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1979

Kategorie:

Kirchengeschichte: Mittelalter

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Neuerscheinungen

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Theologische Literaturzeitung 104. Jahrgang 1979 Nr. 1

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auch ein oder zwei Kartenskizzen zur besseren Veranschaulichung
der kulturellen und literarischen Entwicklungen in
den besprochenen Zeitabschnitten beitragen.

Die vorliegende Besprechung hat sich bewußt auf eine
zunächst objektive und getreue Skizzierung der Literaturgeschichtsdarstellung
beschränkt, um dem Leser ein möglichst
unverfälschtes Bild für ein eigenes Urteil zu vermitteln
. Für fachliche kritische Einzelerörterung wäre zudem
hier nicht der rechte Ort, zumal man des Vf. ausgezeichnete
Kennerschaft der besprochenen Epoche überall spürt. Die
fachliche Auseinandersetzung wird sich m. E. aber vor allem
auf die Gesamtanlage der literaturgeschichtlichen Darstellung
konzentrieren. Ich meine, man sollte den Vf. — schon
um der Einheitlichkeit des Gesamtwerkes willen — darin
bestärken, den eingeschlagenen Weg trotz vielfacher denkbarer
Einwände entschlossen weiterzugehen. Ich halte die
von Br. gewählte Gliederung nach chronologischen und zugleich
das Gesamtwerk eines Autors erfassenden Prinzipien
für richtig, was ein Abgehen von der (seit Gröber2) vorherrschenden
Anordnung nach literarischen Genera ebenso erfordert
wie das Vermeiden allzu trockener und spezialwissenschaftlicher
Darstellung. Die von Br. erreichte Allgemeinverständlichkeit
seines Werkes, das geradezu eine fesselnde
Lektüre zu bieten vermag und trotz seiner weitgehenden
Vollständigkeit eher den Charakter einer lebendigen Vorlesung
als den eines .erschöpfenden' Handbuches (im doppelten
Sinne!) bietet, ist angebracht und wichtig für die
weite Verbreitung und Benutzung, die das Buch sicher über
die engen Fachgrenzen hinaus erreichen wird. Es stellt ein
ausgezeichnetes Hilfs- und Orientierungsmittel für alle
Grade des Interesses am lat. MA. und seiner Literatur dar,
indem es in abgewogenem Verhältnis den Exklusivcharakter
eines fachspezifischen Handbuches vermeidet und dennoch
umfassende Information vermittelt und den Benutzer an
das eigene Studium der mittellat. Literatur(wissenschaft)
heranführt. Da die Bedeutung und das allgemeine Interesse
an dieser neuen Literaturgeschichte mit der zunehmenden
Vollendung des Gesamtwerkes wachsen wird, kann man
den Vf. nicht dringend genug zur baldigen prinzipiell unveränderten
Fortführung und Fertigstellung des gesamten
Werkes gemahnen, damit in absehbarer Zeit endlich eine
moderne umfassende Literaturgeschichte der gesamten lat.
Literatur des MA. zur Verfügung steht.

Leipzig Winfried Trillitzsch

1 Max Manitius, Geschichte der lateinischen Literatur des Mittelalters
, 3 Bde., München 1911-1931.

2 Gustav Gröber, Übersicht über die lateinische Litteratur von der
Mitte des VI. Jahrhunderts bis zur Mitte des XIV. Jahrhunderts; in :
Grundriß der romanischen Philologie, II. Bd., 1. Abt., Straßburg
1902 (Neue Ausgabe 1963 Eidos Verlag München).

Adams, Marilyn McCord: Ockham on identity and distinc-

tion (FrS 36, 1976 S. 5-74).
Benz, K. J.: Kaiser Konrad II. und die Kirche (ZKG 88, 1977

S. 190-217).

Cilleruelo, Lope: La sombra de Enrique de Gante (RAE 18,

1977 S. 341-377).
Erickson, Carolly: The fourteenth-century Franciscans and

their critics (FrS 36, 1976 S. 108-147).
Etzwiler, James P.: John Baconthorpe, „Prince of the Aver-

roists" (FrS 36, 1976 S. 148-176).
Flood, David: The Grundmann Approach to Early Francis-

can History (FS 59, 1977 S. 311-319).
Macken, Raymond: Heinrich von Gent im Gespräch mit seinen
Zeitgenossen über die menschliche Freiheit (FS 59,

1977 S. 125-182).
Mathias, Thomas R.: Bonaventurian ways to god through

reason (FrS 36, 1976 S. 192-232).
Mohan, G. E.: Initia operum franciscalium (XIII—XV s.):

D-H (FrS 36, 1976 S. 95*—181*).

Ost, David E.: Bonaventure: the aesthetic synthesis (FrS 36,
1976 S. 233-247).

Pf äff, Maurus: Zum Gedächtnis des 900. Gründungsjubiläums
des ehemaligen Augustiner-Chorherrenstifts Beuren
1077-1977 (EuA 53, 1977 S. 411-422).

Powell, James M.: The papacy and the early Franciscans
(FrS 36, 1976 S. 248-262).

Rotzetter, Anton: Der franziskanische Mensch zwischen
Autorität und Freiheit. Eine Re-Lectio der Regula non
bullata des hl. Franziskus (FS 59, 1977 S. 97-124).

Ryan, John J.: Ockham's dilemma: Tierney's ambiguous in-
fallibility and Ockham's ambiguous church (JES 13, 1976
S. 37-50).

Schlageter, Johannes: Die Autorität des kirchlichen Amtes
und die evangelische Freiheit. Zur Problematisierung des
päpstlichen Herrschaftsanspruchs bei Wilhelm von Ockham
und Martin Luther (FS 59, 1977 S. 183-213).

Stein, Judith E.: Dating the Bardi St. Francis Master Dossal:
Text and image (FrS 36, 1976 S. 271-297).

Vogels, Heinz-Jürgen: Zur Echtheit der eucharistischen
Schriften Alberts des Großen (ThPh 53, 1978 S. 102-119).

Zumkeller, Adolar: Die Lehre des Erfurter Augustinertheologen
Johannes von Dorsten (t 1481) über Gnade,
Rechtfertigung und Verdienst (1. Teil) (ThPh 53, 1978
S. 27-64).

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Schäfer, Walter: Leonhardus Crispinus. Studien zur Homberger
Reformationsgeschichte 1526-1976. Homberg [1976].
Zu beziehen durch Kirchenkreis Homberg, 3588 Homberg,
Pfarrstr. 13. 92 S. 8°.

Die Arbeit geht dem Leben des Homberger Pfarrers Leonhardus
Crispinus nach, der für die spätere hessische Reformationsgeschichte
von Bedeutung ist. Das Kap. 1 nutzt bisher
unbeachtetes Quellenmaterial, das sich in der Handschriftenabteilung
der Bayrischen Staatsbibliothek fand: 21
Briefe des Crispinus aus den Jahren 1544 bis 1572 an Joachim
Camerarius, der 1541 auf Empfehlung Melanchthons Professor
in Leipzig geworden war. Der Briefwechsel ist überwiegend
„an den speziellen Interessen des humanistischen
Sammlers orientiert" (19). Daneben lassen sich aber auch
einige Hinweise auf das kirchliche Leben in Hessen gewinnen
, zumal im Zusammenhang mit der Generalkirchenvisitation
1566, zu der Crispinus mit herangezogen wurde. Eine
Briefstelle erwähnt kritisch Johannes Flacius Illyricus, der
sich 1572 illegal in Homberg aufgehalten hatte (22 bzw. 42 f.).
Kap. 2 kann es wahrscheinlich machen, daß Crispinus aus
Luckau stammt und nach seinen Studien in Erfurt von
Freunden nach Hessen geholt wurde (51 f.). Dabei fällt
neues Licht auch auf den Kasseler Superintendenten Ky-
meus, dessen Äußerungen über Crispinus aus den Jahren
1532, 1537 und 1542 abgedruckt werden (58-62). Kap. 3 gilt
dem „tertius libellus" der von Camerarius herausgegebenen
Briefe des Eoban Hessus, die 1561 in Leipzig zum Druck
gekommen waren. Schäfer nennt diese Briefe mit gutem
Grunde eine „wertvolle Quelle und Ergänzung zum Thema
Crispinus" (66).

Es ist dem durch zahlreiche Arbeiten zur norddeutschen
Kirchengeschichte bekannten Autor zu danken, daß er in
mühevoller Kleinarbeit eine Gestalt aus der hessischen Reformationsgeschichte
näher erforscht hat. Den 3 Kapiteln
sind umfangreiche Anmerkungen beigegeben. Besonders
wertvoll aber sind die abgedruckten Quellenstücke; sie
könnten die Grundlage für weitere Studien werden.

Rostock Gert Haendler