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Ausgabe:

1979

Kategorie:

Dogmen- und Theologiegeschichte

Titel/Untertitel:

Neuerscheinungen

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129

Apg-Forschung skizzenhaft zu umreißen und forschungsge-
scliiclnlich Grenzen und Hecht der Berufung auf Ovh darzulegen.

Der Vf. lenkt abschließend auf das Eingangskapitel zurück:
auf den hermeneutischen Ansatz Ovb's mit seiner rein historischen
Betrachtungsweise, die für den Basier' durch die von
ihm vollzogene „Destruktion des ncutestaraentlichen Kanons"
und der ihr inhärenten „Auflösung der neutestamentlichen Theologie
in Dogmengeschichte" letztlich die „Distanz gegenüber
dem NT als ganzem" signalisiert (E., S. 197. 200). Damit ist
auch anhand der Apg-Auslegung auf das eigentliche Lebens-
problem des „agnostischen Skeptiker(s)" und Historikers Overbeck
hingewiesen12.

Rund 90 Seiten Anmerkungen zeigen, daß der Vf. durchgehend
aus den Quellen gearbeitet hat, ein reichhaltiges Literaturverzeichnis
beschließt die Untersuchung (leider fehlt ein
Personen Verzeichnis).

Der Vf. bietet anhand einer Spezialfrage nicht nur wesentliche
Einblicke in den ntl. Ertrag der Overbeck-Forschung, sondern
!|uch in die forschungsgeschichtlich relevante Situation im letzten
Drittel des 19. Jh. Aber seine Dissertation zeigt auch, daß es
nur je und dann einmal exemplarisch möglich sein wird, ein
forschungsgesehichlliches Spezialthema in der Breite aufzuarbeiten
wie es im vorliegenden Fall — überzeugend in kritischer
Darstellung und Wertung, gewinnbringend und zu weiteren
Untersuchungen anregend — geschehen ist.

Erlangen Otto Merk

1 vgl. z. B. A. Pfeiffer, Franz Overbocks Kritik des Christentums,
SThGG, Bd. 15, 1975, S. 9-25; R. Wehrli, Alter und Tod des Christentums
bei Franz Overbeck, 1977, S. 14-6'.. 259-263; J. Wilson, Gott,
Mensch und Welt bei Franz Overbeck, 1977 (passim).

2 Overbeckiana. Übersicht über den Franz-Overbeck-Nachlaß der Universitätsbibliothek
Basel. I. Teil. Die Korrespondenz Franz Overbecks.
Verzeichnisse, Regesten und texte. Hrsg. in Zusammenarbeit mit M.
Gabathuler von E. Staehelin, Studien zur Geschichte der Wissenschaften
in Basel XII, 1962. — Ovcrbeekiana. Übersicht über den Franz-Overbeck-
Nachlaß der Universitätsbibliothek Basel. II. Teil. Der wissenschaftliche
Nachlaß Franz Overbecks. Beschrieben von M. Tetz, Studien zur Geschichte
der Wissenschaften in Basel XIII, 1962.

? in: Ph. Vielhauer, Aufsätze zum Neuen Testament, ThB 31, 1965,
S. 235—252 (ursprgl. 1950/51); vgl. der?., Zum „Paulinismus der Apostelgeschichte
", ebdt., S. 9—27 (ursprgl. 1950/51); ders., Art. Overbeck I.,
Franz Camilla, in; RGG3, Bd. IV, 1960, Sp. 1750-1752; ders., Geschichte
der urchristlichen Literatur. Einleitung in das Neue Testament, die Apokryphen
und die Apostolischen Väter, 1975 (passim).

' vgL W. G. KQmincI, Das Neue Testament. Geschichte der Erforschung
•einer Probleme, OA 111/3, (1958) '1970, S. 250-258.

5 Diss. Graduate School of Vanderbilt University, 1959, bes. S. 169 u. 5.

* vgl. M. Tetz, über Formengeschichte in der Kirchengeschichte, ThZ 17,
1961, S. 413-431; der»., Altchristliche Literaturgeschichte-Patrologie, ThR,
N. F. 32, 1967, S. lff (passim).

7 Nicht mehr berücksichtigen konnte der Vf. (vgl. Vorwort): W. Gasque,
A History of the Criticism of the Acts of the Apostles, Beiträge zur Geschichte
der Biblischen Exegese 17, 1975, S. 80-86. Zur Sachfrage vgl.
auch A. Pfoitfer (s. Anm. 1), S. 172f.; R. Wehrli (s. Anm. 1), S. 103ff.

vgl. O. Merk, Biblische Theologie des Neuen Testaments in ihrer
Anfangszeit. Ihre methodischen Probleme bei Johann Philipp Gabler und
Georg Lorenz Bauer und deren Nachwirkungen, MarbThSt 9, 1972, S. 199ff.
226ff (passim); W. G. Kümmel, Zur Einführung, in: F. C. Baur, Vorlesungen
über neutestamentliche Theologie, Hrsg. v. F. F. Baur. Mit
«hier Einführung zum Neudruck von W. G. Kümmel, 1973, S. XVIII.
Zum Ratioualismus bei Overbeck vgl. auch A. Pfeiffer ('s. Anm. 1), S. 108f.

9 Die Tübinger und die Wegbereiter der Zwei-Quellen-Theorie werden
herangezogen. Bei Bruno Bauer wird vornehmlich auf seine synoptiseheu-
bzw. Evangelicnuntersuchungcn Bezug genommen.

,0 vgl. auch den Brief Overbecks an A. Hilgenfeld vom 5. 8. 1870, in:
H. M. Poelcher (ed.), Overbeckiana, ZRGG 6, 1954, S. (49-64), S. 54:
n. . . noch einmal den Justin durchgelesen auf Beine Verwandtschaft mit
der AG. Ich finde sie im Ganzen und im Detail viel größer als es mir
bisher klar war und ich namentlich in meinem Commentar ausgesprochen,
und denke die Frage in einem besonderen Aufsatz zu behandeln".

" vgl. auch Overbecks Brief an A. Hilgenfeld vom 17. 11. 1870, In:
H. M. Poelcher (s. Anm. 10), S. 55ff und Emmelius, S. 130ff.

12 vgl. im weiteren Sinne z. B. M. Tetz, Adolf Jülichers Briefwechsel
mit Franz Overbeck, ZKG, 4. F. XIV (= LXXVI. Bd.), 1965, S. 307«
(bes. die Briefe S. 318ff; zu Ovb's Apg-Kommentar siehe auch die Bemerkung
Jülichers in seinem Brief vom 24. 1. 1882 [aaO, S. 309]); W.
0. Kümmel, Adolf Jülicher (1857—1938). Theologe, Neutestamentier und
Kirchenhistoriker, in: Marburger Gelehrte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts
, hrsg. v. I. Schnack, (= VHKHW 35,1), S. 240ff (bes. S. 250).

Baumeister, Theofried: Gollesglaube und Staatsauffassung —
ihre Interdependenz bei Celsus und Origenes (ThPh 53, 1978
S. 1G1-178).

Biunner, Peter: Luthers Sermon von der Bereitung zum Sterben
ausgelegt in einer textnahen Paraphrase mit einigen Erläuterungen
(ZW 49, 1978 S. 214-228).

130

Eckermann, Willigis: Die Aristoteleskritik Luthers. Ihre Bedeutung
für seine Theologie (Cath 32, 1978 S. 114-130).

Hanssens, Patrick: Die Dialektik von der Vertiefung der Begierde
als Dynamik des Glaubens. Eine Annalyse von Kierkegaards
Theologie (NZSTh 20, 1978 S. 91-112).

Kern, Walter: Hunderl Jahre Theologie. Zum Jubiläum der
Irinsbrucker „Zeitschrift für Katholische Theologie" (StZ 103,
1978 S. 651-664).

Kiss, Igor: Fünf Formen der Zwei-Reiche-Lehre Luthers (ZdZ
1978 S. 1-16).

Schmölze, Gerhard: Urwelt und Sage vom Standpunkt der

Erlösten. Zum 100. Geb. von Edgar Dacque (1878-1945)

(DtPfrBl 78, 1978 S. 584-586).
Schwab, Wolfgang: Luthers Ringen um das Sakrament (Cath 32,

1978 S. 93-113).
Seckler, Max: Johann Sebastian Drey und die Theologie

(ThQ 158, 1978 S. 92-109).
Turrado, Argimiro: Que pensar de la renovaeiön de la vida

religiosa? (RAE 19, 1978 S. 9-33).
Vogt, Hermann J.: Ignatius von Antiochien über den Bischof

und seine Gemeinde (ThQ 158, 1978 S. 15-27).
Wallace, Dewey D.: Puritan and anglican: the Interpretation

of Christ's descent into hell in Elizabethen theology (ARG 69,

1978 S. 248-287).

Philosophie, Religionsphilosophie

Renz, Horst: Geschichtsgedanke und Christusfrage. Zur Christusanschauung
Kants und deren Fortbildung durch Hegel im
Hinblick auf die allgemeine Funktion neuzeitlicher Theologie.
Göltingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1977. 93 S. gr. 8° =
Studien zur Theologie und Geistesgeschichte des 19. Jahrhunderls
, 29. Kart. DM 20,-.

Das schmale, mit großer Sorgfalt formulierte und durch ein
hohes Reflexionsniveau überaus anspruchsvolle Buch studiert
an Kant und Hegel die faszinierende Frage: was ist eigentlich
notwendig zu denken, um die Christusgestalt zu begreifen?
Unter welchen prinzipiellen Bedingungen kann sie allererst angemessen
verstanden werden? Es zeigt sich, daß die Entgrenzung
der Frage nach Christus gerade der Bestimmtheit ihrer
Antwort dient, indem nur in größtmöglicher Allgemeinheit dessen
konkrete, d. h. Wirklichkeit umfasscnd-erschließende Besonderheit
sichtbar wird.

Bei der Durchführung sind drei Gesichtspunkte leitend:
einmal, die Kontinuität der neueren Geistesgeschichte aus der
koMtruktlven Zuwendung zur deutschen idealistischen Philosophie
im Interesse der Selbstauslegung gegenwärtiger Wirklichkeitserfahrung
verstehbar zu machen; sodann, die das 19. und
dieses Jahrhundert kennzeichnende Arbeit an der Jesusfrage
(Offenbarung und Geschichte) als spezifischen Beitrag der Theologie
zu jener Problematik zu entschlüsseln; schließlich, Kants
Rcligionssclirift und dem Werk Hegels (besonders Jugendschi
iften und Phänomenologie), verstanden als prinzipielle Konzeption
und erste Ausarbeitung, in diesem Problemgefüge eine
Schlüsselfunktion zuzuweisen: sie initiieren diesen neuzeitlichen
Prozeß, arbeiten ihn modellhaft bereits aus und bestimmen alle
seine nachfolgenden Artikulationen.

Kants Religionsschiifl wird nicht als wie immer problematische
Auslegung des biblisch-christlichen Lehrbestandes, sondern
als seine genuine Konstruktion unter den Bedingungen
produktiver Vernunft gelesen. Sie ist epochales Modell der sich
gegenständlich werdenden Vernunft. An der auf Allgemeinheit
hin durchsichtig gemachten besonderen Religion wird der Theo-
riecharakter von Wirklichkeit Überhaupt erkennbar. Gerade
Kants Auffassung von Religion als Healisieiungsbedingung moralischer
Freiheit vindiziert ihr den Status allgemeiner Wirk«
liciikeitstheorie.

Sich als gegeben zu erfahren im Prozeß gelingender Konstruktion
von Wirklichkeit, ist Selbslerweis der Freiheit. Dies verschlüsselt
sich in der Vorstellung Jesu als Ideal der Vernunft,
und zwar wie für Kant, so gleichermaßen für Hegel. Dessen
„Leben Jesu" versucht eine eiste konkrete Realisierung der abstrakten
kantischen Prinzipien für den Umgang mit Geschichte,

Theologische Literaturzeilung 104. Jahrgang 1979 Nr. 2