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Ausgabe:

1979

Spalte:

47-49

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Cope, Oliver L.

Titel/Untertitel:

Matthew 1979

Rezensent:

Suhl, Alfred

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Theologische Literaturzeitung 104. Jahrgang 1979 Nr. 1

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Rom 1,4; 2Kor 3,17; Gal 3,11; sonst auch Joh 1,18 und
Apg 3, 25 f.). Die Auferweckung Christi ist für ihn nach Gal
1,1 und IPetr 1, 21 durch die Tat des Geistes geschehen (86).
Die Christologie wird durchgehends den Redestücken der
Apg entnommen. Soweit die Ew. und die Briefe hierzu herangezogen
werden, dienen sie lediglich illustrativ. Die Apg
ist „das fünfte Evangelium" (114 Anm. 20 und 115). Apg 2, 29
bis 36 ist ältester (sie!) Beleg, daß Christus der Geber des
Geistes an die Apostel sei. Apg 13, 23—29 wird als „paulini-
sche Perikope" gesehen und exegesiert. In Rom 1,4 wird
die Christologie des Eph und Kol hineininterpretiert. Christus
ist seit der Auferstehung Sieger im Kampf um den Kosmos
. Von daher rührt der Trend, universalistisch im Kosmos
bereits jetzt überall die neue Zeit zu sehen. Die „Apokata-
stasis" (Vulgata: restitutio) ist das Ziel der Welt- und Heilsgeschichte
. Und wir sind bereits weit auf diesem Wege vorangekommen
(115, 128, 130, 149). Deshalb ist die futurische
Eschatologie gegenüber dem heutigen Augenblick, in dem
der Geist wirkt, ohne Belang (90, 94, 148 Anm. 53, 135). Dieser
Universalismus wird mit Apg 3, 25 belegt, wo der Vf.
bei aller sonstigen Gelehrsamkeit weder die einzelnen
Weissagungen an Abraham noch die Texte der LXX miteinander
vergleicht. Der Universalismus, wie er vom Vf.
verstanden wird, hat kaum im Gottesbild des AT, geschweige
in der Christologie in den Hauptzeugen des NT
eine Stütze.

Der Geist als gesonderte, stetig wirkende Dynamik, also
als immer gegenwärtige Person, ist so kräftig in den Vordergrund
gerückt, daß die Unberechenbarkeit Gottes —
quando et ubi visum est Deo — nicht mehr gesehen wird. Im
Gesamtbild des Vf. ist Christus hier nicht mehr gegenwärtig
, nur der Geist übt das Regiment. Selbst die verklausulierte
Formel des Heidelberger Katechismus, Art. 48 (das
sog. extra Calvinisticum) hätte im System des Goitia keinen
Raum mehr.

Die Notierung einiger Wünsche, mancher Ungereimtheiten
und gelegentlicher Falsa oder Druckfehler (bei einem
so umfassenden Opus nicht verwunderlich) mag hier unterbleiben
, da dieser Band kaum in deutsche Bibliotheken eingestellt
werden dürfte. Er wird aber sehr dankbar entgegengenommen
, da er ein überaus wichtiges Zeugnis zeitgenössischer
iberischer Theologie ist, um so wichtiger, als ganz
fest umrissene Vorstellungen von Sendung und Heil hierauf
aufbauen (vgl. nochmals die Besprechung ThLZ 101, 1976
Sp. 433 f.).

Bremen Walter Nagel

Cope, O. Lamar: Matthew. A Scribe Trained for the Kingdom
of Heaven. Washington, D. C: The Catholic Biblical
Association of America 1976. IX, 142 S. gr. 8° = The Catholic
Biblical Quarterly. Monograph Series, 5. $ 3,—.

Vf. will mit seiner bereits 1971 abgeschlossenen und erst
Jetzt nahezu unverändert veröffentlichten Dissertation
(Union Theological Seminary) einen Beitrag zur Verbesserung
der redaktionsgeschichtlichen Methode liefern. Diese
sei bisher unzureichend, wie die Vielfalt divergierender Ergebnisse
insbesondere zum Mt-Ev zeige (Kap. 1 „Introduc-
tion", 1 f.). Für eine bessere Methode sei vor allem die Unabhängigkeit
der Redaktionskritik von jeglicher Quellentheorie
erforderlich, da sonst die Scheidung von Tradition
und Redaktion, eine der Hauptaufgaben der Redaktionskritik
, in unzulässiger Weise von einer anderen Methode
vorentschieden werde.

Vf. lehnt es daher ab, die Zwei-Quellen-Hypothese als Arbeitsgrundlage
vorauszusetzen, zumal diese in jüngster Zeit erneut ernsthaften
Bedenken begegne (5 f.). Abgesehen davon, ob diese Bedenken
tatsächlich begründet sind, ist es Jedenfalls berechtigt und
notwendig, die innere Struktur des ganzen Mt- (oder Lk-)Ev oder
von Teilen derselben ohne Rücksicht auf die Herkunft der Stoffe (und
mehr besagt die Zwei-Quellen-Hypothese doch nicht!) zu erheben.
Insofern bringt Vf. nichts Neues. Die Ablehnung der Zwei-Quellen-
Hypothese ist keine notwendige Voraussetzung für seine Redaktionskritik
, wohl aber für seine Ergebnisse. Diese müßten jedoch
überzeugender ausfallen, um ihrerseits die Zwei-Quellen-Hypothese
in Frage stellen zu können.

Als angeblich neue Methode schlägt Vf. vor (6-9), nach
einer ersten Übersicht über die Stoffe eines Abschnitts, wobei
auf die Herkunft aus verschiedenen Quellen keine Rücksicht
zu nehmen sei, rein immanent die Struktur desselben
zu erheben. Dieser ,process of linear reading' bedürfe freilich
sorgfältiger Kontrollen. Deren stärkste sei „the evidence
of a demonstrable logical pattern of Organization" (7) sowie
gegf. der Nachweis, daß eine Quelle zugrunde liegt, wobei
im Falle des Mt-Ev freilich weniger an Mk und Q als vielmehr
an das AT zu denken sei (8). Freilich erkennt Vf., daß
er damit allein noch nicht notwendig auf der Ebene der Redaktion
argumentiert; diese wird vielmehr erst mit dem
Nachweis von spezifisch redaktionellem Sprachgebrauch
erreicht (ebd.). Die Anwendung dieser wahrlich nicht umwerfend
neuen Methode auf das Mt-Ev (9 f.) zeigt, worauf
Vf. eigentlich hinaus will: Ausgehend von Kr. Stendahls
„The School of St. Matthew" (Philadelphia n968) will er den
Nachweis führen, daß strukturelle Beziehungen zwischen
einigen der AT-Zitate und ihrem unmittelbaren Kontext
bestehen. Diese seien vom judenchristlichen Endredaktor
gewollt, der damit seine profunde Kenntnis nicht nur des
AT (MT und LXX), sondern auch der jüdischen Auslegungstradition
unter Beweis stellt und sich somit als „ein Schriftgelehrter
, der für das Reich der Himmel unterrichtet ist",
erweist (10).

Durchgeführt wird die Untersuchung in drei Abschnitten.
Dabei wird in Kap. 2 (11—83) in 6 Unterabschnitten der
Nachweis versucht, daß Mt 13,1-52; 12; 15,1-20; 9,10-34;
11, 7-15 und 10, 34-39 jeweils nach den AT-Zitaten als
,mid-point texts' strukturiert sind. Kap. 3 (84—94) untersucht
die Funktion anderer AT-Zitate im Mt-Ev. Dabei werden
hier gemäß der Problemstellung in der Einleitung die
Belege vorgeführt, an denen das AT-Zitat ohne erkennbaren
Einfluß auf die Struktur des Kontextes bleibt.

Dazu zählt Vf. die AT-Zitate in den Antithesen der Bergpredigt
sowie in den Streitgesprächen, wo sie lediglich als .stepping stones'
dienen, aber auch Belege wie u. a. 3, 3; 4,15 f. und 8, 17. Spätestens
hier hätte Vf. jedoch merken dürfen, daß seine Fragestellung dem
Gegenstand nicht angemessen ist. Sie läßt weder erkennen, daß erst
Matthäus von einem festen Wohnsitz Jesu in Kapernaum weiß (vgl.
Strecker: Der Weg der Gerechtigkeit. Göttingen 1962, S. 96 f.), noch
erklärt sie die zielstrebige Redaktion des Abschnitts 8, 1—17. Das Ergebnis
, Matthäus habe in diesen Fällen „not used the OT in a way
which teils us any more about him than that he is fond of uslng
filfilment texts" (85) bleibt viel zu oberflächlich.

Kap. 4 (95-120) zeigt, daß sich neben den direkten Zitaten
und deutlichen Anspielungen ein ganz andersgearteter Einfluß
des AT darin zeige, daß ganze Perikopen (freilich auch
schon vor Mt) nach at.lichen Abschnitten gestaltet wurden.
Für diesen Fall sei freilich nicht nur „exaet and fairly extensive
evidence in the NT text of the underlying OT passage"
notwendig, sondern darüber hinaus müßten die Anspielungen
„be shown to have a cumulative logical relationship to
the strueture of the passage itself" (95). Diese Bedingungen
seien erfüllt in den Perikopen von der Sturmstillung (Jon 1),
der (matthäischen) Verklärung (Ex 24; 34), der (matthä-
ischen) Kreuzigung (Ps 22) und vom (matthäischen) Gespräch
mit dem reichen Jüngling (Prov 3,35; 4,2.4; 28, 10).

Kap. 5 (121—130) formuliert die Ergebnisse, wobei Vf. natürlich
seine These (s. o. zu S. 10) vollauf bestätigt findet,
darüber hinaus aber auch zur Absicherung seiner These,
freilich ohne erkennbaren Zusammenhang mit den vorangehenden
Analysen die Abfassungszeit des Mt-Ev näher zu
bestimmen sucht: Matthäus ist ein Judenchrist, der wegen
der Anspielung auf die Zerstörung Jerusalems Mt 21, 41—45
nach 70 geschrieben haben muß. Wenn er nicht als Flüchtling
in einer heidenchristlichen Gemeinde lebte, muß er in
der leidvollen Zeit angesiedelt werden, in der sich die Kirche
vom Judentum zu trennen begann und in heftigen Auseinandersetzungen
mit den Pharisäern stand. Dafür spreche
neben dem apologetischen Ton z. B. in 15,1—20 der durchaus
jüdische Charakter dieses Evangeliums. Die Heidenmission
werde zwar anerkannt, aber rassistische Vorwürfe
gegen die Heiden würden noch nicht durchweg als unzulässig
angesehen (127). Mt 21,43 spreche nicht dagegen, da nicht