Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1979

Spalte:

142-145

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Ziegenaus, Anton

Titel/Untertitel:

Umkehr, Versöhnung, Friede 1979

Rezensent:

Peters, Albrecht

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2, Seite 3

Download Scan:

PDF

141

Zusammenhang dann auch die Ehelosigkeit theologisch eingeordnet
: „Die beiden christlichen Lebensformen (sc. Ehelosigkeit
und Ehe) müssen also aus ihrer gegenseitigen Zuordnung
begriffen werden. Beide stehen und fallen miteinander" (S. 54).
— Dann geht es um die „Einheit und Unauflöslichkeit der
Ehe" (III. S. 55—84). Ausführlich versucht Vf. die Unauflösbarkeit
der Ehe, die auf der Bundestreue Gottes basiert und in
Jesus zu Wort gekommen ist, ungesetzlich zu begründen. Auslegungsvariationen
dieses Grundsatzes in Schrift und Tradition
schildert Vf. besonders aus katholischem Bückwinkel. Als pasto-
rale Probleme werden dann die Spannung zwischen der Lehre
von der Unauflöslichkeit der jeweiligen Ehe und ihrer konkreten
Notsituation im Einzelfall, aber auch die Möglichkeit
einer bürgerlichen Zweitehe berührt. Das Ehesakrament ist
zwar nur einmal zu spenden, doch kann es unter bestimmten
Bußvoraussetzungen zu einer kirchlich tolerierten Zivilehe und
zur Wiederzulassung zur Eucharisliegemeinschaft kommen. —
Der Abschnitt „Die christliche Ehe in der modernen Gesellschaft
" (IV. S. 84—95) geht auf das Verhältnis von kirchlicher
Trauung und Ziviltrauung ein und wertet letztere positiv. Weil
die Ehe ein Sakrament des Glaubens darstellt, ergeben sich
als pastorale Konsequenzen negativ Forderungen nach einem
Trauaufschub, positiv nach einer Intensivierung der Ehepastoral
als wirksamer Hilfe für christliche Eheleute zum Leben mit Gott.

Das Bucli bietet eine Fülle von grundsätzlichen und seel-
sorgerliclien Anregungen, die wrir im evangelischen Raum aufnehmen
und bedenken sollten. Gegenüber einer rein säkular
ethischen Schau der Übe, zu der viele evangelische Theologen
neigen, wird deutlich, wie sie auch einer theologischen Auslegung
bedarf. — Für katholische Augen liegt das Bemühen vor,
zwischen progressiven und konservativen Überlegungen zu vermitteln
. Dabei werden die Konturen der Tradition freilich nicht
immer behutsam genug gezeichnet. Zum Beispiel wird die
manichäische Tendenz der christlichen Ehelraditionen unterbelichtet
, und der für die katholische Theologie bedeutsame Naturbegriff
verliert unter den harmonisierenden Bemühungen des
Vf. an Eindeutigkeil (vgl. S. 14, 20, 22, 23, 30, 44). Das Verhältnis
on Ehe und Familie kommt unter historischem und pastora-
1cm Aspekt nur wenig zu Wort. Aber gerade hier wäre wohl
die Spannung zwischen des Vf. Meinung und der Tradition besonders
zutage getreten. — Daß er als katholischer Theologe
spricht, wird an seiner sakramental bestimmten Eheauffassung
wie auch an seinem sehr stark auf die Heiligung bezogenen
Sakramentsbegriff deutlich. Daß es eine Vergebung ohne Bedingung
im Zusammenhang von Ehevcrfchlungen geben darf
und muß, kommt so gut wie gar nicht vor. — Eine Auseinandersetzung
mit heutigen evangelischen Ehetheologen unterläßt
Vf. und setzt sich nur kurz mit M. Luther auseinander.
Mit Recht weist er darauf hin, daß es in der Ehelehre „um
das Ganze der katholisch-protestantischen Kontroverse, um einen
speziellen Aspekt der Unterschiede in der Lehre von der Rechtfertigung
des Menschen durch Gott" geht (S. 43). Diese These
■wird nicht näher entfaltet, dürfte jedoch zu Recht gelten. Indem
Vf. die Ehe zum Sakrament erhebt, ist er eigentlich nicht mehr
in der Lage, die Sakramentalitäl der ganzen Welt und ihrer
Phänomene auszuschließen (vgl. S. 38, 40). Dagegen ist festzuhalten
, daß Ehe und Welt wohl der Ort einer recht verstandenen
Heiligung sind; aber sie werden nicht zur Vergegenwärtigung
dos Heiles in letzter Identität, wo die Gnade die
Natur vollendet. An dieser Stelle bleibt eine letzte Differenz,
die das „Wort" offenhält. Aber von daher verstehen wir zustimmend
einen der letzten Sätze der Schrift (S. 95): „Die
christlich gelebte Ehe ist eine Konkretisierung des christlichen
Lebens aus dem Glauben, der in der Liebe wirksam wird
(Gal. 5,6)"

Berlin Friedrich Winter

Bleistein, Roman: Der Christ und das Spiel (StZ 103, 1973
S. 108-116).

Dirschauer, Klaus: Die Religion der Menschenrechte. Kritische
Anmerkungen zu theologischen Legitimationsversuchen (Dt-
PfrBl 78, 1978 S. 195-200; 234-238).

142

Gewissensbildung (Themenheft Concilium 13, 1977 Heft 12)
Böckle, Franz, Pohier, Jacques: Hat die christliche Gewissensbildung
etwas unterscheidend Christliches? (S. 615—617)
Vergote, Antoon: Gott unser Vater (S. 618—623)
Rigali, Norbert: Christus und die sittlichen Normen (S.
624-629)

Camelot, Pierre-Thomas: Gott: Ein Geist, der Leben macht
(S. 629-633)

Murphy, Roland: Die Bildung des sittlichen Gewissens nach

dem Alten Testament (S. 634—638)
Juroi, Helmut: Gewissensbildung und Ethik. Methodologische

Anmerkungen (S. 638—64S)
Auer, Alfons: Das Christentum vor dem Dilemma: Freiheit zur

Autonomie oder Freiheit zum Gehorsam (S. 643—647)
Lavalette, Henri de: Persönliche Entfaltung und Aufbau der

Welt (S. G48-651)
Pohier, Jacques: Auf dem Berg predigen oder mit Huren

speisen? (S. 652-656)
Neumann, Johannes: Rechte und Pflichten der kirchlichen

Gesellschaft (S. 657-664)
Benzo, Miguel: Die sittliche Bildung in Spanien zwischen

1939 und 1975 (S. 664-669)
Ryan, Kevin: Sittliche Bildung: Die amerikanische Szene

(S. 669-676)

Kerber, Walter: Verallgemeinerung in der Ethik (ThPh 53, 1978
S. 65-69).

Oppenheimer, Helen: The Character of Christian Ethics. London
: University of London. The Athlone Press 1978. 28 S.
8°. 75p.

Pust, Hans-Georg: Wanderschaft — Sehnsucht — Sinn. Theologische
Aspekte der Freizeit (DtPfrBl 78, 1978 S. 103-105).

Wiedemann, Hans-Georg: Angenommene (Homo) Sexualität
(DtPfrBl 78, 1978 S. 135-138).

Praktische Theologie: Allgemeines

Zicgcnaus, Anton: Umkehr, Versölinung, Friede. Zu einer theologisch
verantworteten Praxis von Bußgottesdienst und
Beichte. Freiburg-Basel-Wien: Herder [1975]. 324 S. gr. 8°.
Kart. DM 35,-.

Diese von der Katholisch-Theologischen Fakultät in München
angenommene Habilitationsschrift will die Vorschläge zur Reform
des Bußvollzuges in den weiten Kontext bibelwissenschaftlicher
Einsichten, dogmengeschichtlicher Forschungen und
sakramentstheologischer Erkenntnisse hineinstellen, um hierdurch
den theologischen Sinn wie die praktische Bedeutung einzelner
Bußformen präziser bestimmen zu können.

In einem ersten Teil skizziert der Vf. den geschichtlichen
Wandel des Bußsakramentes (S. 11—163). Zunächst werden
einige Grundzüge der altkirchlichen Exkommunikationsbuße
(S. 12—72) anhand des Hirten des Hermas, von Tertullian,
Cyprian, Origenes und der Didaskalia entwickelt, die Kirche
als Medium des Christusheils beschrieben, die frühe Unsicherheit
in der Abgrenzung der Todsünden markiert, die faktische
Dreigliedrigkcit im Bußvollzug, reale, liturgische Exkommunikation
wie Rekonziliation, aufgewiesen, Gleichheit wie Unterschiede
zwischen Taufe und Buße als den beiden Planken des
Kreuzesholzes fixiert, die Vertiefung im Bußverständnis durch
Augustin gewürdigt, die umstrittene Frage nach dem Träger der
Vergebungsvollmacht gestellt und schließlich die zunehmende
Konvergenz zwischen pneumatischer und sakramentaler Legitimation
erhoben. Erst durch Augustin wird auch hier ein mehr
charismatisch-pneumatisches Kirchenverständnis mit einer primär
inkarnatorisch-sakramentalen Schau derart verwoben, daß
dir. Wiederaussöhnung mit der Kirche sowie die sakramentale
Wiedereingliederung in diese das Christusheil und die Gottesgnade
zeichenhaft vermitteln.

In einem zweiten Gedankenkreis wird das neutestamentliche
Fundament der altkirchlichen Exkommunikationsbuße (S. 72
bis 91) zunächst mit Hilfe der frühchristlichen, sodann anhand
der gegenwärtigen Exegese enthüllt, wobei freilich nicht voll erkennbar
wird, inwiefern das Christusgeschehen die synagogale
Bannpraxis aufgebrochen und verwandelt hat, oder ob die
Kirche faktisch lediglich die jüdische Praxis fortgeschrieben hat.

Theologische Literaturzeitung 104. Jahrgang 1979 Nr. 2