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Ausgabe:

1979

Kategorie:

Christliche Kunst und Literatur

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Neuerscheinungen

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Theologische Literaturzeitung 104. Jahrgang 1979 Nr. 8

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Es bleibt noch anzumerken, daß bei der Eröffnung unter
den Gästen als Vertreter des Bundes der Evangelischen Kirchen
in der DDR Oberkirchenrat Dr. Otto Baer aus Dresden
und Oberbaurat Dr. Dietrich Wohlfahrt aus Eisenach besonders
herzlich begrüßt wurden (16). Zweifellos hat der „Umgang
mit Raum" für die Kirchen in der DDR auch seine besonderen
Probleme. Es wäre eine Aufgabe für sich, sich damit gründlich
auseinanderzusetzen.

Leipzig Hartmut Mai

Arendt, Dieter: Religiöse Anfechtung und poetischer Trost. Das

Gleichnis vom fallenden Blatt in Religion und Kunst (StZ

103, 1978 S. 683-694).
Borcherding, Otto: Wer kennt noch Rudolf Schäfer? Zur 100.

Wiederkehr seines Geb. am 16. 9. 1978 (DtPfrBl 78, 1978 S.

556-558).

Dahinden, Justus: Kirchenbau - Zeichen für was? (KuKi 1978
S. 120-121).

Fischer, Friedhelm W.: Zeit, Raum und Transzendenz bei Max

Beckmann (KuKi 1978, S. 59-64).
Grützmacher, Carl: Die „Chassidische Botschaft" im Werk

Marc Chagalls (KuKi 1978, S. 77-81).
Grützmacher, Curt: Schizophrenie und Kunst. Zum Problem der

„Art brut" (KuKi 1978, S. 94-97).
Hausmann, Manfred: R. A. Schröder - oder: Über die Kontinuität
(ZW 49, 1978 S. 129-140).
Kirchenbau - Ende der Diskussion? Zur Situation in der

Schweiz (KuKi 1978, S. 110-111).
Kohlschmidt, Werner: Die Problematik christlicher Dichtung

(ZW 49, 1978 S. 163-177).
Krzywon, Ernst Josef: Die Kunst des Kontrapunkts. Leben und

Werk des polnischen Dichters Roman Brandstaetter (StZ 103,

1978 S. 383-394).
Maur, Karin von: Oskar Schlemmer und „die Bindung des

Metaphysischen" (KuKi 1978, S. 65-70).
Meier, Pirmin A.: Reinhold Schneider: Geschichtsdichtung und

Humanität (ZW 49, 1978 S. 141-163).
Norn, Otto: Lysets saede: Aarhus domkirkes kor o. 1500 (KHS

1978 S. 37-67).

Rombold, Günter: Schicksal als Verhängnis. Zum Werk von

Alfred Kubin (KuKi 1978, S. 82-86).
Schädlich, Michael: Die Aktualität Tolstois in der zweiten Hälfte

des 20. Jahrhunderts (ZdZ 1978 S. 343-350).
-: Anmerkungen zum Prosawerk Hermann Hesses (ZdZ 1978

S. 16-21).

Stelzmann, Rainulf A.: Verzweiflung und Neubesinnung. Religiöses
und ethisches Bewußtsein im jüngsten amerikanischen
Roman (StZ 103, 1978 S. 363-373).

Volp, Rainer: Transzendenz als Prüfstein. Die Ausstellungen
von C. D. Friedrich, Ph. O. Runge und den Nazarenern geben
neue Fragen auf (KuKi 1978, S. 71-76).

Werner, Christof M.: Otto H. Senn - Seine Auseinandersetzung
mit dem Kirchenbau (KuKi 1978, S. 112-119).

Wicderanders, Gerlinde: Albrccht Dürer und Mathias Grünc-
wald (ZdZ 32, 1978 S. 260-265).

Philosophie, Religionsphilosophie

Nordentoft, Kresten: Saren Kierkegaard. Bidrag til kritikken
af den borgerlige selvoptagethed. Kobenhavn: Dansk Uni-
versitets Presse (1977). 243 S. 8°. dkr. 65,50.

Nordentoft hat, wie er in seinem Vorwort betont, nach seinen
beiden grundlegenden Werken „Kierkegaards Psykolo-
gi" (Kopenhagen 1972)1 und „Hvad siger Brand-Majoren? -
Kierkegaards opgor med sin samtid" (Kopenhagen 1973)2 im

Verhältnis zu diesen beiden Werken ein allgemeinverständliches
Kierkegaard-Buch schreiben wollen, dessen Grundansatz
sozialpsychologischer Natur ist. Wenn man Kierkegaards Gesellschaftskritik
, die sich seit 1848 verschärft und zeitgemäß
eine Kritik an der bürgerlichen Gesellschaft („Presse", „Publikum
" usw.) ist, richtig werten will, so liegt deren Perspektive
in seiner Sozialpsychologie: „Daß Kierkegaard überhaupt eine
Sozialpsychologie hat, werden viele vielleicht bezweifeln. Aber
man braucht ihn nur ordentlich zu lesen und sich nicht nur
mit den Büchern von ihm zu begnügen, die der Existentialismus
kanonisiert hat. Doch irgendeine geschlossene Theorie findet
man nicht, dagegen eine Reihe wichtiger Teile einer Auffassung
, die zusammen ein gutes Urteil abgeben" (85f). In diesem
Zusammenhang setzt Nordentoft das gewichtige Stichwort
„Ändloshed" („Gcistlosigkeit"). Dieser Begriff ist nicht einem
niederen sozialen Status zuzuordnen. Der „kleine Mann", über
den Kierkegaard in einer Reihe von Tagebuchnotizen reflektiert
, ist nicht „geistlos". „Geistlos" ist der Bourgeois. „Geist-
losigkeit" bedeutet in Kierkegaards Schrift „Die Krankheit zum
Tode" (1849) das Fehlen von „Innerlichkeit". Das Bürgertum,
das sich in der Tagespresse artikuliert, ist oberflächlich. Hier
wird das Ergebnis des „Nivellierungs"-Strebens offenbar, das
dem Handeln des Einzelnen entgegensteht, eines Prozesses,
an dem die dänische Staatskirche großen Anteil hat, weil sie
im politisch-ideologischen Sinne dem Bürgertum huldigt und
„Macht" mit „christlicher Vollmacht" (dän. „Myndighed"3) verwechselt
. Im 1. Abschnitt des dritten Kapitels gelingt es Nordentoft
, die Hintergründe des politischen Liberalismus, der im
Gegensatz zum heutigen ökonomischen Liberalismus in der
westlichen Hemisphäre steht, darzustellen, um Kierkegaards
Konservatismus zu verdeutlichen.

Im letzten Abschnitt des zweiten Kapitels, das den Titel
„Meddelse, myndighed og magt" („Mitteilung, Vollmacht und
Macht") trägt und durch eine sorgfältige Analyse des Begriffes
der „subjektiven Wahrheit" (erstes Kapitel, bes. S. 20-32) vorbereitet
worden ist, wird der oben erwähnte Gegensatz zwischen
der weltlichen Macht, - der sich leider auch ein Bischof
Mynster aus Gründen des Opportunismus bedient -, und der
christlichen Vollmacht klar herausgearbeitet. Für Kierkegaard
ist die Verquickung von Kirche und Staat (Mynster war z. B.
Mitglied der verfassunggebenden Rcichsversammlung!) unmöglich
, wenn es um die Vollmacht zum christlichen Handeln
geht.

Wertvoll ist Nordentofts Herausarbeitung der Grundgedanken
aus der in der Kierkegaard-Forschung zuweilen vernachlässigten
kleinen Schrift „Über den Unterschied zwischen einem
Genie und einem Apostel", die zweite der beiden „Kleinen
ethisch-religiösen Abhandlungen" (1847 geschrieben, erschienen
1849)''. Hier vergleicht Kierkegaard die göttliche Vollmacht
mit der Vollmacht „in den politischen, bürgerlichen, sozialen
, häuslichen und disziplinaren Verhältnissen" (Kierkegaard
SV XI, 117f, bei Nordentoft S. 66). Wenn Gott einen
einzelnen Menschen dazu beruft, in göttlicher Vollmacht zu
handeln, dann tritt dieser Mensch zu den anderen Menschen
nicht im quantitativen Unterscheidungsmerkmal als „Genie",
sondern im qualitativen Unterscheidungsmerkmal, d. h. er verhält
sich paradox. Auf diese Vollmacht bezieht sich der Begriff
„Lydighed" („Gehorsam"). Der Gehorsam im unbedingten
Sinne ist nur möglich, wenn der einzelne Mensch die
Selbstkonkretion „in Wahrheit" vollzieht (vgl. SV XI, 119, Nordentoft
: zweites Kapitel, S. 67f). Kierkegaard selbst betont,
daß er „uden Myndighed" („ohne Vollmacht") handelt; seine
Verfasserwirksamkeit dient nur dazu, auf das Religiöse, das
Christliche aufmerksam zu machen (SV XIII, 535, Nordentoft,
S. 33).

In der „Einübung im Christentum" (bereits 1848 geschrieben,
1850 veröffentlicht) ist die Kritik an der Staatskirche zwar
noch „eingepackt in Vorbehalten und Loyalitätserklärungen,
aber die polemische Front ist deutlich genug, und sie ist eine
andere als in ,Die Krankheit zum Tode'. Dort war es ,die Opposition
', die in der Schußlinie stand. Nun ist es ,das Bestehende
' -" (65). Nordentoft betont, daß Kierkegaard diesen Ausdruck
immer dann verwendet, wenn es ihm um die Kritik an