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Ausgabe:

1979

Spalte:

45-47

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Goitia, José de

Titel/Untertitel:

La fuerza del espíritu 1979

Rezensent:

Nagel, Walter

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Theologische Literaturzeitung 104. Jahrgang 1979 Nr. 1

4ii

Neues Testament

Goitia, Jose de: La fuerza del espiritu. Pneuma-Dynamis.
Bilbao: Universidad de Deusto; Bilbao: Mensajero 1974.
253 S. 8° = Teologia de Deusto, 6.

Jose de Goitia hatte bereits in seiner früheren Untersuchung
über die Auferweckung Jesu und die Erscheinungen
des Auferstandenen eine weitere Veröffentlichung angekündigt
(Teologia de Deusto, Bd. 5, S. 117, vgl. ThLZ 101, 1976
Sp. 433 f.). Er sagte dort, der Verfasser der Apg habe in seinem
Entwurf das Ende der Erscheinungen des Auferstandenen
und damit den Beginn des Zeitalters des Geistes festgestellt
. Dieses Zeitalter ist mit der historisch-heilwirken-
den Phase der Kirche identisch (a.a.O. 114). Die hier nun
anzuzeigende Veröffentlichung (zu deutsch: Die Gewalt des
Geistes; deutlicher: Die stetige Dynamik des Geistes) schließt
sich, obschon früher erarbeitet, der Sache nach unmittelbar
an. Ja, sie macht das in Bd. 5 zu erkennende Sendungs- und
Heilsbewußtsein erst recht deutlich. Deshalb handelt es sich
in Bd. 6 nicht etwa um einen Versuch, der auch im spanischsprechenden
Teil der katholischen Kirche erhebliche Punktgewinne
verbuchenden Pflngstbewegung einen kirchlichen
Kontext gegenüberzustellen, um dieselbe abzublocken.

Der Vf. stellt seine Arbeit vielmehr in den weitgespannten
Rahmen neuerer innerkatholischer Diskussionen über
die Trinität. Im Mittelpunkt derselben steht die „Erklärung
für die Bewahrung des Glaubens im Hinblick auf neuere
Irrtümer über die Geheimnisse der Inkarnation und der Hl.
Dreifaltigkeit", erlassen 1972 von der Congregatio de Fide.
Dabei ist vornehmlich an „die ewige Existenz des Hl. Geistes
als gesonderte göttliche Person neben dem Vater und
dem Sohne" gedacht. Als wichtigste deutschsprachige Beiträge
seien genannt: Hermann, I., Kyrios und Pneuma, München
1961; Mühlen, H., Der Hl. Geist als Person in der Trinität
, Münster 1963; ders.: Una mystica Persona, Münster
1964. Die Stellung des Geistes zum Sohn und zur Kirche, also
die erste Aussage des 3. Artikels in ihrem Verhältnis zum
2. Artikel des Credo und zu der zweiten Aussage des 3. Artikels
ist umstritten. Einerseits wird die Identität von Kyrios
und Pneuma (2Kor 3,17) behauptet. Andererseits wird versucht
, Christologie und Ekklesiologie energisch voneinander
zu trennen. Die Formel, die Kirche als der Leib Christi sei
die mystisch-organische Verlängerung des Christus in die
Zeit hinein, wird verneint, weil sie die saubere Trennung
der zweiten und dritten Person der Trinität verhindere.
Goitia führt seinen Beweis für die gesonderte göttliche Person
des Geistes in der ihm eigenen, profunden exegetischen
Methode unter Verzicht auf patristische und dogmatische
Erkenntnisse der Kirche. Er findet im AT keinerlei Beweis
für die zu verfechtende Sache; er geht jedoch nicht auf die
Frage ein, ob die Trinität als solche, also unter Absehung
von der personalen Eigenständigkeit des Geistes vielleicht
zu erkennen sei. Er verzichtet damit auf die Requisiten
nichthaltbarer Positionen. Und das ist richtig. Im NT findet
er aber die gesuchten Beweise, wenn auch nicht im ganzen
Bestand des NT. Die Synoptiker scheiden für ihn aus.
Mt 28,19 käme seinen Intentionen nahe, er setzt aber den
Rotstift an: hier liege ein Fehler der griechischen Übertragung
des zuvor aramäisch geschriebenen Textes vor. Ganz
sicher ist er seiner Sache bei 2Kor 13,13, im Johannes-Prolog
und bei den Parakleten-Sprüchen Joh 14—16. Diese
Nachweise der gesonderten göttlichen Person des Geistes
sind wohl nicht groß an Zahl, lassen sich jedoch nicht eliminieren
und führen mit Notwendigkeit zur Formulierung
des Dogmas der Trinität. Mit diesem Satze löst sich der Vf.
von einer Grenze, die er unermüdlich für die Ermittlung der
Tatsachen von AT und NT feststellt: kirchliche und philosophische
Kategorien sind für die Exegese unbrauchbar (63,
97, 167, 209, 211 u. ö.). Er läßt den Leser nicht wissen, wieso
dort, wo es sich um die gesonderte göttliche Person des Geistes
handelt, das Ergebnis der Exegese Ausgangspunkt und

Norm der Dogmen- und Bekenntnisbildung sein kann. Er
stellt nur fest, daß die Person des Geistes Christus und seine
Kirche miteinander verbinde, aber auch die Zeitalter von
Christus und der Kirche trenne.

Damit tritt der Geist überaus deutlich in den Vordergrund.
Er ist die „Kategorie der Gegenwart", ein gern aufgenommener
Satz von H. D. Wendland (147). Er füllt den Zeitraum
zwischen dem heutigen Augenblick und der eschatologischen
Zukunft (148). Wir leben jetzt mitten „in der Aktion des
Geistes", der der Geist des verherrlichten Christus ist (105).
Jede Tätigkeit des christlichen Lebens ist eigene und bestimmte
Tat des göttlichen Geistes (204). Ja, es heißt dann:
„Gott ist Aktivität, und jede Aktivität ist von Gott", — unter
Berufung auf Maurice Goguel (32, 43); nach Meinung des
Rez. eine falsche und gefährliche Wendung.

Der Vf. sieht, um die eine Hauptlinie der Wirksamkeit des
Geistes in den Einzelzügen zu beschreiben, die vielen Bereiche
des inneren, moralischen Lebens und die Mithilfe an
der Erbauung des Leibes Christi, also der Kirche (165 f. nach
IKor 14,5). Hierdurch soll es zur Umwandlung des natürlichen
Menschen kommen, bis er dem Vorbild Christi
gleiche: da ist der Geist das schaffende Medium (123, 137).
Der Geist wird dem Menschen im Sinne der wörtlich verstandenen
gratia infusa in der Weise einer „Injektion"
(inyecta, 143) mitgeteilt. Die andere Hauptlinie der Wirksamkeit
des Geistes und für den Vf. wohl die wichtigere, ist
analog der Berufung der Richter, Propheten und Könige des
AT als „Funktion" beschrieben und betrifft die Leitung der
Kirche (117, 123). Diese Funktion wird nun auf die Apostel,
und nur auf sie allein bezogen. Die Belege des Vf. sind sämtlich
der Apg entnommen. Eine Alternative: Geist oder
Apostel, ist nicht vorstellbar (98). Die Wahl, die Belehrung
und die dann folgende Tätigkeit der Apostel ist durch den
Geist erfolgt. Soweit Jesus das alles eingeleitet oder veranlaßt
hat, tat er das nicht unmittelbar durch seine Person,
seine Gegenwart, sondern immer mittels des ihm in der
Taufe durch Johannes vermittelten Geistes. Diese Taten des
Geistes sind bis in alle Zeiten hinein konstitutiv und nicht
veränderlich (96—98). In diesem Zusammenhang ist ausführlich
von der Handauflegung die Rede. Sie wird allein
für das Sakrament der Priesterweihe als gültig und vollziehbar
angesehen, während der Vollzug bei der Firmelung
abgelehnt wird (159—163). Wenn von einem Charisma die
Rede sein kann, dann nur von dem der Priester, und diese
ist juridischer Art (165). Für die Sicht des Vf. schließen sich
die beiden Hauptlinien zueinander zusammen, weil im
Priester die innere Wirkung des Geistes mit der juridischen
sich vereinen solle.

Der Leser findet viele aufschlußreiche Einzelfeststellungen
. Paulus ist nicht unbedingt der Vf. des Hebräerbriefs.
Es heißt: mag ihn geschrieben haben, wer da will (196). Der
Vf. kritisiert den Wortlaut der Vulgata zu Phil 2,9-11 (88)
und zu Joh 16,13 (105). Allerdings nimmt er ohne Widerspruch
hin, daß der Wortlaut der spanischen Ubersetzung
des NT in IKor 2, 26 und 29 das Wort sarx mit verschiedenen
Vokabeln wiedergibt (Carne und mortal, 141). Auch in
der Mariologie geht er eigene Wege. Die Begnadung der Maria
mit dem Geist geschah ihr nur insoweit sie die Mutter
Jesu wurde, aber nicht für ihr sonstiges Leben (63).

Ganz traditionell ist die wiederholte Ablehnung der Philosophie
Piatons und das damit implizit gegebene Bekenntnis
zur Methodik des Aristoteles (54, 59, 143 f.). In
Apg 15 ist natürlich Petrus der Mittelpunkt, aber die Rolle
desselben in Antiochia (Gal 2) ist nicht erwähnt (118). Wir
würden uns wundern, auch nur einen Anklang an die forensische
Rechtfertigung zu lesen. Rechtfertigung ist und bleibt
allein eine Folge der Begabung mit dem Geist (138 zu Rom
5,1; 8,15—17). Der Wortlaut von Rom 5,1 macht auf eine
ausgesprochene Schwäche der Arbeitsweise des Vf. aufmerksam
, damit auf die Brüchigkeit einzelner seiner Thesen
. In Rom 5,1 ist nämlich kein Wort vom Geist zu lesen.
Er hat Neigung, exegetisch oder textkritisch umstrittene
oder ungesicherte Stellen des NT zu sehr zu belasten, z. B.