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Ausgabe:

1979

Spalte:

735-736

Kategorie:

Judaistik

Autor/Hrsg.:

Neusner, Jacob

Titel/Untertitel:

Talmudic Judaism in Sasanian Babylonia 1979

Rezensent:

Stemberger, Günter

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Seite 1

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Theologische Literatnrzeitung 104. Jahrgang 1979 Nr. 10

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Texte und des gesamten Komplexes ergibt, daß die Tradition über
die Große Versammlung in spät-tannaitischer Zeit in Uscha entstanden
ist. wo man sich sehr um eine ununterbrochene Traditionskette
für die mündliche Tora besorgte. Wenig später wurde die
Große Versammlung von den frühen Amoräern mit der Gruppe
von Nehemia 9 identifiziert, woraus unschwer ihre Tätigkeit in
liturgischer und literarischer Hinsicht abgeleitet wurde. Dieser Ertrag
erscheint mager, verglichen mit dem der meisten Autoren, die
sich phantasievoll mit diesem Thema befaßt haben, besonders
wenn man berücksichtigt, daß auch die hier vorliegenden Ergebnisse
nicht als unumstößlich, sondern als wahrscheinlich hingestellt
werden. Sie haben aber den Vorzug, verläßliche Bausteine zu sein,
aus denen, wenn genügend Arbeiten dieser Art vorliegen, eine Rekonstruktion
der historischen Verhältnisse versucht werden kann.

Tübingen ReinboM Mayer

Neusner, Jacob: Talmudic Judaism in Sasanian Babylonia. Essays
and Studios. Leiden: Brill 1976. XII, 187 S. gr. 8° = Studios in
Judaism in Late Antiquity, XIV. Lw. hfl. 80,-.

Der vorliegende Sammelband Neusners enthält zehn Arbeiten,
von denen neun zwischen 1966 und 1972 veröffentlicht und hier nur
leicht revidiert worden sind, sowie einen Anhang von B.M.Bokser,
Talmudic Names of the Iranian Festivals (178-180). Der erste der
Aufsätze, die weithin an Neusners History of t he Jows in Babylonia
anknüpfen, behandelt den babylonischen Talmud als historisches
Dokument (3-12). Die Warnung N.s vor einer unkritischen,
von den Interessen des Historikers bestimmten und steinbruchartigen
Auswertung des Talmud sowie vor einem unkontrollierten
Vertrauen in eine über lange Zeiten unverfälscht bewahrende Tradition
ist leider immer noch nicht überflüssig, ebenso auch sein
Plädoyer für eine entsprechende Auswertung der Archäologie zu
einer Geschichte des rabbinischen Judentums (Archaeology and
the Study of Babylonian Judaism. 13-24). Tn „The Religious Uses
of History" (25-45) untersucht N. die rabbinische Reaktion auf
geschichtliche Katastrophen, dabei die Situation in Palästina nach
70 mit jener nach Beginn der Sassanidenherrschaft in Babylonien
vergleichend.

Besonderes Interesse verdienen die fünf folgenden Aufsätze, die
dem Phänomen des Rabbi gewidmet sind, diesen als ,,Heiligen",
innerhalb der rabbinischen Gemeinschaft, im Vergleich mit dem
Magier sowie in seinem Verhältnis zu Gemeinschaft, und Exilarch
zeichnen (46-135). Zwar ist das meiste dieser Aufsätze auch in der
History nachzulesen; doch bietet X. hier eine sehr willkommene
Zusammenfassung, die zu einer realistischen Einschätzung des
Rabbi und seines Einflusses in der Welt des rabbinischen Babylonien
hilft.

Neu ist der Artikel „How much Iranian in Jewish Babylonia?"
(139-149), wie schon der Titel zeigt, an S. laeberman's ..How much
Greek in Jewish Palestine" orientiert. Die Antwort auf die Frage
ist allerdings lange nicht so ergiebig wie für Palästina. Wie N. zeigt,
beherrschen die Rabbinen im allgemeinen nicht die porsiseho Sprache
; der Talmud verrät keine über die Oberfläche hinausgehende
Kenntnis der persischen Religion; sogar der Kalender ist nur dort
bekannter, wo er das Steuerrecht berührt und daher auch dio Juden
persönlich betrifft. Insgesamt ergibt sieh der Eindruck, daß das
babylonische Judentum viel mehr von seiner kulturellen Umwelt
abgeschlossen war. als dies vom palästinischen Judentum in talmudischer
Zeit gesagt werden kann.

Der letzte Aufsatz untersucht das Verhalten der Juden Babylo-
niens während der Christenverfolgung Schapurs in den Jahren 339
bis 379: eine jüdische, wenn auch nicht näher best immbare Beteiligung
in den Christenverfolgungen ist nur für das Martyrium des
Bischofs Simeon von Seleucia-Ktesiphon anzunehmen. Hier ist den
christlichen Quellen zu glauben, weil die persischen Martyrologien
im Gegensatz zu den westlichen Märtyrererzählungen (man denke
an Tertullians Satz, die Synagogen seien Keimstätten der Christenverfolgung
) nicht stereotyp ständig die Juden der Mitwirkung an
den Verfolgungen beschuldigen.

Der Band ist eine willkommene Ergänzung zu N.s Geschichte
der Juden in Babylonien, insofern er einige wesentliche Themen

glücklich zusammenfaßt und somit auch jenen einen Zugang ermöglicht
, die violleicht nicht die Geduld und Zeit aufbringen, die
fünfbändige Geschichte durchzuarbeiten.

Wien Günter Stembergcr

Davis, R. P. and Chilton, B. D.: The Aqedah: A Revised Traditon

History (CBQ 40. 1978 S. 514-546).
Grinö, R.: El Meturgeman de Rlias Lesita y el 'Aruk de Natän Bon

Yehiel como fuentes de la lexicografia targi'imica (Bibl 00. 1979

S. 110-117).

Lux, Rüdiger: Vom Getto zum gelobten Land. Die theologische

Bedeutung des Landes im Alten Testament und im Zionismus

(ZdZ 1978 S. 390-400).
Maechler, Winfried: Altes Testament, jüdische Qeschichte und

Zionismus (ZdZ 1978 S. 382-386).
Mealand, David L.: Philo of Alexandria's Attitüde to Riehes

(ZTSW 69, 1978 S. 258-264).
Pummer, Reinhard: New Evidcnoo for Samaritan Chrwtianityi

(CBQ 41, 1979 S. 98-117).
Robinson, P.A.: To Stretch out the Feet: A Formula for Doath in

the Testaments of the Twelve Patriarchs (JBL 97. 1978 S. 369

bis 374).

Stone, M. E.: The book of Enoch and Judaism in the Third Century
B. C. E. (CBQ 40, 1978 S. 479-492).

Weinrich, Michael: Dialog jenseits von Antisemitismus und Philo-
semitismus. Eine Problemskizzo (DtPfrBl 78, 1978 S. 652-656).

Neues Testament

Agrell, Göran: Work, Toil and Sustenance. An Examinat ion of the
View of Work in the New Testament, Taking into Consideration
Views Found in Old Testament, Intertestamental, and Early
Rabbinic Writings. Übers, v. S.Westerholm. Hagersten: AB
Verbum, Hakan Ohlssons; Land: Studentlitteratur [19761. IX.
261 S. 8°.

Diese in Lund eingereichte theologische Dissertation über
„Arbeit, Mühe und Lebensunterhalt" begründet ihre Aktualität
aus modernen Interpret ationen der Arbeit (der Mensch als „Produ -
zent", der sich durch Arbeit seine Wolt schafft). Der Vf. fragt, wie
vom biblischen Denken her das ungebrochene Verständnis der Arbeit
in der Gegenwart zu beurteilen ist. Vor allem auf der Grundlage
des Neuen Testaments versucht er diese Frage zu beantworten
, meint aber, daß die Basis der Untersuchung darüber hinaus
erweitert werden müsse und wählt als Ausgangspunkt (c. 1) das
Alte Testament, welches das „ideologische Quellenmaterial" für
dio noutestamentliehon Schriften bereitstollte, genauer: die Peri-
kope (Jen 2,4b-3,24, deren Verständnis der Arbeit auch für das
spätere Judentum und Christentum maßgebend gewesen sei (4).
Darauf folgt oine Untersuchung von ausgewählten alttestament-
lichen Texten, die als repräsentativ erscheinen. In c. 2 wendet sich
der Vf. der „intertestamentarischen" Überlieferung, d. h. den alt-
testamentlichen Apokryphen und Pseudepigraphen, danach den
rabbinischen Schriften (c. 3) zu; die letzteren werden soweit als
möglich entsprechend ihrer historischen Reihenfolge herangezogen.
Der Schwerpunkt liegt auf einer Analyse von ausgewählten neu-
testamentlichen Texten: synoptische Evangelien (bes. Mt 6,25-34
par), paulinische Briefe (bes. IThess 4,9-12; IKor 9,1-27). Dcu-
feropaulinen bzw. nachpaulinische Tradition (2Thess 3,6-15; Eph
4,28; Apg 20,33-35; Pastoralbriefe). Die genannten Texte unterwirft
der Vf. einer dreifachen Fragestellung, indem er die Beziehung
der Arbeit zu 1. dem „menschlichen Dienst gegenüber Gott",
2. dem „menschlichen Lebensunterhalt" und 3. der ..Mühe" bzw.
dem „Leiden" des Menschen untersucht.

Wie gesagt, basiert die Ausführung im einzelnen auf einer Exegese
von Gen 2,4b-3,24. Hier wird ein doppelter Aspokt der Arbeit
herausgestellt: einerseits positiv als „Vorwaltung und Meisterung
der Gaben Gottes", wie sie Adam im Garten Eden aufgetra-