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Ausgabe: | 1979 |
Spalte: | 844-845 |
Kategorie: | Dogmen- und Theologiegeschichte |
Autor/Hrsg.: | Grillmeier, Alois |
Titel/Untertitel: | Mit ihm und in ihm 1979 |
Rezensent: | Ritter, Adolf Martin |
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Theologische Literaturzeitung 104. Jahrgang 1979 Nr. 11
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des Oberkirchenrats gegenüber den radikalen Bekenntniskräften
auf Reichsebene nicht einfach nachvollziehen.
Die Versuche des Reichskirchenausschusses - den Bestrebungen
des Reichskirchenministers Kerrl entsprechend - im Jahre
1936 auch in den süddeutschen Landeskirchen einen Landes-
kirchenausschufj einzusetzen, werden eingehend dokumentiert.
Frühere „Gesamtgeschichten" wußten eigentlich gar nichts
darüber zu berichten. Dabei werden ergänzend auch die religionspolitisch
internen Bestrebungen des Kirchenministeriums,
soweit sie sich aus den landeskirchlichen Aktenbeständen, die
hier vorwiegend herangezogen wurden, nicht belegen ließen,
nach Bd. 2 der Gesamtdarstellung des Kirchenkampfes durch
den Rez. (Der evangelische Kirchenkampf. Halle und Göttingen
1976) anmerkungsweise ausführlich zitiert (531f, 626). Auch
sonst ist bei den kurzen, aber instruktiven, in Kursivdruck
gesetzten überleitenden und erläuternden Bemerkungen auf
entsprechende Literatur Bezug genommen. Die übersichtliche
Gliederung läfjt die Sachkomplexe, die einem chronologischen
Rahmen eingeordnet sind, geschlossen zur Kenntnis nehmen.
Eine detaillierte und minutiöse Information über die württembergische
Landeskirche in den Jahren 1935 und 1936 wird so
möglich. Der Band vermittelt einen Eindruck vom spannungsreichen
Engagement der Bekenntnisexponenten im Kontext
der landeskirchlichen, konfessionsstrategischen und
rcichskirchlichen Bestrebungen wie auch der religionspolitischen
Machinationen des NS-Regimes.
Das konfliktträchtige Mit- und Gegeneinander der Bekenntniskräfte
wird etwa in den Auseinandersetzungen zwischen
Pfr. Paul Schempp und Bischof Wurm deutlich (vgl. 822ff;
auch Bizer, Ernst: Ein Kampf um die Kirche. Der „Fall
Schempp" nach den Akten erzählt. Tübingen 1965). Die Zustimmung
Wurms zur Kirchenausschußpolitik Zoellners, die
zunächst tatsächlich manchen deutschchristlich beherrschten Landeskirchen
(etwa Sachsen, auch Kurhessen-Waldeck) spürbare
Entlastungen brachte, wurde von der Theologischen Sozietät
Hermann Diems als bekenntniswidriger Opportunismus gebrandmarkt
, weil die staatlicherseits eingesetzten Kirchenausschüsse
als Treuhändergremien auch für eine Übergangszeit
das Kirchenregiment nicht beanspruchen dürften. Die
Sozietät ging dabei soweit, daß sie sich im Unterschied zum
Landesbruderrat, der der Kirchenbehörde Wurms bei aller
Kritik doch verbunden blieb, an einer etwaigen Entmachtung
Wurms durch einen Kirchenausschuß, die man zeitweise befürchten
mußte, uninteressiert zeigte: eine Kirchenbehörde,
die auf Reichskirchenebene die Ausschußpolitik Zoellners
billige, habe die innere Legitimation verloren, gegen eine
Beschränkung ihrer eigenen Befugnisse durch einen Ausschuß
zu protestieren. Doch hat die Kirchenleitung Wurms, die die
radikalen Deutschen Christen, die sich als Volkskirchenbewegung
DC damals den Thüringer DC anschlössen, in die Schranken
wies, während sie die der Reichsbewegung DC zugehörigen
Geistlichen auf Grund einer Theologischen Erklärung
wieder in die Kirchengemeinschaft aufzunehmen bestrebt war,
die württembergische Landeskirche während dieser Zeit vor
Eingriffen von außen bewahren und so „intakt" halten können
.
Entgegen einer gelegentlich auch in Rezensentenkreisen
auftauchenden „Sprachregelung", von der aus der Gebrauch
der Bezeichnung „Bekenntnisfront" für die Bekennende Kirche
zurückgewiesen wird, weil sie lediglich Gegnerbezeichnung
gewesen sei, soll hier einmal darauf hingewiesen werden, daft
der Begriff „Bekenntnisfront" - wie diese Dokumentation an
zahlreichen Stellen ausweist (vgl. etwa 119, 121, 133, 136,
142, 144, 226 u. ö.; auch Bischof Wurm verwendet den Begriff:
592) - durchaus auch selbstgewählte Eigenbezeichnung der
Bekennenden Kirche war.
Es bleibt zu wünschen, daß von diesem Gesamteditions-
programm der württembergischen Landeskirche, das in den
voraufgehenden Bänden die Zeit seit 1932 dokumentiert, Impulse
auch auf andere Landeskirchen ausgehen, sofern sie noch
im Besitze ausreichenden Archivmaterials sind.
Leipzig Kurt Meier
Dogmen- und Theologiegeschichte
Grillmeier, Alois: Mit ihm und in ihm. Christologische Forschungen
und Perspektiven. Freiburg-Basel-Wicn: Herder
[1975], 765 S. gr. 8°. Lw. DM 98.-.
Annähernd gleichzeitig mit dem Neuerscheinen seines
'Standardwerkes „Christ in Christian Tradition" (Bd. I, London
a1975)' konnte A. Grillmeier, international bekannter und geachteter
Dogmatiker und Dogmenhistoriker an St. Georgen in
Frankfurt/Main, eine umfängliche Sammlung von Vor- und
Beglcitarbeiten zu dieser Darstellung des Christusglaubens in
der Väterzeit und damit zugleich gewissermaßen den Ertrag
seiner wissenschaftlichen Lebensarbeit auf seinem Spezialgebiet
, dem der Christologie, vorlegen. Die Sammlung fand eine
so lebhafte Resonanz, daß inzwischen bereits eine 2. Aufl. erforderlich
wurde. Sie ist in 5 Abteilungen (I. Zum Christusbild
der Väterzeit; II. Christologie und Ökumene; III. Zur Wirkungsgeschichte
des Konzils von Chalkedon; IV. Hermeneu
tik und Christologie; V. Fragen systematischer Christologie)
untergliedert und enthält folgende Beiträge:
I. Die Herrlichkeit Gottes auf dem Antlitz Jesu Christi. Zur Bild-Theologie
der Vüterzeit (Überarb. u. erw. um Teile der berühmten Abhandlung „Der
Logos am Kreuz", 1956, 19-75); Der Gottessohn im Totenreich. Soteriologische
und christologische Motivierung der Descensuslehre in der älteren christlichen
Überlieferung (iiberarb. u. erg., 76-174); .Das Erbe der Söhne Adams"
in der Paschahomilie Melitons. Ein Beispiel griechischer Erbsündelehre aus
frühchristlicher Zeit (neu bearb. 175-197); Maria Prophetin. Eine Studie zu
einer messianisch-patristischen Mariologie (durchges., 198-216) ;
It. Häresie und Wahrheit. Eine häresiologische Studie als Beitrag zu einem
ökumenischen Problem heute (durchges. u. um Anm. erw., 219-244); Das
Scandalum oecumenicum des Nestorios in kirchlich-dogmatischer und theologiegeschichtlicher
Sicht (Überarb., 245-282) i ..Piscatorie" - „Aristotclice". Zur
Bedeutung der »Formel" in den seit Chalkedon getrennten Kirchen (bisher
unveröffentlicht, 283ff).
III. Konzil und Rezeption. Methodische Bemerkungen zu einem Thema der
ökumenischen Diskussion der Gegenwart (durchges., 303-334); Die Rezeption
des Konzils von Chalkedon in der römisch-katholischen Kirche, bisher nur in
Engl, veröffentl. u. d. T. „The Rcception of Chalcedon in the Roman Catho-
lic Church" (umgearb. 335-370) ; Der Neu-Chalkedonismus. Um die Berechtigung
eines neuen Kapitels in der Dogmengeschichte (durchges. u. erg. 371-
385); Auriga mundi. Zur Reichskirchentheologie des sogenannten Codex
Encyclicus (bisher unveröffentl., 386-419);
IV. Hellenisierung - Judaisierung des Christentums als Deuteprinzipien der
Geschichte des kirchlichen Dogmas (durchges. u. in den Anm. erw., 423-488) i
Moderne Hermeneutik und altkirchliche Christologie. Zur Diskussion um die
chalkedonische Christologie heute (durchges. u. erg., 489-582);
V. Vom Symbolum zur Summa. Zum theologischen Verhältnis von Patristik
und Scholastik (durchges. u. teilw. neu bearb., 585-636); Fulgentius' von
Rüspe ..De Fide ad Petrum" und die -Summa Sententiarum". Eine Studie zum
Werden der frühscholastischen Systematik (durchges.. 637-679); Zum Christusbild
der heutigen katholischen Theologie (am Schluß umgearb., 680-715); Das
Mysterium und die Mysterien Christi (durchges , 716-735).
Da „der Grillmeier" längst allenthalben zum Begriff geworden
ist und mittlerweile selbst normal gebildeten Theologiestudenten
- nicht zuletzt dank seiner Vermittlung - das
„Logos - Sarx-" und das „Logos - Anthropos-Schema" ebenso
glatt von der Zunge geht wie einst das Schlagwort vom „Jota-
Streit", braucht an dieser Stelle, wie ich finde, nur mehr das
Proprium, der Eigenwert dieser Aufsatzsammlung im Verhältnis
zu dem Klassiker „Christ in Christian Tradition" im
groben Umriß bestimmt zu werden i
1) Der Vf. hat und nützt hier die Gelegenheit, die Verschränkung
des christologischen Themas (im engeren Sinne)
mit andern theologischen Themen (Anthropologie, Sündenlehre
, Mariologie) aufzuzeigen und die Fragestellung z. B. auf
das Gottesbild oder das Problem des Logosdescensus zu erweitern
. Auch wird in diesen Aufsätzen - nicht nur in dem
bisher unveröffentlichten über die „Reichskirchentheologie
des sogenannten Codex Encyclicus" (III. 4) - stärker auch der
„nichttheologischen" Faktoren der Dogmengeschichte gedacht,
ja sogar eine sozialgeschichtliche Betrachtungsweise nicht a
limine abgewiesen (vgl. 556f), so daß sich hier der Eindruck
einer „gelehrten und vornehmen Stilisierung" der Geschichte5
weniger leicht einstellt.
2) kann sich der Vf. in diesen Aufsätzen über die Darstellung
hinaus der Frage einer zeitgerechten Auslegung der alten
Glaubensaussagen thematisch zuwenden. Dies geschieht sowohl
unter behutsamer Aufnahme der Ergebnisse der historischen
Kritik des Neuen Testamentes als auch im intensiven Gespräch
mit der modernen Hermeneutik bis hin zu Gadamer