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Ausgabe:

1979

Kategorie:

Altes Testament

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Neuerscheinungen

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Nid die ,ParabeP unter besonderer Berücksichtigung der Bedeutung
dieser „classes" für die prophetische Verkündigung herausgearbeitet
.

Berlin Karl-Heinz Bernhardt

Welten, Peter: Geschiebte und Geschichtsdarslelluug in den
Chronikbüchern. Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag des
Erziehungsvereins [1973]. VII, 227 S., 2Ktn. gr. 8° = Wissenschaftliche
Monographien zum Alten und Neuen Testament
, 42. Lw. DM 46,-.

W hat in seiner von Kurt Galling angeregten und von der
Tübinger Fakultät 1971 als Habil.-Schrift angenommenen Arbeit
einige Abschnitte aus dem sog. Sondergut der Chronikbücher
eingehend untersucht, die sich mit der Thematik „Bauen';,
„Hccresverfassung" und „siegreiche Kriegszüge" befassen. Er
verfolgt dabei die Absicht, diese Texte für die Geschichte Israels
oder auch für archäologisch-topographische Untersuchungen
bereitzustellen. Folglich muß er die Frage beantworten, ob
der Chronist alte historische Nachrichten aufgegriffen oder ob er
jene Abschnitte selbst gebildet und für seine eigene Zeit frei
gestaltet hat, in. a. W.: ob diese Nachrichten etwas über die Zeit
des jeweiligen judäischen Königs oder aber nur über die Zeit
des Chronisten aussagen. Von hier aus ergeben sich schließlich
weitere Hinsichten und Aufschlüsse in das gesamte chronistische
Werk.

Der erste Teil der Arbeil nimmt den breitesten Raum ein
(8. 7—175). Die in ihm vorgelegten Analysen der Texte lChr
11,8-9; 27,1-15; 2Chr 8,1-6; 11,5-12; 13,3-20; 14,5-14;
17,12-19; 20,1-30; 25,5; 26,6-15; 27,3-6; 32,5-6; 33,14
führen zu folgenden Ergebnissen: Alle diese Texte sind vom
Chronisten sprachlich und stilistisch geprägt. Eine sachliche
Uberprüfung ergibt: Die Baunachrichten, jedenfalls die auf Jerusalem
bezüglichen Texte, spiegeln Verhältnisse der nach-
exilischen Zeit wider; die Heeresverfassung zeigt die Bekanntschaft
mit griechischen Söldnerheeren in orientalischen Diensten
; und die Kriegsberichte haben kriegerische Auseinandersetzungen
mit Feinden Judas in nachexilischer Zeit zum Gegenstand
. In diesem Zusammenhang geht der Exkurs 1 (S. 172f)
auf die Frage nach dem Verhältnis des samaritanischen Schismas
zu den Chronikbüchem ein und beantwortet sie so, daß zwar
ein Gegensalz zwischen Jerusalem und Samaria bestehe, die
Gegner aber nicht schon Samaritaner, sondern nur erst Samarier
seien, in deren Reihen sich „auch schon eine frühsamaritanische
Gruppe befunden haben könnte".

Der zweite Teil (S. 177-206) nun macht die erzielten Ergebnis
zuerst für das Werden der Chronikbücher, sodann für
historische Folgerungen und schließlich für die Geschichtsschreibung
des Chronisten fruchtbar unter der Überschrift „Geschichte
und Geschichtsdarslellung in den Chronikbüchern". Zu den literarischen
Resultaten gehören die Feststellungen, daß die untersuchten
Abschnitte sprachlich mit dem jeweiligen Kontext identisch
sind und vom selben Verfasser herrühren, also kein zweiter
Chronist anzunehmen ist (so speziell Exkurs 2 auf S.
189—191). Dieser eine Chronist wird konsequent als Schrift-
Meiler und „niemals nur [als] Quellen verarbeitender Redaktor
" (S. 168) charakterisiert. Hinsichtlich der historischen Ergebnisse
stellt W. fest, daß in dem von ihm untersuchten Komplex
nur noch drei Quellenstüdke verifiziert werden konnten:
die Ortsliste 2Chr 11,5b. 6a—lOaß und die beiden auf Ussia
bezüglichen Notizen 2Chr 26,6a.10. Dazu könnten seiner Meinung
nach z. B. noch die Notiz über den Bau des Siloa-Tunnels
(2Chr 32,30a). Familiennachrichten in 2Chr ll,22f; 21,1-4 und
möglicherweise der Bericht über Josias Tod (2Chr 35,20—25)
kommen. Somit sind nach W. für die vorexilische Zeit lediglieh
die soeben genannten Verse heranzuziehen. Der überwiegende
Teil der von ihm bearbeiteten Stücke aus 2Chr 10—36 spiegelt
indes die Zeit des Chronisten wider. Und nachchronistisch ist
2Chr 26,6b. „Zur Datierung der Chronikbücher" stellt der Exkurs
3 (S. 199f) fest: Die Chronikbücher, zwar literarisch gegenüber
Esra und Nehemia als selbständiges Werk anzusehen,
jedoch derselben Zeit und demselben Verfasser zuzuweisen, ge-

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hören der ersten Hälfte des 3. Jh. v. Chr. an. Abschließend
macht W. noch einige Bemerkungen ..Zur Geschichtsschreibung
des Chronisten". Sein Anliegen sei es gewesen, die nachexilisehe
Gemeinde zu trösten; denn das allseitig bedrohte Juda werde
in wunderbarer Weise von seinem Gott errettet werden und
Hube geschenkt bekommen, wenn es Jahwe suche und seine
Gesetze halte. Diese Art der Geschichtsschreibung nennt W. im
Anschluß an E. Haag „freie parabolische Geschichtsdarstellung".

Es ist ein unbestreitbares Verdienst W.s, die Chronikbücher
wieder in das Blickfeld der alttestamentlichen Wissenschaft gerückt
zu haben. In der gegenwärtigen Situation einer gewissen
Unsicherheit im Blick auf die Gültigkeit herkömmlicher Forschungsergebnisse
ist es gewiß von Nutzen, wenn sich die Forschung
den Spätlingen alttestamentbcher Literaturgeschichte zuwendet
, empfing doch kein geringerer als Julius Wellhausen
entscheidende Impulse für seine Thesen aus der Beschäftigung
eben auch mit den Chronikbüchern. Daß in den gängigen Werken
zur Geschichte Israels die Chronik-Texte stiefmütterlich behandelt
werden, kritisiert W. zurecht. Auch darin wird man ihm
beipflichten können, daß die Unsicherheit in der zeitlichen Hin-
ordnung der chronistischen Texte und ihrer möglichen Quellenstürke
zu solcher Zurückhaltung führt. Ob sich das jedoch durch
seine Untersuchung wesentlich geändert hat, bleibt vorerst abzuwarten
. Gewiß weiß der Vf. genau, teilt es auch dem Leser
mit, wo er hinlänglich gesicherte Ergebnisse und wo er hypothetische
Erwägungen vorträgt. Indes basieren gerade die entscheidenden
Partien der Zuordnung der Texte zu einer geschichtlichen
Wirklichkeit mehr oder weniger auf solchen Hypothesen
. Daß es keinen zweiten Chronisten gibt, wird man W.
glauben. Auch daß die von ihm untersuchten Texte vom Chronisten
Uterarisch gestaltet worden sind, hat er eindeutig bewiesen
. Dahinter kann man nicht mehr zurück. Doch schwierig
wird es, wenn W. von der liierarischen Form auf die Geschichtlichkeit
des Inhalts zurückzuschließen und diesen fast ausnahmslos
in der Zeitgeschichte des Chronisten aufzuweisen versucht.
Eben weil der Chronist, wie W. zutreffend formuliert, ein
Schriftsteller ist und wir hinsichtlich der Samuelis- und Königs-
Bücher den Umgang mit seinen literarischen Vorlagen und deren
Verarbeitung beobachten können, wird über die Frage, ob
im sog. Sondergut der Chronikbücher doch mehr Quellenmalerial
verarbeitet worden ist, ale es W. annimmt, noch nicht das
letzte Wort gesprochen worden sein.

Greifswald Hans-.lürgen Zobel

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Theologische Literaturzeitung 104. Jahrgang 1979 Nr. 2