Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1979

Spalte:

44

Kategorie:

Judaistik

Autor/Hrsg.:

Hengel, Martin

Titel/Untertitel:

Die Zeloten 1979

Rezensent:

Delling, Gerhard

Ansicht Scan:

Seite 1

Download Scan:

PDF

43

Theologische Literaturzeitung 104. Jahrgang 1979 Nr. 1

44

sehen Judentums mit Ausnahme von Jub, lHen, Qumran
lunisolar. Das Jahr beginnt bis 70 p. Chr. mit dem 1. Nisan.
Im übrigen befaßt sich H. vor allem mit der Festsetzung und
Bekanntgabe des Monatsanfangs und der Einfügung eines
13. Monats.

Den Fragen der Sprachen des Judentums gelten c. XXI f.
Ch. Eabin, Hebrew and Aramaic in the First Century
(1007—1039), skizziert zunächst die Entwicklung der beiden
Sprachen und ihres Gebrauchs in Palästina und kommt dann
zu dem Ergebnis, daß im 1. Jh. n. Chr. in Jerusalem und
Judäa ein vom biblischen unterschiedenes (1020 f.), als
mischnisch bezeichnetes Hebräisch die herrschende Sprache
war gegenüber dem Aramäischen, während das Umgekehrte
für Gebiete wie die Küstenebene und Galiläa galt.
In der religiösen Debatte etwa Jesu hatte aber auch hier das
mischnische Hebräisch den Vorrang (1036). G. Mussies,
Greek in Palestine and the Diaspora (1040-1064; Bibliographie
ab 1060) ordnet zunächst das Material zu beiden
Bereichen in Gruppen (zum Schrifttum gibt er 15 Merkmale
der Ubersetzung aus semitischen Originalen an [1048 f.])
und äußert sich dann vor allem — mit behutsamem Urteil —
über die Einflüsse und den Gebrauch des Griechischen in
Palästina. Hier schließt sich der Sache nach das Thema Art
and Architecture in Palestine an (c. XX). G. Foerster
verarbeitet (971—1006) auch die neuesten Entdeckungen zu
einem eindrucksvollen Bild, besonders der Bauten bzw. der
Bautätigkeit Herodes' I. (976—997). Daß das weite Feld der
Kunst in der Diaspora unberücksichtigt bleibt, begründet
sich in der weitgehenden Begrenzung des Bandes auf die
Zeit bis 70 p. Chr. In dieser wird übrigens nach F. das Verbot
der Darstellung von Menschen und Tieren in Palästina
noch fast völlig durchgehalten (971 f.). — D. Flusser,
Paganism in Palestine (c. XXIII), ist zunächst eingehend
mit dem Fortleben kanaanäischer Kulte im Palästina hellenistisch
-römischer Zeit befaßt (1065—1083)5. Kürzer referiert
er über griechische Götter in Palästina (1083—1087); oft ist
nicht zu entscheiden, ob es sich dabei etwa um die interpre-
tatio Graeca östlicher Gottheiten handelt. Speziell äußert
sich Fl. schließlich zum Verhalten der Judenschaft gegenüber
dem Heidentum (1088—1099). Seit der persischen Zeit
jedenfalls ist das Judentum in Palästina und anderswo
durchaus immun gegenüber der Anziehungskraft des Heidentums
geworden (1090). Im Unterschied zur Judenschaft
der Diaspora, der es gelang, aus der jüdischen Religion eine
Weltreligion zu machen (1097), bemühte sich die palästinische
nicht um die Bekehrung von Heiden (1095); die Anerkennung
der alleinigen Oberhoheit Gottes durch die
Menschheit erwartete sie erst für das Ende der Welt (1096).
— Das Thema The Jews in Greek and Latin Literature
(c. XXIV) schließlich ist dem Herausgeber der entsprechenden
Texte6 anvertraut (1101—1159). Innerhalb der Gruppierung
nach [1] frühen hellenistischen, [2] griechisch-ägyptischen
Texten, [3] solchen aus Kleinasien, Syrien und Griechenland
, [4] lateinischen Autoren geht er literaturgeschichtlich
vor. In diesem Rahmen ergibt sich im ganzen
zugleich ein instruktiver geschichtlicher Überblick über die
Kenntnis vom Judentum und die Einstellung zu ihm in der
hellenistisch-römischen Welt, soweit sie sich in der Literatur
ausdrückte.

Jedem Kap. ist wieder eine Bibliographie der wichtigeren
Literatur zum Thema (von verschiedenem Umfang) angefügt
, in der diese des öfteren kurz charakterisiert wird; weitere
wird vielfältig in Anm. verarbeitet. Für ein Standwerk
wie CRINT I ist die Zugabe von Indices sehr zu begrüßen.
Dem umfänglichen Register der Belegstellen (1160—12261)
folgen solche der geographischen Bezeichnungen, der Eigennamen
(1243—1255), der Sachen sowie hebräischer, aramäischer
, griechischer, lateinischer Wörter.

Es ist dankenswert, daß den Mitarbeitern Raum gegeben
ist, das Material so weitgehend vorzuführen und gegebenenfalls
spezielle Forschungsergebnisse zu begründen, auch in
der Auseinandersetzung mit anderen Auffassungen. Mit
CRINT I 28 ist insbesondere Vorarbeit für Abt. III geleistet,

die der vergleichenden Sozial- und Religionsgeschichte von
Judentum und Christentum gewidmet sein soll. Tatsächlich
ist die nunmehr abgeschlossene Abt. I für sich verwertbar,
auch wenn bestimmte Bereiche der Religion des Judentums
nicht zuletzt der Diaspora in I noch nicht dargestellt sind0
(ganz abgesehen von Philon, den man neuerdings mehr im
Zusammenhang der Gemeinde und der theologischen Tradition
von Alexandria zu sehen gelernt hat). Einiges dazu
darf man indessen bereits in Abt. II erwarten, in der mündliche
und literarische Traditionen in Judentum und frühem
Christentum vorgeführt werden sollen.
Halle (Saale) Gerhard Delling

1 Doch Ist A. um möglichst weltgehende zeitliche Differenzierung
bemüht.

! Auch die rabblnischen Texte spielen dabei eine bemerkenswerte
Rolle.

• Einschließlich des durch die Lage Palastinas gegebenen, z. T.
weltweiten Durchgangshandels.

• Zur Ergänzung s. zumal M. Hengel, Proseuche und Synagoge.
Jüdische Gemeinde, Gotteshaus und Gottesdienst in der Diaspora
und in Palästina, in: Tradition und Glaube, Festgabe Karl Georg
Kuhn, Göttingen 1971, 157-184.

5 Im Zusammenhang der Gottesanrede „Herr" äußert er sich auch
zum neutestamentllchen maranatha (1077-1079).

• M. Stern, Greek and Latin Authors on Jews and Judaism I, 1974,
S. ThLZ 101, 1976 Sp. 260-262.

7 Zur hebräischen Bibel allerdings nur für Esr, Neh, Est, Dan. -
Josephus: 13 Selten.

8 Die meisten Autoren (1281 f.) sind an der Hebrew Unlversity tätig
, Applebaum in Tel Aviv, Mussies in Utrecht.

• Die Hrsg. verweisen selbst auf die Auslassung der religiösen
Gruppen Palästinas (V).

Hengel, Martin: Die Zeloten. Untersuchungen zur jüdischen
Freiheitsbewegung in der Zeit von Herodes I. bis 70 n. Chr.
2., verb. u. erweiterte Aufl. Leiden: Brill 1976. XVI, 489 S.
gr. 8° = Arbeiten zur Geschichte des antiken Judentums
und des Urchristentums, I.

Die Tübinger Dissertation (1959), die seinerzeit (1961) der
Reihe der AGJU als deren erster Band einen Maßstab setzte,
hat sich als das Standwerk über Geschichte und Wesen des
Zelotismus des 1. Jh. n. Chr. bewährt. So ergab sich für
M. Hengel kein Anlaß zu nennenswerter Umarbeitung.
Wichtig sind neben zahlreichen weiteren Literaturangaben
für die Zeit bis 19741 und der einen oder anderen neuen Formulierung
die Ergänzungen in der Begründung der Darstellung
durch Hinweise auf weiteres Material (hauptsächlich
in Anm.) und der Nachtrag „Zeloten und Sikarier. Zur
Frage nach der Einheit und Vielfalt der jüdischen Befreiungsbewegung
6—74 nach Christus" (387—412)2. Auf Grund
weiterer sorgfältiger Analyse vor allem des Materials bei
Josephus (und im Gespräch mit seinen Kritikern) bekräftigt
H. die These, daß die verschiedenen Gruppen der Bewegung
unter verschiedenen Führern von bestimmten religiösen
Grundgedanken her das gleiche Ziel verfolgten (394).
Neben der Herausarbeitung der religiösen Grundmotive
würde H. heute „freilich die soziale Komponente ihres
Kampfes noch stärker betonen" als 1961 (394 f.). — Im Zusammenhang
kommt es zu einer neuen Untersuchung auch
der Bezeichnungen „Eiferer" und „Dolchmänner".

Sehr begrüßenswert ist es nicht zuletzt, daß der in ThLZ
88, 1963 Sp. 38—40 angedeutete Wunsch nach Registern nunmehr
reich erfüllt worden ist3: Stellen (437—464), Personen
und Sachen (465—483), Begriffe (griech., hebr., lat.), moderne
Autoren (486—489) werden vorgeführt — eine für die weitere
Erschließung der grundlegenden Monographie sehr hilfreiche
Beigabe.

Halle (Saale) Gerhard Delling

1 Die betr. Titel sind 432-436 zusammengestellt.
! In kürzerer Form bereits in: Josephus-Studien. Festschrift Otto
Michel, Göttingen 1974, 175-196.
' Nach IX durch Fritz Herrenbrück.