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Ausgabe:

1979

Spalte:

103-105

Kategorie:

Altes Testament

Titel/Untertitel:

Studies on prophecy 1979

Rezensent:

Bernhardt, Karl-Heinz

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Vf. gehl dabei so vor, daß er in der Einleitung die früheren
Versuche in klarer Weise referiert. Er beginnt bei H. Greß-
mann, Die literarische Analyse Deuterojesajas, ZA'W' 34 (1914)
254—297, und endet bei den verschiedenen Arbeiten Cl. Wester-
manns. Hier kann man bedauern, daß er frühere Arbeiten nicht
heranzieht, etwa Duhm's Jesajakommentar. Diese Schwäche der
älteren literarkritischen Forschung gegenüber zieht sich dann
auch durch das ganze Buch.

Der Schwerpunkt der Arbeit liegt danach ganz irn formkritischen
Bereich. Im ersten Teil (S. 11—74) werden die Gattungen
untersucht: Heilsorakel (S. 13—27); Disputationsworte
(S. 28—44); Gerichtsreden (S. 45—63) und die Gottesknechtslieder
(S. 64—74). In ausgezeichneter Weise werden Einzeldifferenzierungen
vorgenommen, die über Begrich, von Wal-
dow u. a. hinausgehen und denen zugestimmt werden kann.
Zwar wird auf die Abhängigkeit Deuterojesaja's von festgeprägten
Formen hingewiesen (besonders bei den Heilsorakeln),
aber aufs Ganze gesehen wird mehr die Eigenständigkeit und
Originalität des Propheten betont.

Im zweiten Teil (S. 75—178) wird nach der allein unter formkritischen
Gesichtspunkten vorgenommenen Analyse nach dem
„Arrangement of Genre Units" gefragt. Es zeigt sich, daß dies
einen neuen und zu begrüßenden Versuch darstellt.

Einige grundlegende Bemerkungen (S. 77—89) zeigen, wie
nahe in vielen Punkten Melugin Westermann steht. In dem
Bemühen, die Hauptintenlionen des Buches zu erfassen, treffen
sich die beiden Autoren. Melugin meint in dem einen Punkt
über Westermann hinausgehen zu sollen, daß er von den von
ihm formkritisch bestimmten kleinsten Einheiten ausgeht und
nach ihrer sinnvollen Zusammenordnung fragt. Die Klammer
der Ausführungen Deuterojesajas bilden die Abschnitte 40,1—8
und 55,6—13. Dazwischen ist dem Vf. der größere Einschnitt
nach 49,13 wichtig. Vor dieser Zäsur stehen Jakob/Israel im
Mittelpunkt, danach Zion/ Jerusalem. Auf S. 90—178 werden
danach die Einheiten in ihrer im Buch vorhegenden Beihung
durchgesprochen. Stichwörter, Wortwiederholungen und Gedankenfortschritte
werden dabei ebenso berücksichtigt wie Kontrastierungen
im thematischen Bereich (etwa bei 41.21—29 und
42,1—4). Stets wird auch gefragt, ob der Autor oder ein Sammler
am Werke gewesen seien. Oft bleibt eine eindeutige Schlußfolgerung
aus, weil eine solche mit Recht nicht zu finden ist.
In der Überschrift auf S. 123 müßte es wohl besser heißen:
44,24-48,22 statt 44,24-48,21; denn auch 48,22 wird auf
S. 139 und 142 behandelt.

Kann man diesem Bemühen auf weite Strecken folgen und
ist man auch dankbar für viele Hinweise, die den Inhalt dieses
biblischen Buches noch deutlicher werden lassen, so wird man
doch gerade bei der Behandlung der Gottesknechtslieder Kritik
anzumelden habeu. Es ist sehr auffallend, daß sie überall sehr
kurz behandelt werden. Eine volle Integrierung an den Stellen,
an denen sie jetzt zu finden sind, will doch nicht ganz gelingen
und kann nur so wahrscheinlich gemacht werden, daß der kollektiven
Deutung auf der Grundlage der Annahme von der
„corporate personality" der Vorzug gegeben wird. Ob sich hier
nicht in besonderer Weise die Vernachlässigung der literarkritischen
Methode bemerkbar macht?

Autorenregister (S. 178—180) und Bibelstellenregister (S.
181-186) schließen das Werk ab.

Wien C.eorg Sauer

Sludies on Prophccy. A Collection of Twelve Papers. Leiden:
Brill 1974. VII. 169 S. gr. 8° = Supplements to Vetus
Testamentum, XXVI. Lw. hfl. 48,—.

Die in dem vorliegenden Sammelband vereinten Arbeiten zu
den alttestamentliehen Prophelenbüchern stehen nicht unter
einem gemeinsamen Rahmenthema, um so aufschlußreicher ist
ihr Inhalt für die Fragen, die gegenwärtig auf diesem Gebiet
der Forschung am Alten Testament im Vordergrund stehen.
Den bunten Reigen der Abhandlungen eröffnet D. L y s mit
einer stilistischen Studie über das Weinbergslied von Jes 5

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(,La vigne et le double je', S. 1 — 16). In der Hauplsachc bietet
der Vf. eine theologische Meditation über die Funktion bestimmter
syntaktischer Elemente (Pronomina und Präpositionen
) und über die Bedeutung der wichtigsten Begriffe der
Perikope. Insbesondere der Prediger kann aus diesen Betrachtungen
mancherlei Anregung schöpfen. — Der folgende Beitrag
von A. V a n e I ist der Erörterung einer speziellen historischen
Frage gewidmet (,Tabe'el en Is. VII, 6 et le roi Tubail de
Tyr", S. 17—24). Der 1972 von L, D. Levine veröffentlichte Text
einer im Iran gefundenen Stele Tiglatpilesers III. bezeugt für
die Zeil um 737 v.Chr. einen lyrischen Königs namens Tubail.
Seine Identifizierung mit dem Jes 7,6 erwähnten Tabeel liegt
nahe. Tyros wäre demnach maßgebend an dem Bündnis zwischen
Damaskus und Israel gegen Juda im sogenannten syrisch-
ephraimitischen Krieg beteiligt gewesen. — H— P. Müller
steuert unter dem Titel ,Glauben und Bleiben' gehaltvolle Bemerkungen
,Zur Denkschrift Jesajas Kapitel VI, 1 — VIII 18'
bei (S. 25—54). Besonders hervorgehoben sei der strukturanaly-
tische Vergleich der Berufungsvision von Jes 6 mit akkadischen
Parallelen (S. 25ff) und die gründliche Erörterung der Bedeutung
des Hiph 'il von der Wurzel W („Sich-in-Fesligkeit-Versetzen
", S. 33ff). — Einen interessanten Versuch, die Gerichts-
worte des Propheten Arnos gegen Gaza, Tyros und Edom
nach der Revolle des Jehu zu beziehen, unternimmt K. N.
Schoville (,A Note on the Oracles of Ainos againsl Gaza,
Tyre, and Edom', S. 55—63). — Mit der Traditionsgeschichle
von Mi 7,7-20, befaßt sich J. T. Willis (,A Reapplied
Prophctic Hope Oracle', S. 64—76). Unter ausführlicher Diskussion
bisheriger Interpretationsversuche gelangt der Vf. zu der
umsichtig begründeten Auffassung, daß ein israelitisches Orakel
aus der Zeit um 732 v. Chr. dem Text zugrunde liegt. Dieser
Text aus dem Nordreich sei von Micha auf die Situation Judas
701 v. Chr. uminterpretiert worden. — Eine neue Deutung der
schwierigen Wendung hamsukkan toruma in Jes 40,20a legt
T. N. D. Mettinger vor: „May be an image which is a
sacred contribution" (,The Elimination of a crux?', S. 77—83).

— Argumente für die Ursprünglichkeit der Jakob/Israel mit dem
,Knecht' von Jes 42,1 identifizierenden Version der I,XX trägt
N.—L. T i d w e 11 vor (,My Servant Jacob, Is. XLII, 1',
S. 84—91). — ,Die Bildmotive in den Visionen des Propheten
Sacharja' beschäftigen K. Seybold (S. 92—110). Erklärungen
durch die besondere psychische Motivation der Worte Sacharjas
werden mit berechtigter Zurückhaltung kommentiert. Vorzüglich
herausgearbeitet wird demgegenüber die Herkunft der Bildmotive
aus der Tempelsymbolik und ans der Hofstilsymbolik
der persischen Großkönige. Erörterung erfahren weiterhin das
im einzelnen komplizierte Verhältnis von Bild und Wort sowie
die Bedeutung der visionären Elemente in der Gesamtkomposition
unter Berücksichtigung kunsthistorischer Gesichtspunkte.

— Eine kurze Notiz zu Jer 31, 31—34 hat .T. S w e t n a m
unter dem Titel ,Why was Jeremiah's New Covenant New?'
beigesteuerl (S. 111—115). Er sieht das Neue an Jeremias Bundesvorstellung
nicht im Inhalt, sondern in der neuen Form
einer veriunerlichlen Vergegenwärtigung dos Bundes mit Jahwe.
Damit geht eine sehr wesentliche Grundlage synagogaler Frömmigkeit
auf Jeremia zurück. — ,Die Eschalologie der Propheten
des Alten Testaments und ihre Wandlung in exilisch-nach-
cxilischer Zeit' beschäftigt K.-D. Schunk (S. 116-132).
Speziell aufgezeigt wird diese Wandlung am Verständnis des
Tages Jahwes, der seit der Exilszeit als ein die Geschichte beendender
Gerichtstag interpretiert worden ist. Entsprechend
wandelt sich das erwartete eschatologischc Reich nationalen
Charakters in ein die Welt umfassendes Friedensreich.

— Eine erneute gründliche Untersuchung der schwer zu
deutenden Begriffe obot und jide 'onim führt .1. I. u s l zu dem
Ergebnis, daß es sich um die Geister Verstorbener oder um ihre
kultische Gegenwart repräsentierende Gegenstände gehandeil
haben dürfte (,On Wizards and Prophets', S. 133—142). — Den
viele Anregungen gebenden Band beschließt eine methodisch
interessante Studie von A. Rof i über ,Classes in the Prophc-
tieal Slories?' (S. 143—164). Auf Grund der jeweiligen inhaltlichen
Kriterien werden Beispiele für die ,Didaktische Legende'

Theologisehe Eileraturzeitung 104. Jahrgang 1979 Nr. 2