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Ausgabe:

1979

Spalte:

153-155

Kategorie:

Referate und Mitteilungen über theologische Dissertationen und Habilitationen in Maschinenschrift

Autor/Hrsg.:

Strohmaier-Wiederanders, Gerlinde

Titel/Untertitel:

Die Kirchenbauten Karl Friedrich Schinkels 1979

Rezensent:

Strohmaier-Wiederanders, Gerlinde

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Theologische Literaturzeitung 104. Jahrgang 1979 Nr. 2

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fahren, Medien, Leistungsbeurteilung. Dabei geht F. von der
elementaren Voraussetzung aus: „Ausgangspunkt der didaktischen
Entscheidungen ist nicht der „Stoff", der behandelt,
oder ein „Grundwissen", das angeeignet werden soll, sondern
der Lernprozeß, der durch die Lernangebote des Unterrichts
herausgefordert wird" (S. 84). Das hat differenzierte Lernziel-
angaben zur Folge, die sich an der konkreten Situation des
Lernenden zu orientieren haben. In diesem Zusammenhang
werden Problemorientierter Unterricht als ein „nicht mehr weg-
Eudenkendes Lehren und Lernen" und ßibelunterricht (horme-
neutisches Interesse!) unterschieden, jedoch nicht generell geschieden
. Besonders der Anfänger erhält in den folgenden Abschnitten
praktikable summarische Hinweise über den Umgang
mit Medien, Arbeitsverfahren (wobei soziales und schülerbetontes
kreatives Lernen besonders herausgestellt werden) und
Unlerriclitsvorbereilung. Der Abschnitt „Leistungsbeurteilung"
zeigt Schwierigkeiten des schulintegrierten BRD-Religionsunterrichtes
deutlich: Einerseils hält F. die „Abschaffung der Reli-
gionsnote" für keine Lösung (S. 156), andererseits weiß er, daß
sich „gerade die menschlich und religiös bedeutsamsten Lernergebnisse
" (S. 158) überwiegend der Messung entziehen. Man
versteht, wenn F. die Kirchen vor einer Überschätzung des
schulischen Religionsunterrichtes warnt und ihnen Mut macht,
entsprechende eigene Praxisfelder auszubauen (6).

Erst in den letzten beiden Kapiteln treten „Der Religionsunterricht
" (7) und „Die religionspädagogischen Praxisfelder der
Kirche" (8) in der Darstellung F.s auseinander. Die kirchliche

rp Praxis wird an den Stich Worten Familienerziehung, Kindergarten
, Kindergottesdienst, Konfirmanden-, Jugendarbeit, Erwachsenenbildung
verdeutlicht und die Einheit dieser Praxisfelder
betont, die durch „Kirche als sozialer Bezugsgruppe"
(S. 231) gegeben ist. Die Verschiedenheit von schulischer und
kirchlicher rp Arbeit sieht F. in der verschiedenartigen institutionellen
Ausgangslage mit ihren je besonderen didaktisch-
methodischen Möglichkeilen (z. B. soziales, handlungsorientier-
tes Lernen schulisch weniger möglich als kirchlich).

F. will in diesem Buch nicht mit Fachkollegen diskutieren,
sondern vorrangig Anfängern helfen, in BRD-Schule und Kirche
rp Aufgaben engagiert wahrzunehmen und ihnen dazu Erstinformationen
vermitteln. Niehl zuletzt durch die weithin gelungene
Vereinfachungsqualität dürfte das Buch dieses leisten
— in der Hoffnung, daß die im Literaturverzeichnis aufgeführten
(BRD-) Titel (Nipkows „Grundfragen der Religionspädago-
gik" konnten noch nicht berücksichtigt werden) zur Weiter-
arbeit anregen. Auch dann, wenn man fragen kann, ob trotz
Kapitel 2 „Kirche und Schule" als „Ganzheit" (vor Kapitel 7)
wirklich überall durchgehalten wurden (neben dem Leitbegriff
„Unterricht" begegnet für entsprechendes kirchliches Handeln
nur wenige Male „freie rp Arbeit") und man die häufig betonte
„Ausgangslage" des Lernenden gesellschaftlich/kirchlich
intensiver reflektieren müßte, nimmt man auch in einer vom
Verfasser verschiedenen Situation mit Dank zur Kenntnis, daß
hier in RP u. a. betont kircheninteressiert eingeführt wird.
Dresden Roland Degen

Referate über theologische Dissertationen in Maschinenschrift

Wiederanders, Gerlinde; Die Kirchenbauten Karl Friedrich
Schinkels in Berlin und der Mark Braidenburg im Zusammenhang
mit frömmigkeitsgeschichtlichen Tendenzen in der
i, Hälfte des 19. Jahrhunderts. Diss. B, Berlin 1977. 169 S.

Der Kirchenbau Karl Friedrich Schinkels hat allgemein im
Schatten seiner klassizistischen Meisterwerke gestanden und dies,
obwohl er als der eigentliche Begründer eines spezifisch märkischen
Kirchenbaus anzusehen ist. Deshalb erschien eine Beschäftigung
mit diesem Thema als angebracht. Dazu kommt,
daß Theologie und Frömmigkeit des 19. Jh., deren Auswirkungen
im kirchlichen Leben des 20. Jh. durchaus noch anzutreffen
sind, immer wieder eine Untersuchung wert sind. Aus beiden
Vorüberlegungen ergab sich sowohl Kombination wie Begrenzung
des Themas: Schinkels Kirchen in Berlin und der Mark
Brandenburg im frömmigkeitsgeschichtlichen und liturgischen

Kontext

Schinkels Kirchenbau ist stilistisch gekennzeichnet durch die
Aufnahme historischer Stilelemente aus Antike und Mittelalter.
Das heißt, daß dieser Kirchenbau Uu nstgoschichtlich in die
Epoche von Romantik und Klassizismus eingeordnet werden
muß. Bei der Wahl seiner Stilelemente verfolgte Schinkel eine
bestimmte Bauabsicht: Die Kirchen sollen Symbollräger einer
Idee sein, bzw. — mit Schinkels Worten — „das Wesen des
Christentums" ausdrttcken. Dahinter siebt, eine deutliche Abkehr
von den bis dahin verbreiteten rationalistischen Anschauungen
, die das Kirchengebäude ausschließlich von seinem
Zweck (Hörsaal) gestalten wollten. Schinkel dagegen tendiert
zu dem sakralen Raum, was durch die religiöse Begeisterung
der frührom.intischcn Jahre bestimmt wurde. Denn in seinen
Jugendjahren wurde Schinkel zunächst von der literarischen
Romantik beeinflußt. Vor allem die neue Bewertung der mittelalterlichen
Kunst (vgl. Philipp Wackenroders „Herzenscrgie-
ßungen eines kunslliebenden Klosterbruders") und die Idee

des Unbedingten und Sentimentalen (formuliert durch die beiden
Schlegel) sind für ihn von Bedeutung. Schinkels späteres
Ideal einer stilkiinstlrrischcn Synthese von Klassizismus und
Romantik hat seinen lirsprung in den Vorstellungen seines
Lehrers Friedrich Gilly von einem „revolutionären Klassizismus
". Zeitweilig hat sich Schinkel auch mit Fichtes Arbeiten
beschäftigt. Nach der preußischen Niederlage von 1806 und den
napoleonischen Eroberungen fühlte sich Schinkel zu den Kreisen
der Romantiker in Berlin hingezogen, vor allem zu Achim
von Arnim und Clemens Brentano. Außerdem beginnt er
Schleiermachers Arbeiten kennenzulernen. Gerade der Religions-
begriff, den Schlciermncher in den „Pieden" formuliert hat, wird
für Schinkels Kirchenbauten bedeutsam (Religion als „Sinn und
Geschmack des Unendlichen", als „Anschauung und Gefühl").
Sowohl die Entwürfe für die Berliner St. Petri-Kirche als auch
für die Spittelmarklkirche sind für eine so verstandene Religio-
silät entworfen, die unter der jungen Generation verbreitet war.

Bevor Schinkel für die Petri-Kirche arbeitete, entwarf er ein
Mausoleum für die 1810 verstorbene Königin Luise, zu welchem
er ein Begleitschreiben verfaßte, das seine künstlerische Konzeption
für die Anfangszeit darlegt: „... Die wahre Baukunst
ging gleich von der Idee aus . . . Jetzt (im Mittelalter) war der
Geist völlig Sieger über die Masse oder Materie. Das Christentum
zieht den Menschen aus der Welt ab, um ihn innerlich zu
vollenden . . . Die Kunst des Mittelalters . .. , ausgehend von
dem Vorsatz, eine unmittelbar geistige Idee darzustellen, war
also von Anfang an höher im Prinzip als das Altertum ... So
waren die (einen aufstrebenden Linien, Türme und Kirchen als
Verzierung nicht zu betrachten, sondern als für den Ausdruck
der Idee, notwendige Stücke . .."

Schinkels wichtigster Entwurf der Anfangszeit war — wie
gesagt — der für die St. Pelri-Kirche in Berlin. Hier versucht
er, die Synthese antiker und mittelalterlicher Formen zu schaffen
. Die Stilsynthese ist für ihn wichtigstes architektonisches
Prinzip. Er lehnt eine Kopie des Mittelalters ab und fordert
statt dessen eine schöpferische Anwendung der historisch entwickelten
Stile. Damit versucht er eine für seine Epoche charakteristische
Bauform evangelischer Kirchen darzulegen, die vom
„tiefen Ernst" eines Kirchengebäudes ausgeht, und die den Besucher
einstimmt auf eine gefiihlsbezogcne Sakraliläl. Dahinter
steht eine Religiosität, die bestimmt ist von Schleiermachers
Formulierung, Religion sei „Anschauung und Gefühl". Schinkel
will einen Sakralbau gestalten, der durch Säulenstellungeu,
Fensterordnungen, A Itargestaltung und farbiges Licht der