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Ausgabe:

1979

Spalte:

832-836

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Titel/Untertitel:

Revolte und Revolution in Europa 1979

Rezensent:

Bräuer, Siegfried

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Theologische Literaturzeitung 104. Jahrgang 1979 Nr. 11

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rief man sich stark auf Autoritäten, aber man halle doch
einen eigenen Standpunkt und traf zwischen den Autoritäten
eine eigenwillige Auswahl. Aber diese Fakten läßt F. beiseite
. Erst bei der Erörterung der Ottonenzeit blickt er pauschal
auf die Karolingerzeit zurück, in der theologische Kontroversen
„so oft und lebhaft ausgefochten worden sind" (181).
Er spricht von einem »Riesenberg an Überlieferung, den die
karolingischen Theologen angesammelt und zusammengetragen
hatten" (181). Die Theologen der Ottonenzeit hätten diesen
Berg endlich gesichtet. Tatsächlich ist aber solche Sichtungsarbeit
auch schon von Theologen der Karolingerzeit und noch
früher geleistet worden.

Es mag vom Thema her naheliegen, daß ein Profanhistoriker
die abendländische Kirche vom 5.-11. Jh. nur in ihrer
Bedeutung für das entstehende ostfränkische Reich sieht und
daher nur ihre Wirkung als Macht- und Bildungsfaktor in
den Blick bekommt. Bei einer so kurzgefaßten Übersichtsdarstellung
muß die Kunst des Weglassens geübt werden.
Aber das Weglassen führt hier zu problematischen Aussagen.
Es sei daher festgehalten: Den Germanen wurde das Christentum
nicht nur „von oben her" gebracht, es haben nicht nur
politische Erwägungen beim Übertritt zum Christentum gewirkt
; Germanen haben das Christentum durchaus eigenständig
aufgenommen, verarbeitet und weitergegeben. Vermutlich
wollte F. das auch gar nicht bestreiten, aber diese
Seite der Entwicklung kommt in seiner hier vorgelegten Darstellung
leider nicht in den Blick.

Rostock Gert Haendlcr

Smolinsky, Heribert: Domenico de' Domenichi und seine
Schrift „De Fotestate Pape et termino eius". Edition und
Kommentar. Münster/W.: Aschendorff [1976). VIII, 494 S.

gr. 8° = Vorreformationsgeschichtlichc Forschungen, 17. Kart.
DM 118.-.

Domenico de' Domenichi (1416-1478), Bischof von Torccllo,
bekannt als Berater des Papstes Pius TL., widmete bereits 1456
den Traktat „De potestate pape et termino cius" dem Vorgänger
des berühmten Humanisten, Calixt III. Domenichi behauptet
hier den Anspruch und bestimmt die Grenzen der
Gewalt des Papstes gegenüber den Bischöfen, den Kardinälen
, dem Imperium, dem Rcgnum und den Fürsten.

H. Smolinsky bietet zunächst (1-309) eine ausgezeichnete
kritische Ausgabe der seinerzeit erfolgreichen Schrift. Herangezogen
wurden etwa zehn Handschriften, als Grundlage
diente der Cod. Vat. lat. 4122. Die Edition ist sauber durchgeführt
und mit den nötigen philologischen und literarischen
Anmerkungen versehen. Das Interesse des Traktates wie auch
der sonst kaum außergewöhnlichen Persönlichkeit seines Verfassers
liegt in ihrem Zeugniswert für die während der zweiten
Hälfte des „hussitischen Zeitalters" erfolgte Restauration des
päpstlichen Prestiges. Domenichi sprach sich für Ordnung und
Lenkung der Welt durch das Haupt der kämpfenden Kirche
auf Erden aus, d.h. für den Papst, in einer geschichtlichen
Stunde, da sich gegenüber dem Imperium Nationalstaaten
loszulösen begonnen hatten.

Der ausführliche Kommentar (313-471) schildert Leben und
Werdegang des Domenichi und seine literarische Tätigkeit,
analysiert erschöpfend das De potestate papae in seinem Inhalt
, geht seinen Quellen nach und vergleicht endlich die
Lehre Domenichis von der zeitlichen Gewalt des Papstes mit
anderen zeitgenössischen Traktaten, die einer ähnlichen
Problematik gewidmet wurden. Für die historische Einordnung
von De potestate papae in die Literatur des 15. Jh.
wurde so das Wichtigste geleistet. Domenichi erweist sich als
treuer Anhänger des Thomas von Aquin. Dabei vermeidet er
eine direkte Auseinandersetzung mit dem Konziliarismus. Die
letzte Grenze der päpstlichen Gewalt stellt ihm das göttliche
Recht, das ius divinum dar, verstanden jedoch als identisch
mit den unantastbaren Grundstrukturen der Kirche.

Prag Amedco Molnär

Croussouloudis, Nicolas: Lcs origines de l'Eglise Latinc de Chio
et les differentes listcs de ses eveques (Kl. 9,1977 S. 338-369).

Degler-Spengler, Brigitte: Observanten außerhalb der Observanz
: die franziskanischen Reformen „sub ministris"
(ZKG 89, 1978 S. 354-371).

Goetz, H.-W.: Die „Summa Gloria": ein Beitrag zu den politischen
Vorstellungen des Honoruts Augustudunensis (ZKC
89, 1978 S. 307-353).

Gönnet, Giovanni: Nuove ricerchc su Gioacchind da Fiort
(Protest. 33, 1978 S. 230-234)

-: II Valdesi e la mistica renana (See. XIII-XIV) (Protest. 33,
1978 S. 137-156).

Laske, Walther: Zwangsaufenthalt im frühmittelalterlichen
Kloster. Gott und Mensch im Einklang und Widerstreit
(ZSRG.K 95, 1978 S. 321-330).

Mees, Lconidas: Die Bibliographie der Franziskanischen
Niederländischen Inkunabeln (FS 60, 1978 S. 62-66).

Papes, Antonio M.: Dottrine politiche nell'etä carolingia e nel
secolo deeimo (Sal. 40, 1978 S. 747-778).

Quinn, John M.: The coneept of time in Giles of Romc (Aug
[L] 28, 1978 S. 310-352).

Ruello, Francis: Bulletin d'Histoire de idees medicvales
(RSR 66, 1978 S. 227-264).

Ryschawy, F.: Die Geschichte des Augustiner-Eremilenklosters
Mariakron von der Gründung bis zu seinem Untergang
(Aug(L] 28, 1978 S. 401-424).

Schlagetcr, Johannes: Wurde die Armulsaufi'assung des Franziskus
von Assisi von der „offiziellen" Kirche schließlich
abgelehnt?(FS 60, 1978 S. 97-119).

De Troeyer, Benjamin: Die Bio-Bibliographia Franciscana
Neerlandica in Beziehung zu einer zukünftigen Franziskanisch
-Deutschen Bio-Bibliographie (FS 60, 1978 S. 55-61).

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Blickle, Peter: Die Revolution von 1525. München-Wien: Ol-
denbourg 1975. 251 S. m. 4 Ktn u. 5 Tab. gr. 8°. Lw.
DM 56.-.

Blickle, Peter [Hrsg.]: Revolte und Revolution in Europa.
Referate und Protokolle des Internationalen Symposiums
zur Erinnerung an den Bauernkrieg 1525 (Memmingen,
24.-27. März 1975). München: Oldenbourg 1975. 334 S. 8° =
Historische Zeitschrift, Beiheft 4 (N.F.). DM 49.-.

Nach der von Günther Franz vor mehr als 40 Jahren vorgelegten
Bauernkriegsdarstellung (10. Aufl. 1975) herrschte
auf dem Arbeitsgebiet der nichtmarxistischen Bauernkriegsforschung
lange Zeit Stagnation. Erst in den letzten Jahren
mehrten sich die Anzeichen, daß die Hauptthesen von Franz
über Ursachen, Ziele und Folgen des Bauernkriegs durch Untersuchungen
zur Agrar- und Regionalgeschichtc, desgleichen
zu den politischen Programmen nicht mehr ohne weiteres
allgemeine Geltung beanspruchen können. Blickle (= B.), der
mit eigenen Untersuchungen an der Überprüfung des langjährig
gültigen Bauernkriegsbildes beteiligt gewesen ist, hat
es jetzt als erster in der nichtmarxistischen Forschung gewagt
, den deutschen Bauernkrieg als Gesamterscheinung von
einem neuen Ansatz aus in den Blick zu fassen. Er beschränkt
sich dabei schwerpunktartig auf die erwähnte Prioritätentrias
Ursachen-Ziele-Folgen.

Nach einem knappen Forschungsbericht stellt er den revolutionären
Gehalt der bislang meist als gemäßigt geltenden
Zwölf Artikel heraus. Sie „waren revolutionär in zweifacher
Hinsicht: konkret durch den Leibeigenschafts-, Zehnt- und
Pfarrerwahlartikcl, grundsätzlich durch die Inanspruchnahme