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Ausgabe:

1979

Spalte:

671-672

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Autor/Hrsg.:

Bainton, Roland Herbert

Titel/Untertitel:

Women of the reformation 1979

Rezensent:

Junghans, Helmar

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671

Theologische Literaturzeitung 104. Jahrgang 1979 Nr. 9

672

Einzelabhandlungen: der Gesamteindruck des Geistes einer
Zeit, in der die völlige Politisierung der Reformation es auch
dem genialsten ihrer Helden nicht erlaubte, einen friedlichen
Weg zur Festigung der auf dem Schlachtfeld schon
grundsätzlich gewonnenen Glaubensfreiheit zu finden. Das
Schauderhafte der Bartholomäusnacht, Generationen- oder
Weltenschwelle, vermag natürlich solch ausgewogene Gelehrsamkeit
nicht wiederzugeben.
Notre Dame (Indiana) J. H. Yoder

Bainton, Roland H.: Women of the Reformation. From
Spain to Scandinavia. Minneapolis, Minn.: Augsburg
Publishing House [1977]. 240 S. mit 40 Abb. 8°. Lw. $ 9,95.

Mit dem vorliegenden Band hat der 1894 geborene Reformationshistoriker
, der von 1920 bis 1962 an der Yale
University in New Häven (Connecticut) Kirchengeschichte
lehrte, seine Trilogie abgeschlossen, die er den Frauen in
der Reformationszeit gewidmet hat. 1971 erschien „Women
of the reformation in Germany and Italy", 1975 brachte er
„Women of the reformation in France and England" heraus
, und nun legt er einen Band vor, der von Spanien aus
über Portugal, Schottland, England (ergänzend zu Band 2),
Dänemark, Norwegen, Polen, Schweden und Ungarn bis
Siebenbürgen führt. Eine beachtliche Zahl von Mitarbeitern
hat es dem Vf. ermöglicht, zeitgenössische Quellen der jeweiligen
Länder auszuschöpfen.

Der Vf. bringt damit eine lebenslange Beschäftigung mit
der Stellung der Frau in der Geschichte zum Abschluß. Er
will zu einem differenzierenden Urteil über die Verhältnisse
beitragen, unter denen Frauen im 16. Jh. lebten.
„Women were not enslaved troughout the past, as some
seem to think" (9). Er stellt fest, daß diese Frauen mehr
Andachtsliteratur als systematisch-theologische Werke
schrieben, ohne die Frage beantworten zu können, ob dies
aus Mangel an Vorbildung oder aus Neigung geschah. Nach
Meinung des Vf. muß diese Entscheidung der Frauen nicht
als Mangel betrachtet werden, da der Kern der Frömmigkeit
sich mehr im Lebensvollzug findet und oft leichter in
Andachtsbüchern und Briefen aufzuspüren ist als in dogmatischen
Lehrbüchern.

Es erweist sich allerdings in der Regel als sehr schwer,
die Frömmigkeit der Frauen während der Reformationszeit
und ihre Ausstrahlung zu schildern, so daß ihr Beitrag
für die Entwicklung der Reformation oder auch der Gegenreformation
lebendig wird. Das ist bei Theresia von Avila
möglich, die ein umfangreiches Schrifttum hinterließ und
bereits das Interesse der Zeitgenossen erregte. Auch die
Frauen der herrschenden Häuser fanden schon während
ihrer Lebenszeit eine zum Teil noch erhaltene Beachtung.
In anderen Fällen aber ist der Vf. auf die Vernehmungsprotokolle
der Inquisition angewiesen, die zwar die Antworten
der Verhörten und Gefolterten auf die Verdächtigung
ihrer Peiniger und ihr Verhalten in den Stunden der
Bewährung erkennen lassen, aber zu wenig hergeben, um
ein Menschenleben verstehen und die Lebenslage der
Frauen besser begreifen zu können. Manche Frauen werden
nur als Schatten von Männern sichtbar, die sie zu neuen
Gedanken angeregt oder für die sie gelebt haben. Und wer
diese Frauen betrachten will, ist auf die Beschreibung der
von ihnen beeinflußten Männer angewiesen.

Der Vf. hat die einzelnen Frauenschicksale in den Zusammenhang
der Reformationsgeschichte ihrer Länder hineingestellt
. Dadurch hat er die Möglichkeiten und die Nötigungen
ihres Handelns aufgezeigt, was besonders für die
Frauen gilt, die entweder selbst Herrschaft ausübten oder
an ihr beteiligt waren. Weniger kommt ihre eigene Entwicklung
, ihr eigenes Denken und Streben zur Geltung. So
kann von Helena Mezeo nur berichtet werden, daß sie ihren
Mann dazu brachte, alles für die Befreiung des ungarischen
Mitreformators Stephan Szegedi aus türkischer Gefangenschaft
zu tun. Von drei polnischen Dichterinnen kann nur

weniges zu ihren Liedern und Gebeten gesagt werden,
nichts zu ihrem Leben als Frauen oder ihrer Nachwirkung.

Von den 29 Frauen, die der Vf. dargestellt hat, ist Therese
von Jesus (Theresia von Avila) die einzige, die in der
3. Aufl. von „Die Religion in Geschichte und Gegenwart"
einen Artikel erhalten hat, während die übrigen 28 nicht
einmal im Register aufgeführt werden. Der Vf. hat also
mit seiner Arbeit auf weitgehend unbeachtete Frauen hingewiesen
und auf ihre Bedeutung für die Reformationsgeschichte
aufmerksam gemacht. Es bleibt zu wünschen,
daß er dadurch einen Anstoß gegeben hat, hinfort stärker
darauf zu achten, in welchem Maße Frauen in der Reformationszeit
das Geschehen mit beeinflußt, ermöglicht, getragen
und erduldet haben.

Leipzig Helmar Junghans

Bakhuizcn van den Brink, J. N.: De Nederlandse Belijde-
nisgeschriften in authenlieke Teksten met Inleiding en
Tekstvergelijkingen. Amsterdam: Ton Bolland 1976. VIII,
297 S. mit 10 Abb. gr. 8°.

Der Hauptteil dieses Bandes, dessen 1. Aufl. 1941 erschienen
ist, bietet drei Bekenntnistexte: 1. in vierspaltigem
Paralleldruck die Confession de Foy (1559), auch Confessio
Gallicana genannt, zusammen mit dem authentischen französischen
Text des Niederländischen Glaubensbekenntnisses
(irreführend oft Confessio Belgica genannt), dem lateinischen
und dem authentischen holländischen Text desselben
Bekenntnisses, 2. in dreispaltigem Paralleldruck den
Heidelberger Katechismus (1563) nach dem deutschen textus
receptus, der lateinischen Ubersetzung von 1563 und der
holländischen Übersetzung von 1611, die die Grundlage
für den auf der Synode von Dordrecht 1619 rezipierten Text
gebildet hat, 3. in zweispaltigem Paralleldruck das Iudicium
der Synode von Dordrecht in lateinischer und holländischer
Fassung. In einem Anhang sind die sog. Fünf Punkte der
Remonstranten und die Sententiae Remonstrantium beigefügt
. Alle Texte sind, sofern es erforderlich ist, kritisch
mit in Frage kommenden Textfassungen bis zur Synode
von Dordrecht verglichen. Damit ist auch bereits ein Unterschied
zur 1. Aufl. festgestellt, die in den textkritischen
Partien noch wesentlich umfangreicheres Material verarbeitet
hatte.

Den Bekenntnistexten sind ausgezeichnete Einleitungen
vorausgeschickt, die über die Entstehungsgeschichte der
Bekenntnisse nach dem gegenwärtigen Stand der Forschung
unterrichten. So wird festgestellt, daß das Niederländische
Glaubensbekenntnis von 1561 nicht Guy de Bres zum Verfasser
hatte, sondern die Arbeit einer Gruppe von Verfassern
ist und höchstwahrscheinlich von Abel Clemence in
Rouen gedruckt worden ist, während ein zweiter Druck von
1561 (bei Symphorion Barbier in Lyon) wohl von Jean II
Frellon in Lyon herausgegeben worden ist. Der früheste
bekannte niederländische Text erschien 1562, vermutlich
in Emden, während der lateinische Text erstmals in der
Harmonia Confessionum von 1581 auftaucht, wohl von
Jean-Francois Salvart selbst übersetzt. Der Dordrechter
Synode haben dann allerdings teilweise spätere Textfassungen
vorgelegen und sind damit authentische Texte geworden
.

Bezüglich des Heidelberger Katechismus kann der Hrsg.
auf die heute allgemein anerkannten Forschungsergebnisse
über die deutsche und die lateinische Erstausgabe zurückgreifen
. Er stellt die Geschichte der niederländischen Übersetzungen
dar und kommt zu dem Schluß, daß in Dordrecht
die niederländische Textausgabe Middelburg 1611 rezipiert
worden ist.

Einfacher gestaltet sich die Nachfrage nach der Textgrundlage
für das Iudicium von Dordrecht. Dieser Text hat
in Dordrecht zwar eine Vorgeschichte, aber keine Geschichte
gehabt. Freilich kommt der französische Text in
der vorliegenden Ausgabe nicht mit zum Abdruck.