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1979

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Altes Testament

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Theologische Literaturzeitung 104. Jahrgang 1979 Nr. 1

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hatte, hängt sie merkwürdig in der Luft. Denn einfach als Sammelplatz
für die wohl größtenteils westjordanischen Festteilnehmer
wäre das ostjordanische Sittim denkbar unpraktisch. Unklar bleibt
auch, weshalb im Rahmen des Mazzenfestes in Gilgal die zwölf
Masseben des Heiligtums überhaupt und in dieser Form „thematisiert
" werden mußten (168). Es seheint mir, daß der Ausdruck „thematisieren
" etwas die Verlegenheit des Autors signalisiert, eine
überzeugende Erklärung für die postulierte Wallfahrt zu finden.
Läßt sich der Text nicht einfacher verstehen, wenn man annimmt,
daß die Ätiologie der Masseben von Gilgal von vornherein auf dem
Hintergrund der „kanonisch" gewordenen Vorstellung von Exodus
und Landnahme (von Osten her) konzipiert worden ist? Das würde
Sittim als Ausgangspunkt verständlich machen und auch das Auftreten
der Lade (m. E. gab es nur die „Silo-Lade") erklären, ohne
daß es der wenig plausiblen Annahme der Prozession noch bedürfte.
Allerdings käme man mit dieser Ätiologie dann sicher nicht in die
vorkönigliche Zeit.

Ähnliches gilt von Jos 6. Hier beruht die vom Autor konstruierte
Verbindung nur auf der siebentägigen Dauer des Mazzenfestes und
den Umzügen um die Mauern von Jericho an sieben aufeinanderfolgenden
Tagen. Hält man diese Brücke nicht für genügend tragfähig
, entfällt auch die Notwendigkeit, Jos 6 als „Ritualerzählung"
aufzufassen, und das um so weniger, als auch das Schofar in der
Hand der Priester nicht unbesehen als kultisches Instrument verstanden
werden darf (ZAW 84, 1972, 486). Daß andererseits mit einer
kriegerischen Auseinandersetzung anscheinend nicht gerechnet wird,
kann nicht als Argument zugunsten einer „Ritualerzählung" und gegen
die Zuordnung von Jos 6 zur Thematik des „Heiligen Krieges"
gebraucht werden. Die Ähnlichkeit von Jos 6 und den „quietisti-
schen" Kriegserzählungen von Ri 7 und 2Chr 20 deutet eher auf das
Gegenteil hin. Gegen die Hypothese des Vf. spricht auch, daß der
Hügel von Jericho (Teil es-Sultan bei Ariha) in der angenommenen
Entstehungszeit des Rituals (197 Anm. 3) besiedelt war (ZDPV 92,
1976, 105-148). M. E. liegt Jos 6 eine Ätiologie zugrunde, die eben
diesen Zustand erklären will und dabei wohl an die noch sichtbaren
Stadtmauerreste früherer Perioden anknüpft (s. ebd. 147 f.), ohne
daß diese Abzweekung im Text äußerlich zum Ausdruck kommt;
denn V. 26 ist in der Tat Zusatz, der lKön 16, 34 vorbereiten soll.

Utrecht Manfred Weippert

1 Archäologisches: S. 318: Bei der „Massebe" von Hazor ist nicht
ihr „oberer Teil abgeschlagen". Nach Y. Yadin, Hazor, The head of
all those Kingdoms (London 1972), 104, handelt es sich um eine Stele
mit gerundetem oberen Ende, die nach der Zerstörung des Langhaustempels
der Mittelbronze II/Spätbronze I-Zeit in Areal A sekundär
auf den Kopf gestellt und erneut kultisch verwendet wurde, und
zwar vor der endgültigen Zerstörung der spätbronzezeitlichen Stadt.
Was wie abgeschlagen aussieht, ist die unversehrte ursprüngliche
Unterseite der Stele, die mit der „Feder" einer Nut- und Feder-Vorrichtung
zur sicheren Aufstellung des Steins versehen ist. Auch
C. F. Graesser, BA 35, 1972, 50, die vermutliche Quelle des Vf., ist
entsprechend zu berichtigen. - Der Löwe von Teil Bet Mirsim wird,
was der Autor freilich noch nicht wissen konnte, neuerdings in das
9./8. Jh. datiert; s. R. Amiran, BASOR 222, 1976, 29-40. - Die (vielleicht
richtige) Annahme, daß das Verbot, ein Böcklein in der Milch
seiner Mutter zu kochen (Ex 34. 26), eine kanaanäische Kultsitte abweise
, beruht auf einer nicht völlig klaren Stelle in dem ugaritischen
Text von der Geburt der Götter Shr und Slm (CTA 32, 14 f.); vgl.
aber auch N. Glueck, The Other Side of the Jordan (Cambridge,
Mass., !1970). 9. - S. 338 Anm. 1: Die „zehn Stelen des Heiligtums von
Gezer" wurden in Wirklichkeit in Hazor ausgegraben. — Allgemein:
S. 192 Anm. 3: Für M. Noth sind Jos 6, 17b. 22. 23. 25a Fragmente des
ursprünglichen Abschlusses von Jos 2, nicht überlieferungsgeschichtlich
sekundäre Verklammerungen zwischen beiden Kapiteln. — Am
Übergang der S. 286/287 ist ein Stück Text ausgefallen. Auf S. 316
findet sich eine durch Homoioteleuton verursachte Satzdublette. —
In der Bibliographie fehlen „Kuschke, Gilgal" (S. 158 Anm. 2) =
A. Kuschke, Art. Gilgal, RGG1 II (Tübingen 1958), 1577 f., und
„MuszyiSski, Jos 6, 26" (S. 75 Anm. 3) = H. Muszynski, Sacrificium
fundationis in Jos 6, 26 et IReg 16, 34? Verbum Domini 46, 1968, 259
bis 274.

Cortese, Enzo: Le sventure annunciate dai profeti preesilici
e I'escatologia dell'Antico Testamente (Teol. 2, 1977 S.
91-108).

Deissler, Alfons: Die Perikope vom Bundesschluß (Ex 24,
1—11), eine Einweisung in den Gottesdienst des Gottesvolkes
(EuA 53, 1977 S. 361-366).

Gilbert, Maurice: „Une seule chair" (Gn 2, 24) (NRTh 100,
1978 S. 66-89).

Gottlieb, Hans: A Study on the Text of Lamentations. Arhus:
Aarhus Universitet 1978. 80 S. gr. 8° = Acta Jutlandica
XLVIII, Theology Series, 12.

Kunz, Lucas: Psalm 85 als westorientalischer Nomos (ThGl
67, 1977 S. 373-380).

Wagner, Harald: Das Alte Testament in der Fundamentaltheologie
(ThGl 67, 1977 S. 361-372).

Judaica

Safrai, S. and M. Stern in co-operation with D. Flusser and
W. C. van Unnik: The Jewish People in the First Century
. Historical Geography, Political History, Social, Cul-
tural and Religious Life and Institutions, vol. 2. Assen:
Van Gorcum 1976. X S., S. 561-1283, gr. 8° = Compendia
Rerum Iudaicarum ad Novum Testamentum, I 2. Lw.

Nachdem in dem ThLZ 103, 1978 Sp. 346 f. besprochenen
Band 11 der CRINT außer der historischen Geographie vor
allem die politische Geschichte des Judentums in Mutterland
und Diaspora und seine rechtliche Situation dargestellt
wurden, ist I 2 insbesondere durch die weiteren Stichwörter
des Untertitels bestimmt. M. Stern gibt in c. XI
zuerst eine mit Spannung zu lesende Ubersicht über die
gesellschaftliche Entwicklung in Palästina bis 70 n. Chr.,
wobei zunächst besonders die tonangebenden Kreise in den
Blick kommen (561—580); in den folgenden Ausführungen
über die einzelnen Gruppen beanspruchen die über die
Priester (580-596) und die Hohenpriester (600-612) den
meisten Raum. Bei der nichtpriesterlichen Elite (612—618)
handelt es sich insbesondere um Persönlichkeiten, die unter
Herodes aus der Diaspora zuwanderten. Weiter äußert sich
S. über die Schriftgelehrten, die Proselyten, die Sklaven.
S. Applebaum setzt in c. XII, Economic Life in Palestine,
mit einer Überschau über die Entwicklung der Landwirtschaft
bis zum Kommen der Römer ein (632—638), der die
soziale Situation dieser Zeit von anderer Seite her beleuchtet
. Ihm entspricht ein Schlußabschnitt über die neue wirtschaftliche
Lage nach 70 p.Chr. (692-699). Die Darstellung
des Wirtschaftslebens Palästinas in der Zwischenzeit läßt
sich nicht völlig auf das 1. Jh. n. Chr. begrenzen1. Die Fülle
des herangezogenen Materials2 zu Klima und Bodenbeschaffenheit
, Siedlungsformen, den landwirtschaftlichen Produkten
(spez. 646—656), der Lage der das Land Bebauenden
(656—664), Ein- und Ausfuhr3, Produktion und Umsatz von
Waren innerhalb Palästinas (680—690) ermöglicht es, ein anschauliches
Bild von der Vielfalt des Wirtschaftslebens der
Zeit zu zeichnen, dessen gesellschaftliche Probleme A. auch
hier im Auge behält (zuletzt 691 f. im Blick auf den jüdischen
Aufstand). Für c. XIII, The Social and Economic Status
of the Jews in the Diaspora (701—727), ermöglicht der
Quellenbestand A. nur eine Skizze; der Stoff ist geographisch
geordnet. — Für den kleinsten sozialen Bereich Home and
Family (c. XIV) führt S. S a f r a i (728-792) die vielfältigen
Aussagen der palästinischen Texte und Funde vor (Haushaltgeräte
einschließlich der Möbel: 735—746; Begräbnis,
Trauer: 773-787).

XIV leitet über zu XV: Religion in Everyday Life (793 bis
833); das Kap. ist ebenso Safrai zu verdanken wie drei weitere
zum religiösen Bereich. In XV erörtert S. besonders die
Vorschriften über Gebetsriemen usw., tägliche Rezitationen,
festliche Mahle, häusliche Feier des Sabbats und der Jahresfeste
, Fasten, rituelle Reinheit, weiter solche, die mit der
Landbebauung zusammenhängen (besonders über Abgaben
vom Ertrag [818—824]); vielfach sind die Einzelheiten erst
für die tannaitische Zeit belegt. In c. XVII schildert S. anschaulich
und wiederum mit zahlreichen Einzelzügen den
Tempel und die kultischen Handlungen in ihm (865—907).
Bemerkenswert ist nicht zuletzt die Bedeutung, die S. dem
Tempel im religiösen Leben des Volkes beimißt (904—906);
das ließe sich für die Diaspora wohl deutlicher machen. Für
XVIII, The Synagogue (908—944), werden deren Texte und
Befunde etwas mehr herangezogen4. Daß die Darstellung
des Schulunterrichts und der Unterweisung in der Tora (in
ihren verschiedenen Stufen), die beide dem gleichen Ziel
dienen, in c. XIX auf Palästina begrenzt bleibt (945—970),
begründet sich im ganzen in der Quellenlage. Auch hier ist
S. bemüht, Unterschiede zwischen den Zeiten vor und nach
70 p. Chr. zu beachten. Nach M. D. Herr, The Calendar
(c. XVI), ist der biblische Kalender wie der des nachbibli-