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Ausgabe:

1979

Spalte:

582

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Zeller, Dieter

Titel/Untertitel:

Die weisheitlichen Mahnsprüche bei den Synoptikern 1979

Rezensent:

Fuller, Reginald Horace

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Theologische Literaturzeitung 104. Jahrgang 1979 Nr. 8

582

bekannten Jesajabuchs vermutet er einen hebräischen Text,
der dem MT und 1 Q Is* nahestand (302). Den Einfluß Deu-
terojesajas auf die Verkündigung Jesu sieht er einerseits in
Zitaten, Bezugnahmen, Anspielungen und Anklängen (303),
andererseits in Inhalten, Redeformen und Bildern (303f). Das
„sachliche Verhältnis zwischen Jesuswort und deuterojesaja-
nischem Text" (304f) läßt sich in das Schema von Verheifjung
und Erfüllung bringen, aber auch als Analogie und Aktualisierung
bestimmen. Auf den Seiten 306f nennt Grimm „deu-
terojesajanische Stellen, die für das Selbstverständnis Jesu
wichtig geworden sind"; es sind Stellen aus Jes 24-66 mit dem
Schwergewicht auf den Kapiteln 35-61. Jesu „Übernahme der
Intentionen Deuterojesajas" (308-310) geschieht nicht epigonenhaft
oder lediglich aktualisierend, sondern in revolutionärer
Auslegung und „Verwirklichung" der deuterojesajani-
schen Heilslehre; die Nähe oder Ferne der Fassung eines Jesuswortes
zu deuterojesajanischen Intentionen (etwa Mt 13,
16f par. Lk 10, 23f) ist ein wichtiges Kriterium für seine Ursprünglichkeit
(310). Im letzten Abschnitt („Die Ebed-Messia-
nität Jesu", 311f) verweist der Autor auf die Bedeutung deu-
terojesajanischer Kategorien für die endzeitliche Aufgabe Jesu
: „Jesus wußte sich als endzeitlichen Gesandten Gottes und
Heilbringer. In seinem konkreten Handeln und Reden knüpfte
er an die alttestamentlichen Erlösergcstalten David und Mose
(sowie an prophetische Redeweisen und Funktionen) an, aber
er tat dies kritisch, auswählend und interpretierend. Kriterium
war ihm die Heilsbotschaft Deuterojesajas und der von
Deuterojesaja geheimnisvoll angekündigte Erlöser. So vollbrachte
er das Werk und das Leben des messianischen Menschen
: als Gabe des leidenschaftlich liebenden Gottes (Jes.
43,4)." (312) - Ein Literaturverzeichnis beschließt das Buch
(313-321).

Werner Grimms Dissertation ist ein wichtiger Beitrag zur
Frage nach dem historischen Jesus und dem alttestamentlichen
Hintergrund seiner Botschaft. Flüssig geschrieben, übersichtlich
gegliedert, verbindet die Abhandlung geschickt die kritische
Auswertung der Forschungsgeschichte mit eigenen Analysen
synoptischer Texte; seine These, die Predigt und das
Selbstverständnis Jesu seien geprägt von Texten und Intentionen
des Jesajabuchs - nicht zuletzt von den deuterojesajanischen
Aussagen über den Gottesknecht - verdient Zustimmung
. Auch wenn im Einzelfall die beigebrachten jesajani-
schen Parallelen nicht immer überzeugen (z. B. die Rückführung
von Mt 6, 33 par. Lk 12, 31 auf Jes 51, 1.5; 56, lf, S. 188
bis 190), ist der Einfluß des Jesajabuchs auf die jesuanische
Botschaft gar nicht hoch genug einzuschätzen.

Der Rcz. vermißt vor allem ein Register der behandelten
jesajanischen und synoptischen Belege; für das Auffinden der
letzteren bietet immerhin das ausführliche Inhaltsverzeichnis
eine brauchbare Hilfe. In der Bibliographie müßten die Reihentitel
angeführt werden, was nach S. Schwertner (IATG, 1974,
bzw. TRE 1976) geschehen könnte, ohne viel Platz zu beanspruchen
. Religionsgcschichtliche Fragestellungen werden von
Grimm nicht ins Auge gefaßt; trotzdem hätte man fragen
können, ob die jesajanische Botschaft Jesus nur durch direkte
Lektüre des Jesajabuches oder nicht doch eher durch prophetische
Predigt vermittelt wurde - nämlich durch die Botschaft
Johannes des Täufers (vgl. Mt 3,2; 4,17: S. 190), in der
gleichfalls Deuterojesaja eine bedeutsame Rolle spielt (vgl.
Mk 1,3 par. = Jes 40, 3; Lk 3, 4-6 = Jes 40, 3-5; zur Johannestaufe
vgl. Jes 44, 3-5). Warum der Untertitel des Buches
nur „Deuterojesaja" nennt, wird nicht deutlich; Grimms
Untersuchung bezieht, wie allein sinnvoll, alle Kapitel "des
kanonischen Jcsaja ein (vgl. 306f). Da Jesus, nicht anders als
etwa die Frommen von Qumran, Jcsaja nur als Ganzes kennengelernt
hat, da zudem auch die hervorragend wichtigen
Kapitel 35-61 (306) zu Proto-, Deutero- und Tritojesaja gehören
, sollte der Untertitel richtiger lauten: „Die Verkündigung
Jesu und das Jcsajabuch". Die besondere Bedeutung des
deuterojesajanischen Gottesknechts (vgl. 311f) wird dadurch
nicht in Frage gestellt.

Saarbrücken Olto Böcher

Zeller, Dieter: Die weisheitlichen Mahnsprüche bei den Synoptikern
. Würzburg: Echter Verlag [1977]. 224 S. gr. 8° = Forschung
zur Bibel, 17. DM 29,-.

Recent ycars have secn a remarkable upsurge of interest
in the wisdom tradition, both within the Bible itself and in
the Ancicnt Near East, in general. It is therefore not surpris-
ing that New Testament scholars have taken up that aspect
of the Jesus tradition which R. Bultmann designated "Jesus
als Weisheitslehrer", but to which neither he nor his imme-
diate followers had paid much attention.

Building upon the more recent work of S. Schulz, D. Lühr-
mann and others, Z. offers here, as a revision of his Habilitationsschrift
presented at the University of Freiburg, a study
of the hortatory wisdom sayings in the synoptic tradition.

The work is divided into threc parts. Part 1 is a study of
the hortatory wisdom saying as an OT genre, and traces its
history from Proverbs through Ecclesiastes to Hellenistic and
Rabbinic Judaism. Part 2 selects twenty-six sayings from the
synoptic tradition for detailed study. These fall into two main
classes: those addressed to individuals and those addressed to
a plurality of persons. The former include four injunetions with-
out motivation and five with motivation. The latter comprise
thirteen direct injunetions and four figurative injunetions. The
methods employed are first, form critical (an analysis of the
strueture of each saying); secondly, motive-critical (a com-
parative analysis of the content of the saying) j and thirdly, a
consideration of the historical location of the saying (i. e.,
whether it originates with Jesus, or is a post-Easter adoption
from the Jewish wisdom tradition or a creation of the post-
Easter Community. For the lattcr the criteria of authenticity
employed are those of dissimilarity and coherence.

Part 3 consists of a synthetic evaluation. The place of the
authentic wisdom sayings in the proclamation of Jesus is first
established, and then the tendency of the pre-synoptic tradition
is investigated. Here the method of audience criticism is
employed.

Z.'s conclusion is that the wisdom sayings are related to,
but have a relative independence from Jesus' proclamation
of the kingdom. They are addressed to a particular audience
consisting of those who have heard and responded to his
eschatological messagc but have remained in their every-day
occupations, rather than joining the closcr circle of those
who have left all to follow Jesus.

The author's stance is as critical as that of the Bultmann
school. British scholars who regard the criterion of dissimilarity
as the "wrong tool" will think that Z. allows too many
saying of Jesus to "slip through the sieve" and so be lost to
the authentic Jesus tradition. But to those who aeeept this
criterion this analysis will prove highly convincing. And his
postulation of an intermediate body of adherents is a very
interesting Suggestion requiring closer investigation.

Alexandria, Virginia. USA Reginald H. Füller

Kirchengeschichte: Mittelalter

Gutierrez, David, O. S. A.: Los Agustinos en la edad media
1357-1517. Roma: Institutum Historicum Ordinis Fratrum
S. Augustini 1977. XII, 279 S. 8° = Historia de la Orden de
San Agustin 1/2.

Die Augustincreremiten haben in den letzten Jahrzehnten in
einem mächtigen Aufschwung ihre eigene Ordcnsgcschichts-
schreibung gefördert. Die seit 1945 erschienene Literatur haben
gleich zwei Bibliographien - die von N. Tceuwen, A. de
Meijer und M. Schramma in der Zeitschrift Augustiniana 26,
1976, 39-340 herausgegebene „Bibliographie historique 1945
-1975" und die von Egon Gindele als Band 1 der Sammlung
„Spätmittelalter und Reformation" (hrsg. v. H. A. Oberman)
zusammengestellte „Bibliographie zur Geschichte und Theologie
des Augustiner-Eremitenordens bis zum Beginn der Re-