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Ausgabe:

1979

Spalte:

905-906

Kategorie:

Neues Testament

Titel/Untertitel:

Glimpses of the legal and social presuppositions of the authors 1979

Rezensent:

Pokorný, Petr

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905

Theologische Literaturzeitimg 104. Jalirgang 1979 Nr. 12

906

Derrett, J. Dum au M.: Studios in the New Testament. I: Glimpses
oi the Legal und Social Presuppositions of the Authors. II:
Midrash in Action and an Literary Device. Leiden: Brill 1977.
XXVI, 220 S. u. 1978, X, 229 S. gr. 8°. Lw. hfl. 80,- u. 72,-.

Der englische Jurist und Orientalist J. D. M. Derrett ist durch
seine Arbeiten Law in the New Testament (1970) und Jesus'
Andient» (1973, Rez. ThLZ 102, 1977 Sp. 265ff) auch unter den
^eutestamentlern bekannt geworden. Die vorliegenden Bände
smd eine .Sammlung seiner um neuere Anmerkungen erweiterten
Aufsätze aus den Jahren 1970-1977, die das Neue Testament betreffen
.

In der ersten Studie des eisten Bandes „Take the bond . . . and
"rite fifty (Luk XVI.6)" wird gezeigt, daß man damals auf den
Schuldschein oft eine höhere Summe geschrieben hat. die der
Schuld plus d « in Wucherzins gleich war. Bei der Änderung des
Schuldscheins kann es sich um eine Zinsherabsetzung handeln.
Weitere Studien, sind: ..Law in the N.T.: Si scandalizaverit te
manus tua abscinde illam (Mk IX,42) and comparative legal his-
tory" (Die radikale Forderung Jesu kann als eine bildliche Vorwegnahme
der Strafe bei dem jüngsten Gericht erklärt werden,
denn die Amputation einzelner Glieder war im Orient eine der
gerichtlichen Strafen), „Law in the N.T.: The parable of the
tJnjnst Judge" (Das inomidbiv in Lk 18.6 kann als Metapher
erklärt worden, die Rufmord umschreibt), „Workers in the Vine-
yard: A parable of Jesus" (Die Parabel wird von der im Talmud
verankerten Sitte her erklärt, wonach die Arbeiter, die die Arbeits-
*e>1 nicht ausnutzen konnten, einen Minimal-Lohn erhielten),
»The Parable of the Two Sons" (Analysiert wird die komplizierte
Stellung der jüngeren Söhne in der jüdischen Familie), „Judaica
|n St. Mark" und „La resurrezione di Gesü" (Untersuchung der
jüdischen Sabbatobservanz im Zusammenhang mit der Prüfung
der historischen Verläßlichkeit der synoptischen Grablegungsge-
schichten), ..xneßäy, o inw ö&qov" (Erklärt wird der Hintergrund
der Korban-Institution). „Kating up the Houses of Widows:
Jesus' Comment on Lawyers?" (D. vermutet, daß es sich da um
die rechtlichen Verwalter der Güter der Witwen handelt, die sich
oft auf Kosten ihrer hilflosen Klientinnen bereichert haben und
'hre demonstrative Frömmigkeit sollte sie in der Öffentlichkeit vor
•lein Verdacht schützen), „La parabola delle vergini stolte" (Die
Parabel ist nach D. eine Warnung vor der oberflächlichen Auffassung
der Stellvertretung), „Law in the N. T.: The syro-phoeni-
cian woman and the Centurion of Capernaum" (Beide Perikopen
werden von dorn alttestamentlichen Hintergrund her ausgelegt),
»Religious Haire" (Zu I Kor 11,2-16; das weibliche Haar hat man
für ein Mittel der erotischen Werbung gehalten). „The disposal of
the virgins" (D. macht im Zusammenhang mit 1 Kor 7.36-38 auf
eine theoretisch mögliche Gestalt der jüdischen Verlobung aufmerksam
, durch welche die Jungfrau rechtliehe, nicht jedoch
faktische Ehefrau werden konnte) und ..Ananias. Sapphira and the
right of property" (Der vorzeitige Tod eines sündigen Christen
konnte eine Art Rettung für das Reich Gottes sein).

Im zweiten Band wird die Bedeutung sowohl des Materials aus
dem Midrasch als auch der midrasehartigen literarischen Technik
für die Auslegung des Neuen Testament nachgewiesen. Fünf Beiträge
werden der Analyse der Weihnaehtsperikopen gewidmet
(Further Light on the Narratives of the Nativity; La nascita di
Gesü. Stori- patristiche e haggadot ebraiehe; The Manger at
Bethlehem: Light on St. Luke's Technique from Contemporary
Jewish Law; The Manger: Ritual Law and Soteriology; II signi-
ficato dalla mangiatoia). D. untersucht den alttestamentlichen
Hintergrund jener Perikopen und seine Entfaltung in die theologischen
Aussagen. Er macht z. B. auf die Analogie der Krippe
{<r«Tvri) und des Grabes Jesu bei Lukas aufmerksam und auf die
zwei Bedeutungen des hebräischen Äquivalents für <pärvr) - OllN
das nicht nur Futtertrog und Krippe, sondern auch Brotkorb der
Hirten bezeichnet. D. schließt jedoch auch nicht den historischen
Hintergrund einiger Motive aus, wie z. B. der Reise nach Bethlehem
zum Zensus, die dem dort geborenen Kind auch die dortige Bürgerschaft
garantieren konnte. Die Ankunft der östlichen Astrologen,
die den jüdischen Messianismus ausnutzen könnten, ist für historisch
denkbar gehalten. - in dem kurzen Beitrag „Leek-beds and
Methodology" wird das Gartenbeet {ngaaia) als Zeichen des

messianischen Reiches erklärt, dessen Reichtum die bewässerten
Beete symbolisieren. Eine grundsätzliche Frage behandelt D. in
dem Aufsatz „Gesü maestro della lege", in dem er der kasuistischen
Gesetzesauslegung die mehr regulative Auslegung Jesu gegenüberstellt
, die den Einzelnen zugunsten der breiteren Gemeinschaft
geistig erzieht. In dem Aufsatz „Allegory and the Wicked Vine-
dressers" wird die Perikope über die bösen Winzer (Mk 12.1 9
par.) mit Hilfe von Sifre Deut. § 312 ausgelegt, wo Gott sein Volk
als Weinberg den Söhnen der untreuen Winzer (Führer) übergibt.
Jesus radikalisiert nach D. diese Stelle.

Die anderen Beiträge sind: „The stone that the builders reject-
ed" (Zu Mt 21.42 par. - 0313 sind im Ps 118,22 sowohl Baumeister
als auch Gelehrte - aus yzi), „You build the Tombs of the Pro-
phets" (Zu Lk 11,47-51 par. - auch hinter diesem Wort wird ein
ähnliches Wortspiel vorausgesetzt), „The Rieh Fool: A Parable of
Jesus concerning Inheritanee" (Nachgewiesen wird der enge sachliche
Zusammenhang von Lk 12.13-15 und 16-21. Jesus, der kein
Richter sein will, macht auf das Gericht Gottes aufmerksam).
„The Good Shepherd: St. John's Use of Jewish Halakah and
Haggadah" (Der Hirt ist der messianisehe Führer des Volkes).
„Figtrees in the N. T." (Alle Stellen des NT, in denen über den
Feigenbaum gesprochen wird, werden untersucht, wobei vor allem
die Parallele zu Lk 13.6-9 aus dem Epiker Saleius Bassus X,83
interessant ist. Die Geschichte aus Mk 13.28-32 par. läßt sich in
ihrem Licht als ein eschatologisches Zeichen erklären). „Law in the
N. T.: The Palm Sunday Colt" (Die Palmsonntagsgeschichte wird
sowohl aus dem alttestamentlichen Hintergrund als auch aus dem
Brauch des Zwangsdienstes für den König ausgelegt). „Midrash in
the N. T.: The Origin of Luke XX I I. 67 68" (Die Stelle wird auf
dem Hintergrund von Jes 41,28b ausgelegt, wo nach dem Midrasch
der Messias auch als der Richter auftaucht, der Fragen stellt ) und
„Cursing Jesus (l.Cor.XII.3): the Jews as religious .persecutors'"
(Das ,Verflucht sei Jesus' kann mit der Ketzeruntersuchung in der
Synagoge zusammenhängen. Der zweite Band wird mit einer Besprechung
des umstrittenen Buches von M. D. Goulder „Midrash
and Lection in Matthew" (London 1974) abgeschlossen.

In der Vorrede zum ersten Band faßt D. seine exegetischen Ergebnisse
und theologisch-philosophischen Voraussetzungen zusammen
. Seine Tendenz, Jesus auf dem jüdischen Hintergrund zu
sehen, ist gesund. Sie hat jedoch ihre Grenzen. D. erklärt im ersten
Band, in dem Aufsatz „Marco VII 15-23: il vero significato di
.purificaro'" den Satz Jesu aus Mk7.18 als ein Beispiel gut jüdischer
Argumentation. Hätte Jesus das Gesetz relativiert, weshalb
müßte Paulus um die Rechtfertigung durch den Glauben kämpfen,
fragt er. Aber wie soll D. dann die weiteren Stellen wie z. B. Mk
3,1-6 erklären? Auch die psychologisierenden Überlegungen zu den
Perikopen über die Stiftung des Herrenmahls (IM I. S. W illi
werden Kritik hervorrufen, ähnlich wie seine polemischen Bemerkungen
an die Adresse der sogenannten akademischen Bibelwissenschaftler
im Namen der orientalistiseh geschulten Biblisten.
In der Abwehr von Einseitigkeiten unterschätzt er die Ergebnisse
sowohl der formgeschichtlichen als auch der redaktionsgeschichtlichen
Forschung, was ihm die Interpretation einiger Texte erschwert
. Daß das ganze Material der Targume. der Midraschim
und der Mischna in der neutestamentlichen Zeit schon bekannt
war, wird meistens als selbstverständlich vorausgesetzt.

Zusammenfassend kann man jedoch sagen, daß auch für diejenigen
, die nicht alle Schlußfolgerungen üerretts Übernehmen, seine
Einzeluntersuchungen zur Zeitgeschichte des Neuen Testaments
nützlieh und interessant sind.

i'rag Petr l'okc.iny

Malatesta, Edward, S.J.: Interiority and Covenant. Study "I
tlvai ir and utvetv tV in the First Letter of Saint John. Borne:
Biblieal Institute Press 1978. XX, 358 S., gr. 8° = Analccta
Biblica, Investigationes Scientifieae in Res Biblicas, 69. Kart.
Lire 22500.

Das immer noeh umfängliche Buch ist die erheblieh gekürzte
Fassung einer Diss., die durch I. de la Pottorio betreut und 1974
am Päpstlichen Bibelinstitut verteidigt worden ist. Die für den