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Ausgabe:

1979

Spalte:

115-118

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Pöhlmann, Horst Georg

Titel/Untertitel:

Wer war Jesus von Nazareth? 1979

Rezensent:

Trilling, Wolfgang

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bestätige Kap. 13 als „plausible Ausnahme" „den konservativ-
sparsamen Charakter" der übrigen Redaktion (23). Wirklich?
Ein glaubwürdiges Bild der markinischen Redaktionstätigkeit
müßte doch einheitlicher sein: wenn nicht konservativ-sparsam
in Kap. 13 (in dessen Analyse man weithin P.t Ausführungen
in „Naherwartungen" folgen darf), dann doch etwas freier
auch sonst.

Auf eine Besprechung weiterer Einzelzüge (z. B. einiger
christologischer Interpretationen wie die der Taufszene) muß
verzichtet werden, zumal einige Begründungen erst im II. Band1
zu finden sein werden. Dem Vf. gebührt Dank für ein solides,
wertvolles Material und kluge Beobachtungen bietendes Werk,
das für die Evangelienforschung unentbehrlich sein wird.

Corrigonda (von geringeren Druckfehlern abgesehen): Lies S. XX
Z. 20: Marcus-Evangelisten; 31 Z. 7 v. u.: Dungan; 43 Z. 12 r. u.: 1975;
74 Z. 11 v. u.: egeneto Ioannes o baptizon; 78 Z. 18 v. u.: Ex 23,20;
79 Z. 2 v. u. und 162 Z. 14 v. u.: Hartman; 84 Z. G: Mk 1,7; 84 Z.
15 Mt 3,8f; 136 Z. 4 v. u. und 162 Z. 20 v. u.: Simonsen; 300 Z. 1:
arkhisynagogon; 336 Z. 8 v. u.: concerned him; 432 Z. 18: m a I k a ;
403 Z. 2: Tob 13,13. S. 79 Z. 21 streiche ton; 313 Z. 25 fehlt e). Weshalb
die hebräischen und aramäischen Wörter bald trauSBkribiert, bald vokali-
siert und bald unvokalisiert sind, ist nicht einzusehen.

Helsinki Heikki Räisänen

1 Dieser wurde inzwischen vom Verlag ausgeliefert: Pesch. Rudolf: Das
Markusevangelium. 11: Kommentar zu Kap. 8,27—16,20. Freiburg—Basel
—Wien: Herder 1977. XVI, 576 S. gr. 8° = Herders theologischer Kommentar
zum Neuen Testament, II, 2. Lw. DM 120,—.

Marxsen, Willi: Die Sache Jesu gehl weiter. Gütersloh: Gütersloher
Verlagshaus Gerd Mohn. [o. J.] 130 S. 8° = Gütersloher
Taschenbücher, 112. DM 9.80.
Pöhlmann, Horst Georg: Wer war Jesus von Nazareth? Gütersloh
: Gütersloher Verlagshaus Gerd Mohn [1976]. 136 S. m.
1 Abb. 8° = Gütersloher Taschenbücher, 109. DM 9,80.
Der für einen weiten Leserkreis zusammengestellte Band enthält
acht Beiträge von W. Marxsen, von denen fünf bisher
noch nicht veröffentlicht waren. Seine literarische Einheitlichkeit
ergibt sich daraus, daß es sich durchweg um Vorträge handelt,
seine thematische Konzentration ist durch den Titel des Buches
angezeigt. Das schmale Bändchen ist eine gute Ergänzung zu
umfangreicheren früheren Schriften des Autors. Wie dort begegnen
auch hier ein charakteristischer „Stil" eines ganz der Sache
zugewandten Theologisierens, logische Stringenz beim Anbohren
theologischer Kernfragen, zupackende Redeweise, Anregung
und Anstöße vermittelnde Wirkung. Begleitend ergibt sich für
den Leser öfter die Frage, was Theologie im Grunde sei und
was sie methodisch zu leisten vermöchte, d. h. auch die Frage,
ob der Vf. dessen eingedenk ist, daß immer Unscharfen, unauflösbare
Reste verbleiben (müssen), und ob bei aller gedanklichen
Konsequenz das rechte „Augenmaß" für das Erreichbare
gewahrt bleibt.

In der Auswahl wechseln grundlegende theologische Uber-
legungen (z. B. über Glauben und Denken; seit wann gibt es
christlichen Glauben?) mil stärker ihemenorientierten Beiträgen
(z. B. zum Abendmahl der Kirche, zur Heilsbedeutung des
Kreuzes, zur Auferstehung der Toten u. a.). Programmatisch
ist in gewisser Weise der erste Beilrag mit dem Titel: „Die
Sache Jesu — Plädoyer für einen Begriff", in dem der Vf. die
von ihm selbst unter dieser I;ormulierung aufgegtiffene Thematik
weiterticibt und dabei zustimmende wie auch kritische
Stellungnahmen seit dem ersten bekannten Beitrag über die
Auferstehungsfrage (1964) aufgreift. Dieser Vortrag ist allen zu
lesen zu empfehlen, die den Ausdruck der „Sache Jesu" weiterhin
gebrauchen und mit ihm teils ganz verschiedenartige Implikationen
verbinden, mindestens um sich über die eigentliche
Intention und über die letzte Meinung ihres Initiators im ge-

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genwärtigen Gespräch Klarheit zu verschaffen. „Plädoyer" bedeutet
für M.. daß er diese Formulierung von der „Sache Jesu"
festhalten und weiter präzisieren möchte. Es wird eindrucksvoll
deutlich, zu welcher Verliefung das Für und Wider wie auch
die eigene weiterlaufende Reflexion geführt haben. M. führt
diese „Kurzformel" in die Mitte der neulestamentlichen Heilsbotschaft
und Chrislologie hinein, er benutzt sie als Klammer
zwischen vor- und nachösterlicher Situation, zwischen Erwartetem
und Erfülltem, zwischen Christologie und Soteriologie.
Zwei Beispiele mögen dies etwas verdeutlichen. In dem Beitrag
„Jesus — Bringer oder Inhalt des Evangeliums?" lesen wir:
„Als Wirkender wird Jesus verkündigt; und er wird so verkündigt
, daß er Menschen zugemutet hat, ihm den jetzigen
Einbruch der Königsherrschaft zu glauben, wie er sie inmitten
dieser Menschen lebte. Eben das verstehe ich unter der ,Sache
Jesu'. Sie ist sein Leben der einbrechenden Königsherrschaft
Gottes, sein Einlassen auf Gottes gegenwärtiges Heil. Im Jesus-
Kerygma wird sie von Glaubenden anderen angesagt — und
selbst gelebt. So bringen sie anderen Jesus. Darum gilt: Er
kommt auch noch heute: die Sache Jesu geht weiter" (S. 61).
Und in einem anderen Beitrag über „Die Heilsbedeutung des
Kreuzes — der Kreuzesweg der Nachfolge" heißt es: „Das bringt
uns auf ein Weiteres. Golt will jetzt, in diesem Augenblick,
seine Herrschaft als Heil unter den Menschen verwirklichen.
Das ist die ,Sache Jesu', wie ich das vor Jahren einmal genannt
habe. Diese Sache ist aber nur da richtig verslanden, wo man
verslanden hat, daß der Weg Gottes zu den Menschen über
Menschen geht, die die Sache Jesu selbst leben. . .. Für die
Zeugen war jedenfalls klar: Die Goltesherrschafl kommt durch
den Menschen Jesus zu uns; und sie kommt nur durch ihn.
Darum ist auch nur an ihm abzulesen, wie die Gottesherrschaft
kommt: so daß er sich für sie darauf eingelassen hat" (S. 97).
— Die Zukunft wird erweisen, ob sich jener begrifflich recht
vage und schwer faßbare, zudem schon arg zerredete Ausdruck
von der „Sache Jesu" bewährt oder nur als eine zeilbedingte
Interpretationshilfe gewertet werden wird. Das steht aber hier
nicht zur Debatte. Wenn die Formel so gefüllt wird, wie es hier
insgesamt, d. h. im Kontext aller in dem Bändchen aufgenommenen
Kernfragen des christlichen Glaubens geschieht, dann
verdient sie durchaus, auch gerade wegen ihrer einladenden
Offenheit, weilerbin Beachtung.

Die anderen Beitrage gruppieren sich um jene Mitte, auch
wenn dies nicht jeweils vermerkt wird. Es führte in diesem
Rahmen zu weit, deren Inhalte näherhin vorzustellen und Fragen
, die sich da und dort ergeben, zu benennen. Der Vortrag
über „Die Mahle Jesu und das Abendmahl der Kirche" vom
Jahre i960 etwa läßt erkennen, daß darüber inzwischen mehr
und Genaueres gesagt werden kann. Für besonders wertvoll
halte ich den Beitrag über „Die Heilsbedeulung des Kreuzes —
der Kreuzesweg der Nachfolge", in dem, wie fast durchgehend,
die Gottesherrsrhaft in der Botschaft Jesu als der maßgebende
Richtpunkt festgehalten wird — ein m. E. grundlegend richtiger
Ansatz, der auch für die Frage eines „Scheiterns" Jesu geltend
gemacht wird: „Das Bekenntnis zum Auferstandenen drückt
vielmehr aus, daß der irdische Jesus in unbegrenzter Souveränität
die Hoheit der Gollesherrscliaft lebte. Die Konsequenz der
Hoheit wird am ,Scheitern' deutlich. Doch wer jetzt vom Scheitern
reden wollte, zeigte damit nur, daß er die Gottcsherrschaft
nicht begriffen hat" (S. 100).

(Zum Äußeren: Es fällt auf, wie viele Druckfehler dem Lektorat
entgangen sind.)

In der gleichen Reihe erschien ein auf die praktische Arbeit
für die Erwachsenenbildung zusammengestelltes Buch, in dem
die Frage nach Jesus von H. G. Pöhlmann behandelt wird.
(Im gleichen Zusammenhang wäre auch noch Nr. 85 dieser
Reihe zu nennen: Wilhelm Dantine, Jesus von Nazareth in der
gegenwärtigen Diskussion, Gütersloh 1974 — vgl. ThLZ 102,
1977 Sp. 100—104.) Das Buch ist von dem Leiter der Studienstelle
der Deutschen Evangelischen Arbeitsgemeinschaft für Erwachsenenbildung
in Karlsruhe vor allem für den Gebrauch
in Arbeitsgruppen und Seminaren geschrieben worden. Es gliedert
sieh in fünf Abschnitte, in denen charakteristische „Jcsus-
bilder" ausgewählt und nach einem gleichbleibenden, didaktisch

Theologische Literaturzeitung 104. Jahrgang 1979 Nr. 2