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1979

Kategorie:

Dogmen- und Theologiegeschichte

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Theologische Literaturzeitung 104. Jahrgang 1979 Nr. 11

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und Habermas. Allerdings bieten seine Ausführungen in die
ser Hinsicht nicht selten Anlaß zu Ergänzungen und Korrekturen
und lassen insofern einen - hierzulande freilich nicht
ungewöhnlichen - „Provinzialismus" erkennen, als wichtigste
Anfragen an die christologische Tradition z. B. von der modernen
analytischen bzw. linguistischen Philosophie1 oder von
der Begegnung mit der östlichen Weisheit her'' ganz unberücksichtigt
gelassen wurden. Immerhin bleibt dem Vf. sehr dafür
zu danken, daß er sich nach Kräften darum bemüht hat,
auf die Aktualität der alten Fragen hinzuweisen.

3) Dies gilt auch in der Hinsicht, dal} einige der hier vereinigten
Aufsätze unmittelbar den ökumenischen Bemühungen
der Gegenwart, speziell den Kontakten mit den Nichtchalkc-
donensern (Nestorianern und Monophysiten) des Ostens und
mit der griechisch-orthodoxen Kirche, ihre Entstehung verdanken
oder ihnen doch wenigstens ihrer Intention nach zugeordnet
sind. Das hat u. a. auch zur Folge, dal) man immer wieder
zumindest Nuancierungen in der Beurteilung der alten Christo-
logien festzustellen glaubt, besonders was die Möglichkeiten
einer i. w. „orthodoxen" Interpretation der monophysitisch-
dioskurisch-severianischen Tradition anlangt.

4) Für den Patristiker endlich liegt wohl der größte Gewinn
dieser Aufsatzsammlung zum einen darin, daß eher als
in früheren Veröffentlichungen des Vf. sichtbar wird, daß das
Schema „Logos-Sarx-" - „Logos-Mensch-Christologie" keinesfalls
zu „schematisch" behandelt werden darf. Vor allem aber
dürfte nach den hier vorgelegten Forschungen, zumal denjenigen
zum „Christusbild der Väterzeit", kein Zweifel mehr
daran erlaubt sein, daß es sich bei den christologischen Streitigkeiten
der alten Kirche nicht bloß um Macht- oder Kirchenpolitik
, auch nicht nur um einen theologischen Schulstreit handelte
- das alles spielte sicher eine wesentliche Rolle -, sondern
daß es offenbar auch, u. zw. bei Alexandrinern wie bei
Antiochencrn, um ganz elementare religiöse Motive und Frömmigkeitsinteressen
ging.

Daß das alles auf den neuesten Forschungsstand gebracht
und durch mehrere Register aufgeschlüsselt vorliegt, verpflichtet
den Leser zu besonderem Dank!

Göttinyen - Marburg Adolf Martin Ritter

1 Vgl. die Rcz. von K. D. Altcndorf in dieser Zcitschr. 94, 196» Sp. 348f.

2 H. L>. Altendorf a.a.O., Sp. 349.

3 Vgl. dazu etwa R.P.C. Hanson, Mystcry and Imagination. Rcllcclions on
Christianity. London 1976, S. 80-100.

4 Vgl. dazu etwa C.F. von Weizsäcker, Der Garten des Menschlichen. Beiträge
zur geschichtlichen Anthropologie, 1977 (4. Kapitel und .Statt einer
Zusammenfassung").

Altenrath, Francois: Du corps psychique au corps spiritucl.

Interpretation de 1 Cor 15, 35-49 par les auteurs chretiens
des quatre premiers siecles. Tübingen i Mohr 1977. XI, 285 S.
gr. 8° = Beiträge zur Geschichte der biblischen Exegese 18,
Lw. DM 68,-.

Der Erkenntnisgewinn auslegungsgeschichtlicher Arbeiten für
die Theologiegeschichte ist meistens gering. Er liegt in Details
, nicht in den großen Linien, auch wenn wie in der vorliegenden
Arbeit ein Text behandelt wird, der auf Grund
Probleme der Anthropologie führt. Es geht in dieser bei Ph.-H.
Menoud in Neuchatel gearbeiteten Dissertation um die Frage
nach der Beschaffenheit des Auferstehungsleibes und um die
Frage, ob die eschatologischc Vollkommenheit die Wiederherstellung
einer ursprünglichen oder die Schaffung einer ganz
neuen Leiblichkeit ist (bzw. in Anlehnung an IKor 15,44 um
die Frage, ob der „psychische Leib" eine prä- oder eine post-
lapsarischc Realität ist). Vf. untersucht mit anerkennenswer
ter Akribie die Auslegungen nahezu aller altchristlichen Autoren
, von lClem bis Augustin, auch wenn einige Autoren sich als
für das Thema unergiebig erweisen (z. B. die Apologeten,
Hippolyt, Athanasius, Basilius). Nach exegetischen Abhängigkeiten
fragt er kaum; eine Geschichte der Auslegung wird so
nicht geboten, nur eine Aneinanderreihung der verschiedenen
Exegesen. Auch auf eine typisierende Zusammenfassung der

verschiedenen Autoren wird (abgesehen von dem kurzen Resümee
S. 2441) verzichtet. So wirkt die insgesamt gründliche
Arbeit streckenweise ziemlich umständlich. Und die Einordnung
der jeweiligen Auslegung in die gesamte Theologie des betreffenden
Autors kann naturgemäß nur teilweise gelingen.
Eine Konzentration auf die exemplarisch wichtigen Auslegungen
wäre da hilfreicher.

Ziel der Arbeit ist es zu erkennen, ob die verschiedenen
Exegeten Paulus entsprechen (weswegen eine eigene Exegese
des Textes S. 1-51 vorangestellt wird). Das ist methodisch
nicht unproblematisch, weil so spätere Autoren, die von anderen
anthropologischen und cschatologischen Voraussetzungen
her auslegen (was Vf. durchaus bedenkt), damit letztlich
an heutigen Maßstäben gemessen werden. Die anderweitig
gewonnene allgemeine Erkenntnis (vgl. besonders die Arbeiten
Schelkles) bestätigt sich, daß die altkirchlichen Exegeten in
verschiedener Nähe zu Paulus verbleiben. Die größte Nähe
stellt Vf. bei Cyrill v. Alexandria, Theodor v. Mopsuestia, Johannes
Chrysostomus und Augustin fest. Unter wirkungsgeschichtlichem
Aspekt wäre hervorzuheben, daß aufgrund von
IKor 15,44 als locus classicus der Eschatologie in der Frage
der Auferstehungsleiblichkeil sowohl der Spiritualismus als
auch der extreme Realismus korrigiert werden (so z. B. bei
Origenes und Methodius). In verschiedener Weise versucht
man, der paulinischen Aussage zu entsprechen, daß es einerseits
um leibliche Auferstehung, andererseits um etwas schlechterdings
Neues geht.

Das interessanteste Ergebnis betrifft die anthropologische
Thematik. Bei der Auslegung des Gegensatzes von psychischem
und pneumatischem Leib lassen sich verschiedene Typen
erkennen. Die östlichen Exegeten betonen eher den Unterschied
und damit die Neuartigkeit der cschatologischen Leiblichkeit
(Origenes: psychischer und pneumatischer Leib sind
zwei verschiedene Leiber), während die westlichen stärker die
Kontinuität bzw. Identität des Leibes hervorheben. Dies verbindet
sich zum Teil mit dem Gegensatz zwischen Spiritualismus
und Realismus, wobei sich bei den jeweiligen Typen verschiedene
Nuancierungen ergeben, z. B. hinsichtlich des Spiritualismus
bei Origenes, Didymus, Gregor v. Nyssa. Vermittelnde
Positionen, die die verschiedenen Traditionen zusammen
fassen, vertreten Cyrill v. Alexandria und Augustin. Neben der
futurisch-cschatologischcn Deutung findet sich als eigener Typ
(der sich allerdings mit dieser Deutung verbindet) die präsen
tisch-ethische Interpretation, wonach der pneumatische Leib
diejenige Lebensweise meint, in der die fleischlichen Affekte
abgetötet sind. Diese Interpretation begegnet von Tcrtullian
bis Augustin profiliert bei westlichen Exegeten.

Die Stärke der Arbeit liegt in der Durchsicht eines umfangreichen
Materials und in der eingehenden Einzelinterpretation
der Texte. Für die theologiegcschichtlichc Frage der Lehre von
der Auferstehung und für die auslegungsgeschichtlichc Frage
der Nachwirkung des Paulus kann sie durchaus nicht ohne Gewinn
herangezogen werden.

München Wolf-Dieter Hauschild

Bissels, Paul: Die Vergeistigung des Gottcsrcichcs bei Augu
stin (TThZ 87, 1978 S. 156-160).

Bourassa, Francois: Theologie trinitairc de Saint Augustin -
II (Gr. 59, 1978 S. 375-412).

Crouzel, Henri: L'Hades et la Geheime selon Origene (Gr. 59,
1978 S. 291-331).

Dassmann, Ernst: Schriftverständnis und religiöse Erkenntnis
nach dem heiligen Augustinus (TThZ 87, 1978 S. 257-274).

Escobar, Pedro: Das universale Concretum Jesu Christi und
die „eschatologischc Reduktion" bei Hans Urs von Balthasar
(ZKTh 100, 1978 S. 560-595).

Greiner, Friedemann: Die Menschlichkeit der Offenbarung.
Die transzendentale Grundlegung der Theologie bei Karl
Rahner im Lichte seiner Christologic (ZKTh 100, 1978 S. 596
bis 619).