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1979

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Systematische Theologie: Dogmatik

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Neuerscheinungen

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Theologische Literaturzeitung 104. Jahrgang 1979 Nr. 11

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als Wissen (!) des Menschen um seine Beratung, als Gottes
Geschöpt in der Welt zu leben, verstehen kann. Deshalb entgeht
Bultmann auch die Welthaftigkcit des Menschen; seine
Rechtfertigungslehre macht die Welt zum bedeutungslosen
Raum des Existierens, die im Als-ob-nicht transzendiert werden
muß." Dann fährt der Vf. fort: „Ein Verständnis der
Welt als Schöpfung wäre möglich, wenn Gottes Schöpfungsund
Heilswillc als Berufung des Menschen zum Leben wirklich
positiv zur Geltung gebracht würde. Auch dann wäre es
das Heil, die Welt zu transzendieren, aber das Transzen-
dieren wäre das innere Gesetz der Welt selbst (!) geworden i
Alles Geschaffene wiese von sich weg auf den Schöpfer. Das
Heil wäre nicht mehr nur Unterscheidung von der Welt;
vielmehr würde zu ihm das Einlassen auf die Welt gehören,
indem der Glaubende die Welt als Weg zu Gott (1) erfährt.
Die Leib- und Welthaftigkcit sowie die Gesellschaftlichkeit
des Menschen könnten in das Verständnis des Heils hineingenommen
werden. Die Welt in allen ihren Dimensionen könnte
als Schöpfung verstanden werden, die auf Gott verweist, wenn
auch dieser Verweis durch die sündige Geschichte der Menschen
verdunkelt (!) und gefährdet (!) ist." Und schließlich wird
auch noch dieser Vorwurf formuliert: „Die Gefahr des eigenmächtigen
Zugriffs auf die Eigentlichkeit wird von Bultmann
so stark gesehen, daß die Abwehr dieser Gefahr mit der
Aufgabe der Theologie identisch wird. Die Sorge, über Gott
zu verfügen, wird so beherrschend, daß nur noch von der
Grenze des Menschen gesprochen wird. Das soll den grundlosen
Abgrund der Gnade betonen. Aber was besagt es für
das Verständnis der Gnade, wenn der Mensch sich nur ständig
des Sprungbretts versichert, von dem er sich fallen lassen
muß? Gerade wenn das Heil Geschenk sein soll, also von der
Gnade Gottes her zu verstehen ist, dann kann die Gnade nicht
allein und nicht zuerst im Gegensatz zur menschlichen Eigenmacht
verstanden werden. Eine solche Argumentation denkt
Gott und Mensch in Konkurrenz (!). Die legitime Sorge, den
Anspruch Gottes auf den Menschen aufzudecken, wird zur
verkrampften Angst, die den Anspruch Gottes und die Zuversicht
des Glaubens verdeckt. So entkommt diese Argumentation
nicht dem Geltungsstreben des Menschen. Das hat schwerwiegende
Folgen für das Verständnis der Gnade. Die Freiheit
und Gelassenheit, die sie schenken will, kann nicht mehr zur
Sprache kommen und den Menschen von der Fixierung auf
sich selbst erlösen. Die Geltung, die die Gnade schenkt, wird
nicht verständlich" (278f).

Nach der glänzenden Bultmann-Rczeption über mehr als
250 S. ist diese Kritik völKg unverständlich. Nachdem der Vf.
das Verständnis von Gnade und Freiheit bei Bultmann so
präzise beschrieben hat, begreift man nicht, wieso er jetzt
meinen kann, bei Bultmann müsse der Mensch „von der Fixierung
auf sich selbst" erlöst werden (279). Und nachdem auch
das Verständnis von „Welt" über so viele Seiten hin klar
entfaltet worden war, versteht man gar nicht, wie der Vf.
jetzt meinen kann, dieser Weltbegriff diskreditiere den theologischen
Schöpfungsbegriff (273f). Deutlich ist allerdings,
daß diese Kritik von ganz anderen Voraussetzungen ausgeht,
nämlich von der natürlichen Theologie im Sinne der katholischen
Fundamentaltheologie, wonach Offenbarung nicht neue
Existenz schafft, sondern ein ursprüngliches „Wissen des
Menschen um seine Berufung" lediglich befördert (278 mit
Anm. 57). Deshalb wird von ihr auch nicht die wünschenswerte
Autweitung der oben beklagten anthropologischen Engführung
kommen können. Vielmehr bedeutete diese Kritik -
würde man ihr folgen - die Authebung der ureigensten Position
Bultmanns, „die zweifellos im Dualismus von Gesetz und
Evangelium ihren letzten Grund hat" (H. Ott, hier zitiert 277,
Anm. 55). Das kann der Preis einer Verständigung in dieser
Sache nicht sein!

So endet dieser gelungene, „nicht aus der Distanz des Unbetroffenen
" (36) gemachte Versuch, Bultmann zu verstehen,
zuletzt in einer totalen Konfrontation - bedauerlich, aber
auch verständlich, weil von einer ganz anderen Warte aus
argumentiert wird.

Bochum — ' Erich Gräfter

Courth, Franz: Historisch oder theologisch -: eine falsche
Alternative. Dogmatische Überlegungen zum Problem der
Jungfrauengeburt (ThGl 68, 1978 S. 283-296).

Dettmar, Werner: Reformatorisches Bekenntnis - Verpflichtung
oder Hilfe? (DtPfrBl 79, 1979 S. 231-232).

Hoffmann, Adolf: Der Mysteriencharakter der Trinität (ThGl
68, 1978 S. 267-282).

Janssen, Friedrich: Von der Christologie zur Jesulogic? Zu
einer christologischen Akzentverschiebung (ThGl 68, 1978
S. 139-152).

Kern, Walter: „Christologie ,von innen'" und die historische

Jesusfrage (ZKTh 100, 1978 S. 545-559).
Lavalette, Henri de: Bulletin de theologie fondamcntale (RSR

66, 1978 S. 215-226).
Messner, Johannes: Fundamentalmoral (ThGl 68, 1978 S. 321

bis 329).

Rulla, Luigi M.: The Discernment of Spirits and Christian
Anthropology (Gr. 59, 1978 S. 537-569).

Schädel, Erwin: Grundzüge einer Transzendental-Ekklesiologie
(ThGl 68, 1978 S. 195-202).

Schuhmacher, Joseph: Jesus und sein Anspruch in fundamentaltheologischer
Sicht (MThZ 29, 1978 S. 113-133).

Schwöbel, Christoph: Von der Gotteskirche zur Weltkirche.
Überlegungen zum Kirchenbegriff Martin Rades (DtPfrBl 79,
1979 S. 165-167).

Sesboüe, Bernard: Bulletin de theologie dogmatique trinite et
pneumatologie (RSR 66, 1978 S. 417-460).

-: Histoire et foi en christologie (NRTh 101, 1979 S. 3-23).

Weissmahr, Bela: Kann Gott die Auferstehung Jesu durch innerweltliche
Kräfte bewirkt haben? (ZKTh 100, 1978 S. 441
bis 469).

Praktische Theologie: Allgemeines

Kühne, Heinz [Hrsg.]: Laß uns dir vertrauen. Andachten für
jeden Tag. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus Gerd Mohn
[1978]. 384 S. m. 11 Abb. 8° = GTB Siebenstern 277. Kart.
DM 8,80.

Das besonders für ältere Menschen bestimmte und deshalb
in Großdruck gesetzte Andachtsbuch enthält für jeden Tag
eine kurze Besinnung zu frei gewählten biblischen Texten
in leicht faßlicher Sprache. Die Beiträge lassen positiv erkennen
, daß ihre Vf. über seelsorgerlichc Erfahrungen mit
alten Menschen verfügen. Das Buch ist jedoch nicht nur für die
ältere Generation als Glaubens- und Lebenshilfe geeignet.

E. W.

Härtel, Armin: Pluralität in der Kirche als Chance und Gefahr
(ZdZ 32, 1978 S. 208-213).

Harbsmeier, Götz: Ritus und Charisma im Gottesdienst. Eine
Utopie als Impuls (DtPfrBl 79, 1979 S. 237-240).

Hemmerle, Klaus: Glauben - wie geht das? Wege zur Mitte
des Evangeliums. Freiburg-Basel-Wien: Herder (1978). 221 S.
8°. Lw. DM 19,80.

Hild, Helmut: Die Kirche in Deutschland und die Herausforderung
des Säkularismus für die Mission (PBl 119, 1979
S. 87-97).

Kamphaus, Franz, u. Johannes Bours [Hrsg.]: Gelebte Spiritualität
. Erfahrungen und Hinweise. Freiburg-Bascl-Wien:
Herder [1979]. 151 S. 8°. Kart. DM 17,80.

Keller, Albert: Das Menschliche in der Kommunikation (StZ
104, 1979 S. 219-232).

Knaupp, Karl: Aufgaben einer Bistumsleitung heute (ThQ 158,
1978 S. 62-70).

Krucina, Jan: Possibilite d'unc application des prineipes so-
ciaux dans la communaute de l'Eglise (CoTh 47, 1977 S. 113
bis 126).