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Ausgabe:

1979

Spalte:

36-37

Kategorie:

Altes Testament

Titel/Untertitel:

Zur neueren Psalmenforschung 1979

Rezensent:

Bernhardt, Karl-Heinz

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Theologische Literaturzeitung 104. Jahrgang 1979 Nr. 1

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Allgemeines, Festschriften

[Guggisberg, Kurt:] Humanität und Glaube. Gedenkschrift
für Kurt Guggisberg, hrsg. von U. Neuenschwander und
R. Dellsperger. Bern-Stuttgart: Haupt [1973]. 256 S. 8°.
1 Porträt. Lw. DM 24,80.

Die Gedenkschrift war ursprünglich als eine Festschrift
geplant, die dem Berner Kirchenhistoriker anläßlich seiner
aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig geplanten Emeritierung
überreicht werden sollte. Aber der Tod ereilte am
20. Dezember 1972 Professor D. Dr. Kurt Guggisberg, und
so stehen nun am Beginn dieser Denkschrift die beiden Reden
, die Ulrich Neuenschwander und Hermann
R i n g e 1 i n g , Dekan der ev.-theolog. Fakultät Bern, während
der Trauerfeier im Berner Münster gehalten haben
und ein Nachruf aus der Feder von Pfarrer Ernst von
K a e n e 1, ursprünglich im „Saemann" veröffentlicht.

Den ersten Teil der Gedenkschrift bilden zwei Beiträge von
Gottfried Locher und Francesco Erasmo S c i u t o zu
Fragen der Zwingli-Forschung und zwei weitere Beiträge
zur Gotthelfforschung. Walther H u t z 1 i berichtet recht
anregend über „die Lage der Kirche in der Sicht von Jeremias
Gotthelf. Dargestellt an seinem Referat über die Visitationsberichte
", und Fritz Buri setzt sich mit der Paga-
nisierung Gotthelfs durch Walter Muschg einerseits und der
Infragestellung der spezifischen Christlichkeit Gotthelfs unter
dem Gesichtspunkt reformatorischer Theologie durch
Eduard Buess andererseits an Hand einer engagierten Interpretation
von „Gotthelfs Adventsgeschichten" auseinander
.

Der zweite Teil ist überschrieben „Kirche und Kultur im
Kanton Bern". Diese vier speziell heimatkundlichen Beiträge
sind dennoch auch für den NichtSchweizer durchweg
recht interessant. Man ist überrascht, welche Namen z. B.
in dem Beitrag von Paul Marti „Zur Heimatkunde des
alten Kirchspiels und der Einwohnergemeinde Bollingen"
auftauchen. Vor allem aber regt der Beitrag von Urs Meyer
zum Nachdenken an, der den „Streit um den ,Leitfaden'
von Eduard Langhans (1866 bis 1868)" darstellt. Es handelte
sich bei diesem Leitfaden um eine Einführung in die
Bibel auf historisch-kritischer Basis, gedacht vor allem für
den Religionsunterricht am staatlichen Lehrerseminar in
Münchenbuchsee. Für uns heute sind die Grundsätze dieses
Leitfadens weitestgehend allgemein anerkannt; gerade deshalb
lohnt es sich, der Pioniere zu gedenken, die in harten
Kämpfen dem wissenschaftlich-theologischen Fortschritt
Bahn brechen mußten, zumal die Kämpfe von damals ganz
leider doch immer noch nicht ausgestanden sind.

Die vier Beiträge des III. Teiles „Theologie - Philosophie
— Politik" erregen beim nichtschweizerischen Leser das
größte Interesse. Der Aufsatz von Klauspeter Blaser
„Ansätze zu einer Theorie der Mission bei Ernst Friedrich
Langhans (1829-1880). Freundliche Nachlese zu einem
Streit im 19. Jahrhundert" berührt ausgesprochen aktuelle
Fragen gegenwärtiger ökumenischer Diskussion. Es ist erstaunlich
zu sehen, wie klar und hart Ernst Friedrich Langhans
, der Bruder von Eduard Langhans, seinerzeit schon die
Verquickung von Mission und ausbeuterischem Kolonialismus
kritisiert hat. Die Darstellung von Andreas L i n d t
„Deutsche Theologen und deutsche Demokratie. Ernst
Troeltsch, Emanuel Hirsch und die Anfänge der Weimarer
Republik" verdient angesichts des 60. Jahrestages der Novemberrevolution
ganz besonderes Interesse. Man liest nicht
ohne Erschütterung, wie Ernst Troeltsch in den Spektator-
briefen im „Kunstwart" von 1918 bis 1922 vergeblich um
Verständnis für die (bürgerliche) Demokratie warb, während
Emanuel Hirsch mit seiner in drei Auflagen erschienenen
„öffentlichen Vorlesung" von 1920 „Deutschlands
Schicksal. Staat, Volk und Menschheit im Lichte einer
ethischen Geschichtsansicht" den Krieg verklärte und
deutschnationale Positionen propagierte und damit leider

nur das zum Ausdruck brachte, was die übergroße Mehrheit
des offiziellen deutschen Protestantismus ebenfalls beseelte
. Lindt zitiert aus einem Brief Erik Petersons an Adolf
von Harnack aus dem Jahre 1928: „Soziologisch korrespondiert
die evangelische Kirche ungefähr dem geistigen und
soziologischen Status der deutschnationalen Volkspartei."
Johann Jakob Stamm setzt sich mit der Kritik auseinander
, die Claus Westermann in seinem Genesiskommentar
bezüglich der Interpretation von Gen 1,26 ff. an Werner
H. Schmidt und Hans Wildberger geübt hat und kommt
„aufgrund einer erneuten Prüfung der beiden einschlägigen
Stellen (Gen 1, 26 f. und Psalm 8, 6)" zu dem Ergebnis, „daß
nach dem Alten Testament der ebenbildlich geschaffene
Mensch es nur mit Gott und ihm allein zu tun hat".

Insgesamt kann man sagen, daß diese Denkschrift nicht
nur eine gelungene Würdigung des sich zum freisinnigen
Christentum bekennenden bedeutenden Berner Kirchenhistorikers
darstellt, sondern zugleich auch wichtige Beiträge
zur Interpretation von „Humanität und Glaube" liefert
.

Berlin Hans-Hinrlch Jenssen

Kuehnelt-Leddihn, Erik von: Das Rätsel Liebe, Leidenschaft
, Lust, Leid und Laster. Wien—München: Herold
[1975]. 434 S. 8°. Lw. ö. S. 198,-.

Laun, Andreas: Theologie — „Dogmatismus" oder Wissenschaft
(MThZ 28, 1977 S. 217-240).

[Lubac, H. de:] Bibliographie Henri de Lubac S. J. 1925-1974,
hrsg. von K. H. Neufeld et M. Sales. 2. Aufl. Einsiedeln:
Johannes Verlag [1974]. 83 S. 8°.

Schlatter, Adolf: Die Freude des Glaubens. Stimmen und
Studien, ausgewählt und hrsg. von U. Smidt. Gütersloh:
Gütersloher Verlagshaus Gerd Mohn [1978]. 128 S. 8° =
Gütersloher Taschenbücher/Siebenstern 253. Kart. DM
8,80.

Steck, Karl Gerhard: Gedenkrede auf Wolf-Dieter Marsch
(WPKG 63, 1974 S. 3-11).

Altes Testament

Neumann, Peter H. A. [Hrsg.]: Zur neueren Psalmenforschung
. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft
1976. VI, 484 S. 8° = Wege der Forschung, CXCII. Lw.
DM 86,-.

Zweck des Bandes ist es, „einen Uberblick über rund
75 Jahre Psalmenforschung zu geben" (1). Dies geschieht in
Form der „Veranschaulichung der Forschung an den Psalmen
" durch den Wiederabdruck einer Reihe von Arbeiten,
die jeweils für eine bestimmte Phase in der Forschungsgeschichte
charakteristisch sind. Dabei wird das breite Spektrum
der Fragestellungen in der Psalmenforschung — von
der Gattungskritik bis zur Theologie der Psalmen — ebenso
berücksichtigt wie der Gesichtspunkt, möglichst solche Untersuchungen
in die Sammlung aufzunehmen, die nicht
mehr jedermann leicht zugänglich sind. Die Auswahl ist bei
der Fülle des Materials eine schwierige Aufgabe. Unvermeidlich
werden Wünsche offenbleiben. Jedenfalls dürfte
es dem Herausgeber Peter H. A. Neumann gelungen sein,
eine repräsentative Reihe von wichtigen und interessanten
Arbeiten zusammenzustellen. Selbstverständlich erhalten
die .Klassiker' der neueren Psalmenforschung, H. Gunkel,
S. Mowinckel und H. Schmidt, den ihnen gebührenden
Raum. Vertreten sind weiterhin G. R. Driver, A. M. Black-
man, K. Galling, G. von Rad, G. Widengren, N. H. Tur-Sinai,
N. H. Ridderbos, D. Michel, Meir Weiß und C. Westermann.
Fraglich erscheint, ob die Aufnahme eines ziemlich umfangreichen
Abschnittes aus A. Falkenstein / W. von Soden, Sumerische
und akkadische Hymnen und Gebete (Zürich 1953)
so ganz der Intention des Sammelbandes entspricht, zumal