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Ausgabe:

1979

Spalte:

532

Kategorie:

Liturgiewissenschaft, Kirchenmusik

Titel/Untertitel:

Kollektengebete 1979

Rezensent:

Nagel, William

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Erläuterung herangezogen wird (etwa im Abschnitt über das
Ethos der Gewaltlosigkeit), bleibt es bei kurzen Hinweisen
(etwa so, daß Gewalt als letztes Mittel nicht unbedingt abzulehnen
sei). Aber an dieser Stelle reiben sich wahrscheinlich
auch die Pflicht zur Kürze, die sich aus dem Interesse eines
weiten Leserkreises ergibt, mit der Pflicht zur ausführlichen Erläuterung
, die sich aus dem Interesse der ethischen Konkretion
ergibt. Der Vf. vermag in dieser Einführung nicht mehr, als den
Rahinen einer Tugendlehre abzustecken, die dem einzelnen
mehrere Grundhaltungen plausibel macht, ohne ihm dabei im
sozialen Spannungsfcld recht weiterhelfen zu können.

Leipzig Joachim Wiebering

Brunnei. Emil: Das Gebot und die Ordnungen. Entwurf einer
protestantisch-theologischen Ethik. 4., unveränderte Aufl. Mit
einer Einleitung v. R. VVchrli. Zürich: Theologischer Verlag
11978]. XXVIII, 696 S. 8° = Emil Brunner: Werke, hrsg.
von der Eniil-Brunner-Stiftung. Kart. sfr. 28,—.

Buchholz, Christian: Der vergessene und unterschlagene Rudolf
Todt. Historischer Versuch eines Dialogs zwischen Kirche und
Sozialismus (DtPfrBl 78, 1978 S. 360-362).

Dumas, Andre: Befreiung und Verwurzelung (ZEE 22, 1978
S. 91-104).

Eibach, Ulrich: Gesundheit und Krankheit (ZEE 22, 1978
S. 162-180).

Emcis, Dieter: Christlicher Glaube — Einladung zum Leben
(StZ 103, 1978 S. 695-704).

Frey, Christofer: Humane Erfahrung und selbstkritische Vernunft
(ZEE 22, 1978 S. 200-213).

Grohs, Gerhard: Gerechte Rebellion oder christliches Widerstandsrecht
? (ÖR 27, 1978 S. 401-407).

Gründel, Johannes: Zeugung in der Retorte — unsittlich?
(StZ 103, 1978 S. 675-682).

Harlshorno, Charles: Rechte — nicht nur für Menschen (ZEE 22,
1978 S. 3-14).

llonecker, Marlin: Zur gegenwärtigen Interpretation der Zweireichelehre
(ZKG 89, 1978 S. 150-162).

Kaiser, Otto: Vom dunklen Grund der Freiheit (NZSTh 20,
1978 S. 163-174).

Korff, Wilhelm: Christliches Eheverständnis auf dem Prüfstand?
Theologisch-ethische Überlegungen zum neuen Eherecht
ThQ 158, 1978 S. 121-138).

Lewek, Christa: Reflexionen über gemeinsame Verantwortung
für den Frieden. Weltkonfercnz „Religiöse Vertreter für dauerhaften
Frieden, Abrüstung und gerechte Beziehungen unter
den Völkern", Moskau 6.-10. Juni 1977 (ZdZ 32, 1978
S. 145-149).

link, Christian: Überlegungen zum Problem der Norm in der
theologischen Ethik (ZEE 22, 1978 S. 188-199).

Romo, Waldo: Amor y sexualidad: elementos para una moral
cristiana de la sexualidad (TyV 18, 1977 S. 287-302).

Sanders, Wilm: Futurologie auf christlich: Beten für die Kommenden
(ThQ 158, 1978 S. 218-227).

Schmalenberg, Erich: Schönes Sterben — schöner Tod? Marginalien
zur Literatur vom „schönen" Sterben (ZW 49, 1978
S. 228-238).

Schüller, Bruno: Die Personwürde des Menschen als Beweisgrund
in der normativen Ethik (ThPh 53, 1978 S. 538-555).

Schulze, Hans: Konturen sexualethischer Orientierung (ZEE 22,
1978 S. 46-56).

Sozialethische Überlegungen zur Frage des Leistungsprinzips
und der Wetlbewerbsgesellschaft. Eine Denkschrift der Kammer
der Evangelischen Kirche in Deutschland für soziale
Ordnung. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus Gerd Mohn
[1978]. 88 S. 8°. Kart. DM 5,80.

Wildbolz, Eduard: Mensch und Tier in einer produktionsorien-
lierten Gesellschaft — ein Thema christlicher Ethik (ZEE 22,
1978 S. 15-20).

Wilkens, Erwin: Gewaltanwendung und gerechte Revolution
(ÖR 27, 1978 S. 506-510).

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Praktische Theologie:
Liturgiewissenschaft

Hinlze, Marth»: Kollcklengebete, aus dem Lateinischen übersetzt
und frei nachgcslaltet. Berlin: Evang. Verlagsanstalt
[1977]. 108 S. 8°. Lw. M 4,40., Ausland 6,80.
Angesichts der verbreiteten Geringschätzung liturgischer Tradition
ist es der Vfn. hoch anzurechnen, daß sie dem Kollektcn-
gebet als einer eigengeprägten und bedeutungstiefen Form
gottesdienstlichen Betens nicht nur ein neues Verständnis bereiten
will, sondern sich darum bemüht, es durch Neuübersetzungen
der Praxis zurückzugewinnen. Die Einleitung (5—10) stellt
heraus, daß die Kollekte etw as ganz anderes ist wie „Gebet vor
der Schriftlesung", nämlich „Abschluß des vorbereitenden Teiles,
der die Gemeinde zu Besinnung und Sammlung führen sollte,
bevor sie ihrem Herrn in Wort und Sakrament begegnet" (8).
Vielleicht hätte noch verdeutlicht werden können, wie der durch
Eingangslied und Introituspsalm vorbereitete, mit dem Kyrie
beginnende und im Gloria weitergeführte Gebetsakt in der
Kollekte seinen Abschluß findet, diese dadurch Kyrie und Gloria
vor der Einengung auf Sündenbekenntnis bzw. Gnaden Verkündigung
bewahrt. Der dazwischenslehende Fürbittruf „Der Herr
sei mit euch — Und mit deinem Geiste!" soll zugleich zu Bewußtsein
bringen, wie nur im Sinn von Rom 8,26 um ein für
eine Christengemeinde jeweils zentrales Anliegen in der den Eingangsteil
beschließenden Kollekte gebetet werden kann. Daß
es in dieser Gcbetsform stets nur um die eine oder die andere
einer Gemeinde lebensnotwendige geistliche Gabe geht, daß in
lobpreisender Anrede und der auf Christus sich berufenden
oder trinitarischen Schlußformel die Zuversicht der Beter gestärkt
werden soll, kommt zutreffend zum Ausdruck. Schade,
daß die Gelegenheit versäumt wurde, bei Benutzung der trinitarischen
Conclusio den Ersatz des antiquierten „regieret" durch
..herrschet" dringend nahezulegen.

Vfn. ist sich wie alle, die sich je um die Übersetzung lateinischer
Kollekten bemühten, der Schwierigkeit dieser Aufgabe bewußt
. Die Nüchternheit, Knappheit und Klarheit der Ursprache
kann im Deutschen nur annähernd wiedergegeben werden, ihre
aus den Gesetzen der römischen Kunstprosa erwachsende Rhyt-
mik gar nicht. Darum ist es dankenswert, daß die in der Reihenfolge
des Kirchenjahres aufgenommenen Kollekten in der
Regel zunächst in lateinischer Sprache mitgeteilt werden und
dies mit Hervorheben des jeweiligen Kernanliegens. Dem folgen
eine wortgetreue Übersetzung und freie Nachgestaltungen,
die konkreter sein wollen und den jeweiligen Gedankenbereich
dem Mitbeter aufschließen möchten. Erfreulich ist, daß journalistischer
oder gar avantgardistischer Stil vermieden werden.
Zu fragen bleibt bei diesen Nachgeslaltungcn. ob nicht selten
die einprägsame Konzentration auf ein einziges geistliches Anliegen
aufgelöst wird. Auch sollte man nicht um jeden Preis
überraschende und ungewohnte Formulierungen vermeiden
wollen. Ein Gebet, das zu „glatt" eingeht, wird den Beter kaum
aufhorchen lassen, noch ihm gar unbewußten Anstoß zum „Meditieren
" über dessen Inhalt geben. Ihrem erst im 2. Jt. gelockerten
, theologisch bedeutsamen Stilgesetz entspricht es, wenn
die von der Vfn. gebotenen Kollekten dem schon von einem
Konzil in Hippo (393) formulierten Grundsatz gemäß ausgewählt
wurden: „Wenn man vor dem Altar steht, soll das Gebet
immer an den Vater gerichtet werden". In Anmerkungen
(104—108) sind sprachliche und sachliche Erläuterungen zu ein-
/. Inen Kollekten beigegeben.

Möchte diese wertvolle Neuerscheinung den für den Gottesdienst
der Gemeinde Voran twortlichcn dazu helfen, für sich
selbst die geistliche Tiefe dieser Gcbetsform zu entdecken, Luthers
Mahnung zu verstehen „Kurz soll man beten — aber oft
und stark" und so, statt der Gemeinde auch im Gebet noch zu
predigen, ihr ein Mitbeteu zu ermöglichen!

Greifswald William Nagel

Theologische Literaturzeitung 104. Jahrgang 1979 Nr. 7