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Ausgabe:

1979

Spalte:

648-650

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Schoors, Antoon

Titel/Untertitel:

I am God your saviour 1979

Rezensent:

Kaiser, Otto

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647

Theologische Literaturzeitung 104. Jahrgang 1979 Nr. 9

648

Der erste Vortrag „Die Verheißungen an die Väter" (92
bis 150) ist durch einen Abschnitt über die „Geschichte der
Erforschung der Väterverheißungen" erweitert worden, der
hauptsächlich über die literarische Beurteilung der Väterverheißungen
seit Galling und Alt berichtet und die Wandlungen
der Auffassungen über das Verhältnis von Nachkommen
und Landverheißung hervorhebt. Was hier gesagt
ist, wiederholt sich teilweise im nachfolgenden Vortragstext
. Am Schluß des Bandes steht als dritte Studie eine
knappe zusammenfassende Betrachtung über „Die Bedeutung
der ugaritischen Texte für die Vätergeschichte", die
von einem Referat ausgeht, das K. Koch 1965 auf dem
XVI. Deutschen Orientalistentag in Heidelberg gehalten
hatte und „Die Sohnesverheißung an den ugaritischen Daniel
" behandelte (ZA NF 24, 1967 S. 211-221). Westermann
findet in dem ugaritischen Material wichtige Bestätigungen
für seine These, daß die ältesten Väterverheißungen auf
familiengeschichtlichen Voraussetzungen basieren. Die vorwiegend
in den Abraham-Erzählungen begegnende Nachkommenverheißung
hat ihre Wurzeln in den älteren Formen
der Sohnesverheißung einerseits und der Mehrungsverheißung
andererseits. Der Sohnesverheißung geht die
Klage der Kinderlosigkeit voraus, die Mehrungsverheißung
als Verheißung zahlreicher Nachkommenschaft hat ihren
Sitz im Leben bei der Hochzeitsfeier und war ursprünglich
ein Hochzeitssegen. Das ugaritische Material ermöglicht
diese klare Unterscheidung. Die Ausführungen Wester-
manns sind in den Anmerkungen durch die genauen Belegstellen
aus den ugaritischen Texten ergänzt, die Pf. Dr.
K. Günther (Ugarit-Forschungsstelle Heidelberg) hinzufügte
.

Im einzelnen differenziert W. die Verheißungen an die
Väter in dieser Weise: 1. Sohnesverheißung; 2. Verheißung
neuen Lebensraumes; 3. Verheißung des Beistandes („ich
will mit dir sein"); 4. Verheißung des Kulturlandbesitzes;
5. Mehrungsverheißung in enger Verbindung mit 6. Segensverheißung
; 7. Bundesverheißung (auf die Priesterschrift
beschränkt). Zusammenfassend urteilt W. (148 f.): „Man
kann von den Verheißungen insgesamt weder sagen, daß
sie sehr früh, noch daß sie sehr spät sind. Von zwei der uns
überlieferten Verheißungen und einer nur zu erschließenden
kann man mit großer Wahrscheinlichkeit sagen, daß
ihr Ursprung in der Väterzeit selbst liegt: der Sohnesverheißung
, der Verheißung des Mitseins Gottes auf dem Weg
und der Verheißung neuen Lebensraumes (angedeutet in
12,1—3). Die übrigen Verheißungen haben eine die Väterzeit
mit der Volksgeschichte verbindende Funktion und
sind erst nach dem Seßhaftwerden entstanden."

Mit dieser relativen „Chronologie" führt W. in spezifischer
Weise über die vorwiegend literarische Gruppierung
der Texte in „Arten der Erzählung in der Genesis" wenigstens
für die Verheißungstexte hinaus. Freilich bleibt dieses
Resultat nach zwei Seiten offen, und darin mag das
Unbefriedigende für manchen Leser liegen: 1. Wie verhält
sich das erzählerisch so ungemein plastische Detail zu den
relativ stereotypen Verheißungen? Aus welchen konkreten
historischen Ansatzpunkten wuchs es heraus? 2. Welches
waren die Gründe, den Patriarchen diese Verheißungen als
legitim zuzuerkennen, obwohl die Erfüllung der Verheißungen
letztlich entsprechend der dominant gewordenen
Pentateucherzählung erst Mose und seinen Leuten zuteil
wurde? Aber W.s Hauptinteresse gilt nicht in erster Linie
der Geschichte im Sinne der historischen Zusammenhänge.
Noths Interesse an Namen, Orten und geschichtlichen Relationen
ist für ihn von untergeordneter Bedeutung. Wichtiger
erscheint ihm die Gemeinschaftsform der Vätergeschichten
, die Form der Familie und Sippe, „in denen das,
was geschieht, geschichtlich beurteilt zumeist keine Bedeutung
hat". W. nennt diese Gemeinschaftsform „vorgeschichtlich
" (35) und sagt: „Wir müssen zuerst einmal den
Schritt tun, sie (sc. die Vätergeschichten) radikal aus unseren
geschichtlichen Verstehenskategorlen zu lösen und
sie in ihrer eigenen Welt zu hören, die eine vorhistorische

Welt ist." Später erscheint dieser Satz im Blick auf die
ältesten Väterverheißungen in pointierter Form wieder
(149): „Bei der ersten Gruppe der Verheißungen liegt die
Bedeutung auf der Ebene vortheologischen und vorgeschichtlichen
Redens von Gott, das der Zeit vor der Begegnung
Israels mit Jahwe beim Exodus und am Sinai
angehört. Diese Verheißungen sind ein Bestandteil der
Väterreligion, noch vor jeder Berührung mit Israels Geschichte
und Israels Religion." Sind also die Verheißungen
kein Bestandteil der Religion Israels, sondern ein Vorstadium
? An dieser entscheidenden Stelle ist das Gespräch
mit Claus Westermann weiterzuführen. Dabei wäre deutlich
zu machen, in welchem Sinn es eine „Vorgeschichte"
Israels gab und welche Kategorien des Alten Testaments so
verstanden werden dürfen, vor allem aber, in welcher
Weise das vorgeschichtliche Reden von Gott verbindlich
geblieben ist für das geschichtliche Reden Jahwes vom
Sinai her. Daran wären die Verheißungen an die Väter zu
messen.

Es entsteht aber auch die Frage, welche Bedeutung dann
noch die von W. mit großer Akribie herausgearbeiteten literarischen
Ursprungsformen der einzelnen Verheißungen
haben. Zweifellos helfen W.s Forschungen in vielfach überraschender
Weise zu einem besseren Verständnis dieser
Verheißungen und ihrer Kontexte. Doch sollte die hypothetische
Ermittlung „ursprünglicher" Formen nicht den
Blick verstellen für die Funktionen, die diese Verheißungen
im Alten Testament in Korrespondenz mit dem Verlauf
der Geschichte Israels in jeweils gewandelter Gestalt übernommen
haben. Denn nur in dieser geschichtlich bedingten
Form haben sie Israels Denken geprägt und ihre fortdauernde
Bedeutung behalten.

Bochum Siegfried Herrmann

Schoors, Antoon: I am God your Saviour. A Formcritical
Study of the Main Genres in Is. XL-LV. Leiden: Brill
1973. X, 343 S. gr. 8° = Supplements to Vetus Testamen-
tum, XXIV. Lw. hfl. 80,-.

Die von Coppens, de Langhe und Brekelmans in Löwen
betreute Dissertation setzt sich das Ziel einer gründlichen
formkritischen Analyse der Heilsworte und der polemischen
Gattungen der deuterojesajanischen Prophetie. Auf
den zumal von Köhler, Begrich, von Waldow und Westermann
gelegten Fundamenten gelingt Schoors nach sorgfältigen
Exegesen der jeweiligen Belege eine behutsame Differenzierung
der bisherigen Ergebnisse, so daß man seine
Arbeit nicht nur als einen trotz seiner Partikularität wichtigen
Kommentar zum Deuterojesajabuch, sondern auch als
eine gültige Zusammenfassung und Weiterführung der
formkritischen Erforschung bezeichnen darf, an der sich
jede künftige Bearbeitung der einschlägigen Texte auszuweisen
haben wird.

Die Abhandlung gliedert sich in drei Teile: Sie setzt mit
einem Rückblick auf die bisherige formgeschichtliche Erforschung
der deuterojesajanischen Prophetien ein (1—29),
der in einer nützlichen Zusammenstellung der von Greß-
mann, Köhler, Mowinckel, Elliger (1933), Begrich und
Westermann vollzogenen Abgrenzungen der kleinsten Einheiten
von Jes 40—55 ausmündet. In ihr hätte man gern zum
Vergleich auch die Einteilungen etwa von Marti und Volz
vor Augen gehabt, um zu sehen, wieweit nichtformkritisch
orientierte Ausleger die Sache erfaßt oder nicht erfaßt haben
(30—31). — Sachlich wird schon hier deutlich, daß sich
Schoors u. E. mit Recht an die Differenzierung der Heilsworte
in Heilsorakel oder Heilszusprüche und Heilsankündigungen
durch Westermann anschließt. Ebenso plädiert er
dafür, statt vom Disputationswort mit dem gleichen Gewährsmann
von der Bestreitung zu sprechen, da nur eine
Seite zu Worte kommt.

Der zweite Teil wendet sich den Heilsworten zu (32—175).
Seinen programmatischen Überlegungen von S. 29 gemäß