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Ausgabe:

1979

Spalte:

813-817

Kategorie:

Neues Testament

Titel/Untertitel:

Introduction à la Bible 1979

Rezensent:

Kümmel, Werner Georg

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Theologische Literaturzeitung 104. Jahrgang 1979 Nr. 11

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Schafer, Peter: Prolegomena zu einer kritischen Edition und
Analyse der Merkava Rabba. Anhang: „Das große Siegel"
und „Die furchtbare Krone". Kritische Edition und Übersetzung
(FJB 5, 1977 S. 65-93, 94-99).

Wilson, R. McL.: "Jewish Gnosis" and Gnostic Origins: A
Survey. (HUCA XLV, 1974 S. 177-189).

Neues Testament

Introduction ä la Bible. Edition nouvelle. Tome III. Introduc-
tion critique au Nouvcau Testament sous la direction de A.
George et P. Grelot. Vol. II: L'annonce de l'Evangile, par
X. Leon-Dufour et Ch. Perrot, 320 S., 1976; Vol. III: Les
epitres apostoliques, par J. M. Cambier, M. Carrez, Ch. Perrot
, J. Cantinat, A. Vanhoye, 336 S., 1977; Vol. IV: La tradi-
tion johannique, par M. E. Boismard et E. Cothenet, 327 S ,
1977; Vol. V: L'achevement des Ecritures, par P. Grelot et
Ch. Bigare, 234 S., 1977. Paris-Tournai: Desclec.

1959 erschien, herausgegeben von A. Robert und A. Feuil-
let, der das Neue Testament behandelnde 2. Band einer „Introduction
ä la Bible" (939 S.), über den G. Delling in
dieser Zeitschrift (85, 1960, Sp. 109ff) hauptsächlich unter dem
Gesichtspunkt berichtete, inwieweit bei den katholischen Verfassern
dieser „Einleitung" „eine Gemeinsamkeit des Arbeitens
" mit den Resultaten protestantischer Einleitungswissen-
schaft festzustellen sei (so auch meine Anzeige in ThR, N. F. 27,
1961, 184). Wie stark sich die Situation der neutestament
liehen Forschung seither gewandelt hat, zeigt die auf fünf
Bände angewachsene neue Auflage dieses Werkes, bei der
nicht nur ein protestantischer Theologe (M. Carrez) mitgearbeitet
hat, sondern auch die Kennzeichnung katholischer Literatur
verschwunden ist und die apologetische Auseinandersetzung
mit den nicht mehr haltbaren Entscheidungen der päpst
liehen Bibelkommission nur noch ganz am Rande begegnet.
Von den Mitarbeitern der 1. Aufl. haben X. Leon-Dufour, J. M.
Cambier, J. Cantinat, M. E. Boismard auch in der neuen Auflage
ihren damaligen Beitrag bearbeitet, die meisten Mitarbeiter
sind aber ebenso wie die beiden Hrsg. neu hinzugekommen
. Der die 1. Aufl. abrundende Teil „Einige Hauptthemen
des Neuen Testaments, untersucht im Lichte des Alten
Testaments" ist weggefallen, doch ist ein 4. Band der gesamten
„Introduction ä la Bible" angekündigt, der eine „Introduction
ä la theologie biblique" bieten soll. Formal unterscheidet
sich die neue Auflage auch dadurch von der ersten, dafs
sich am Ende jeden Teilbandes eine die Grenzen von Konfession
und Sprache völlig beiseite lassende Bibliographie zu jedem
Abschnitt des Buches findet, die bis in die allerneueste
Zeit reicht und, von wenigen Versehen abgesehen, ausgezeichnet
und weiterführend ist.

Den vier hier anzuzeigenden Teilbänden 2-5 des 3. Bandes
der „Introduction ä la Bible" (der 1973 erschienene 2. Band
behandelt das Alte Testament, ein noch nicht erschienener 1.
Band in zwei Teilbänden soll „Fragen biblischer Semantik"
behandeln) geht ein erster Teilband mit dem Titel „Au seuil
de l'ere chretienne" voraus, der die griechisch-römische und
die jüdische Umwelt des Urchristentums in befriedigender
Weise behandelt (dieser Band liegt nicht zur Besprechung vor;
s. meine Anzeige ThR 42, 1977, 91). Der 2. T e i 1 b a n d behandelt
die Synoptischen Evangelien und die Apostelgeschichte.
Nach einer kurzen und weitgehend negativen Geschichte der
synoptischen Forschung, innerhalb deren die Dekrete der Bibelkommission
allzu sehr beschönigt werden, behandelt
X. Leon-Dufour zuerst die einzelnen Evangelien in der
Reihenfolge Mk, Mt, Lk mit folgenden Resultaten: Markus
stellte seine Quellen nebeneinander, die Details seiner Erzählung
gehen auf Petrus zurück (das Papiaszeugnis dafür ist
schon um 100 zu datieren), in der Reihenfolge der ersten Hälfte
des Berichts ist aber Matthäus ursprünglicher, weil die Tradition
über die Wirksamkeit Jesu in Galiläa länger flüssig
blieb; das Markusevangelium wurde in Rom zwischen 65
und 70 geschrieben, der unechte Markusschluß 16,9ff bereits

am Anfang des 2. Jh. Matthäus zeigt einen mündlichen Erzählungsstil
, seine Reden vertreten die Heilsökonomie des Gottesreiches
, Mt ist zwischen 80 und 90 in Griechisch abgefafjt
der Name Matthäus erklärt sich möglicherweise daraus, daß
hinter Mt aramäische Quellen stehen, die dem Apostel Matthäus
zugeschrieben werden können. Die Tradition über Lukas
als den Verfasser des dritten Evangeliums ist so alt, daß
sie Vertrauen verdient, Lk ist zwischen 70 und 90 in heidnischem
Gebiet geschrieben. Die sich anschließende Untersuchung
des Verhältnisses zwischen den Synoptikern zeigt,
dafj ein literarischer Zusammenhang zwischen den Synoptikern
sicher besteht, daneben aber auch die mündliche Tradition
eine Rolle spielt. Eine direkte Abhängigkeit der Evangelien
voneinander ist aber unwahrscheinlich; Leon-Dufour plädiert
vielmehr, wie schon in früheren Veröffentlichungen, für die
komplizierten Thesen von M. E. Boismard bzw. A. Gaboury,
nach denen hinter unseren Evangelien vier bzw. drei sich gegenseitig
beeinflussende Quellen gestanden haben sollen. Es
folgt eine klare Darstellung der formgeschichtlichcn und der
rcdaktionsgeschichtlichen Fragestellungen, die durch struktu-
rale Exegese fortgeführt werden sollen (wobei mir freilich
nicht klar geworden ist, inwiefern damit ein Fortschritt über die
Erkenntnisse der Formgeschichte hinaus erzielt werden kann).
Die Behandlung der Synoptiker schließt mit einer methodischen
Erörterung der Bedeutung der Synoptischen Evangelien für
die Kenntnis des geschichtlichen Jesus mit dem Resultat,
daß „geschichtliche Sicherheit niemals mehr ist als Wahrscheinlichkeit
" (234) und daß man Jesus nur „als unergründlichem
Geheimnis begegnen" kann (237). Kann man dem zustimmen,
so habe ich gegen die geschichtliche Beurteilung der Beziehung
zwischen den Synoptikern starke Bedenken, doch kann auch
der anders Urteilende aus der klaren Schilderung der Probleme
viel lernen. C h. P e r r o t sieht in der Apostelgeschichte
eine „religiöse Geschichte" ähnlich den pseudophilonischen
Antiqidtates Biblicae, das zwischen 80 und 95 abgefaßte Buch
wendet sich an die Gläubigen, die Geschichtlichkeit des Berichteten
ist nur von Fall zu Fall erkennbar, und bei Widersprüchen
hat Paulus gegen die Apostelgeschichte Recht. Das
ist alles sehr einleuchtend, und da P. auch andere Anschauungen
gut zu Wort kommen läßt, kann dieser Abschnitt voll
empfohlen werden.

Der 3. Teilband bietet zunächst eine wenig förderliche
Erörterung der Chronologie des Paulus und des literarischen
Charakters der Paulusbriefe mit einigen Bemerkungen über
die Person und die Theologie des Paulus (Ch. Perrot).
J. C a m b i e r behandelt dann die Thessalonicherbriefe und
den Römerbrief, während alle übrigen Paulusbriefe einschließlich
der Pastoralbriefe von M. Carrez dargestellt werden
Bei den sorgfältigen und die theologischen Probleme der einzelnen
Briefe gut charakterisierenden Erörterungen ergibt sich
die Echtheit des 2Thess, die Einheitlichkeit des IKor und die
wahrscheinliche Zusammensetzung des 2Kor, die Abfassung
des Phil zwischen 1. und 2Kor, die Zugehörigkeit nicht nur
von Kap. 16, sondern auch von 16,25-27 zum ursprünglichen
Römerbrief, die paulinische Abfassung des Kol in Caesarea,
die Annahme des Eph als eines Rundschreibens, wobei die
Frage der Abfassung durch Paulus offengelassen wird, was
sogar auch bei den Pastoralbriefen, freilich mit größeren Bedenken
, geschieht. Diesen Ausführungen kann ich weitgehend
zustimmen, auch wenn m. E. die paulinische Herkunft dpi
Doxologie des Rom, von Eph und Pastoralbriefen schwerlich
auch nur diskutabel ist; unbegreiflich ist mir freilich, daß
M. Carrez das unmögliche Prinzip von L. Cerfaux aus der
1. Aufl. übernimmt: „Es ist angebracht, in rein wissenschaftlichen
Arbeiten die Pastoralbriefc nicht ohne bewußte Vorsicht
zu verwenden, ob es sich um die Bestimmung der Theologie
des Apostels oder um die Absicht der Darstellung urchristlicher
Geschichte handelt" (199), und völlig fehl am Platze ist
der Abschnitt S. 119/121 über „Gal in den dogmatischen Streitigkeiten
des 16. Jahrhunderts". Im 2. Teil des 3. Teilbandes
erörtert zunächst A. Vanhoye in recht apologetischer Form
Entstehung (vor 70) und Theologie des Hebr und vertritt dabei
natürlich seine bekannte sehr künstliche Gliederung dieser