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Ausgabe:

1979

Spalte:

674-675

Kategorie:

Kirchengeschichte: Neuzeit

Autor/Hrsg.:

Pitzer, Volker

Titel/Untertitel:

Justinus Febronius 1979

Rezensent:

Weigelt, Horst

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Theologische Literaturzeitung 104. Jahrgang 1979 Nr. 9

674

Ein besonderer Abschnitt ist den bereits vorliegenden
Textausgaben der Niederländischen Bekenntnisschriften
gewidmet (J. Chr. W. Augusti, H. A. Niemeyer, Ph. Schaff,
E. F. K. Müller. W. Nieseis Ausgabe wird als für die niederländischen
Texte nicht befriedigend bezeichnet, was auch
für die historische Einleitung gilt.). In diesem Zusammenhang
muß man auch für die Korrektur der Auffassung
dankbar sein, die im Corpus et Syntagma Confessionum
Fidei von 1612 eine zweite Auflage der Harmonia Confessionum
von 1581 sieht. In Wirklichkeit handelt es sich hierbei
um zwei unterschiedliche Unternehmungen, die freilich
in irgendeiner Weise beide in die Wirkungsgeschichte des
lutherischen Konkordienbuches von 1580 im reformierten
Raum gehören. Die in Holland erschienenen Textausgaben
der niederländischen Bekenntnisschriften werden zusammen
mit ihren Vorgängern aus dem 18. Jh. gesondert verzeichnet
.

Das Problem der Authentizität der Texte stellt sich in
doppelter Weise. Es hat eine historische und eine mehr
systematische Seite. Historisch gesehen wirft der Text der
Canones von Dordrecht die geringsten Schwierigkeiten auf.
Anders verhält es sich schon mit dem Text des Niederländischen
Bekenntnisses. Hier hat der holländische und französische
Text der durch die Synode herausgegebenen Fassung
als authentisch zu gelten. Am schwierigsten zu beantworten
ist die Frage nach dem authentischen Text des
Heidelberger Katechismus im Corpus der niederländischen
Bekenntnisschriften. Der Hrsg. entscheidet sich dafür, als
solchen den schon erwähnten Text von 1611 anzusehen, da
er der Synode von Dordrecht vorgelegen hat.

Die systematische Seite des Authentizitätsproblems betrifft
die Frage, ob es im reformierten Bereich überhaupt
sinnvoll ist, nach der Authentizität eines Bekenntnistextes
zu fragen. Bakhuizen van den Brink neigt dazu, Lehrinhalt
und Textfassung doch näher aufeinander zu beziehen, als
es vielleicht mancher andere reformierte Theologe tun
würde.

Dem Band sind Wiedergaben der Titelblätter von Erst-
Publikationen der in der vorliegenden Ausgabe enthaltenen
Texte beigegeben. Sie erhöhen die Anschaulichkeit
im Umgang mit der Geschichte der Bekenntnisschriften.
Man kann für dieses gründlich und sorgfältig gearbeitete
Buch nur dankbar sein.

Leipzig Ernst Koch

Carmona, Felix: La mi'stica del Beato Alonso de Orozco en
su obra „Monte de Contemplaciön" (RAE 19, 1978 S. 367
bis 383).

Grell, Ole Peter: Herredagen 1527 (KHS 1978 S. 69-88).

Herwig, Hedda J.: Das Münsterische Täufertum. Prototypische
Charakteristika einer politischen Erlösungsbewegung
, dargestellt am historischen Beispiel (ZRGG 31,
1979 S. 173-184).

Horst, AI: The Formula of concord and Lutheran self-
consciousness (CThMi 5, 1978 S. 233-239).

Lichdi, Elfriede: Die Täufer in Heilbronn 1528-1559 (MGB
35, 1978 S. 7-61).

Maron, Gottfried: II destino della riforma cattolica nel XVI
secolo (Protest. 33, 1978 S. 73-86).

Merle D'Aubigne, J. H.: The Life and Times of Martin Luther
. Selections from D'Aubigne's famed History of the
Reformation of the Sixteenth Century. Translated from
the French by H. White and revised by the author. Chicago
, III.: Moody Press [1978]. 559 S. gr. 8°.

Pust, Hans-Georg: Geschichtsklitterung? Zur Bedeutung der
Reformation in der Entwicklung der Freizeit (NZSTh 20,
1978 S. 148-162).

Worth, Martin C: Caminho para a concördia (Igreja Lute-
rana 38, 1978 S. 19-40).

Kirchengeschichte: Neuzeit

Pitzer, Volker: Justinus Febronius. Das Ringen eines katholischen
Irenikers um die Einheit der Kirche im Zeitalter
der Aufklärung. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht
[1976]. 214 S. gr. 8° = Kirche und Konfession. Veröffentlichungen
des Konfessionskundlichen Instituts des Evang.
Bundes, 20. Kart. DM 32,-.

Die vorliegende Monographie beschäftigt sich mit dem in
der Forschung bislang über Gebühr vernachlässigten ökumenischen
Aspekt in der Aufklärungszeit. Und zwar wird
diesem anhand des Unionsplans des Trierer Weihbischofs,
Nikolaus von Hontheim, nachgegangen, der bekanntlich
1763 unter dem Pseudonym Justinus Febronius das politisch
und kirchenpolitisch sehr gewichtige Werk ,De statu Eccle-
siae' herausgebracht hat.

In dem didaktisch geschickt strukturierten Werk wird in
einer .Einführung' zunächst das Leben Nikolaus von Hontheims
kurz skizziert („Orientierungsrahmen"), ein Überblick
über die Quellenlage gegeben und über den Forschungsstand
referiert. Es folgt eine Übersicht über die einzelnen
Teile von ,De statu Ecclesiae', wobei besonders auf
den Unionsgedanken abgehoben wird. Demnach hielt Hontheim
den Primat für stiftungsgemäß und damit legitim
(Kap. I u. II), jedoch habe sich dieser, insbesondere durch
die falschen Dekretalen, in ein monarchisches, d. h. hierar-
chisch-zentralistisches System deformiert, was die eigentliche
und letzte Ursache der Kirchenspaltung sei (Kap. III
bis VII). Voraussetzung für eine .Union' beziehungsweise
Wiedervereinigung der Kirche — die eigentliche Zielsetzung
Hontheims — sei deshalb, daß diese Faktoren, nämlich die
überhöhten jurisdiktioneilen und politischen Ansprüche
des Papsttums, beseitigt bzw. eingeschränkt werden (Kap.
VIII—IX). Im dritten Teil der Arbeit werden die zentralen
Begriffe in der Hontheimschen Unionskonzeption (Kirche,
Spaltung, Einheit und Reunion) analysiert und ihre Relevanz
für den Einheitsgedanken aufgezeigt. Daß es dem
Trierer Weihbischof tatsächlich um die universale Gesamtkirche
gegangen ist und nicht etwa um eine Bekämpfung
des Papsttums, weist der Vf. überzeugend nach. Der folgende
Abschnitt beschäftigt sich sodann mit der Frage, wie
die unionistische Konzeption Hontheims bei seinen katholischen
und protestantischen Zeitgenossen aufgenommen
worden ist. Hier wird evident, welch eine umfangreiche
und vielschichtige literarische Kontroverse der Febronius
ausgelöst hat. Auf die sowohl von katholischer als auch von
evangelischer Seite erschienenen Verlautbarungen, Zeitungsartikel
(in ihnen hat sich besonders die protestantische
Reaktion geäußert) und Monographien hat Hontheim mit
.Ergänzungsschriften' erweiternd und präzisierend geantwortet
. Der fünfte Teil der Monographie geht den mannigfachen
traditionsgeschichtlichen Bezügen nach, die im Febronius
zusammenkommen. Hontheim griff, so zeigt es sich,
vor allem auf Traditionselemente zurück, in denen einerseits
die Einheit der Kirche, andererseits die rechte Stellung
des Papstes in der Kirche und ihre Verfassungsstruktur
zur Sprache kommen. Anhand der biblischen und pa-
tristischen Tradition versuchte er so zu zeigen, daß der
monarchische Primat eine Spätentwicklung darstelle und
niemals von der Gesamtkirche akzeptiert worden sei. Methodisch
wohl überlegt wird im sechsten Abschnitt dem
zeitgeschichtlichen Kontext Hontheims nachgegangen, wobei
der Vf. davor warnt, die Einflüsse der Aufklärung
überzubewerten. Obgleich sicherlich das von Hontheim vorgelegte
Unionskonzept keine unmittelbaren praktischen
Folgen gehabt hat, hätte jenem wohl etwas differenzierter
nachgegangen werden sollen. Im siebten Abschnitt geht der
Vf. der Frage nach, weshalb dem Febronius keine größere
Wirkungsgeschichte beschieden war. Im abschließenden
achten Teil der Arbeit wird schließlich der historische
Unionsplan Hontheims vom Vf. einer kritischen Würdi-