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Ausgabe:

1979

Spalte:

744-745

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Autor/Hrsg.:

Krause, Gerhard

Titel/Untertitel:

Andreas Gerhard Hyperius 1979

Rezensent:

Rogge, Joachim

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Theologische Literaturzeitung 104. Jahrgang 1979 Nr. 10

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sehe Elemente" waren eben nicht religiös motiviert und sind über
..bürgerliche, politische Tugenden" nicht hinausgekommen (14).
Es wird nicht wundernehmen, daß gerade bei Tertullian ein Text
wie LeV 11.44 (Ego enim sum Dominus Deus vester. Sancti estote
quoniam et ego sanetus sum) von großer Bedeutung ist (2; vgl.
auch S. 18 u. S. 88; und IPetr 1,16!). Dabei sollte man aber nicht
vergessen, daß seine Schrift De exh. cast. zu seinen opera montani-
stica gehört (siehe jetzt T. D. Barnes, Tertullian. A Historical and
Literary Study, Oxford 1971, S. 55). Die von Cancik im Kontext
(127) zitierten Sätze aus der Passio Epipodii et Alexandri finden
sich in Th. Ruinart, Acta martyrum, Regensburg 1859, S. 121; zur
Datierving siehe etwa E. Griffe, La Gaule ehretienne a lY'poque
romaine. I, Paris 1964. S. 155, und in Diot. d'hist. et de geogr.
eceles. 15, 635f.

Der Beitrag von Arnold Goldborg, „Der Heilige und die Heiligen
. Vorüberlegungen zur Theologie des Heiligen im rabbinischen
Judentum" (16-34, Anm.: 142-149) ist inzwischen auch in den
Frankfurter Judaistischen Beiträgen 1976, Heft 4, S. 1-25, erschienen
.

Willy Rordorf, „Zur Entstehung der christlichen Märtyrer-
Verehrung" (35-53; Anm.: 150-168) untersucht das Martyrium
Polycarpi (s. dazu bes. noch Rordorfs Studie Aux origines du culte
des martyrs, Irenikon 45, 1972. 315-331) und die Passio Perpetuae
et Felicitatis. Wenn er hinsichtlich der Passio Perp. et Fei. auf die
übernatürlichen Kräfte weist, die die Märtyrer zum Nutzen der
( laubigen anwenden (48f), so dürfte vielleicht noch betreffs des
Mart. Pol. hinzugefügt werden, daß darin der Märtyrer als eine Art
Sühneopfer dargestellt wird, dennMart. Pol. 14,1 enthält wohl eine
Reminiszenz an Lev 17,4ff; Rordorf, S. 40, zitiert aber - nach
E. Schwartz - zur Stelle nur Sap 3,6. Zum Text des Mart. Pol. sei
bemerkt, daß, im Gegensatz zu den bekannten Sammlungen ausgewählter
Märtyrerakten, der kritische Apparat bei K. Bihlmeyer
- W. Schneemelcher, Die Apostolischen Väter, Tübingen 1956,
S. 120ff. auch für Eusebios' Text sehr ergiebig ist. Eusebios' Hist.
eccl. IV, 15,45 (= Mart. Pol. 19,1) liest übrigens cö; xai. nicht
wate xdi (Rordorf S. 159, Anm. 51, wo auch E5vq>v statt idvcov
zu lesen ist).

H. J. W. D ri j Vers Aufsatz „Spätantike Parallelen zur altchristlichen
Heiligenverehrung unter besonderer Berücksichtigung des
syrischen Stylitenkultes" (54-76. Anm.: 169-179) erscheint in erweiterter
Form in der Festschrift für den Göttinger Syrologen
Weiner Strothmann.

In dem ausführlichen und überaus reichlich dokumentierten
Referat ..Die Theologie des Heiligen in der frühen Kirche" (77 bis
125; Anm.: 180-216) untersucht Georg Kretschmar die theologischen
Hintergründe der Heil igen Verehrung im christlichen Jerusalem
, und bes. die theologische Relevanz des Jerusalemer armenischen
Heiligenkalenders. Sein Aufsatz ist um so wichtiger, als
Kretschmar frühere, von ihm eingenommene Standpunkte mitunter
korrigiert. Den methodischen Ansatz zum Problem der Heiligengestalt
sucht der Autor im späten Mittelalter und in der Refor-
iimtion (CA XXI). Zum Tridentinum. Sessio XXV, ist zu bemerken
, daß es sich nicht um die Gebete. Werke und Hilfe der Heiligen
, sondern um ihre Gebete, Fürbitte und Hilfe handelt (orationes
opem [nicht opera], auxilium, S. 82 nach Conc. oecum. decreta,
Bologna 31973. S.776, 37). Und Petrus Lombardus behauptet in
seinen Sentenzen. IV. üist. 45, 7, nicht, daß die Verdienste der
Heiligen ..für uns Heben" (83), sondern daß sie uns zugute kommen
können (ut merita eorum nobis suffragentur. PL 192. 950, nicht
PL 191. 440!).

Redaktionell hätte dieser Band der Reihe OIKONOMIA sorgfältiger
betreut werden können. Die Seitenzahlen der Manuskripte
hätten angepaßt werden können, Abkürzungen, die nicht jedem
verständlich sind, hätten vermieden werden können, und die Herkunft
der Zitate hätte immer angegeben werden müssen. Viele
Druckfehler hätten leicht korrigiert werden können. Im Inhaltsverzeichnis
erscheint der Name von H. Cancik gleich zweimal als
H. Canzik.

Die verschiedenen Beiträge zur Tagung, bei der übrigens (s.
S. 193. Anm. 42) auch G. Wiessner ein Referat über „Die Entstehung
des Begriffes des Heiligen und seine Gestalt nach frühen
syrischen Quellen" gehalten hat, ergänzen sich gegenseitig. Das
Thema ist vorzugsweise dazu geeignet, theologische, religionswissenschaftliche
, historische, archäologische und ikonographische
Aspekte des frühen Christentums zu beleuchten und miteinander
in Zusammenhang zu bringen. Und nicht nur deswegen ist diese
Veröffentlichung eine Herausforderung.

Nijmegcn A. J. M. Davids

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Krause, Gerhard: Andreas Gerhard Hyperius. Leben - Bilder -
Schriften. Tübingen: Mohr 1977. VIII. 175 S., 12 Taf. gr. 8° =
Heiträge zur historischen Theologie, 56. Lw. DM 58,-.

Dieses Buch ist noch nicht die in sich geschlossene Hyperius-
Biographie, es enthält jedoch wichtiges, unverzichtbares Material
für eine solche. Hyperius (1511-1564), Theologe, Humanist. Verfasser
grundlegender Werke zur Begründung der Praktischen Theologie
als Disziplin, fand in der Vergangenheit eine ganze Reihe von
Biographen, deren Zugehörigkeit zur Katholischen Kirche oder zu
den Kirchen der Reformal ion die Darstellung prägte, ohne daß eine
gemeinsame Sicht versucht wurde. Krause legt Quellen vor und
außerdem Materialien, die einen ausgezeichneten Zugang zum
Lebenswerk des flandrischen Gelehrten, der von 1541-1564 als
Professor in Marburg wirkte, ermöglichen.

Das vorliegende Buch ist gewissermaßen eine Unterwegs-Station
zwischen einem relativ umfangreichen Forschungsbericht (Andreas
Hyperius in der Forschung seit 1900, ThR 34, 1969, 262-341) und
einer Briefe-Edition, die wissenschaftliche Verläßlichkeit für eine
Biographie genauso mit gewährleisten helfen soll wie das in dem
hier anzuzeigenden Band vorgelegte Instrumentarium. Der Vf.
untergliedert dreifach: Biographie, Ikonographie, Bibliographie.

Hinsichtlich des biographischen Teils wendet sich Krause dem
Abdruck und der Übersetzung (10-47) sowie der ausführlichen
Kommentierung (48-89) eines Quellentextes zu, der bereits für
seine Vor-Arbeiter von hohem Rang war. Es handelt sich um die
„Oratio de vita ac obitu D. Andreae Hyperii", am 27. 2. 1564 von
dem Hyperius-Schüler und Professor Wigand Orth vor einer akademischen
Zuhörerschaft in Marburg gehalten. Der Herausgeber
und Kommentator mißt dieser Gedenkrede nun seinerseits einen
bedeutenden Stellenwert für das Verständnis des Lebenswerkes
von Hyperius zu, obwohl der Redner vor seinem gelehrten Publikum
sich äußerster Zurückhaltung über „Hyperius' Konfessions
Zugehörigkeit" befleißigt (8). Ein Biograph aus dem 19. Jh. (v.
Rommel) weist darauf hin, daß des Hyperius „Ruhm durch den
Parteieifer der Lutheraner so lange verdunkelt werden konnte und
daß seine besten Schriften selbst von Katholiken des 16. Jh. nachgedruckt
wurden" (a. a. O.). Die „merkwürdige Transkonfessionali -
tät" (9) ist in der Geistigkeit des Erasmus begründet. Hyperius'
Theologie, die eine Neigung zum schweizerischen Reformiertentu m
(6) erkennen läßt, ist stark biographisch motiviert.

Die Erläuterungen zur Gedenkrede mit ihren minutiösen und
ganz einfach lehrreichen Einzelauskünften sind ein hervorragender
Grundstock für eine Lebensbeschreibung des Hyperius. Sie haben
ihren Wert teilweise schon in sich, auch abgesehen von direkten
Anmerkungen zu Personen und Sachverhalten. Dafür gebührt dem
Verfasser ein besonderer Dank.

Im zweiten Teil stellt Krause zwölf Abbildungen des Marburger
Professors vor, die zwischen 1564 und 1743 entstanden sind. Generelle
Bemerkungen zum Gelehrten-Porträt des 16. und 17. Jh. und
Einzelausführungen zu den aufgenommenen Bildern geben weitere
Aufschlüsse über Hyperius (91-124). Der Vf. weist den abgedruckten
Bildnissen ihren Platz in den zeitgenössischen Gelehrtenporträt
-Sammlungen (91) zu und erkennt ihren hohen biographischen
Wert in symbolischen personcharakterisierenden Beigaben,
die u. a. durch Epigramme (97) ergänzt werden. Auch Hyperius-
Bildern sind „Kurzbiographien und Elogien" beigefügt (109).

Der dritte Teil wird durch eine ausgedehnte Bibliographie ausgefüllt
(125-167), die den üblichen Rahmen der Mitteilung von
Buch- und Aufsatztiteln weit überschreitet. Es wird eine Geschichte
der „Hyperius-Werke" (126) geboten, die das Verzeichnis
der befragten Bibliotheken genauso bietet wie die lange Liste der