314—318)
und ein Anhang mit Bildern der klassischen Gestensprache und
3 Siva-Bildern. Sehr zu bedauern ist das Fehlen eines Index!

Druckfehler: S. 221 „adäquat"; 235: „empfohl"; 242: „Hei-
dengum"; 258: „Kust".

Halle (Saale) Arno Lehmann

Antes, Peter: Die Schiiten. Zur Geschichte einer Oppositionsbewegung
innerhalb des Islams (StZ 104, 1979 S. 445-456).
Arnaldez, Roger: Influence juives dans la pensee musulmane

(RSR 66, 1978 S. 569-584).
Biezais, Haralds: Vom Sinn der religionswissenschaftlichen

Forschung (ThPr 13, 1978 S. 159-163).
Dehergue, Joseph: Les tablettes dans le culte des ancetres en

Chine confueeenne (RSR 66, 1978 S. 201-214).
Dirschauer, Klaus: Der Islam — religiöse Tradition contra

moderne Entwicklung? (DtPfrBl 79, 1979 S. 199-201).
Flasche, Rainer: Neue Religionen als Forschungsgegenstand

der Religionswissenschaft (ZMiss 4, 1978 S. 164-173).
Keller, Carl-A.: Mystique chretienne et mystiques non-chretien-

nes (ThZ 34, 1978 S. 163-171).
Klaes, Norbert: Tod und Vollendung im Hinduismus und

Christentum (ThGl 68, 1978 S. 233-266).
Ritter, Werner: Gibt es religiöse Veranlagung? Auf der Suche

nach der Neubestimmung des „Apriori" (LM 17, 1978 S. 21

bis 24).

Scheffczyk, Leo: Theologie und moderne Wissenschaftstheorie

(MThZ 29, 1978 S. 160-188).
Terrin, Aldo Natale: Sulla metodologia della „scienza delle

religioni" (Teologia 3, 1978 S. 164-188).
Weil, Gerard E.: Saintes ecritures ou l'ecriture de l'alliance

(RSR 66, 1978 S. 585-616).

Altes Testament

Smend, Rudolf: Die Entstehung des Alten Testaments. Stuttgart
-Berlin-Köln-Mainz: Kohlhammer [1978]. 237 S. gr. 8°
= Theologische Wissenschaft, 1. Kart. DM 28,—.

Unter dem Titel „Die Entstehung des Alten Testaments" hat
der Göttinger Alttestame'ntler Rudolf Smend ein Einleitungswerk
vorgelegt, das in verschiedener Hinsicht höchst bemerkenswert
ist. In seiner gedrängten Kürze (237, z. T. engbedruckte
Seiten), seinem durchsichtigen Aufbau (5 Teile, gegliedert
in 50 Paragraphen) und seinem klaren und knappen
Stil (mit zahlreichen Abkürzungen und Verweisen) stellt es
ein Lehrbuch dar, das die Fülle des ins Unermeßliche angewachsenen
Stoffs einer Einleitung in das Alte Testament
aufgearbeitet und gebändigt zeigt und so zu präsentieren
weiß, daß der Studierende auf jeder Ebene sich informieren
kann. Zu jedem Paragraphen werden Literaturhinweise gegeben
. Die Darstellung ist vielfach unterbrochen durch kleingedruckte
Passagen, die der Diskussion von Problemen, Thesen
und Meinungen dienen, wodurch der Leser in die Aufgaben
und Fragestellungen der Forschung eingeführt wird,
zugleich auch in die Schwierigkeiten, die gerade auf diesem
Felde oftmals unüberwindlich groß erscheinen. Zifferngliederung
und Kursivdruck ebenso wie ein Bibelstellen- und Sachregister
erleichtern die Orientierung.

Anders als andere Einleitungen geht S. so vor, daß er als
Ausgangspunkt den Kanon des AT in seiner Letztgestalt nimmt
und von da aus Schritt für Schritt den Weg zurückverfolgt,
den das AT in seinen Teilen jeweils genommen hat. Seine
Perspektive und seine Methode sind nicht die der Literaturgeschichte
, die den Werdegang des Schrifttums von seinen
Anfängen her rekonstruiert und als Wachstumsprozeß beschreibt
, vielmehr die Schichtenanalyse, die nach Art und Vorbild
der archäologischen Forschung ein Stratum nach dem
andern zu fixieren sucht und sich von einer Textschichtung zur

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anderen, von der jüngeren zur älteren vortastet. „Dieses Verfahren
hat den Nachteil, daß gelegentlich nicht gleich deutlich
wird, wie sich die jeweils jüngeren Schichten auf die
älteren beziehen, sie auslegen, auch korrigieren. Dem steht
aber der Vorteil des festeren Ausgangspunktes gegenüber;
vom relativ Sicheren wird schrittweise zum, in der Regel
wenigstens. Unsichereren zurückgegangen" (11). Diese Darstellung
, die nicht im unklaren läßt, daß sie von einer gewissen
Skepsis oder zumindest Zurückhaltung gegenüber Positionen
begleitet ist, die sich den Zielen einer Gesamtdarstellung der
Enstehung des Alten Testaments näher zu sein oder zu kommen
glauben, prägt das Werk in seiner Anlage wie in seinen
Teilen, selbst da, wo man diese Art der Betrachtung nicht so
konsequent durchgeführt sehen kann, etwa in der Prophetie
(Teil D).

Das gewählte, mehr analytisch ausgerichtete Verfahren hat
zur Folge, daß der Leser nicht nur Schritt für Schritt in die
Entstehungsgeschichte hineingeführt wird, sondern auch —
ausgehend vom überkommenen Bestand der „hebräischen
Bibel" — immer vom größeren Ganzen zum Einzelnen, von
den überlieferten Buchkomplexen zu den litcrarkritisch heraus-
destillierbaren kleinsten Einheiten geführt wird, denen sich
die Forschung der letzten Jahrzehnte vorzugsweise gewidmet
hat. Auch der mit den methodisch-kritischen Prozeduren der
Fachwissenschaft weniger vertraute Leser kann so den Gang
der Forschungsarbeit einschen und nachvollziehen, während
der Wissende den methodischen Weg des atl. Proseminars
wiedererkennt.

S. beginnt mit einem ersten Teil, der über das AT als Ganzes
handelt: Die hebräische Bibel — Kanon, Text; die alten Übersetzungen
. Dann teilt er das AT der hebräisch-jüdischen Tradition
entsprechend in die vier großen Komplexe: das Gesetz,
die Früheren Propheten, die Späteren Propheten, die Schriften,
die er jeweils in ihre Entstehungsgeschichte hinein zurückverfolgt
. Auf diese Weise gelingt es, unter dem Titel „Das
Gesetz" sowohl die Forschungsgeschichte (I. Pentateuch und
Pentateuchkritik), die Redaktionsschichten (II. Die priesterliche
Schicht, III. Die deuteronomische Schicht), die „alten Literaturwerke
" (IV. Elohist, Jahwist, Bundesbuch) und die „vorlitera-
rische Überlieferung" (V. Erzählungszyklen, Grundformen der
Überlieferung) unter einem Gesichtspunkt einheitlich darzustellen
(33—109). Gleiches gilt für die übrigen Komplexe mit dem
auf den ersten Blick vielleicht befremdlichen Ergebnis, daß
die „Bücher" Josua, Richter, Samuel, Könige nicht mehr eigens
behandelt werden, vielmehr einesteils unter dem „deuterono-
mistischen Geschichtswerk" (Redaktion) rangieren, andernteils
in die „ältere Überlieferung" eingeordnet sind.

Der Darstellung entspricht natürlich eine besondere Sicht
und Gewichtung der Forschungsmethoden. Die klassische Li-
terarkritik erhält, weniger als Instrument der Quellenscheidung
, vielmehr der Schichtenanalyse und Redaktionskritik,
einen (ihren) beherrschenden Platz (wieder). Und hier zeigt
sich ein anderer charakteristischer Zug dieser Einleitung: Die
Forschungsgeschichte und ihre Resultate, vorab die des 19. Jh.,
werden in die Darstellung eingebracht. Das zeitigt nicht nur
einen Gewinn an historischer Dimension, in der neuere Forschungsergebnisse
gelegentlich ein bescheidenes Format annehmen
; auch innere Kontinuitätslinien werden aufgedeckt,
die manche Erkenntnis erst sinnvoll erscheinen lassen. S. ist
dem großen Wellhausen verpflichtet. Das wird immer wieder
spürbar (z. B. bei der Besprechung des Heiligkeitsgesetzes).
Aber er ist auch Martin Noth verpflichtet, dessen Andenken
das Werk gewidmet ist. Beide, so rechtfertigt er die größere
Breite seiner Darstellung, „standen bei seiner Arbeit, die ein
kurzes Lehrbuch ergeben sollte, fortwährend leise drohend
... vor Augen, die beide wohl wußten, warum sie keine
Freunde von allzu kurzen Einleitungen in das AT waren" (11).
Ihre Patenschaft ist dem Werk anzumerken.

In einem Punkt der Darstellung scheint allerdings der ältere
das Heft in die Hand genommen zu haben. Sei es, daß der
Schatten Wellhausens sich allzu drohend zeigte, sei es, daß der

Theologische Literaturzeitung 105. Jahrgang 1980 Nr. 3